Protokoll der Sitzung vom 09.05.2019

(Beifall AfD)

Hier gibt es also allerhand fragwürdige Aspekte und eine Grundlinie, die insgesamt einem sehr bizarren Geist entspringt. Ja, es ist wichtig, das Potenzial der Bevölkerungsgruppe im Lebensalter 60+ zu erschließen und für die Gesellschaft zur Entfaltung zu bringen. Aber es ist nicht richtig, hier den Weg des vormundschaftlichen Staates zu beschreiten. Engagierte und aktive Menschen haben sich nämlich immer schon entsprechend ihrer Lebensaltersstufen und den jeweils daraus resultierenden Bedürfnissen ehrenamtlich, gesellschaftlich und politisch am Leben ihrer Gemeinden und Städte beteiligt. Der effektivste und direkte Weg für Mitgestaltung ist die Beteiligung an den Gremien unserer parlamentarischen Demokratie auf allen Ebenen.

(Beifall AfD)

Dazu brauchen wir keine zusätzlichen Beiräte und Beauftragten, keine neuen bürokratischen Mechanismen und keine neuen Klientelstrukturen. Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat Abgeordnete Pfefferlein das Wort.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste, wir freuen uns, dass wir heute ein wichtiges Gesetz beraten, in dem die Mitwirkungs- und Beteiligungsrechte von Seniorinnen und Senioren in Thüringen gestärkt werden. Die schon etablierten Strukturen der Thüringer Seniorenmitwirkung, die kommunalen Seniorenbeiräte, die Seniorenbeauftragten und der Landesseniorenbeirat werden damit gestärkt. Das ist gut und wichtig, denn mit Blick auf die demografische Entwicklung ist die Mitwirkung und Teilhabe zur Entwicklung bedarfsgerechter Lebenswelten unabdingbar.

Die Entscheidungs- und Mitwirkungsrechte der politisch engagierten Seniorinnen und Senioren in Thüringen, die Initiativen aktiver Seniorinnen und Senioren in Land und Stadt und die gewachsenen

Strukturen auf kommunaler Ebene sind ein hohes Gut, auf welches wir nicht verzichten wollen und nicht verzichten können. Sie müssen gestärkt werden und sollen in ihrer Vielfalt auch auf kommunaler Ebene erhalten bleiben. Seniorinnen und Senioren sind laut § 2 alle Personen, die das 60. Lebensjahr vollendet haben. Nun wird das nicht unwesentlich durch subjektives Empfinden bestimmt – es gibt das Alter auf dem Papier und das Alter im Kopf. Aber gut, nehmen wir die derzeit meistgenannte sozioprofessionelle Kategorie, nach der als Seniorinnen und Senioren in der Regel Personen bezeichnet werden, die das 60. Lebensjahr erreicht haben. Im vorliegenden Gesetzentwurf ist das so.

Im Jahr 1990 lebten in Thüringen noch mehr als 2,6 Millionen Einwohner. Im Jahr 2035 werden es nach der Bevölkerungsvorausberechnung des Landesamtes für Statistik voraussichtlich weniger als 1,88 Millionen Einwohner sein, selbst unter Berücksichtigung der steigenden Zuwanderungszahlen. Das heißt, auch die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter von aktuell 1,3 Millionen Einwohnern wird um mehr als 400.000 Einwohner zurückgehen. Der Anteil der über 65-Jährigen steigt. Und im Jahr 2035 werden etwa 34 Prozent der Einwohner Thüringens mindestens 65 Jahre alt sein.

Diese demografischen Veränderungen werden sich unterschiedlich auswirken. Deshalb ist es höchste Zeit, Projekte, Programme und Gesetze auf den Weg zu bringen, die eine starke Beteiligung dieser Bevölkerungsgruppe an der Gestaltung ihres eigenen Lebensumfelds fördern. Und auch die Mitwirkungsrechte von Seniorenvertretungen auf kommunaler und Landesebene sind klar zu definieren. Es geht darum, Anreize zu schaffen, um Seniorenmitwirkung in kommunalen Gebietskörperschaften zu etablieren.

Die Möglichkeit einer Seniorenvertretung, wie sie aktuell in Thüringen existiert, sollte durch das aktuelle Seniorenmitwirkungsgesetz weiter gestärkt werden. Die Arbeit der Seniorenvertretung hat sich in den letzten Jahren in vielen Punkten verändert. Mehr Menschen bringen sich ein, die gesellschaftliche Wahrnehmung ist gewachsen, der gesellschaftliche Respekt dafür auch. Die kommunalen Seniorenbeiräte machen da eine sehr gute Arbeit.

