Protokoll der Sitzung vom 30.04.2015

Das sollten Sie sich hinter die Ohren schreiben, meine Damen und Herren.

Wir haben in den vergangenen Wochen von den verschiedensten Akteuren durchaus schon sich völlig widersprechende Wortmeldungen gehört. Das ist heute schon einmal thematisiert worden. Auf der einen Seite sagt man, das kommunale Hilfspaket der Regierungsfraktionen ist völlig unzureichend, viel zu klein, womit man übrigens auch die Qualität dessen, was man Jahre vorher selbst vertreten hat, in Abrede stellt. Aber das nur nebenbei, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU.

(Beifall DIE LINKE, SPD)

Auf der anderen Seite und im gleichen Atemzug die Verwendung der Mittel aus der Rücklage für das

Hilfspaket zu kritisieren, dass das angeblich zu klein geratene Hilfspaket dann auch noch den Haushalt steigert und das Soll ansteigen lässt, wird als Skandal gegeißelt.

Meine Damen und Herren, stellen Sie sich doch mal die Frage nach den Alternativen. Welche Alternativen gibt es objektiv und welche Alternativen haben Sie eigentlich hier in dieser ganzen Debatte aufzuweisen?

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn ich bei Ihnen nach diesen Alternativen schaue – also außer ziemlich lauten Wortmeldungen, um nicht einen anderen Begriff hier verwenden zu wollen, habe ich da nichts vernommen. Im Übrigen, meine Damen und Herren, es könnte sein, wir haben ihn übersehen, aber ich glaube nicht, es liegt kein Änderungsantrag Ihrer Fraktion vor, der möglicherweise eine andere Zahl in dieses System hätte einspeisen können.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Das Ge- setz ist schlecht!)

Also Reden und Tun, das sind bei Ihnen mittlerweile zwei verschiedene Paar Schuhe.

Ich lobe die AfD an dieser Stelle nun nicht gern – das sage ich ganz offen –, aber die haben sich wenigstens noch die Mühe gemacht, Änderungen vorzuschlagen, meine Damen und Herren. Allerdings, was die Qualität dieser Anträge betrifft, da schweigt an dieser Stelle des Sängers Höflichkeit.

Ich will Ihnen eines sagen – ich meine, ich habe im Thüringer Landtag vor ziemlich genau etwas mehr als 15 Jahren als Sprecher für Haushalt und Finanzen angefangen, und was ich schnell lernen durfte und musste und mir auch vorher aus meiner kommunalen Tätigkeit natürlich schon bekannt war: Wenn man Vorschläge unterbreitet, mehr Geld auszugeben, liebe Kolleginnen und Kollegen, dann gehört es nicht nur zum guten Ton in diesem Hohen Haus, sondern es gehört zur Seriosität, zur Glaubwürdigkeit und zum Beweis der fachlichen Kenntnisse auch dazu, entsprechende Deckungsvorschläge zu unterbreiten.

(Beifall SPD)

Daran hat es in Ihren Anträgen gemangelt, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Zwischenruf Abg. Brandner, AfD: Da haben Sie nicht zugehört!)

Meine Damen und Herren, natürlich kann ich die Kritik der kommunalen Spitzenverbände nachvollziehen.

Herr Kollege Höhn, es gibt eine Anfrage des Abgeordneten Fiedler. Erlauben Sie diese?

Ein anderes Mal. Heute nicht, Wolfgang!

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU)

Genau, ich berücksichtige den Psalm 37, so ist das.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Das habe ich mir gedacht!)

Also noch einmal zu den kommunalen Spitzenverbänden: Die Kritik kann ich natürlich nachvollziehen. Das gehört zu ihrem Aufgabenbereich dazu, für die Interessen der Kommunen um so viel Geld wie möglich zu kämpfen und auch so hart wie möglich zu kämpfen. Das ist in Ordnung. Ich bleibe dabei: Die Qualität des einen oder anderen Arguments auch derer, die wir hier in dieser Anhörung in diesem Plenarsaal gehört haben, war durchaus unterschiedlich, meine Damen und Herren.

