Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Gäste und Zuschauer des Thüringer Landtags, Herr Fiedler hat gerade eben in wahrscheinlich einer seiner kürzesten Reden zu einem Gesetzentwurf gesagt: Das ist ja einfach nur die Umsetzung von Bundesrecht in Landesrecht, wir sind dazu aufgefordert, wir müssen
das machen. Dennoch, glaube ich, müssen wir uns auch hier im Thüringer Landtag unserer Verantwortung bewusst sein und etwas genauer hinschauen, was dieses Bundesgesetz auf der Bundesebene regelt und was wir am Ende dann in Landesrecht überführen oder mit Landesrecht ausfüllen werden.
Es geht hier um den neuen Personalausweis. Das ist in Ordnung, dass jeder Bundesbürger einen ordentlichen Personalausweis bekommt, und es ist auch in Ordnung, dass man weiß, wer in Thüringen hier diesen Ausweis ausstellen wird und wer dafür zuständig ist. Aber die Regelung, die wir hier mit diesem Gesetz treffen, greift natürlich auf einen besonderen Paragrafen, auf einen besonderen Satz zurück, der es allen Behörden, auch den Länderpolizeien, dem Verfassungsschutz, dem Zoll usw. ermöglicht, auf unsere biometrischen Fotos zuzugreifen. Das ist ein Punkt, wo wir kurz innehalten müssen und uns diese Regelung auch exakt ansehen müssen.
Ich möchte an der Stelle ganz kurz den Bundestagsabgeordneten von Bündnis 90/Die Grünen, Konstantin von Notz, zitieren, der zu dieser hier ins Landesrecht zu überführenden Regelung sagt: „Nicht gerecht wird dieser Entwurf jedoch den Bürgerrechten in der freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Denn Sicherheit in einem Rechtsstaat heißt nicht nur ‚Sicherheit durch den Staat‘, sondern immer auch ‚Sicherheit vor dem Staat‘. Indem Sie die Sicherheitsbehörden dieses Landes nach dem Prinzip ‚Alles was kann, soll auch‘ mit Rechten ausstatten, kratzen Sie nicht mehr an unserem freiheitlichen Rechtsstaat, sondern Sie hobeln daran.“
Deshalb werden wir in der Überweisung und in der Befassung im Ausschuss außerordentlich kritisch darauf schauen, welches Recht wir hier ins Landesrecht übersetzen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen, auch ich kann mich kurz fassen: In der Tat, es geht um Umsetzung von Bundesrecht. Da müssen die Regeln hier in Thüringen angepasst bzw. aufgehoben werden. Dazu gibt es keine wirkliche Alter
Der Kollege Adams von den Grünen hat allerdings schon darauf hingewiesen, dass es hier schon eine Änderung gegenüber dem bisherigen Verfahren gibt. Wir haben ja inzwischen noch keinen automatisierten Abruf der Lichtbilder von Pässen und Personalausweisen, sondern immer einen anlassbezogenen. Natürlich kann man sagen, das möchte man gern automatisiert haben. Das beschleunigt natürlich dann auch die Übermittlung und – ich habe jetzt überlegt, ob ich das hier sagen darf – erschwert den Eintritt der Verjährung bei Verkehrsordnungswidrigkeiten, wenn die Bilder schneller übermittelt werden.
(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Stell dir mal einen Moment vor, du wärst Innenministerin, was du dann sagen würdest!)
Dann hätte ich das nicht gesagt. Ich habe jetzt mal eben als Anwältin gesprochen, das bin ich ja auch noch im wirklichen Leben.
Deswegen werden wir uns auch noch mal genauer anschauen, ob es tatsächlich unerlässlich ist, dass mit den Personendaten auch automatisiert biometrische Fotos, die schon auch einen gewissen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte darstellen, dann quasi immer sofort automatisch mitgeschickt werden müssen.
