Vielleicht mag es auch daran liegen, dass Sie sich auf Bundesebene mit allem Möglichen auseinandersetzen müssen und für solche Themen keine Zeit mehr finden.
Es geht mir viel mehr um die Begründung Ihres Antrags im Gegensatz zu der Ankündigung in Ihrer damaligen Pressemitteilung. Denn in der Pressemitteilung heißt es noch im Eingangstext – ich darf bitte zitieren –: „Durch die Abschaffung der Meisterpflicht in 53 von 94 Handwerksberufen hat die Qualität in den betroffenen Gewerken nachgelassen und weniger Nachwuchs wurde ausgebildet.“ Das haben wir jetzt auch schon mehrfach gehört. Unstrittig ist, dass weniger Nachwuchs ausgebildet wird. Das hängt allerdings nicht – wie Sie behaupten – mit der Novellierung der Handwerksordnung in 2004 zusammen, sondern das ist eine ganze Reihe von Gründen, die hier zusammenkommen. Einer der Gründe kann durchaus die demografische Entwicklung sein – weniger Kinder, weniger Schulabgänger, weniger Auszubildende. Das haben wir in anderen Bereichen auch und die Handwerksordnung hat an dieser Stelle damit offensichtlich nichts zu tun.
Was mich aber beschäftigt hat, ist Ihre Kritik an der Qualität des Handwerks. Da war ich wirklich überrascht, wo Sie sonst das Handwerk – berechtigterweise, so denke ich – an jeder Stelle über den grünen Klee loben. Ich denke, wir haben wenig Anlass,
an der Qualität der Arbeit, die durch das Handwerk in Thüringen erbracht wird, Kritik zu üben. Sie behaupten aber, dass die Qualität des Handwerks seit 2004 nachgelassen hat. Ich muss schon sagen, das ist eine relativ steile These. Mich würde ganz konkret interessieren, auf welche Studie Sie sich da ganz genau beziehen, woher Sie dieses Wissen nehmen.
Also ich muss ganz ehrlich sagen, die Handwerker, die ich in der Zwischenzeit an meinem Haus beauftragt habe, die sind nicht schlechter geworden. Da habe ich durchaus eine gleichbleibende Qualität.
Wenn es so was geben sollte, dann fände ich es schon ganz sinnvoll, wenn wir dort Aussagen hätten, die nachprüfbar wären, die nachvollziehbar sind und auch eine gewisse Transparenz mitbringen.
Ich bin mir an einem Punkt ziemlich sicher, es kann nicht die von Ihnen im Antrag benannte Studie des Volkswirtschaftlichen Instituts für Mittelstand und Handwerk Göttingen sein, denn dort wird darauf überhaupt nicht eingegangen. Da geht es ausschließlich um die bereits benannte Entwicklung bei den Auszubildendenzahlen. Das von Ihnen benannte Institut behauptete sogar etwas ganz anderes, an einer anderen Stelle. Es gibt eine umfassende Studie dieses Instituts, die sich mit den ökonomischen Effekten der Novellierung der Handwerksordnung aus 2004 auseinandersetzt. Da heißt es dann beispielsweise – ich zitiere wieder –: „Die Ergebnisse zu den Beschäftigungseffekten insgesamt sind nicht eindeutig.“ In einem weiteren Punkt heißt es – auch da zitiere ich wieder die Göttinger Wissenschaftler –: „Informationen zur Qualitätsentwicklung der Handwerksleistungen fehlen bislang.“ Also wirklich eine ausgesprochen dünne Lage, auf die wir uns hier beziehen sollen, mit der wir arbeiten sollen.
Herr Wirkner und liebe CDU-Fraktion, jetzt kommen Sie mit Ihrer Pressemitteilung im Sommerloch daher und ignorieren die Aussagen des Göttinger Instituts nicht nur, Sie verdrehen diese Aussagen auch noch, teilweise behaupten Sie schlicht das Gegenteil. Wenn Sie wenigstens eine andere Quelle zitiert hätten, dann könnte man sagen, okay, das wäre zumindest kreativ gewesen. Aber Sie nehmen sich die gleiche Quelle, die zu dem Schluss kommt, dass es bisher keine Forschungsergebnisse zur Entwicklung der Qualität im Handwerk gibt, und be
haupten, dass die Novellierung der Handwerksordnung an den Zahlen der Auszubildenden schuld sei. Das ist schon ein bisschen grob fahrlässig, was Sie veranstalten und vielleicht auch irreführend. Ihre Begründung und Schlussfolgerung sind meiner Meinung nach schlichtweg falsch.