(Beifall DIE LINKE)

Wir haben uns nun wirklich viel Mühe gemacht, wir haben im Grunde genommen zwei Anhörungen durchgeführt, was insofern unüblich ist. Entweder macht man eine schriftliche oder eine mündliche. Wir haben in diesem Falle beides gemacht. Auch das will ich an dieser Stelle nicht unerwähnt lassen. Wir sind also keiner Diskussion – und sei sie noch so aufgeheizt – aus dem Weg gegangen.

Meine Damen und Herren, was können nun die Kommunen von dem Gesetz ganz konkret erwarten? Es fließt eine Investitionspauschale von 40 Millionen Euro an die Städte und Gemeinden, das sind – nicht nur über den Daumen, sondern ganz exakt berechnet – 18,51 Euro pro Einwohner für Investitionen. Die Schulträger, also Landkreise, kreisfreie Städte und einige wenige kreisangehörige Kommunen, erhalten zu der bestehenden Schulinvestitionspauschale noch eine weitere für Schulinvestitionen in Höhe von insgesamt 36 Millionen Euro. Wir wissen alle, gerade auf diesem Sektor gibt es durchaus großen Nachholbedarf.

Dann haben wir etwas gemacht, was insofern auch ein Novum bei der Ausgestaltung solcher Gesetze ist: Wir haben diese Investitionspauschalen im Gesetzestext so gestaltet, dass die von uns natürlich auch zur Kenntnis genommene, vielerorts herrschende Not in den Verwaltungshaushalten der Kommunen entsprechend ausgeglichen werden kann. Damit haben wir im Übrigen nicht nur einen Hinweis, sondern eine Forderung der kommunalen Spitzenverbände aufgegriffen. Natürlich, meine Damen und Herren – die meisten von uns hier sind auch kommunalpolitisch nach wie vor verortet und

verwurzelt –, ist uns diese Problematik auch aus persönlichem Erleben mehr als bekannt. Ich sage das an der Stelle noch einmal, genau wie wir das im Ausschuss getan haben: Wir verbinden diese Regelung im Gesetz mit der Erwartung an das Ministerium, dass bei der Handhabung solcher Anträge das Ganze sehr pragmatisch und unbürokratisch geschieht.

Meine Damen und Herren, wir haben dann noch einen weiteren Baustein in diesem Gesetz integriert, nämlich 18 Millionen Euro ergänzende Bedarfszuweisungen für genau jene in Not geratene Kommunen zur Verfügung gestellt, und wir haben, meine Damen und Herren, als ein weiteres Element dieses Gesetzentwurfs eine Regelung aufgenommen, die nach unserer Auffassung jedenfalls Klarheit über die Verteilung der Mittel aus dem geplanten Kommunalinvestitionsfonds des Bundes schafft. Diese Mittel, meine Damen und Herren, das sind insgesamt 84 Millionen Euro, darunter sind 8 Millionen Euro Landesanteil, auch das rechnen wir den Kommunen nicht an. Die werden vom Land zur Verfügung gestellt, also der zehnprozentige Eigenanteil wird vom Land übernommen. Da kamen selbst die kommunalen Spitzenverbände nicht umhin, so etwas wie den Ansatz eines Lobs zu dieser Regelung in der Anhörung zum Ausdruck zu bringen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, nun gab es ein bisschen Streit – Streit ist vielleicht nicht der ganz korrekte Ausdruck – oder teilweise unterschiedliche Auffassungen juristischer Art, ob es nun legitim ist, dass wir in unserem Gesetzentwurf für die anrechnungsfreie Durchreichung dieser Bundesmittel auf ein Gesetz des Bundes verweisen können, das es noch gar nicht gibt. In der Tat, meine Damen und Herren, ist das eine nicht ganz unkomplizierte Vorgehensweise. Wir haben aber im Verbund zwischen Justizministerium mit dem Thüringer Innenministerium und der Landtagsverwaltung einen Formulierungsvorschlag gefunden, der Ihnen in einem Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen vorliegt, für den wir um Zustimmung bitten. Das ist sozusagen die Gewähr dafür, dass wir dann, wenn das Bundesgesetz beschlossen wird – wir rechnen also ganz fest damit, dass dieses Bundesgesetz in wenigen Wochen wirksam wird –, sagen können, jetzt stehen den Kommunen die Bundesmittel zur Verfügung.

