Protokoll der Sitzung vom 10.05.2019

Auch uns als CDU-Fraktion liegt natürlich eine moderne Novellierung des Wassergesetzes unter den Aspekten Umweltschutz, Erhalt der Artenvielfalt, Biodiversität, Klimaanpassung, Hochwasserschutz am Herzen. Das sind natürlich auch Sachen, die uns sehr am Herzen liegen. Zum anderen brauchen auch die Kommunen, die Bürger in Thüringen ein Wassergesetz, das Rechts- und vor allen Dingen auch Planungssicherheit schafft, damit solche drängenden Probleme wie die weitere Verbesserung der Abwasserentsorgung in Thüringen, ob nun

(Abg. Kummer)

über zentrale oder mittels vollbiologischer Kleinkläranlagen, effektiv gelingen kann.

Nach vielen Verhandlungen ist ja ein Abwasserpakt mit den kommunalen Spitzenverbänden erzielt worden, wo natürlich auch die Landesregierung und die zukünftigen Landesregierungen viel Geld in die Hand nehmen wollen und auch müssen, um dieses Problem dann auch zu lösen. Ob zukünftig noch so viel Geld zur Verfügung steht, das wissen wir nicht, ob das alles ausfinanziert ist, denn die Konjunktur ist am Abklingen. Und was machen wir, wenn die Konjunktur weiter zurückgeht? Da ist schon noch ein großes Fragezeichen dahinter, ob das bis 2030 auch alles so umgesetzt werden kann. Dazu gehört ja auch noch mehr als der Abwasserpakt, sondern es muss auch ein Miteinander mit dem Verkehrsministerium da sein, denn wenn eine Gemeinde Kanäle baut, möchte sie natürlich hinterher auch die Straße grundhaft ausbauen. Dafür muss es schon abgestimmte Konzepte geben. Ihr Geld muss im Straßenbau auch zur Verfügung stehen, damit man unter der Erde erst einmal bauen kann. Nicht dass man Kanäle baut und dann die Straße so liegen lassen muss.

Auch die CDU, das will ich noch einmal bemerken, hatte 2011 schon eine Abwasserkonzeption entwickelt, aber damals standen eben auch die Mittel nicht in dem Umfang zur Verfügung, die finanziellen Mittel.

(Unruhe DIE LINKE)

Nicht in dem Umfang, schaut euch den Landeshaushalt an, da wisst ihr das. Ich hatte es ja gerade gesagt, was man unter der Erde baut, muss man auch über der Erde bauen, also es ist ja auch ein Zusammenspiel von mehreren Partnern. Abwasserentsorgung, Straßenbau, Gemeinden und Verbände müssen hier zusammenarbeiten, wenn es nachhaltig sein soll, denn keiner will in fünf Jahren vielleicht noch mal irgendwie an eine Straße ran. Wenn ich aufreiße, dann muss alles – Wasserleitung, Strom, Breitband usw. – unter die Erde. Da gehört schon ein bisschen mehr dazu. Wie gesagt, die vorsorgende Wasserpolitik muss auch unserer Meinung nach im Einklang mit der Leistungsfähigkeit der Hauseigentümer und der Mieter ausgestattet sein. Wir haben ja viele Petitionen. Wir haben ja eben im Petitionsbericht gehört, dass sich viele Bürger auch in den letzten Jahren an den Petitionsausschuss gewandt haben, weil Sanierungsanordnungen ins Haus standen, dass Hauseigentümer eine Kleinkläranlage, vollbiologisch, bauen sollten. Das ist in Thüringen wirklich strukturell überall anders. Wir haben auch das mit Schern aus dem Petitionsausschuss gehört. Ich habe dann nur zu Frau Becker gesagt, das hätte es im Eichsfeld nicht ge

geben. Da hätte man eine pragmatische Lösung gefunden. Und als wir hier in diesem Saal bei der Anhörung gesessen haben, haben wir auch die unterschiedlichen Abwasserverbände und deren Arbeit und Situation kennengelernt. Aber Thüringen ist eben auch nicht gleich, sondern hat unterschiedliche Strukturen. Deswegen haben wir auch an der einen oder anderen Stelle gute und welche, die noch ein bisschen hinterherhinken, um es einmal vorsichtig zu sagen.