Meist leben die in den demokratisch gewählten Organen engagiert arbeitenden Menschen schon lange in der Gemeinde oder im Stadtteil, kennen die Menschen und die örtlichen Gegebenheiten lange und genau, wissen um ihre Selbstwirksamkeit. Es sind die, die ihre Freizeit in Kultur und Politik investieren, Filmvorführungen oder Buchlesungen für diejenigen anbieten, die nicht mehr so mobil sind, wenn es weit und breit kein Kino mehr gibt, Feste

(Abg. Herold)

mitgestalten, bei denen Alt und Jung zusammentreffen und sich kennenlernen können, und die auch wissen, wo die Bürgersteinkante zu hoch ist, eine Parkbank fehlt, und das im Bau- und Sozialausschuss einbringen können.

Diese Arbeit spricht viele Menschen an und hat an politischem Gewicht gewonnen. Lassen Sie uns diese wichtige Arbeit weiter konstruktiv begleiten, die Seniorenvertretung als politische Partnerin in Entscheidungen einbinden und in den weiteren Entwicklungen unterstützen! Seniorenmitwirkungsgesetze vermitteln schon durch ihren Namen den Eindruck, dass sie die Mitwirkung von Seniorinnen und Senioren an gesellschaftlichen Aushandlungen und politischen Entscheidungsprozessen befördern können.

Im Vorschaltgesetz zur Gemeindeneuordnung heißt es, dass auf der gemeindlichen Ebene für kreisangehörige Gemeinden eine Mindesteinwohnerzahl von 6.000 im Jahr 2035 vorgesehen werden soll. Die zukünftige Gemeindegröße wurde damit an der unteren Grenze der im Leitbild vorgesehenen Größenordnung sowie an bundesweiten Erfahrungswerten angesetzt. Damit sollen in dünn besiedelten Räumen zu lange Anfahrtswege zwischen den Ortsteilen vermieden und der Erhalt der bürgerlichen Teilnahme am kommunalen Gemeinwesen unterstützt werden.

Ich finde, diese beiden Gesetze sollten zusammen gedacht werden. Wir können es uns nicht leisten, das wertvolle Potenzial der jungen Alten auf dem Land aus der politischen Verantwortung zu entlassen.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GÜNEN)

Und wir sollten das installieren und damit auch die Seniorenvertretungen als wichtige Gremien nicht der Freiwilligkeit überlassen. Eine Regelung, auch kleinere Gemeinden zur Einrichtung eines kommunalen Seniorenbeirates zu verpflichten, kostet nicht viel, ist aber viel wert. Wir sind in Thüringen auf einem guten Weg. Gehen wir ihn weiter! Ich beantrage die Überweisung an den Sozialausschuss. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion Die Linke hat Abgeordnete Leukefeld das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, so viel Einigkeit, so viel Freude und Enthusiasmus bei der

Debatte eines Gesetzes gibt es selten. Das liegt aber offensichtlich daran, dass sich der partizipative Arbeitsstil und Politikstil hier gerade in diesem Gesetz auch weiter fortsetzt, was wir ja an vielen Stellen im Land Thüringen versuchen umzusetzen.

Ja, als ältestes Mitglied meiner Fraktion und mit Blick auf eine künftige Lebenssituation kann ich nur bestätigen und zustimmen: Senioren wollen nicht nur abwarten, was für sie getan wird, sondern sie wollen selbst etwas tun, sie haben Ideen, Vorschläge, insbesondere die jungen Alten. Frau Meißner hat ja hier schon sehr charakteristisch von der neuen Sozialfigur – da gibt es ganze Bücher darüber – etwas ausgeführt. Ich will jetzt die einzelnen Dinge auch gar nicht noch mal wiederholen, denn das ist nicht nötig, das ist – glaube ich – in allen Redebeiträgen gesagt worden.