Insgesamt, meine Damen und Herren, komme ich zu dem Urteil, dass das, was die Koalitionsfraktionen hier als Gesetzespaket, als zusätzliche Hilfe für die kommunale Familie im Jahr 2015 auf den Weg gebracht haben, keinen Vergleich scheuen braucht und sich wirklich sehen lassen kann. Herzlichen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke schön, Herr Höhn. Jetzt hat Abgeordneter Kalich für die Fraktion Die Linke das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Botschaft, welche mit der heutigen Beschlussfassung von diesem Haus ausgeht, heißt: Diese rot-rot-grüne Koalition nimmt Anhörungsverfahren ernst, sie hört zu und vor allen Dingen bewegt sie sich auch.

(Beifall DIE LINKE)

Mit dem jetzt gefundenen Kompromiss erhalten die Thüringer Kommunen im Jahr 2015 zur Verbesserung ihrer Finanzausstattung zu den bisher zugesagten Geldern weitere 24,4 Millionen Euro aus Landesmitteln. So können die Kommunen in diesem Jahr mit 102,4 Millionen Euro frischem Geld aus den Landesmitteln rechnen. In Auswertung der schriftlichen und mündlichen Anhörung – der Kollege Höhn hat es ja hier schon gesagt, dass das selbst doppelt durch uns durchgeführt wurde – konnten wir uns aufgrund der Hinweise der kommunalen Spitzenverbände zu diesem Kompromiss durchringen bzw. haben ihn wirklich gemeinsam erarbeitet. Die Koalitionsfraktionen waren sich einig, insbesondere Investitionen zu fördern, weshalb die zugesagte Investitionspauschale für die Städte und Gemeinden und die Schulträgerkommunen noch etwas aufgestockt wurde. Gleichzeitig wird deren Verwendung aber flexibel gestaltet, damit auch klamme Gemeinden das Geld nutzen können. Auch das war eine wesentliche Forderung aus der Anhörung. Die zusätzlichen Hilfen des Landes sind durch Entnahmen aus der Rücklage und durch Steuermehreinnahmen des Landes solide finanziert. Das Wichtigste ist, dass die Kommunen mit der Änderung auch zusätzliche Mittel – wenn es notwendig ist – für ihre Verwaltungshaushalte bekommen können.

Ich will nochmals auf die erfolgten Ergänzungen des kommunalen Finanzpakets der rot-rot-grünen Koalition kurz eingehen. Die Gesamtmittel, die für die zusätzliche Investitionspauschale für die Städte und Gemeinden vom Land zur Verfügung gestellt werden, sollen von 30 auf 40 Millionen Euro ansteigen. Damit erhöht sich die je Einwohner zu zahlende Investitionspauschale von 13,88 Euro auf nunmehr 18,51 Euro. Zudem wird auf Anregung des Gemeinde- und Städtebunds die Verwendung der Mittel flexibel gestaltet. Die geplante Schulinvestitionspauschale wird um 6 Millionen auf 36 Millionen Euro angehoben. Von ihr profitieren insbesondere die Landkreise und die kreisfreien Städte als

(Abg. Höhn)

