Es soll mit diesem Dritten Glücksspieländerungsstaatsvertrag die durch diverse Gerichtsverfahren eingetretene Unmöglichkeit der derzeit vorgesehenen Vergabe von Konzessionen für Sportwetten behoben werden. Die zahlenmäßige Begrenzung der Sportwettkonzessionen entfällt durch diesen Vertrag, womit es ermöglicht wird, Schritt für Schritt nach dem Vorliegen der qualitativen Voraussetzungen Sportwettanbieter mit deutschlandweit geltenden Erlaubnissen auszustatten. Damit kann die
überfällige Regulierung des Sportwettmarkts erreicht und Klarheit für Anbieter und andere Beteiligte geschaffen werden. Gleichzeitig wird den Glücksspielaufsichtsbehörden der Weg zur effektiven Untersagung nicht erlaubter Angebote eröffnet.
Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, dieser Änderungsstaatsvertrag unterscheidet sich nicht wesentlich von seinem Vorläufer und soll für die verbleibende Laufzeit des Glücksspielstaatsvertrags gelten, also regulär bis Mitte 2021. Zwischenzeitlich haben alle Länder diesen Vertrag ebenfalls unterzeichnet und das erforderliche Notifizierungsverfahren zum Staatsvertrag wurde bei der Europäischen Kommission eingeleitet. Ab 1. Januar 2020 soll dieser Dritte Glücksspieländerungsstaatsvertrag gemäß Artikel 2 Abs. 1 mit seinen Neuregelungen dann in Kraft treten. Für den Fall, dass bis zum 31. Dezember 2019 nicht die Ratifizierungsurkunden aller Bundesländer bei der Staatskanzlei des Vorsitzlandes der Ministerpräsidentenkonferenz hinterlegt werden, wird der Staatsvertrag, wie 2017 geschehen, gegenstandslos. Sollte diese Situation eintreten, würde der derzeit geltende Staatsvertrag mit einer Laufzeit bis zum 30. Juni 2021 weiterhin Geltung entfalten.
Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, unter Federführung der Staats- und Senatskanzleien aller Länder werden derzeit intensive Beratungen bereits mit Blick auf die Anschlussregelungen nach dem Auslaufen 2021 geführt. Dieser Dritte Glücksspieländerungsstaatsvertrag war auch Ergebnis dieser Beratung. Es besteht der gemeinsame Wille, den von allen Ländern getragenen einheitlichen Regulierungsrahmen im Glücksspielbereich aufrechtzuerhalten und fortzuentwickeln. Auch mit Blick auf einen effektiven Vollzug im Sinne des Jugend- und Spielerschutzes sollte eine Rechtszersplitterung vermieden werden. Thüringen setzt sich in diesen Beratungen für die gemeinsame Glücksspielregulierung der Länder ein.
Es sind derzeit keine Informationen bekannt, die darauf schließen lassen, dass es in einzelnen Ländern nicht zu einer Ratifizierung dieses Vertrags kommen könnte. Daher dürfen wir darauf hoffen, dass die Neuregelung ab Januar 2020 in Kraft treten wird.
Ich bitte daher um Ihre Zustimmung zum vorliegenden Gesetzentwurf und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Ich eröffne damit die Aussprache zum vorliegenden Gesetzentwurf und erteile als erster Rednerin Frau Kollegin Holbe von der Fraktion der CDU das Wort.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine Damen und Herren Kollegen, der Europäische Gerichtshof hat in seinen Urteilen darauf aufmerksam gemacht, dass der deutsche Glücksspielstaatsvertrag in Teilen gegen EU-Recht verstößt. Mit dieser Thematik hatten wir uns bereits bei der zweiten Änderung des Staatsvertrags 2017 befasst. Dabei ging es vor allem um die Ungleichbehandlung bei Sportwetten zwischen den privaten Anbietern und den staatlichen Buchmachern Oddset. Die Länder haben dann nach einer Kompromisslösung gesucht und es wurde ein Gesetz mit dieser besagten Experimentierphase eingeführt. Diese läuft jetzt zum 30. Juni 2019 aus.
Durch diese besagte Experimentierphase wurde das staatliche Wettmonopol für sieben Jahre ausgesetzt und der Markt erstmalig für eine begrenzte Zahl von Sportwettangeboten eröffnet, nach meiner Meinung für 20 Stück.
