Protokoll der Sitzung vom 13.06.2019

Aber das sei nur ganz nebenbei verraten. Sie verteilen Geld um für dieses und jenes. Wichtig ist, dass man schaut: Wodurch erfolgt denn die Deckung, wo soll das Geld denn hergenommen werden? Da haben wir zum Beispiel die Streichung sämtlicher Mittel für das Gesundheitsmanagement in der Justiz. Offensichtlich ist eine bessere Gesundheitsprävention und -beratung an dieser Stelle nicht erwünscht. Bei den Bezügen der Polizeianwärter sollen 1 Million Euro gekürzt werden. Wie die Polizei da in Zukunft ohne Polizisten handlungsfähig sein soll, bleibt ein Rätsel.

(Beifall SPD)

4,5 Millionen Euro Kürzung bei den arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen und Maßnahmen der beruflichen Bildung im Rahmen des Europäischen Sozialfonds wurden beantragt. Gerade die Menschen, die Hilfe besonders benötigen, sollen beschnitten werden. Ebenso liest man in Ihren Anträgen von massiven Kürzungen beim Landesarbeitsmarktprogramm und bei der öffentlich geförderten und gemeinwohlorientierten Beschäftigung. Obwohl schon jetzt Me

diziner im Öffentlichen Gesundheitsdienst fehlen, soll weniger Geld für diesen Bereich zur Verfügung gestellt werden. Und die AfD will auch noch die Erstattung an Landkreise und kreisfreie Städte für die Unterbringung und Betreuung von Geflüchteten halbieren. Hoffentlich hören das alle Landräte und Oberbürgermeister, was Sie hier vorschlagen!

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Kießling, Sie haben vorhin ausgeführt, es ist entscheidend, was wir unseren Kindern und Enkelkindern hinterlassen.

(Zwischenruf Abg. Kießling, AfD: Richtig!)

Wenn ich Ihre Kürzung im Bereich Umwelt- und Naturschutz sehe – bei diesen Projekten, die wichtig für das Klima und für unsere Zukunft sind –, da machen Sie genau das Gegenteil.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich habe jetzt hier nur einige Beispiele genannt. Solche Vorstöße lehnen wir politisch ab. Sie entsprechen nicht unseren Vorstellungen von einer zukunftsgewandten Politik.

Zur Abschaffung der Straßenausbaubeiträge haben übrigens beide Oppositionsfraktionen keinen Antrag eingebracht. Aus dicken Backen ist viel heiße Luft gekommen,

(Beifall DIE LINKE)

aber das Problem der Abschaffung der Straßenausbaubeiträge mussten die drei Koalitionsfraktionen allein lösen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich jetzt zu den vorhin genannten Schwerpunkten kommen. Beginnen möchte ich mit dem Schwerpunkt Bildung. Diese zieht sich wie ein roter Faden durch unser gesamtes Leben, vom Kleinkind bis zu den Senioren. Dieser rote Faden spiegelt sich auch im Landeshaushalt wider. Nie zuvor wurde in Thüringen mehr in die Bildung investiert als unter der rotrot-grünen Landesregierung. Allein im Bereich der allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen konnten gegenüber dem letzten Haushalt der Vorgängerregierung die Ausgaben bis 2019 insgesamt um 314 Millionen Euro gesteigert werden.

(Beifall DIE LINKE)

Für 2020 werden weitere 53 Millionen Euro hinzukommen; Geld, das an dieser Stelle richtig und dringend nötig ist. Selbstverständlich ist uns die angespannte Situation an den Schulen – insbesonde

re mit Blick auf die Unterrichtsabsicherung – bekannt. Noch immer fallen zu viele Stunden aus. Deshalb sind im Haushalt 2020 zusätzliche Stellen für Grundschulhorte ausgebracht und das Personalentwicklungskonzept 2025 im Schulbereich wird ausgesetzt. Dadurch werden 2020 für die Schulen 654 Vollzeitstellen mehr als bisher geplant zur Verfügung stehen. Was wir aber dringend benötigen, um die Unterrichtsabsicherung verbessern zu können, sind neue Lehrer. Wir alle kennen die bundesweite Situation. Der Stellenmarkt für Lehrpersonal ist leergefegt, besonders in den MINT-Fächern, aber auch bei Musik und Fremdsprachen. Deshalb setzen wir noch stärker als bisher auf die Ausbildung von Lehrern in Thüringen und haben die Zahl der Referendarplätze um 300 aufgestockt. Damit unsere Lehrer und Schüler auch das richtige räumliche Umfeld vorfinden, haben wir die Schulinvestitionspauschale mit einem Änderungsantrag zum Haushalt verdoppelt.