Schulträger. Im Jahr 2015 werden zu den von der schwarz-roten Koalition bereits zugesagten circa 30 Millionen Euro für ergänzende Bedarfszuweisungen für Haushaltsnotlagegemeinden 18 Millionen Euro zusätzlich zur Verfügung gestellt. Darüber hinaus wird das Land die hundertprozentige Kofinanzierung des Kommunalinvestitionsförderungsfonds des Bundes sicherstellen. Dafür werden circa 8,4 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Unter Berücksichtigung dieser Veränderung stellt die rot-rotgrüne Landesregierung den Kommunen im Jahr 2015 die von mir bereits genannte Summe von 102,4 Millionen Euro aus Landesmitteln zusätzlich zur Verfügung. Hinzu kommen die anrechnungsfreien Durchreichungen der Bundesmittel in Höhe von 41 Millionen Euro. Zudem sichert die rot-rot-grüne Koalition die vollständige Auszahlung der von der Vorgängerregierung für das Jahr 2015 bereits zugesicherten Hilfe in Höhe von 43 Millionen Euro. Die kommunale Finanzausgleichsmasse erhöht sich durch das Wirken des Partnerschaftsgrundsatzes im Jahr 2015 um weitere 14 Millionen Euro. Laut Steuerschätzung vom November 2014 können die Thüringer Kommunen in diesem Jahr zudem mit Steuermehreinnahmen in Höhe von 50 Millionen Euro rechnen. Zu guter Letzt hilft auch das von der schwarz-roten Bundesregierung beschlossene kommunale Investitionspaket den Thüringer Kommunen. Wie bekannt werden ja 75,8 Millionen Euro Bundesmittel für die Jahre 2015 bis 2018 erwartet. Ein Teil davon wird bereits 2015 an die Thüringer Kommunen fließen.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, mit der heutigen Beschlussfassung hält diese Koalition Wort und setzt die im Koalitionsvertrag zugesagten Dinge um. Darin heißt es, dass für das Haushaltsjahr 2015 mögliche Haushaltsüberschüsse in einer festzulegenden Höhe unter anderem für die Erhöhung des KFA und für die Unterstützung von strukturell belasteten Kommunen verwendet werden. Genau das geschieht. Wenn Sie Ihre Kritik an unserem Gesetzentwurf ernst gemeint hätten, dann hätten Sie praktische Vorschläge machen können und Änderungsvorschläge und nicht wie Sie, Herr Fiedler, im Innenausschuss sagen, dann nehmt doch mehr Geld aus der Rücklage. Das war die einzige platte Antwort, die dort gekommen ist. Stimmen Sie dem Gesetz zu, stimmen Sie für die Thüringer Kommunen! Dann können wir sie im nächsten Monat mit diesem Geld nicht beglücken, sondern können weiterhelfen, dass die Kommunen in Thüringen sich weiterentwickeln können. Danke schön.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke schön. Das Wort hat nun der Kollege Thamm aus der CDU-Fraktion.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Oh, ist das jetzt die Jungfernrede? Viel Erfolg!)

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrte Kollegen! Sehr geehrter Herr Kuschel, ja, es ist richtig festgestellt, das erste Mal heute hier. Aber besser so als nie. Das ist ja auch richtig.

Wir befassen uns heute mit der zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der drei Regierungsfraktionen zur finanziellen Unterstützung der Thüringer Kommunen im Jahr 2015 in der Fassung der Beschlussempfehlung des Innenausschusses vom 24. April 2015 und des übrigens mit Mehrheit von den Regierungsfraktionen beschlossenen Beschlusses. Um es gleich vorwegzunehmen: Meine Fraktion wird dem Gesetzentwurf auch in der geänderten Fassung nicht zustimmen. Lassen Sie mich insoweit kurz an Ihren eigenen Wahlkampf erinnern. Sie versprachen eine umfassende und auskömmliche Ausfinanzierung der Gemeinden und Städte. Im Koalitionsvertrag zwischen den Linken, SPD und Bündnis 90/Die Grünen finden wir dazu: „Die Koalition strebt an, die finanzielle Situation der Kommunen nachhaltig zu verbessern.“ Dieses selbstgesteckte Ziel haben Sie mit dem Gesetzentwurf nicht nur weit verfehlt, sondern genau genommen auch vereitelt. Dies hat vor allem die Anhörung der kommunalen Spitzenverbände sehr deutlich gezeigt, da die von der Landesregierung ursprünglich abgegebenen Finanzierungszusagen später revidiert wurden. Die Spitzenverbände machten in ihrer Anhörung mehrfach deutlich, dass die auszufinanzierende Summe 200 Millionen Euro beträgt.

Zum besseren Verständnis erlaube ich mir an dieser Stelle auch noch einmal kurz die zeitliche Abfolge zu beleuchten. Da gab es zunächst die Aussage des Ministerpräsidenten Ramelow: Die Kommunen werden einen dreistelligen Millionenbetrag erhalten.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Wort gehalten!)

Darüber kann man streiten.

Dann äußerte der Kommunalminister Poppenhäger gegenüber den kommunalen Spitzenverbänden, es werde 135 Millionen Euro frisches Landesgeld geben.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Wort gehalten zum Zweiten!)