Protokoll der Sitzung vom 13.12.2018

Ich beantworte die Fragen 1 und 2 im Zusammenhang: Es liegen der Landesregierung keine Erkenntnisse im Sinne der Fragestellung vor. Insofern darf ich auf die Vorbemerkung verweisen.

Zu Frage 3: Im Jahre 2017 führte die Anastasia-Bewegung ihr jährliches Festival in der Zeit vom 7. bis 10. September in Beichlingen im Landkreis Sömmerda durch. Nach eigenen Angaben nahmen daran 500 Personen teil. Ebenso sollen laut Eigenangaben folgende Treffen bzw. Veranstaltungen in Thüringen stattgefunden haben: am 5. September 2015 ein erstes Anastasia-Treffen in Großkochberg im Landkreis Saalfeld-Rudolstadt, am 7. November 2015 ein zweites Treffen in Pritschroda, Landkreis Saale-Holzland, und am 7. Mai 2016 ein AnastasiaLesertreffen Thüringen, vermutlich im Raum Eisenach. Darüber hinaus liegen der Landesregierung keine weiteren Erkenntnisse über Veranstaltungen der Anastasia-Bewegung in Thüringen vor. Auch möchte ich insoweit auf die Vorbemerkung verweisen.

Zu Frage 4: Es liegen keine Erkenntnisse darüber vor, dass an den unter der Frage 3 aufgeführten Veranstaltungen in Thüringen Rechtsextremisten, Reichsbürger oder Selbstverwalter teilgenommen haben. Gleichwohl können zumindest inhaltliche Bezüge zur Reichsbürger- und Prepperszene hergestellt werden, die sich aus den als Ideengrundlage dienenden Anastasia-Romanen eines russischen Autors ergeben, die wiederum das Thema der persönlichen Autarkie und Selbstversorgerwirtschaft behandeln. Überdies weist die Buchreihe auch Bezüge zum Antisemitismus auf.

Vielen Dank.

Gibt es Nachfragen? Frau Kollegin Henfling.

(Minister Prof. Dr. Hoff)

Mich würde interessieren, ob das Festival in Beichlingen in 2017 bei der örtlichen Ordnungsbehörde angemeldet war.

Ja, die Frage kann ich beantworten. Die Veranstaltung vom 7. bis 9. September 2017 in Beichlingen wurde bei der Verwaltungsgemeinschaft Kölleda gemäß § 42 Abs. 1 Thüringer Ordnungsbehördengesetz angezeigt. Entsprechend der Anzeige erwartete der Veranstalter 450 Personen. Das Veranstaltungsgelände befindet sich im Privatbesitz des Vereins „Am Windberg e. V.“ – ehemals Kinderund Jugenddorf „Am Windberg“.

Weitere Nachfragen? Frau Henfling.

Es ist also als Versammlung angezeigt worden oder als Vergnügung? Das können Sie mir nachreichen.

Das kann ich Ihnen nachliefern, ich müsste in meiner Vorlage schauen, in der unmittelbaren Beantwortung kann ich es jetzt nicht direkt beantworten, liefere ich Ihnen nach. Bei der VG ist das ja auch nur anzuzeigen. Ich will nicht spekulieren, ich sage es Ihnen ganz genau. Ich liefere das nach.

Eine weitere Nachfrage? Frau Abgeordnete KönigPreuss, bitte.

Wie begründet die Landesregierung die Notwendigkeit des Amts für Verfassungsschutz, welches jährlich mehrere Millionen Euro erhält, vor dem Hintergrund der gerade gegebenen Antworten, dass keine Erkenntnisse zur antisemitischen Bewegung „Anastasia“ in Thüringen vorliegen würden?

Frau Abgeordnete, in die Antwort, die ich der Frau Abgeordneten Henfling auf Ihre Mündliche Anfrage gegeben habe, sind die Erkenntnisse bzw. nicht vorhandenen Erkenntnisse des Amts mit eingeflossen.

(Zwischenruf Abg. König-Preuss, DIE LINKE: Keine Erkenntnisse!)

Gibt es weitere Nachfragen? Das sehe ich nicht. Dann kommen wir zur fünften Frage. Fragestellerin ist Frau Abgeordnete Meißner von der CDU-Fraktion mit der Drucksache 6/6488. Bitte schön, Frau Kollegin Meißner.

Ausgliederung der Landesarbeitsgemeinschaft der Werkstatträte im Freistaat Thüringen aus der Landesarbeitsgemeinschaft der Werkstätten für behinderte Menschen im Freistaat Thüringen e. V.