Der geltende Glücksspielstaatsvertrag konnte jedoch in diesem Bereich nicht umgesetzt werden, da es Gerichte gab, die die Erteilung der Konzession bis zu einer zeitlich nicht abschätzbaren Entscheidung in der Hauptsache unterbunden haben. Der Zweite Glücksspieländerungsstaatsvertrag aus dem Jahr 2017 wurde unter anderem durch die Länder Schleswig-Holstein, Hessen, Nordrhein-Westfalen nicht ratifiziert. Damit war er gegenstandslos.
Heute liegt uns nun der Dritte Änderungsstaatsvertrag zum Glücksspiel vor. Die Laufzeit des Vertrags geht bis zum 30.06.2021. Mit der Aufhebung der Beschränkung entfällt natürlich auch die Notwendigkeit einer Neugestaltung des Auswahlverfahrens, an dessen konkreter Umsetzung und Durchführung das Gericht Anstoß nahm. Weitere Anbieter von Sportwetten können nun bis zum Auslaufen dieses Gesetzes ihre Zulassung erhalten.
Wir haben es nun zur Beratung und wie ich gehört habe, haben sich die Parlamentarischen Geschäftsführer darauf geeinigt, dass es eine Überweisung an den Haushalts- und Finanzausschuss geben soll. Und diese beantrage ich hiermit. Danke schön.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, wie es der Herr Staatssekretär bereits gesagt hat, wir beraten heute hier in erster Lesung den Dritten Glücksspieländerungsstaatsvertrag – den langen Titel erspare ich mir jetzt mal. Ich hoffe, ich werde mich oder Sie an nicht gar so vielen Stellen wiederholen.
Dieser Staatsvertrag ist notwendig geworden, da, wie bereits dargestellt, der Zweite Glücksspieländerungsstaatsvertrag keine Wirkung entfalten konnte, weil zwar Thüringen diesen mit Gesetz 2017 ratifiziert hatte, aber eben einige andere Bundesländer nicht und er demnach gegenstandslos wurde. Damit bleiben die Regelungen zur Zulassung von privaten Sportwettenanbietern im Rahmen einer Experimentierklausel aus dem ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrag gültig. Das ist deshalb problematisch, da dies ein Auswahlverfahren mit dem Ziel der Vergabe von 20 Veranstaltungskonzessionen beinhaltet. Diese Konzessionsvergabe wird nun aber durch Eilanträge unterlegener Konzessionsbewerber verhindert. Im vorliegenden, jetzt durch den Landtag zu bestätigenden Dritten Glücksspieländerungsstaatsvertrag soll die Aufhebung sowohl der zeitlichen Befristung der Experimentierklausel als auch der Kontingentierung der Sportwettenkonzessionen vorgenommen werden. Erlauben Sie mir ein paar Worte zu dieser Experimentierklausel.
Wie der Name schon erahnen lässt, handelt es sich dabei um einen Versuch, durch eine kontrollierte Öffnung des Sportwettenmarkts über Konzessionen, diesen zu lenken. Dahinter steht die Frage, ob sich durch die Vergabe von Konzessionen an einen breiteren Veranstalterkreis die Ziele des Glücksspielstaatsvertrags – unter anderem Bekämpfung von Jugend- und Spielsucht, Bekämpfung von Begleitkriminalität, eine Lenkung in geordnete und überwachte Bahnen usw. – gegebenenfalls besser erreichen lassen. Der Frage nachzugehen, ob diese alle in § 1 des Glücksspielstaatsvertrags fixierten Ziele mittels Konzessionsvergabe besser oder schlechter erreicht werden können, ist Sinn und Zweck eben dieser Experimentierklausel.
Doch wenn diese erst gar nicht wirksam werden kann, ist es auch nicht möglich, in der Zukunft Schlussfolgerungen über künftige Regulierungen des Sportwettenmarkts im Glücksspielstaatsvertrag zu verankern. Daher begrüßen wir diese jetzt vorgelegte punktuelle Änderung des Glücksspielstaatsvertrages, da sie ein Wirksamwerden dieser Experimentierklausel ermöglicht. Diese würde, wie dargestellt, ohne die neue Regulierung Gefahr laufen, auszulaufen, ohne jemals wirksam geworden
zu sein. Dazu kommt, dass diese überfälligen Regulierungen des Sportwettenmarkts eine effektivere und flächendeckende Unterbindung durch nicht erlaubte Angebote erschwert.