Frau Ministerin Siegesmund, Sie hatten gesagt, wir wollen, dass mehr Grundstücke in Thüringen an die öffentliche Abwasserentsorgung angeschlossen und die Kosten dafür fair verteilt sind. Das ist natürlich klar, das hatten wir auch schon bei der Einbringung hier gesagt. Eine Gerechtigkeitslücke zu schließen, heißt auch manchmal, an anderer Stelle eine aufzumachen. Wir hatten das gestern bei den Straßenausbaubeiträgen, als der Minister Maier gesagt hat, Gerechtigkeit gibt es nicht immer, kann es nicht immer geben, und so wird es in diesem Fall auch sein.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Doch, Gerechtigkeit soll das Ziel sein!)

Das wird es aber nicht geben, wo Menschen handeln. Es wird keine geben. Gerechtigkeit gibt es einmal am Ende des Lebens, weil wir da alle die Augen zumachen. Das ist die einzige Gerechtigkeit, die es gibt, ansonsten gibt es keine Gerechtigkeit. Also wo Menschen handeln, gibt es keine Gerechtigkeit.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Wir bereden aber jetzt nicht das Friedhofsgesetz! Es gibt auch auf dem Friedhof Ungerechtig- keit!)

Wir möchten jetzt hier in keinen theologischen Diskurs eintreten. Wir haben zum Wassergesetz beraten.

Aber Gerechtigkeit …

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ich wünsche mir trotzdem im Leben Gerechtigkeit!)

Ja, natürlich wünschen wir uns auch Gerechtigkeit im Leben, aber es gibt keine Gerechtigkeit und keine Gleichheit. Das sieht man ja hier auch. Es gibt Haushalte, die haben Kleinkläranlagen gebaut, die haben das Geld auch schon bezahlt. Zukünftig wird das anders gemacht. Und wir haben eine geschlossen und dann reißt man eben eine Zweite auf. Das

ist einfach so. Zwar haben wir jetzt 15 Jahre Bestandsschutz für die neuen vollbiologischen Anlagen, aber danach müssen sie auch anschließen und dann müssen sie eben ihre Beiträge auch bezahlen. Also gibt es keine endgültige Gerechtigkeit.

Von den technischen Möglichkeiten und rechtlich zulässigen Entsorgungsvarianten darf zukünftig nur noch die wasserwirtschaftlichste umgesetzt werden. Dies betrifft auch die Entscheidung zwischen zentralen und dezentralen Lösungen. Da nur ein Teil der Gesamtkosten gefördert wird, werden von den Zweckverbänden durch den Mehraufwand für vergrößerte zentrale Lösungen Gebühren und Beiträge angehoben werden müssen. Das steht einfach im Raum, wenn wir die Zweckverbände verpflichten, bis 2030 den maximalen Anschlussgrad zu erreichen und sie auch die Abwasserbeseitigungskonzepte überarbeiten müssen. Zwar haben wir ihnen jetzt ein halbes Jahr mehr Zeit gegeben, aber „bis 2030“ steht als Endpunkt. Es ist also vorauszusehen, dass es auch am Ende zu einer Gebührenerhöhung kommen kann. Das kann man hier auch nicht wegwischen. Die Gemeinden müssen auch sicher sein, dass sie bis 2030 das Geld bekommen, sonst ist der ganze Abwasserpakt nichts wert. Vor allen Dingen, was die Verbände und die Gemeinden auch brauchen, ist ein Planungsvorlauf. Bis 2030 sind es zwölf Jahre, das ist nicht mehr lange hin. Ich muss heute auch Planungssicherheit haben. Die Betreiber von Kleinkläranlagen müssen ausreichend Zeit erhalten, um die europa- und bundesrechtlich vorgeschriebenen Standards zu erfüllen. Anpassungsmaßnahmen sollten jedoch zukünftig nur dann angeordnet werden können, wenn sich daraus eine nachweisbare relevante wasserwirtschaftliche Verbesserung ergibt. Aber hier fehlt eben auch die Definition: Was ist eine wasserwirtschaftliche Verbesserung? Das muss auch noch genau definiert werden, damit es dann nicht wieder zu neuen Irritationen und langwierigen Auseinandersetzungen kommt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ein weiteres Konfliktfeld möchte ich namens unserer Fraktion hier ansprechen. Das ist die Forderung nach dem bis zu 10 Meter breiten Gewässerrandstreifen an Fließgewässern, in dem die Landwirtschaft zukünftig weitreichenden Restriktionen unterworfen ist. Modellrechnungen zufolge wären das 23.000 Hektar, die von einem 10 Meter breiten Randstreifen betroffen sind. Das entspricht 2,6 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche. Diese Forderung ist natürlich auch ein Eingriff in die Grundrechte der Grundstückseigentümer. Wenn man das so umsetzt, bekommen auch die Eigentümer keine KULAP-Förderung mehr und werden damit zweimal benachteiligt. Wir hatten im Landwirtschaftsausschuss auch noch