Jedoch möchte ich eins nicht unerwähnt lassen: Dass die Novellierung der Handwerksordnung Effekte auf das Handwerk gehabt hat, stelle ich nicht infrage, sondern habe ich auch so erwartet. Genau deshalb wurde die Handwerksordnung überhaupt novelliert. Dass wir jede Novellierung überprüfen sollten und müssen, da bin ich vollkommen bei Ihnen. Nur die Schlussfolgerung daraus kann ich nicht verstehen, wenn es bisher überhaupt keine Basis gibt, aus der heraus wir eine entsprechende Novellierung auch angehen können. Eine solche Evaluierung gehört meiner Meinung nach an den Anfang eines solchen Prozesses und nicht vielleicht irgendwann später oder gar nicht, ganz gemäß dem Motto „Den ersten Schritt vor dem zweiten machen.“ Wenn wir eine solche Evaluierung vorliegen haben, dann kann man sich auch über die daraus abzuleitenden nächsten Schritte unterhalten. Dabei würden wir Sie gerne, auch im Ausschuss, weiter begleiten. Ich möchte gern für unsere Fraktion Ihren Antrag an den Wirtschaftsausschuss überweisen lassen. Vielen Dank.
Vielen Dank. Aus den Reihen der Abgeordneten gibt es eine weitere Wortmeldung. Herr Prof. Dr. Voigt.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen, es gab ja eine große Einmütigkeit bis auf den letzten Redebeitrag von Herrn Müller und der hat mich hier noch mal vorgebracht. Herr Müller, die Studien, die Sie hier zitieren, sollten Sie schon lesen. Sie sollten auch nicht die falschen Schlüsse ziehen, weil nicht alles, was miteinander korreliert, eine kausale Kette hat, wissen Sie. Deswegen kann ich Ihnen nur Folgendes zurufen – drei Punkte –, der erste Punkt: Die CDU-Fraktion stellt sich genau hinter die Forderung des Zentralverbands des Deutschen Handwerks, die nämlich genau sagt, jawohl, die Wiedereinführung der Meisterpflicht hätte an sehr unterschiedlichen Stellen einen großen Vorteil. Erstens bei der Gewinnung von zusätzlichen Auszubildenden, weil es eben ein Qualitätsnachweis ist, zweitens, weil es zu einer Verwässerung guter deutscher Qualitätsarbeit im Handwerk gekommen ist. Wenn Sie sich angucken, wie
sich die Anzahl der zulassungsfreien Betriebe in Deutschland entwickelt hat, dann fordert der Zentralverband Deutsches Handwerk zu Recht, man kann nicht mehr auseinanderhalten zwischen denjenigen, die über eine Meisterqualifikation exzellente Arbeit anbieten, und denjenigen, die einfach einen Betrieb zulassen und dann vielleicht unter demselben Label, aber nicht mit demselben Qualitätsnachweis vorher, Leistungen abliefern, die nicht denen entsprechen, die das deutsche Handwerk einfordert. Deswegen kann ich nur sagen, wir als CDU-Fraktion stehen hier vollumfänglich hinter der Forderung des Zentralverbands des Deutschen Handwerks.
Was kann eine bessere empirische Basis sein, um hier gleich mal wissenschaftlich zu werden, als eine Vollerhebung derjenigen, die im Handwerk jeden Tag an der Front stehen? Das ist der wissenschaftliche Nachweis, nichts anderes.
So, und jetzt haben Sie ja gesagt, ach, Mensch, warum habt ihr das nicht in den Koalitionsvertrag reingeschrieben. Wir als CDU-Fraktion fordern das in unserem Wahlprogramm, wir fordern das auch innerhalb der Bundesregierung und mittlerweile gibt es auch bei dem Koalitionspartner von der Sozialdemokratie in dieser Hinsicht ein Umdenken und wir begrüßen das sehr.
Aber als grüner Landtagsabgeordneter, der auch in Regierungsverantwortung steht, so zu tun, als ob Sie das hier irgendwie nichts angeht, da kann ich Ihnen nur zurufen: Wir in Thüringen, gerade in den neuen Bundesländern, sollten ganz bewusst darauf setzen, dass wir solche Initiativen unterstützen. Deswegen haben wir den Vorschlag einer Bundesratsinitiative und deswegen würden wir uns als Fraktion auch wünschen, dass das hier heute abgestimmt wird, weil ich ernsthafterweise nicht verstehen kann, warum man eine Bundesratsinitiative in den Ausschuss schieben soll. Wir sollen vorangehen und nicht erst im Ausschuss so einen Antrag beerdigen. Herzlichen Dank.