Kostenseitig kommen aufgrund der wahrscheinlich noch länger andauernden rechtlichen Streitigkeiten wahrscheinlich auch Belastungen auf unseren Freistaat zu. Demgegenüber schlagen jedoch einnahmeseitig die Anteile aus der zu erwartenden Konzessionsvergabe zu Buche. Beides wird gemäß der Veranstaltungsvereinbarung zum Glücksspielstaatsvertrag nach dem Königsteiner Schlüssel aufgeteilt.
Abschließend möchte ich noch meine Hoffnung zum Ausdruck bringen, dass dieser vorliegende Dritte Glücksspieländerungsstaatsvertrag nunmehr durch alle Bundesländer ratifiziert wird, um am 1. Januar 2020, wie gesagt, in Kraft treten zu können. Damit dies geschehen kann, lassen Sie uns unser Zustimmungsgesetz im weiteren parlamentarischen Verfahren beraten; die Ausschussüberweisung an den Haushalts- und Finanzausschuss wurde schon beantragt. Wir würden dem so folgen. Danke schön.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kollegen Abgeordnete, liebe Gäste, liebe Zuschauer, seit der letzten Behandlung des Themas „Glücksspieländerungsstaatsvertrag“ hat sich an den grundlegenden Bedingungen nichts geändert. Herr Staatssekretär hat es auch bereits ausgeführt: Dass es eine Geschichte in mehreren Kapiteln werden würde, zeichnete sich bereits früh ab.
Im Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrag wurde in einer Experimentierklausel die Vergabe von maximal 20 Lizenzen an private Sportwettanbieter vereinbart. Stellvertretend für die anderen Bundesländer übernahm das hessische Ministerium des Innern und für Sport das Konzessionsverfahren. In Hessen wurde ein sogenanntes Glücksspielkolloquium gegründet, das über die Lizenzen entschied. Nach einer Auswahlphase wurden die 20 Konzessionen bei circa 35 Bewerbern tatsächlich vergeben. Im Jahr 2014 folgten dann die Klagen von Anbietern, die bei der Auswahl nicht berücksichtigt wurden. Die Regierungschefinnen und Regierungs
chefs der Länder haben sich auf den Entwurf eines Dritten Glücksspieländerungsstaatsvertrags geeinigt. Mittels eines Umlaufverfahrens nach der Ministerpräsidentenkonferenz am 21. März 2019 wird durch Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz nach § 35 Abs. 1 Glücksspielstaatsvertrag die Befristung der Experimentierklausel in § 10a Abs. 1 Glücksspielstaatsvertrag aufgehoben und mit dem Dritten Glücksspieländerungsstaatsvertrag eine Änderung unterzeichnet, mit der die in § 10a Abs. 3 bisher festgelegte Höchstzahl von 20 Sportwettkonzessionen ersatzlos gestrichen wird. Zudem wird die Befristung der Experimentierklausel für die Dauer des Gesetzes aufgehoben.
Die Experimentierklausel sieht vor, das staatliche Monopol für Sportwetten bis Juni 2019 auszusetzen und private Anbieter an dem Markt zu beteiligen. Unter anderem soll damit der Schwarzmarkt im Bereich Sportwetten bekämpft werden. Nun aber haben die Regierungschefs entschieden, dass die Experimentierklausel nicht nur für die gesamte Geltungsdauer des Glücksspielstaatsvertrags in Kraft bleibt, nein, sie haben auch entschieden, dass es keine Kontingentierung der Sportwettkonzessionen mehr geben wird. Auf Deutsch gesagt, man beugt sich den Klagen der unterlegenen Bewerber und jeder, der möchte, erhält von nun an eine Konzession. Damit erhalten nun auch Firmen, die im Ausland sitzen, eine Konzession und können so ohne größere Probleme auch Sportwetten in Deutschland anbieten. Die Länder haben es nicht geschafft, gemeinsam eine rechtssichere Version eines Glücksspielstaatsvertrags zu erarbeiten und erhalten dafür durch die zusätzlichen Vergaben von Konzessionen nun noch mehr Geld als sonst. Dies ist absurd und das im Jahr 2019, meine Damen und Herren.