einen Änderungsantrag unserer Kollegen eingebracht, der sich an dem Wassergesetz von Rheinland-Pfalz anschließt, nur an den Hotspots der Schadstoffeinträge Schutzstreifen zu etablieren. Den haben Sie abgelehnt und gesagt: Nein, sie wollen das pauschal machen. Da hat sich sicher die grüne Seite durchgesetzt.

(Zwischenruf Siegesmund, Ministerin für Um- welt, Energie und Naturschutz: Was? Soll ich Ihnen das mal ganz kurz zeigen?)

Die Düngeverordnung, die es seit 2017 gibt, wurde hier ein bisschen außer Acht gelassen. Ihr könnt ja dann noch alle sagen, dass es nicht so war. Ich bin ja die erste Rednerin und das ist unsere Auffassung.

Den dritten Punkt, den wir noch ansprechen wollen, sind die Gewässerunterhaltungsverbände. Dazu haben wir auch bei der Anhörung im September durch den Gemeinde- und Städtebund gehört, dass man Zwangsverbände ablehnt. Das ist auch die Meinung der CDU-Fraktion und ganz persönlich auch meine Meinung als Kommunalpolitikerin, dass man hier zu sehr in die kommunale Selbstverwaltung eingreift. Da muss ich aber auch sagen, das zieht sich durch die letzten viereinhalb Jahre der Landesregierung, dass die kommunale Selbstverwaltung nicht den Stellenwert hat, den wir eigentlich der kommunalen Selbstverwaltung zusprechen. Kommunale Selbstverwaltung heißt, ich bin dafür verantwortlich und trage dann auch die Verantwortung vor Ort. Das ist ein hohes Gut. Dass nicht immer das alle so machen, da kommen wir auch wieder zur Gerechtigkeit, das ist einfach so. Das stimmt nicht mit den über 90 Prozent, Frau Ministerin, darüber haben wir uns schon einmal unterhalten, das ist nicht an dem. Der Gemeinde- und Städtebund hat das auch gesehen, dass wir Nachholbedarf haben. Das ist auch unstrittig. Aber jetzt innerhalb von einem Dreivierteljahr die Gemeinden zu zwingen, zum 01.01.2020 Gewässerunterhaltungsverbände verpflichtend einzuführen, ist schon eine ganz schöne Zumutung. Dass Sie das von Anfang an nicht ändern wollten, das hat doch festgestanden: Während wir noch hier im Landtag in den Ausschüssen beraten haben, ist Herr Staatssekretär Möller schon rausgefahren und hat die Bürgermeister eingeladen.

(Zwischenruf aus dem Hause)

(Beifall CDU, DIE LINKE)

Nein, weil die Zeit nicht gereicht hat. Im Oktober sind Landtagswahlen und vorher musste alles in Sack und Tüten, heute haben wir den 10. Mai.

(Zwischenruf Siegesmund, Ministerin für Um- welt, Energie und Naturschutz: Waren wir zu schnell oder waren wir zu langsam?)

Ihr seid auf den letzten Pfiff gekommen, habt etwas durchsetzen wollen, was am 01.01.2020 in Kraft tritt und habt die Gemeinden einfach zwangsverpflichtet.