Wie gesagt, es ist eine bundesgesetzliche Vorgabe, die uns empfiehlt, das so zu machen. Aber auch ich schließe mich da durchaus dem Kollegen Adams an, dass wir uns in der Anhörung diese Vorschrift – das betrifft den § 3 in dem vorgelegten Gesetzentwurf, das können Sie auch in der Kommentierung nachlesen bzw. in der Begründung des Gesetzentwurfs – dann noch mal genauer anschauen, denn genauer hinsehen schadet nie, auch nicht als Regierungskoalition. Deswegen stimmen auch wir der Überweisung an den Innen- und Kommunalausschuss zu.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich hätte mich natürlich gefreut, wir hätten hier ein einfaches Zuständigkeitsgesetz vorliegen gehabt, dann hätte es jede Fraktion so kurz machen kön
Der Abgeordnete Scherer hat in der ersten Beratung zum Versammlungsgesetzentwurf seiner Fraktion gesagt, man darf eine mögliche Verfassungswidrigkeit nicht nur behaupten, sondern man muss sie auch begründen, meine Damen und Herren. Ich sage mal, die Begründung einer möglichen Verfassungswidrigkeit zu eben jenem § 25 des Personalausweisgesetzes umfasst 50 Seiten und liegt seit dem vergangenen Jahr beim Bundesverfassungsgericht vor. Nun kann man sagen, wir setzen hier in Thüringen mit dem Gesetzentwurf der Landesregierung nur eine Verordnungsermächtigung des Bundesgesetzgebers um. Das ist in der Tat richtig, das heißt, wir haben selbst keinen Einfluss, eine mögliche verfassungswidrige Regelung im Personalausweisgesetz oder im Paßgesetz zu ändern, aber wir sollten nicht so verantwortungslos sein, nicht zu wissen und uns nicht damit auseinanderzusetzen, was eigentlich in diesem Gesetz steht und welche weitreichenden Befugnisse hier auch in Thüringen damit letztendlich Fuß fassen.
Ich will vielleicht mal die Quintessenz dieser Verfassungsbeschwerde vortragen und das dann auch mal an einem Beispiel deutlich machen. Die Beschwerdeführer in Karlsruhe schreiben in ihrer Verfassungsbeschwerde: „Die angegriffenen Vorschriften verletzen die Beschwerdeführer in ihrem Recht auf informationelle Selbstbestimmung aus Artikel 2 Abs. 1 in Verbindung mit Artikel 1 Abs. 1 Grundgesetz und auf effektiven Rechtsschutz aus Artikel 19 Abs. 4 Grundgesetz.“ Und da es sich bei den Beschwerdeführern um Rechtsanwälte handelt, die von der Gesellschaft für Freiheitsrechte in ihrer Beschwerde unterstützt werden, ist das nicht mal einfach so in den politischen Raum gestellt.
Im Kern geht es gar nicht so sehr um das Personalausweis- oder Paßgesetz, sondern um die Regelung, die durch das Gesetz zur Förderung des elektronischen Identitätsnachweises 2017 in diesen Gesetzen implementiert worden ist, denn bis dahin war es möglich, dass natürlich auch Strafverfolgungsbehörden bei konkreten Straftatsverdachten auf die Daten, auch auf Bilddaten zurückgreifen konnten. Aber mit diesem Gesetz ist eben nicht nur die Onlinefunktion für Personalausweise standardmäßig aktiviert worden, sondern es wurden auch die Zugriffsmöglichkeiten für Polizei und Geheimdienst auf die Ausweisbilder erweitert, und zwar standardisiert. Genau führt der Gesetzentwurf oder das Gesetz dann aus: „Der automatisierte Lichtbildabruf muss nun nicht mehr der Strafverfolgung die
nen, sondern nur der Erfüllung der Aufgaben der ermächtigten Behörden.“ Das heißt, dass kein hinreichender Grund mehr für diese Datenübermittlung bestehen muss, sondern diese Behörden praktisch die allgemeine Aufgabenerfüllung hier darstellen müssen, sodann in Thüringen umsetzende Behörden diese Datenübermittlung vornehmen müssen. Ich denke, wenn dies so ist und die Behörden durch die Umsetzung des Bundesgesetzes in die Situation versetzt werden, sollten wir uns als Landtag doch auch gründlich mit den verfassungsrechtlichen Bedenken auseinandersetzen, dann eine landesrechtliche Entscheidung am Ende treffen, aber wir sollten sie nicht einfach negieren. Deswegen ist nicht nur die Überweisung an den Innenausschuss, sondern dort auch die Durchführung einer schriftlichen Anhörung, denke ich, die geeignete Antwort auf die Verfassungsbeschwerde. Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Präsidentin, auch ich werde es kurz machen, ähnlich wie Herr Fiedler. Wir stimmen der Ausschussüberweisung zu und die Feinheiten können wir dann im Innenausschuss besprechen. Vielen Dank.