Von diesem „Kann“ zum „Muss“ kann ich nur sagen: Es ist konsequent, verbindliche Regelungen zu schaffen, denn wer es noch nicht getan hat, hat – glaube ich – eine Chance vertan, die Seniorinnen und Senioren in den Meinungsfindungsprozess, in den Entscheidungsfindungsprozess direkt mit einzubeziehen. Da geht es um weit mehr als nur um Pflege und Krankheit, sondern da geht es um Mobilität, da geht es um Wohnen, da geht es um Bildung auch für ältere Menschen. Wir reden ja nicht ohne Grund vom lebenslangen Lernen, und das tun sie auch. Insofern ist das eine spannende Sache. Ich finde auch sehr gut: „Hauptamt stärkt Ehrenamt“ – auch das ist angeklungen –, weil eine wissenschaftlich und fachlich fundierte Begleitung auch sehr notwendig ist. Das wird mit diesem Gesetz besser ermöglicht. Und ich finde es auch gut, dass der Kontext hergestellt wird zu dem Landesprogramm Solidarisches Zusammenleben der Generationen, ganz einfach weil sich auch bestimmte Verhältnisse verändert haben, demografische Verhältnisse, die Familiensituation in vielen Fällen. Insofern kann das nur eine Bereicherung sein.

Dem Dank an die Seniorenbeiräte, an die Seniorenbeauftragten, an den Landesseniorenbeirat schließe ich mich gerne an. Aber ich möchte natürlich auch sagen: Demokratie erfordert auch Mittun. Deswegen möchte ich Seniorinnen und Senioren im Land Thüringen sagen: Sie werden gebraucht, machen Sie mit, nutzen Sie die Möglichkeiten, die Politik auch bietet, die Raum schafft für aktives Tun. Insofern freue ich mich auch auf eine interessante weiterführende Debatte in den Ausschüssen.

Zum Schluss vielleicht – eine kluge Frau hat mal gesagt: „Die Fähigkeit, sich kurz zu fassen, verlängert das Leben um das Doppelte.“ Das wollte ich gern, dass das noch im Protokoll in diesem Landtag steht.

(Abg. Pfefferlein)

(Heiterkeit im Hause)

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es liegen jetzt keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Ich schließe die Beratung. Es ist Ausschussüberweisung beantragt worden. Wir kommen zur Abstimmung über die Ausschussüberweisung an den Ausschuss für Soziales, Arbeit und Gesundheit. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Stimmen aller Fraktionen und des fraktionslosen Abgeordneten Gentele. Gegenstimmen? Keine. Stimmenthaltungen? Auch nicht. Damit ist die Ausschussüberweisung beschlossen und ich schließe den Tagesordnungspunkt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 7

Viertes Gesetz zur Änderung des Thüringer Glücksspielgesetzes Gesetzentwurf der Fraktionen DIE LINKE, der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 6/6687 - dazu: Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses - Drucksache 6/7180 -

ZWEITE BERATUNG

Das Wort hat Abgeordneter Emde aus dem Haushalts- und Finanzausschuss zur Berichterstattung.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, das Vierte Gesetz zur Änderung des Thüringer Glücksspielgesetzes wurde vom Plenum an den Haushalts- und Finanzausschuss – federführend – und an den Migrations-, Justiz- und Verbraucherschutzausschuss überwiesen. Es wurde dort mehrfach beraten. Es gab ein schriftliches Anhörungsverfahren. Am Ende ging es darum, dass hier eine Lotterie neu eingeführt wird, von der dann die Stiftung Naturschutz und die Kleingärtner mit zusätzlichem Geld versorgt werden können.

In der Anhörung wurde kritisiert, dass die neue Lotterie – insbesondere die mobilen Verkaufsstellen – der Spielsucht Vorschub leisten.

Letztendlich gab es eine Beschlussempfehlung. Sie wurde mit der Mehrheit der Koalitionsfraktionen verabschiedet und enthält die Annahme des Gesetzentwurfs mit kleineren redaktionellen Änderungen.

Es lautet also die Beschlussempfehlung des Ausschusses: Annahme des Gesetzentwurfs mit den Ihnen vorliegenden Änderungen. Vielen Dank.

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich eröffne die Aussprache und das Wort erhält Abgeordneter Hande, Fraktion Die Linke.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Abgeordnete und Gäste, in der 137. Sitzung des Landtags am 31.01. haben wir bereits über den vorliegenden Gesetzentwurf gesprochen und ihn dann – wie eben gehört – in den Ausschüssen behandelt. Mit dem Gesetzentwurf wird unter anderem die Verwendung der Lottoüberschüsse aus der 10-EuroSofort-Lotterie Grünes Herz geregelt. Diese Lotterie, welche mit Bescheid des Thüringer Ministeriums für Inneres und Kommunales von der Thüringer Lotterieverwaltung bereits gestartet wurde, hat zum Ziel, mit den resultierenden Überschüssen den Umwelt- und Naturschutz zu fördern. Dies – und das möchte ich heute an der Stelle noch mal sagen – wird von uns ausdrücklich begrüßt.