Die vor den Gerichten anhängigen Streitverfahren werden wohl noch Jahre in Anspruch nehmen, bis es eine Klärung zum Gesetz durch die Gerichte geben wird. Erste Klagen bezüglich der Ausschreibungen sind 2014 eingegangen. Diese fünf Jahre hätten effektiver genutzt werden müssen, um hier eine Regelung zu schaffen, die nicht Anlass gibt, klagen zu müssen bzw. zu wollen. Sicherlich haben hier einige Bundesländer ihre Arbeit korrekt erledigt, jedoch ist diese durch die Nichtratifizierung des Zweiten Glücksspieländerungsstaatsvertrags vom 18. Dezember 2017 gegenstandslos geworden und der heutige Zustand eingetreten. Sollte der Dritte Glücksspieländerungsstaatsvertrag bis zum 31.12.2019 wieder nicht von allen 16 Bundesländern ratifiziert werden – ohne dass entsprechende Unterlagen dann vorliegen –, so wird auch die heutige Debatte umsonst gewesen sein. Wir überweisen den Antrag hier gern auch mit an den Haus
Es liegen jetzt keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Ich schließe damit die Aussprache und wir kommen zur Ausschussüberweisung.
Es ist beantragt worden, den Glücksspieländerungsstaatsvertrag an den Haushalts- und Finanzausschuss zu überweisen. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind alle Fraktionen. Gibt es Gegenstimmen? Das kann ich nicht erkennen. Stimmenthaltungen? 1 Stimmenthaltung aus der Fraktion der SPD und 1 Stimmenthaltung aus der Fraktion der CDU. So ist die Ausschussüberweisung beschlossen und ich schließe diesen Tagesordnungspunkt.
Viertes Gesetz zur Änderung des Thüringer Kommunalwahlgesetzes – Verhinderung von Scheinkandidaturen Gesetzentwurf der Fraktion der AfD - Drucksache 6/7136 - ERSTE BERATUNG
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste, es ist ja fast schade, dass dieses wichtige Thema nun wirklich wahrscheinlich als allerletztes drankommt. Aber vielleicht bleibt es dadurch nachhaltig in Erinnerung.
Am 26. Mai finden in Thüringen Kommunalwahlen statt und wieder werden auf den Wahlzetteln zahlreiche Scheinkandidaten zu finden sein, die von einer Regelungslücke im Kommunalwahlgesetz Gebrauch machen, um Wähler zu täuschen. Ob es nun der Erfurter Oberbürgermeister Andreas Bausewein von der SPD ist oder ob es der Eichsfelder CDU-Landrat Werner Henning, der Jenaer FDPOberbürgermeister Thomas Nitzsche oder die Linke-Oberbürgermeisterin Katja Wolf aus Eisenach ist, sie alle stellen sich zur Wahl der jeweiligen Stadträte oder Kreistage, obwohl sie offenkundig und teilweise sogar erklärtermaßen nicht beabsichtigen, eine eventuelle Wahl auch anzunehmen. Sie
müssten sich dann nämlich zwischen dem bisherigen gut besoldeten Amt und dem eben nicht so gut besoldeten ehrenamtlichen Mandat entscheiden und da liegt die Entscheidung natürlich ziemlich nah. Das ist für diese Leute natürlich keine Option.
Seit Jahrzehnten werden solche Scheinkandidaturen durchgeführt, um die Popularität von Amtsträgern zu nutzen, um mit ihr Wähler zu gewinnen. Das Ziel dieser Scheinkandidaturen ist es, möglichst viele Wählerstimmen für Listen zu gewinnen und dadurch eben möglichst große Mehrheiten in den Kommunalparlamenten zu erreichen, die diesen Scheinkandidaten dann wieder im Amt auch nützlich sind. Die Täuschung besteht darin, dass die Stimmen, die der Scheinkandidat bei der Wahl erhält, aufgrund seines von vornherein beabsichtigten Verzichts anderen, weniger populären Kandidaten zu einem Mandat verhilft. Andere Parteien, die bewusst auf solche Scheinkandidaturen verzichten oder die eben nicht über entsprechende Amtsinhaber verfügen, werden auf diese Weise in erheblichem Maße beeinträchtigt, benachteiligt. Dies sorgt auch für eine Verzerrung bei der Sitzverteilung in der jeweiligen kommunalen Vertretung und bildet natürlich auch den Wählerwillen nicht korrekt ab. Die Praxis der Scheinkandidaturen nutzt Schwächen in der gesetzlichen Regelung aus und setzt zudem gezielt auf die Unkenntnis der Wählerschaft. Diese Unkenntnis ist gerade auch wegen des leider vorhandenen Desinteresses großer Teile der Wählerschaft bei Kommunalwahlen durchaus vorhanden. Eine freie Urteilsbildung der Wähler, wie sie vom Grundsatz der freien Wahl gefordert wird, wird also durch eine Täuschung bewusst hintertrieben. Und, meine Damen und Herren, ein Rechtsstaat, wie wir einer sein wollen, lässt Täuschung zur Zielerreichung auf keinem gesellschaftlichen Gebiet zu. Das gilt natürlich in noch mal gesteigertem Maß für Wahlen in einer Demokratie, da jede Täuschungshandlung auf dem Gebiet der Legitimation der Machtübertragung vom Volk auf den gewählten Vertreter diese Legitimation natürlich am Ende auch untergräbt. Und wenn ein demokratisch verfasster Rechtsstaat die vorsätzliche Täuschung von Wählern durch Scheinkandidaturen nicht sanktioniert, damit also zulässt und billigt, dann nützt einem die beste freiheitlich-demokratische Verfassung nichts mehr, denn dann ist eben dieser Rechtsstaat kein demokratisch verfasster Rechtsstaat, sondern nur ein ausgefeilter Mechanismus zum Machterhalt – jedenfalls partiell.