Herr Voigt, Herr Prof. Dr. Voigt – so viel Zeit muss sein. Entschuldigen Sie, meine sehr geehrten Da
men und Herren, ich kann hier bekannterweise weder laut noch leise einstellen, sondern das macht unsere wunderbare Technik,
Nein, nein, Herr Prof. Dr. Voigt, unsere Technikkabine ist mit Ingenieuren besetzt, es geht hier um Tontechnik und Tontechnik ist kein Handwerksberuf. Da steht vielleicht der Elektromeister noch im Hintergrund, aber in dem Fall geht es um Tontechnik. Wir wollen es nicht verwechseln, sondern wir wollen ganz klar bei der Reinheit und der Wahrheit bleiben.
Was trieb mich nach vorne: Ihre Emotionalität, Herr Prof. Dr. Voigt. Ich denke, das ist der Sache nicht ganz angemessen, seien Sie mir bitte nicht böse. Es geht nicht darum, es heute abzustimmen, weil das Thema umfänglicher ist. Kollegen Wirkner bin ich übrigens sehr dankbar für den großen umfassenden Ansatz des Handwerks. Das Thema ist breiter gefächert, als es dann tatsächlich nur noch darauf herunterzubrechen, ob wir die klassische Meisterprüfung in allen Bereichen wollen, ist gleich dem Fliesenleger und ich mache noch mal den Holzschuhmacher in dem Bereich mit dazu. Deshalb habe ich es etwas pointiert vorhin so zugespitzt. Ich weiß, Sie hören mir ja auch zu und denken über die Dinge nach, die ich hier so beibringe, und ich freue mich auf die Diskussion im Ausschuss für den Meisterberuf, für die Stärkung genau dieser Dinge und möchte mich abschließend den Worten von Herrn Wirkner anschließen. Er hat nämlich etwas Kluges gesagt: Lernt ein Handwerk in Thüringen, damit kann man viel machen, damit hat man den Beginn einer erfolgreichen Karriere in vielen Bereichen. Ich möchte hier mit dem Kollegen Wirkner für das Handwerk werben. Danke schön.
Weitere Wortmeldungen aus den Reihen der Abgeordneten sehe ich nicht. Ich erteile dann der Staatssekretärin im Wirtschaftsministerium, Frau Kerst, das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, herzlichen Dank. Eine Stärkung der Thüringer Wirtschaft hat vielfältige Strukturen und diese Strukturen sind wie folgt: Wir haben mittelständische Familienunternehmen, wir haben innovative Unternehmen, die sich immer stärker positionieren. Wir haben Industrieunternehmen und wir haben natürlich auch regionale Handwerksfirmen. Dabei spielt das Handwerk eine ganz besondere Rolle, es ist das Rückgrat unserer Wirtschaft und unseres Alltags. Es spielt auch ganz besonders eine Rolle bei der Ausbildung, bei der regionalen Wertschöpfung und natürlich auch bei der Bewahrung unserer Traditionen.
Deshalb verfolgt die Regierungskoalition seit Beginn an das Ziel, das Handwerk zu unterstützen und das duale Aus- sowie Fortbildungssystem im Handwerk zu fördern. So erhielten unlängst 34 Thüringer Jungmeisterinnen und Jungmeister als Anerkennung für ihre hervorragenden Leistungen die Meisterprämie, welche seit dem vergangenen Jahr entsprechend vergeben wird.
Vor diesem Hintergrund können wir den vorliegenden Antrag hinsichtlich der grundsätzlichen Zielstellung, das Handwerk in Thüringen zu unterstützen, selbstverständlich gern befürworten, das ist gar kein Problem. Jedoch können wir nicht die darin enthaltenen politischen Schlussfolgerungen teilen. Deshalb möchte ich auf die zwei Themenkomplexe entsprechend eingehen.
Zu Punkt I, die Gebührenfreiheit: Hinsichtlich der dualen Ausbildung und ihrem Aufbau und Zusatzqualifikationen möchte ich zunächst einmal ganz deutlich sagen, gut ausgebildete Fachkräfte bilden zweifellos das Rückgrat der Thüringer Wirtschaft und des Thüringer Handwerks. Aus diesem Grund setzt sich die Landesregierung seit vielen Jahren für eine Stärkung der dualen Ausbildung ein. Gemeinsam mit den Kammern und den Gewerkschaften arbeiten wir im Rahmen der Thüringer Allianz für Berufsausbildung und Fachkräfteentwicklung an der Verbesserung der Ausbildungsbedingungen und der Steigerung der Attraktivität der dualen Ausbildung. Der Freistaat fördert mithilfe der ESF-Ausbildungsrichtlinie daher ausbildungsvorbereitende und ausbildungsbegleitende Maßnahmen sowie überbetriebliche Ergänzungslehrgänge, die sich besonders an KMUs richten. Ziel ist hier auch die Steigerung der Attraktivität der Ausbildung sowie die Vermittlung von spezifischen Inhalten und Zusatzqualifikationen.
