Protokoll der Sitzung vom 08.05.2019

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Aber Sie, oder was?)

Sie haben mit Ihrer ideologisch verblendeten Energiepolitik, welche die Gesetze der Physik missachtet, und den damit auch einhergehenden Maiswüsten sowie der Verspargelung der Landschaften einen nicht unbedeutenden Teil zum Artensterben in Thüringen beigesteuert.

(Beifall AfD)

Zahlreiche offenbar von Windkraftanlagen getötete Vögel, Fledermäuse und Insekten sowie die Verantwortung der ehemaligen grünen Bundeslandwirtschaftsministerin Künast als Urheberin des Biomasse-/Biogaskonzepts im EEG belegen dies eindrücklich.

(Abg. Dr. Scheringer-Wright)

(Beifall AfD)

Sie haben als Referenz einen Verband benannt, der auf unsägliche Weise mit einem Kartenspiel bei Kindern Stimmung gegen Jäger machen möchte – das trägt auch nicht zu einer Versachlichung der Debatte bei. Eine Versachlichung bei Ihnen ist jedoch dringend geboten, denn Ökonomie und Ökologie müssen – anders als für die Grünen – kein Gegensatz sein. Wir sind davon überzeugt, dass der Arten- und Umweltschutz nicht gegen die Landnutzer, sondern nur mit ihnen betrieben werden kann und muss, denn eine gesunde Artenvielfalt liegt in deren ureigenstem Interesse.

(Beifall AfD)

Das beinhaltet auch, dass keine Windkraftanlagen mit horrendem Flächenverbrauch in Thüringer Wäldern gebaut werden dürfen. Noch dazu werden Wälder abgeholzt, wodurch Umwandler von CO2 in Sauerstoff vernichtet werden. Auch die Fluginsekten und auch nicht bedrohte Arten wie zum Beispiel der Schwarzstorch, der Rotmilan oder der Uhu usw. können die rotierenden Windmühlen in ihren Flugbahnen nicht gebrauchen. Immer mehr Insekten verwirrt die nächtliche Beleuchtung der Windräder und ebenso sterben laut Deutschem Zentrum für Luft- und Raumfahrt circa 1.200 Tonnen Insekten pro Jahr durch die Rotoren, die wiederum unseren Vögeln als Nahrungsgrundlage fehlen.

Was ist mit den getöteten Vögeln – wie zum Beispiel dem Weißstorch – entlang den Bahn- und Hochspannungstrassen, welche die lieben Grünen nun verstärkt auch noch durch Deutschland ziehen möchten? Was ist mit den getöteten Vögeln an den Glasscheiben? Wollen Sie jetzt die Häuser entglasen? Auch die Schlagopferzahlen an Zügen mit bis zu 61 Vogelschlägen pro Streckenkilometer ist etwa doppelt so hoch wie am Kfz auf Autobahnen, wo Sie doch mehr Züge statt Kfz fordern. Jedes Jahr fallen in den Staaten rund um das Mittelmeer mindestens 25 Millionen Zugvögel der meist illegalen Jagd zum Opfer, so schreibt es zum Beispiel „spektrum.de“: Auch die giftdominierte großindustrielle Landwirtschaft in den USA fordert Opfer an Insekten und Vögeln im Gegensatz zu unserer kleinräumigen Landwirtschaft in Thüringen.

Auch hier gibt es keine echte Debatte. Also lassen Sie endlich die eigennützige Angstmacherei außen vor und kehren Sie zurück zu echter und sachlicher Artenschutzpolitik,

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: So wie Sie, oder was?)

einer Politik, der Sie in Ihrem CO2-Wahn und Windwahn schon lange den Rücken gekehrt haben.

Gern auch würden wir das im Ausschuss diskutieren, im Umweltausschuss. Auch die Vernichtung der Regenwälder soll hier nicht unerwähnt bleiben, die ebenfalls maßgeblich zu einer Verringerung der Artenvielfalt beiträgt. Wir als AfD werden die Dinge beim Namen nennen und setzen uns auch für echten Natur- und Umweltschutz ein. Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Danke schön. Für die Fraktion der SPD hat Frau Abgeordnete Becker das Wort. Bitte schön.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die Zerstörung der biologischen Vielfalt bedroht die Menschheit mindestens so sehr wie die Klimakrise, sagte Hubert Weiger, BUND-Bundesvorsitzender, vor zwei Tagen in seinem Bericht. Ich glaube, wir sind uns alle darüber einig, dass wir eine Artensterbenvielfalt haben, wie wir es in den letzten hundert Jahren nie gehabt haben. Ich bin aber nicht dafür, immer anderen gegenüber die Schuldzuweisungen zu machen. Auch können wir uns nicht gegeneinander ausspielen. Wir brauchen die Windenergie und wir brauchen den Schutz der Vögel. Das ist nun mal so. Frau Lehmann hat eben dankenswerterweise bei ihrer Fraktion herumgefragt, wer denn ein Insektenhaus oder -hotel hat.