Die Landesarbeitsgemeinschaft der Werkstatträte im Freistaat Thüringen vertritt die Interessen der Beschäftigten in den Werkstätten für behinderte Menschen in Thüringen.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie schätzt die Landesregierung die Ausgliederung der Landesarbeitsgemeinschaft der Werkstatträte im Freistaat Thüringen aus der Landesarbeitsgemeinschaft der Werkstätten für behinderte Menschen im Freistaat Thüringen e. V. ein?

2. Welche Gründe liegen vor, dass die Landesarbeitsgemeinschaft der Werkstatträte im Freistaat Thüringen nicht als Verein eingetragen werden kann?

3. Wie sollen zukünftig die Werkstatträte im Sinne des Bundesteilhabegesetzes vertreten werden?

Für die Landesregierung antwortet das Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie, Frau Ministerin Werner.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Sehr geehrte Frau Meißner, namens der Landesregierung beantworte ich die Mündliche Anfrage wie folgt:

Zu Frage 1: Mit der Novellierung der bundesweiten Werkstättenmitwirkungsverordnung zum 1. Januar 2017 ist in § 39 auch eine Neuregelung zur Finanzierung der überörtlichen Interessenvertretungen der Werkstatträte sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene geschaffen worden. Die Kosten für diese Aufgaben haben seitdem die Werkstätten für behinderte Menschen zu tragen. Diese haben ihrerseits gegenüber den für die Leistungen im Arbeitsbereich zuständigen Leistungsträgern einen Anspruch auf Refinanzierung der Kosten im Rahmen zu treffender Leistungs- und Vergütungsvereinbarungen. Vor diesem Hintergrund hat die seit 2013 bestehende Landesarbeitsgemeinschaft Werkstatträte die Loslösung von der Landesarbeitsgemein

schaft der Werkstätten für Menschen mit Behinderungen angestrebt. Damit soll eine größere finanzielle und inhaltliche Unabhängigkeit der Selbstvertretung der LAG der Werkstatträte erreicht werden. Die Landesregierung befürwortet einen unabhängigen und einheitlichen Zusammenschluss der Werkstatträte auf Landesebene.

Zu Frage 2: Das Amtsgericht Greiz hat der Landesarbeitsgemeinschaft der Werkstatträte mit Schreiben vom 19. November 2018 mitgeteilt, dass Vereins- bzw. Gründungsmitglieder nur natürliche und juristische Personen sein können. Bei den Werkstatträten handele es sich jedoch nach der aktuellen Satzung weder um natürliche noch um juristische Personen, insofern könnten sie keine Gründer eines Vereins sein. Darüber hinaus weise die Satzung Mängel auf, beispielsweise impliziere der Name „Landesarbeitsgemeinschaft der Werkstatträte“, dass alle Werkstatträte Thüringens Mitglied im Verein seien, was aber nicht der Fall ist – zumindest noch nicht. Insofern sollte die LAG Werkstatträte zunächst klären, ob die Satzung angepasst werden kann oder alle Werkstatträte der Werkstätten für Menschen mit Behinderungen der LAG beitreten.

Zu Frage 3: Die Landesregierung präferiert einen einheitlichen und unabhängigen Zusammenschluss der Werkstatträte in Thüringen. Eine vorgesehene Veranstaltung der Landesarbeitsgemeinschaft der Werkstätten für Menschen mit Behinderungen am 15. Januar 2019 soll noch einmal die allgemeine Stimmungslage aller Werkstatträte in Thüringen ermitteln und eine Einigung dahin gehend erzielen, wie die Interessenvertretung der Werkstatträte auf Landesebene künftig gestaltet sein kann. Die LIGA Selbstvertretung Thüringen e. V. und Werkstatträte Deutschland e. V. werden an dem Termin teilnehmen. Sofern eine Beteilung des Ministeriums gewünscht ist, wird diese durch das Fachreferat Behindertenpolitik sichergestellt.

Für eine Nachfrage erteile ich der Abgeordneten Meißner das Wort.

Ist die LAG Werkstatträte bereits jetzt Mitglied der LIGA der Selbstvertretung?

Meiner Ansicht nach, ja. Ich würde Ihnen das aber noch mal genau sagen.

Eine weitere Nachfrage? Frau Meißner.

Ist die LAG Mitglied im Landesbehindertenbeirat?

Ich glaube, dass ein Vertreter Mitglied im Landesbehindertenbeirat ist, bin mir aber nicht sicher, über welche Institution. Auch das würde ich Ihnen dann noch mal nachreichen.

Gibt es weitere Fragen? Das sehe ich nicht. Dann kommen wir zur sechsten Frage. Fragestellerin ist Frau Abgeordnete Holbe von der CDU-Fraktion mit der Drucksache 6/6491. Bitte schön, Frau Holbe.