Als neue Destinatäre werden die Stiftung Naturschutz und der Landesverband Thüringen der Gartenfreunde e. V. aufgenommen. Aus den Überschüssen zur genannten Sofortlotterie erhalten die Stiftung Naturschutz 9,35 Prozent und die Thüringer Gartenfreunde 1,65 Prozent. Verbleibende Finanzmittel fließen wie bei den bisherigen Regelungen in den Landeshaushalt. Diese Regelung ist von Bedeutung, weil sie für die Beteiligten Planungssicherheit und Arbeitssicherheit gerade in dem genannten Bereich Umwelt und Naturschutz schafft.

Auch Folgendes möchte ich gern wiederholen: Die bisherigen Empfänger, also der Landessportbund sowie die LIGA der Freien Wohlfahrtspflege, werden mit dieser Neuregelung keine Einbußen haben und ihre jeweiligen Zuwendungen wie bisher auch weiter erhalten. Im Zuge der Anhörung haben sich viele Anzuhörende sehr positiv zur Einführung dieser Sofortlotterie geäußert und begrüßen ebenfalls die Aufnahme der neuen Destinatäre.

Ein wichtiger Punkt, den wir in das vorliegende vierte Änderungsgesetz aufgenommen haben, ist der Umstand, dass sich das Land künftig auch juristischer Personen des öffentlichen und privaten Rechts, deren Anteile vollständig dem Land gehören, bedienen kann. Konkret heißt das, dass die

(Abg. Leukefeld)

landeseigene Thüringer Lotteriegesellschaft mbH in Suhl als Beliehene des Landes nicht nur als Durchführer, sondern auch als Veranstalter von Glücksspielangeboten auftreten kann. Auch diese Regelung wurde durch die Anzuhörenden begrüßt, da auf diese Weise die Bürokratie durch deutlich verkürzte Wege und einfache Abläufe deutlich reduziert werden kann.

Als dritten Punkt schaffen wir mit dem vorliegenden Gesetzentwurf die Möglichkeit von mobilen Annahmestellen. Bisher ist die Anzahl der stationären Annahmestellen auf 750 begrenzt und diese Deckelung wird natürlich auch künftig weiter beibehalten. Aber künftig ist es auch möglich, dass über mobile Annahmestellen innerhalb dieser 750-Annahmestellen-Grenze Lottoangebote unterbreitet werden können.

Zu den Annahmestellen möchte ich noch mal sagen: Soweit mir bekannt ist, sind auch die stationären Annahmestellen bisher nicht ausgeschöpft. Gerade im ländlichen Raum ist es ja durchaus auch schwierig, da die Lottoannahmestellen von privaten Gewerbetreibenden unterhalten werden, die auch noch mindestens ein anderes Geschäftsfeld haben müssen. Das lohnt sich nun mal nicht überall. Daher ist eine flächendeckende Versorgung mit staatlichem Lotto leider nicht gegeben. Aber künftig wird der Vertrieb auch durch diese mobilen Annahmestellen möglich sein. Wir sehen dies als Möglichkeit, gerade in solchen dünn besiedelten Regionen und auch bei größeren Veranstaltungen, dieses staatliche Lotto anbieten zu können, denn auch dort sind wir gehalten, durch ein staatlich kontrolliertes Angebot die Kanalisierung des Lottos gemäß dem Glücksspielgesetz und dem Glücksspielstaatsvertrags zu erfüllen.

Vor diesem Hintergrund wurde in der Anhörung auch das Thema „Suchtprävention und Jugendschutz“ teilweise skeptisch thematisiert. So gab es im Rahmen der Anhörung die Auffassung, dass bei einem mobilen Vertriebsweg insbesondere bei Veranstaltungen, wo auch eher ein jugendliches Klientel zugegen ist, der Jugendschutz gefährdet sein könnte. Dazu möchte ich anmerken, dass alle Glücksspielangebote grundsätzlich nur von volljährigen Personen wahrgenommen werden dürfen. Zur Sicherstellung dessen werden in Thüringen sogar Testkäuferinnen und Testkäufer eingesetzt. Das war mir persönlich auch neu, aber ich habe mich da aufklären lassen. Diese sind zwischen 16 und 22 Jahre alt und testen ganz praktisch, ob ihnen Lottoangebote verkauft werden oder eben nicht, mit den entsprechenden Konsequenzen oder eben auch nicht. Darüber hinaus werden die mobilen Annahmestellen nicht von externen Unternehmen be