(Beifall CDU)

Wir haben hier parallel noch getagt. Das hätten wir uns ja dann auch alles sparen können, weil sowieso schon feststand, dass das so bleibt, gerade mit den Zwangsverbänden. Daran wurde ja auch nicht gerüttelt. Der Gemeinde- und Städtebund hat gesagt: Wenn es schon so sein soll, dann müssen wir hier auch eine längere Übergangsfrist bis 2021 haben. Da führte doch kein Weg rein und – wie gesagt – wir haben noch parallel in zwölf Sitzungen getagt und unterdessen ist Herr Staatssekretär schon in die neu zu gründenden Verbandsgebiete gereist und hat die Bürgermeister schon darauf eingeschworen, das zu machen. Ich war nur einmal dabei, wo ich auch wohne, da ging die Bereitschaft des Bürgermeisters, in so einem Schnellverfahren mitzuarbeiten, gegen Null. Irgendwie hinkriegen müssen wir es ja, da bleibt uns nach dem heutigen Tag gar nichts anderes mehr übrig. Ich will das einfach auch mal als Grundsatzfrage hier stellen: Ist es richtig, dass wir als Gesetzgeber so stark in die kommunale Selbstverwaltung eingreifen – ist es richtig oder ist es nicht richtig? Ich sage, es ist nicht richtig.

(Beifall CDU)

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Das ist rich- tig!)

Wir hätten auch die Gemeinden besser ausstatten können – jetzt in der Zeit, wo uns auch viele Mittel zur Verfügung stehen,

(Beifall CDU)

wohlwissend, dass ich auch weiß, dass das nicht alle so machen. Ob die Verbände das alle so machen? Da sprechen wir uns in zwei/drei Jahren auch wieder, ob das von den Leuten, die das jetzt in den Verbänden machen, eins zu eins umgesetzt worden ist.

(Beifall AfD)

Dahinter mache ich auch mal ein großes Fragezeichen, da wird es nämlich auch wieder solche und solche geben, wie es auch unterschiedlich ist. Da sprechen wir uns auch wieder.

Ein Thema, das dann auch noch aufschlägt: Es ist ja jetzt zum Glück die Möglichkeit eröffnet, dass

sich die Gemeinden bestehenden Strukturen anschließen können. Das wird der eine oder andere auch so machen. Wir werden das sicher im Eichsfeld auch so machen und mit den Eichsfeldwerken zusammenarbeiten. Aber wo es eben nicht der Fall ist, wird es sicher auch noch Anpassungsprobleme geben. Auch hier schaue ich die SPD an: Die Stadt Erfurt hatte ja auch eine Stellungnahme abgegeben, die sich auch ganz klar dagegen ausgesprochen hat. Die Stadt Erfurt macht das in ihrem eigenen Wirkungskreis ausgezeichnet, das Personal usw. ist vorhanden.

(Zwischenruf Abg. Harzer, DIE LINKE: Aber Erfurt ist nicht Thüringen!)

Ja, aber Erfurt ist auch eine Stadt und damit auch eine Kommune,

(Beifall SPD)

wo es geklappt hat – als gutes Beispiel – und die werden ja zurückabgewickelt.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Aber da haben Sie so recht!)

Ja, aber das hat ja hier keine Rolle gespielt. Auf die Einwände der Stadt Erfurt, die gesagt hat, wir lehnen die Gründung von Zwangsverbänden ab, ist ja nicht eingegangen worden. Und das ist ja die Grundsatzfrage.

(Zwischenruf Abg. Harzer, DIE LINKE: Das wäre eine Lösung: keine Lösung zu ma- chen!)

Aber die Grundsatzfrage stellt sich uns eben anders, weil wir Achtung vor der kommunalen Selbstverwaltung haben, und die anderen meinen, immer alles von Erfurt aus zentral lösen zu können, was in der letzten kleinen Kommune – was weiß ich wo – als Problem auftritt.

(Zwischenruf Abg. Harzer, DIE LINKE: Sie hatten doch keine Lösung!)

Herr Kollege Harzer, das Recht des Zwischenrufs ist ein Recht von Abgeordneten, aber es gilt nicht für andauernde Zwischenrufe.

(Zwischenruf Abg. Harzer, DIE LINKE: Das war der Zweite, Frau Präsidentin!)