Die Gleichwertigkeit beruflicher und akademischer Ausbildung wurde Mitte 2016, konkret am 01.08.2016, mit dem Dritten Gesetz zur AFBG, bereits wesentlich verbessert. Die Ergebnisse im Einzelnen: Dadurch können auch Teilnehmer ohne abgeschlossene Berufsausbildung, etwa Studienab
brecher, Zugang zur Aufstiegsprüfung in Fortbildungsordnungen nutzen und es können mehr Interessierte für anspruchsvolle Aufstiegsfortbildungen im dualen System beruflicher Bildung gewonnen werden. Zweitens wird damit zugleich ein wichtiger Beitrag zur Sicherung des Fachkräfte- und Führungskräftenachwuchses aus dem dualen System für die Wirtschaft gewährleistet. Insbesondere wurde auch die Höhe der Unterstützungsleistungen für die Förderung von Meisterqualifikationen im Handwerk maßgeblich verbessert. Dort geht es um die Steigerung von 25 auf 40 Prozent des Restdarlehens.
Auf Bundesebene – sie wurde schon mehrfach erwähnt – haben sich CDU, CSU und SPD nochmals auf bessere Leistungen durch eine weitere Novelle des Aufstiegs-BAföG im Koalitionsvertrag verständigt. Gemeinsam will man sich für folgende Punkte einsetzen: 1. für die Gleichwertigkeit von akademischer und beruflicher Bildung, 2. für den Abbau finanzieller Hürden für den beruflichen Aufstieg und 3. für die vollständige oder teilweise Erstattung von Gebühren bei bestandenen Meisterprüfungen, den sogenannten Meisterbonus.
Die Umsetzung der im Koalitionsvertrag auf Bundesebene vorgesehenen Maßnahmen, insbesondere die Absicht des Bundes, mit einer weiteren Gesetzesnovelle die Förderbedingungen des AFBG auszuüben, wird die Meisterausbildung weiter stärken und die Unterstützung Thüringens im Bundesratsverfahren natürlich erhalten. Hierzu bedarf es aber auch einer grundsätzlichen finanziellen Neuausgestaltung durch den Bund. Im Frühjahr oder vielmehr im Frühsommer 2018 hat sich der Bundesrat mit einer Entschließung „Gebührenfreiheit für Aufstiegsfortbildung voranbringen“ befasst. Damit sollte die Bundesregierung aufgefordert werden, die Befreiung von Lehrgangs- und Prüfungsgebühren im Rahmen der anstehenden Novellierung des Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetzes umzusetzen. Weiter sollte die Bundesregierung prüfen, ob der bisherige Kostenverteilungsschlüssel zwischen Bund und Ländern, der 78 : 22 beträgt, beim Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz an die Regelungen des BAföG angepasst werden kann. Nachdem absehbar war, dass im Bundesrat zu diesem Antrag keine Mehrheit vorhanden sein wird, hat Niedersachsen diesen Antrag zurückgezogen.
Jetzt gilt es, dass die Bundesregierung und übrigens hier bereits erwähnt durch das CDU-geführte BMBF – ihre Gesetzesnovelle vorlegt und gemeinsam mit den Ländern weitere Verbesserungen entsprechend auf den Weg bringt. Bei der Stärkung der Ausbildung haben wir bereits vieles erreicht. Daher bin ich zuversichtlich, dass wir gemeinsam, Bund und Länder, Fortbildung weiter stärken können.
Zu Nummer II des Antrags, der Novelle der Handwerksordnung: Den Status der deutschen Meisterqualifikation in Europa zu sichern, zu stärken und zu verteidigen sowie gegenüber der Europäischen Union darauf zu drängen, den Meisterbrief für einzelne Berufsbilder EU-konform einzuführen, ist auch bei mir und für mich ein sehr großes Anliegen. Der Meisterbrief berechtigt nicht nur zum selbstständigen Führen eines Handwerksbetriebs, sondern auch zum Ausbilden des Handwerksnachwuchses. Der Meisterbrief ist damit auch ein Garant für die duale Ausbildung im Handwerk. Wir wollen uns daher beim Bund weiter für den Erhalt des Meisterbriefs einsetzen und die Aktion „Ja zum Meister“ hat Minister Tiefensee aus diesem Grund persönlich unterstützt.