Danke schön. Dann schließe ich die Debatte und wir kommen zur Abstimmung über die Ausschussüberweisung. Es wurde allseits Überweisung an den Innen- und Kommunalausschuss beantragt. Wer dafür ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Fraktionen Die Linke, Bündnis 90/Die Grünen, der SPD, der CDU und der AfD. Gibt es Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Sehe ich nicht. Damit einstimmig an den Innen- und Kommunalausschuss überwiesen.
Wir kommen flott durch. Meine Frage: Wollen wir jetzt gleich noch mal den Tagesordnungspunkt 7 beraten und dann den Tagesordnungspunkt 11, meine Herren Parlamentarische Geschäftsführer? Erst den Tagesordnungspunkt 7 und dann den Tagesordnungspunkt 11? Ich schaue in die Runde. Ja? Das machen wir so. Gut, dann rufen wir den Tagesordnungspunkt 7 auf und dann 11 als letzten, ja? So weit, wie wir kommen.
Okay. Sind die anderen Parlamentarischen Geschäftsführer damit einverstanden? Gut. Dann machen wir die 11. Ja, es ist beantragt worden mit vorletztem und letztem, aber wir sind in der Zeit gut durchgekommen, um so viel wie möglich abzuarbeiten. Also machen wir die 11 und dann den 7.
Es geht nicht um das Wünschen, sondern ich frage die Parlamentarischen Geschäftsführer. Bitte schön, dann beginnen wir mit dem Tagesordnungspunkt 11, den ich aufrufe.
Thüringer Gesetz zur Stärkung der Mitwirkungs- und Beteiligungsrechte von Senioren Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 6/7144 - ERSTE BERATUNG
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, ich freue mich sehr, heute das Gesetz zur Stärkung der Mitwirkungsund Beteiligungsrechte von Seniorinnen und Senioren einbringen zu dürfen, und möchte zunächst noch einmal betonen, dass der Landesregierung die Förderung der älteren und alten Menschen – also der Seniorinnen und Senioren – ein sehr wichtiges Ziel ist und vor allem ein wichtiges Ziel ist, dass sich Seniorinnen und Senioren aktiv in die Gesellschaft einbringen und entsprechend auch teilhaben können.
Entsprechend ist auch ein Element des Koalitionsvertrags zu prüfen, wie die Mitbestimmung von Seniorinnen und Senioren unter anderem durch eine Novelle des Thüringer Seniorenmitwirkungsgesetzes ausgebaut werden kann. Weiterhin wurde vereinbart, dass Seniorenbeiräte in den Kommunen verbindlich wählbar sein sollen.
Das derzeitige Thüringer Seniorenmitwirkungsgesetz stammt aus dem Jahr 2012. Es hat zum ersten Mal in Thüringen die Mitwirkungsrechte von Seniorinnen und Senioren in einem Gesetz verankert und damit dem demografischen Wandel und den damit
Aber seit 2012 hat sich natürlich die Seniorinnenund Seniorenpolitik weiterentwickelt. Seniorinnen und Senioren fordern immer stärker ihre Mitbestimmungsrechte ein, was natürlich erfolgreich und erfreulich ist. Es ist wichtig, dass Seniorinnen und Senioren die Gesellschaft und vor allem gesellschaftliche Prozesse mitgestalten können. Das ist auch etwas, was sie immer wieder einfordern, eben nicht nur mitbestimmen zu dürfen, sondern Seniorinnen und Senioren wollen ernst genommen werden. Sie wollen beteiligt werden, sie wollen ihre Lebenserfahrungen einbringen und damit auch möglichen Diskriminierungen, die es im Alter auch immer wieder gibt, entgegenwirken.
Um aber diese Entwicklungen besser einschätzen zu können, haben wir im Jahr 2017 das Thüringer Seniorenmitwirkungsgesetz von einem unabhängigen Institut, der Nexus GmbH, evaluieren lassen. Das Institut hat in Zusammenarbeit mit dem Landesseniorenrat Thüringen, mit den Thüringer Seniorenorganisationen, mit den Akteuren auf der kommunalen Ebene, mit meinem Haus, aber natürlich auch mit der Nutzung der Erfahrungen der Fachpolitikerinnen und Fachpolitiker entsprechende Empfehlungen erarbeitet, die mit dem vorliegenden Gesetzentwurf umgesetzt werden sollen.