(Zwischenruf Abg. Kießling, AfD: Ich!)

Wir müssen alle vor unserer eigenen Haustür anfangen.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Ich habe das Glück, im ländlichen Raum zu wohnen, und ich muss die Auseinandersetzung schon immer mit meinem Mann führen, weil der immer sagt: Jede Distel, jede Brennnessel ist kein Unkraut. Ich sage immer, dass es aber schon schöner aussieht, wenn da mal keine Brennnesseln stehen. Aber er sagt: Nein, sie bleiben stehen. Das ist so bei uns im Garten.

(Zwischenruf Abg. Henfling, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Da hat er recht!)

Er hat recht – natürlich. Aber die Tulpen müssen ja auch mal zu sehen sein. Wir sind der einzige Garten, der naturbelassen ist. Rechts und links haben wir englischen Rasen. Ich wohne auf dem Dorf, das ist ganz schwierig, weil die Nachbarn immer sagen: Dagmar, wann willst du denn mal aufräumen? Da sage ich: Mein Garten ist aufgeräumt.

(Beifall DIE LINKE)

(Abg. Kießling)

Der ist aufgeräumt und der steht für die Natur zur Verfügung. Das bleibt auch so. Frau Tasch, Sie wissen das auch, es ist ganz schwierig, so im ländlichen Raum durchzukommen. Aber Gott sei Dank können es von der Straße nicht alle einsehen, es sehen nur die Nachbarn rechts und links, also geht es mir gut. Ich will damit nur sagen: Wir müssen wirklich jeder für uns selber entscheiden, was wir tun und wo wir helfen können. Das ist ganz einfach. Amsel, Drossel, Fink und Star, das sind unsere Lieblingsvögel. Die Deutschen sind damit groß geworden und sie leben damit. Aber wir müssen auch dafür sorgen, dass unsere Kinder diese Vögel noch kennen, sonst können sie sie nämlich auch nicht schützen. Nur wer die Landschaft, die Bäume und die Vögel auch kennt, weiß, wie man damit umzugehen hat.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Es ist ganz wichtig, dass wir auch die Umweltbildung ganz hoch stellen und sagen, in der Schule muss mehr dafür getan werden. Da fangen wir mit Artenschutz an. Wichtig ist, dass die Menschen auch wissen, was geschützt werden soll. Wir dürfen uns bei einem Autobahnbau nicht wieder über den nächsten Krötentunnel lächerlich machen. Wir müssen sagen: Das ist richtig, das ist wichtig, das ist gut für unsere Artenvielfalt. Auch wie wir miteinander umgehen, da können wir Beispiele setzen, um zu sagen, wir schützen unsere Natur. Wir müssen nicht nur auf den Regenwald schauen – das ist schlimm genug, darüber will ich nicht reden –, sondern wir müssen in Deutschland, wir müssen in Thüringen unsere Akzente setzen, damit wir etwas tun, was wir auch tun können.

Einkaufsverhalten. Frau Tasch, Sie haben auch immer gesagt, Sie packen keine Weihnachtsgeschenke mehr ein, weil das unnütz ist.

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU)

Ja, das sind Kleinigkeiten, kein Geschenkpapier, genau – ohne.

Oder auch beim Einkauf mit dieser Plastikmanie. Das ist doch so furchtbar, dass wir beim Einkauf getrieben werden, dass die Zahnpasta auch noch extra in Plastik eingepackt ist oder irgendwie. Das muss doch nicht sein. Da müssen wir aber anfangen und sagen, das geht so nicht. Wir als Käufer können das Kaufverhalten beeinflussen. Manchmal erwischt man sich selber, dass man wieder das Falsche tut. Es ist ganz, ganz wichtig, dass wir immer von uns selber ausgehen und selber zur Kenntnis nehmen, was können wir tun und was können wir nicht tun. Ich möchte nicht auf andere zeigen, ich möchte für mich selber entscheiden, was zu tun ist.

Das hilft nicht, das ist klar, das ist nur ein kleiner Ansatz. Aber was ich selber denke und tue, das kann ich dann vielleicht auch auf andere übertragen. Das halte ich für ganz, ganz wichtig.

Frau Dr. Scheringer-Wright hat schon etwas angesprochen, worum ich auch schon lange kämpfe, auch in meiner Gemeinde durchgekommen bin – das sind die Straßengräben. Warum müssen die denn so oft im Jahr gemäht und immer beidseitig gemäht werden? Eine halbe Seite kann stehen bleiben. Damit entsteht keine Gefahr für die Autofahrer. Das haben wir auch schon lange besprochen. Kleinigkeiten sind so wichtig, dass wir das jetzt angehen. Natürlich muss die Politik auch handeln – das sehe ich auch –, die Bundesregierung; die Landesregierung macht es schon, wir haben schon ein Klimaschutzgesetz und sind da auf gutem Wege.