Laut Presseberichterstattung – unter anderem „Bild“ Thüringen vom 20. November 2018 – ist Ministerpräsident Ramelow grundsätzlich bereit, über die Einstufung von Ländern wie Marokko, Tunesien und Algerien als sichere Herkunftsländer zu verhandeln. Am 5. Februar 2016 hatte die Bundesregierung einen entsprechenden Gesetzentwurf im ersten Durchgang im Bundesrat eingebracht. Letztlich hat der Bundesrat die Zustimmung versagt. Thüringen hat sich enthalten. Im Thüringer Landtag haben sich die regierungstragenden Fraktionen stets geschlossen und vehement auf allen Ebenen gegen die Erweiterung des Anwendungsbereichs von Artikel 16a Abs. 3 Grundgesetz positioniert.

Ich frage die Landesregierung:

1. Unter welchen konkreten Voraussetzungen ist die Thüringer Landesregierung bereit, über die Einstufung von Ländern wie Marokko, Tunesien und Algerien als sichere Herkunftsländer zu verhandeln?

2. Für welche weiteren Länder neben Marokko, Tunesien und Algerien ist eine Einstufung als sichere Herkunftsländer nach Auffassung des Ministerpräsidenten Ramelow denkbar?

2. Wird Thüringen der Einstufung von Marokko, Tunesien und Algerien und weiteren Ländern im Bundesrat zustimmen, wenn die in der Antwort zu Frage 1 genannten Voraussetzungen erfüllt sind?

Für die Landesregierung antwortet das Ministerium für Migration, Justiz und Verbraucherschutz, Herr Minister Lauinger, bitte.

(Ministerin Werner)

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Holbe beantworte ich für die Landesregierung wie folgt: Dabei würde ich gern die Fragen 1, 2 und 3 im Zusammenhang beantworten.

Der Bundesrat hat im sogenannten ersten Durchgang nach Artikel 76 Abs. 2 des Grundgesetzes den Entwurf des Gesetzes zur Einstufung Georgiens, Algeriens, Marokkos und Tunesiens als sichere Herkunftsstaaten behandelt. Eine Stellungnahme des Bundesrats kam mangels Mehrheit nicht zustande, Thüringen hat sich bei der Beschlussfassung enthalten.

Bevor das Abstimmverhalten des Freistaats Thüringen zu einem Gesetz festgelegt wird, muss man wissen, was genau in der Gesetzesvorlage steht. Da der Bundestag noch nicht über den Gesetzentwurf entschieden hat, sind Änderungen durchaus möglich, die Beschlussfassung des Bundestags sollte daher erst einmal abgewartet werden. Erst danach steht die Beteiligung des Bundesrats nach Artikel 77 des Grundgesetzes an. Über eine endgültige Positionierung der Landesregierung kann ich daher zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht berichten.

Gleichwohl möchte ich anmerken, dass sich die Situation in den sogenannten Maghreb-Staaten seit 2016 nicht wesentlich geändert hat. Insbesondere Homosexuelle, Journalistinnen und Journalisten sowie Menschenrechtsaktivistinnen und -aktivisten sind politischer, gesellschaftlicher und teilweise auch strafrechtlicher Verfolgung wegen ihrer Lebensweisen und Überzeugungen ausgesetzt. Ein hinreichender Schutz etwa dieser Personengruppen ist daher mehr als fraglich. Allein der Hinweis auf eine geringe Schutzquote für Asylsuchende aus den betreffenden Ländern ist daher für sich kein ausreichendes Kriterium für eine Einstufung als sichere Herkunftsstaaten.

Vielen Dank.

Gibt es Nachfragen? Das sehe ich nicht. Dann kommen wir zur nächsten Frage. Fragesteller ist Herr Abgeordneter Kräuter, Fraktion Die Linke, mit der Drucksache 6/6492. Bitte, Herr Kräuter.

Dienstbefreiung bei Besuchen von nationalen Parlamenten und des EU-Parlaments durch Beschäftigte im öffentlichen Dienst des Freistaats Thüringen

Beschäftigte des Freistaats Thüringen sollen sich politisch informieren und bilden. Nicht nur für politische Bildung wurde das Thüringer Bildungsfreistellungsgesetz vom 15. Juli 2015 geschaffen. Gerade bei Anträgen zur Teilnahme an Besuchergruppen zum Besuch nationaler Parlamente oder des EUParlaments ist es nach vorliegenden Informationen Beschäftigten im öffentlichen Dienst des Freistaats Thüringen nicht möglich, durch Bildungsfreistellungen oder andere Maßnahmen die demokratische Arbeit von Parlamenten bei Besuchen von nationalen Parlamenten und des EU-Parlaments kennenzulernen und in Diskussionen mit Abgeordneten ihr Demokratieverständnis und ihre politische Bildung zu stärken.