Ich möchte Ihnen im Folgenden die wesentlichen Änderungen und Verbesserungen kurz vorstellen. Zunächst bekommt das Gesetz einen neuen Namen. Aus dem Thüringer Seniorenmitwirkungsgesetz wird das Thüringer Gesetz zur Stärkung der Mitwirkungs- und Beteiligungsrechte von Senioren. Damit soll die neue Qualität des Gesetzes auch im Namen deutlich werden, aus Mitwirkung wird Mitwirkung und Beteiligung. Ich will an der Stelle sagen: Das war ein ausdrücklicher Wunsch des Landesseniorenrates, den Namen des Gesetzes genau so zu ändern. Ein weiteres Ergebnis, das sich aus der Evaluierung ergeben hat und das uns als ein wichtiger Pfeiler mitgegeben wurde, war: Hauptamt muss Ehrenamt unterstützen. Neu wurde deshalb im Gesetzestext aufgenommen, dass die Behörden der Gemeinden, der Landkreise und der anderen Gemeindeverbände die Tätigkeit der Seniorenbeiräte und Seniorenbeauftragten unterstützen. So kann das verwaltungstechnische Fachwissen mit der seniorenpolitischen Expertise der Seniorenbeiräte und ‑beauftragten verknüpft werden. Das heißt, im Ergebnis können sich die ehrenamtlich tätigen Seniorenvertreter intensiver auf ihre eigentlichen Aufgaben – das sind Stellungnahmen, Begleitung und Beratung – konzentrieren und werden von or
Ein weiteres wichtiges Ergebnis der Evaluierung, eine entsprechende Empfehlung war der Pfeiler vom Kann zum Muss. Deswegen sollen nun kommunale Seniorenbeiräte in Gemeinden mit mehr als 10.000 Einwohnerinnen und Einwohnern verbindlich gewählt werden. Die bestehende – also bisherige – Regelung beruhte auf dem Freiwilligkeitsprinzip und hat sich nicht vollständig bewährt, das heißt, 12 Prozent der Gemeinden mit über 10.000 Einwohnerinnen und Einwohnern hatten keine Seniorenvertretung.
Jetzt weiß ich, dass wir darüber sehr viel diskutiert haben, nämlich über diese Grenze der 10.000 Einwohnerinnen und Einwohner, und der eine oder andere hätte sich bestimmt eine andere Zahl gewünscht. Aber auch hier möchte ich noch mal darauf hinweisen: Uns war wichtig, diese Novellierung des Gesetzentwurfs gemeinsam mit den Vertreterinnen und Vertretern des Landesseniorenrats zu entwickeln. Und es war explizit die Forderung des Landesseniorenrats, hier diese Zahl 10.000 zu setzen, und zwar weil die Seniorinnen und Senioren gesagt haben: Wir wollen eine Regelung, die tatsächlich praktikabel ist und die tatsächlich auch machbar ist, denn es gibt nichts Schlimmeres als eine Vertretung, die nicht funktioniert, die vielleicht nur auf dem Papier steht. Insofern haben wir unseren Beteiligungsprozess und die Anregungen der Seniorinnen und Senioren des Landesseniorenrats hier für sehr wichtig erachtet und haben hier diese Zahl der 10.000 Einwohnerinnen und Einwohner gesetzt. Ich glaube, ich verrate nichts Neues, wenn ich sage, dass die Kommunen da zum Teil eher skeptisch draufgeschaut haben –, aber ich glaube, dass diese Regelung bei der Größe der Gemeinden bei der Bildung von Seniorenbeiräten grundsätzlich zumutbar ist. Wir sind aber der festen Überzeugung, dass mit dieser Sollbestimmung die Interessenvertretung der Seniorinnen und Senioren auf der örtlichen Ebene gestärkt wird. Ergänzend zu dieser Regelung ist es natürlich ins Ermessen der Gemeinden mit bis zu 10.000 Einwohnerinnen und Einwohnern und auch der Landkreise gestellt, ebenfalls freiwillig Seniorenbeiräte zu bilden.
Ein weiterer Punkt, der sich unter dem Pfeiler vom Kann zum Muss verbirgt, ist die Wahl der ehrenamtlichen Seniorenbeauftragten in den Landkreisen und kreisfreien Städten. Diese sollen ebenfalls verpflichtend ausgestaltet werden. Derzeit haben lediglich drei Landkreise und kreisfreie Städte eine beauftragte Seniorin bzw. einen beauftragten Senioren. Das führt zu Unterschieden in der Interessenvertretung der Seniorinnen und Senioren in den