Deswegen, meine Damen und Herren, haben wir diese Debatte hier beantragt. Wir freuen uns auf eine spannende Debatte. Sie wird nämlich zeigen, wem hier im Haus die Demokratie und wem die Täuschung am Herzen liegt. Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Abgeordnete, auch wenn der Tag schon vorangeschritten ist und es kurz vor Feierabend ist, fallen mir zu diesem Gesetzentwurf der AfD nur die Worte „Guten Morgen“ ein. „Guten Morgen“ deshalb, weil die AfD gut zwei Wochen vor den Kommunalwahlen mit einem Gesetz um die Ecke kommt, mit dem sie sogenannte – und ich sage bewusst „sogenannte“ – Scheinkandidaturen verhindern möchte. Nicht einmal wenn Ihr Gesetzentwurf hier im Hause den Hauch einer Chance hätte, würde sich mit Blick auf die anstehenden Kommunalwahlen etwas ändern. Wenn es Ihnen also mit diesem Antrag ernst gewesen wäre, hätten Sie den Gesetzentwurf vor einem Jahr oder noch eher eingebracht.
Auf der inhaltlichen Ebene fordern Sie, dass Bürgermeister und Landräte bei den Wahlen zum Gemeinderat bzw. zum Kreistag nicht mehr kandidieren dürfen. Technisch wollen Sie deshalb diesen Personenkreis von der Wählbarkeit ausschließen. Klar ist aber auch, dass man sich verfassungsrechtlich erheblich auf Glatteis begibt, wenn man Amtsträgern die Möglichkeit zur Kandidatur verbietet. Warum das so ist, wird deutlich, wenn man bedenkt, dass die Wahlen der Bürgermeister und Landräte mit denen der Gemeinderäte und Kreistage zusammenfallen können. Dann entsteht nämlich die Situation, dass es einen Amtsträger und gegebenenfalls mehrere andere Bewerber gibt. Anders als die Mitbewerber dürften Amtsinhaber in diesem Fall laut Ihrem Gesetz zwar wieder als Landrat oder Bürgermeister kandidieren, aber nicht für den Kreistag oder den Gemeinderat. Der Amtsinhaber hat für den Fall, dass er als Landrat oder Bürgermeister nicht wiedergewählt wird, also nicht die Möglichkeit, in den Gemeinderat oder Kreistag gewählt zu werden, obwohl er zu Beginn der Amtszeit des neuen Gemeinderats oder Kreistags das Amt als Landrat bzw. Bürgermeister gar nicht mehr innehat. Wie wollen Sie diese Benachteiligung der Amtsinhaber rechtfertigen? Dazu verlieren Sie in Ihrem Gesetzentwurf kein Wort.
Nun, man könnte sagen, dass dieser Fall ja eh nur alle paar Jahre vorkommt. Tatsache ist aber, dass der Gesetzentwurf der AfD-Fraktion erst zu einem Zeitpunkt wirken würde, wenn die Wahlen der Landräte und Bürgermeister mit denen der Kreista
ge und Gemeinderäte zusammenfallen, nämlich 2024, wenn die sechsjährige Amtszeit der Bürgermeister und Landräte endet, die wir 2018 gewählt haben, und gleichzeitig die Amtszeit der Gemeinderäte und Kreistage endet, die wir ja in zwei Wochen wählen.