Frau Tasch, aus der Nutzung nehmen: 25.000 Hektar standen schon im alten Koalitionsvertrag zwischen SPD und CDU, jetzt haben wir 26.000 Hektar und davon sind noch 7.000 Hektar aus Bundflächen, die wir dazugenommen haben. Wir sind nicht mit Waldstilllegungen so groß vorangekommen, sondern wir haben das gemacht, was notwendig und wichtig ist. Wir sind nicht darüber hinausgegangen. Das wollte ich nur sagen.

Leider sind die 5 Minuten um. Vielleicht können wir uns einigen, im Umweltausschuss noch mal darüber zu reden. Das wäre ganz wichtig.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke schön. Bis auf die Fraktion der AfD mit 30 Sekunden hat keine Fraktion mehr Redezeit. Aber die Landesregierung hat Redezeit. Bitte schön, Frau Ministerin.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Gäste auf der Tribüne! Herzlichen Dank an die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen für diese Aktuelle Stunde! Seit Jahrmillionen gilt auf dieser unserer einen Erde, Tier- und Pflanzenarten entwickeln sich. Das Ganze nennt man Evolution und das war auch der normale Lauf der Dinge, bis wir seit einigen Jahrzehnten einen dramatischen Veränderungsdruck auf intakte Ökosysteme feststellen.

Das ist ja nichts Neues. Ich meine, 1962 veröffentlichte Rachel Carson, die amerikanische Biologin, das Buch „Der stumme Frühling“, schlug Alarm, die Umweltbewegungen weltweit entstanden. Und bis heute, wo wir uns mit dem ersten Biodiversitätsbe

(Abg. Becker)

richt der Vereinten Nationen auseinandersetzen müssen, gibt es dramatische Entwicklungen, die man auch benennen muss. Die Frage ist nur: Wenn wir kein Erkenntnisproblem haben, warum folgt dann so wenig daraus?

Zum Benennen gehört, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass wir eben heute eine Situation haben, in der unsere Felder voll mit Chemie sind, um Erträge zu maximieren. Dazu gehört, dass Süßwasserflüsse zu Salzwasserstraßen geworden sind, um den Dünger dafür zu produzieren und zu transportieren. Dazu gehört, dass Flächen zubetoniert, Vorgärten gepflastert werden – Sie haben es genannt. Zum Benennen gehört, dass Flüsse und Meere voller Plastemüll sind und die Mägen der darin lebenden Tiere auch. Und schlussendlich entsteht der Veränderungsdruck deswegen, weil mit einem nie gewesenen Anpassungsdruck, nämlich dem Klimawandel, Ökosysteme völlig überfordert sind. Und das, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist das Dramatische und der große Unterschied, vor dem wir heute stehen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Wucht dieser Veränderungen in Summe können Ökosysteme und viele Arten einfach nicht begegnen, weil Evolution sich noch nie über Nacht vollzogen hat und es auch jetzt nicht kann. Die Dramatik des Berichts, dass bis zu einer Million Tierund Pflanzenarten in den nächsten Jahrzehnten von der Erde spurlos verschwunden sein werden, kann man nicht klar genug unterstreichen. Zu diesem Schluss kommt eben der am Montag veröffentlichte Bericht. Darin heißt es, dass ein verheerendes Massenaussterben ohne Beispiel bereits im Gange sei. Das betrifft uns alle. Deswegen Danke für die mögliche Aussprache dazu heute.

Robert Watson, der Vorsitzende des Weltbiodiversitätsrats, sagte wörtlich am Montag, Zitat: „Wir erodieren global die eigentliche Basis unserer Volkswirtschaften, Lebensgrundlagen, Nahrungsmittelsicherheit und Lebensqualität.“ Übersetzt – ich bringe es mal auf den Punkt –: Wir sägen an dem Ast, auf dem wir sitzen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Darüber muss geredet werden. Watson sagt weiter: Die Weltgemeinschaft muss sich dringend vom wirtschaftlichen Wachstum als einzigem Mantra abwenden hin zu nachhaltigen Systemen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, wie oft haben wir uns hier schon mit dem Thema „Nachhaltigkeit“ beschäftigt? Wir wissen

doch, dass es darauf ankommt, hier in Thüringen auch zu handeln.

Meine sehr geehrten Damen und Herren: „Alles hängt mit allem zusammen.“ Vor 200 Jahren hat der große Humanist Alexander von Humboldt genau diese Erkenntnis formuliert. Als Universalgelehrter sei er hier noch mal zitiert, weil ich finde, dass es umso wichtiger ist, diese Zusammenhänge zwischen Klimaschutz, Artensterben und dem Ast, auf dem wir sitzen, noch mal deutlich zu machen.