(Beifall SPD)

Künftig werden wir den Kommunen für Investitionen an Schulgebäuden 30 Millionen Euro jährlich zur Verfügung stellen.

Schule bedeutet aber nicht nur Unterricht. Über das reguläre schulische Angebot hinaus gilt es, Schülerinnen und Schüler zu fördern, soziale Benachteiligungen, individuelle Beeinträchtigungen und strukturelle Nachteile abzubauen. Das alles leisten die Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter vor Ort mit ihrer hervorragenden Arbeit.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Fraktion hat sich seit mehreren Jahren immer wieder für eine Verbesserung des Landesprogramms Schulsozialarbeit starkgemacht. Mit diesem Haushalt werden 10,2 Millionen Euro für bis zu 180 zusätzliche Schulsozialarbeiter dazukommen. Das ermöglicht eine Ausweitung der Schulsozialarbeit an 245 weiteren staatlichen Schulen.

(Beifall DIE LINKE, SPD)

Den frühkindlichen Bildungsbereich, unsere Kinderkrippen und Kindergärten, haben wir ebenfalls gestärkt. Die Koalitionsfraktionen haben immer betont, dass eine gute frühkindliche Bildung und Kinderbetreuung eine hohe Priorität genießt. Das belegen auch die Ausgaben in dieser Legislatur, die seit 2014 um 152,5 Millionen Euro gestiegen sind. Jetzt hat der Bund mit dem Gute-KiTa-Gesetz insgesamt 136,5 Millionen Euro bis einschließlich 2022 für den Kita-Bereich zugesichert. Das ist ein sehr guter erster Schritt. Im Sinne des neu erklärten gemeinsamen Engagements von Bund und Ländern in der Bildung – für die SPD zählt der frühkindliche Bil

dungsbereich ohne Wenn und Aber dazu – muss sich der Bund aber aus meiner Sicht auch über 2022 dauerhaft in dieser Form im Kita-Bereich engagieren.

Insgesamt stehen im Jahr 2020 rund 38 Millionen Euro als erste Tranche des Gute-KiTa-Gesetzes auf der Einnahmenseite. Das ist Geld, was gut genutzt werden will. Das hat diese Koalition aus Linken, Grünen und SPD mit ihren Änderungsanträgen zum Haushalt auch getan. Mit dem Start des neuen Kindergartenbesuchsjahres im Jahr 2020 setzen wir die Beitragsfreiheit für das vorletzte Besuchsjahr um. Dafür stehen 15 Millionen Euro bereit. Gleichzeitig verbessern wir die Betreuungsschlüssel, wofür weitere 15,4 Millionen Euro aufgewandt werden. Um die systematische Qualitätsentwicklung in den Thüringer Kindertagesstätten zusätzlich zu verbessern, werden künftig bedarfsgerecht Personal- und Sachmittel für Kindergärten mit besonderen pädagogischen Herausforderungen bereitgestellt. Damit soll nicht zuletzt auf vielfältige soziale Herausforderungen eingegangen und die Kindergärten sollen speziell bei der täglichen Arbeit in diesem Bereich unterstützt werden. Dafür werden wir 7 Millionen Euro bereitstellen.

Wir wollen 250.000 Euro im Haushalt nutzen, um ein Modellvorhaben zu starten, mit dem wir eine neue Form der dreijährigen dualen Erzieherausbildung in Thüringen etablieren. Bereits jetzt kann sich das Programm vor Zulauf kaum retten.

Im großen Komplex „Bildung“ dürfen Hochschulen und Forschung nicht fehlen. Mein Dank gilt hier Minister Wolfgang Tiefensee. Nicht zuletzt seinem Einsatz ist es zu verdanken, dass Thüringen in diesem so wichtigen Innovationsbereich eine hervorragende Entwicklung in dieser Legislatur verzeichnen kann. Seit dem Ende der letzten Wahlperiode im Jahr 2014 haben sich die Zuweisungen des Landes an die Thüringer Hochschulen um insgesamt 260 Millionen Euro erhöht. Durch die bereits verlängerte Rahmenvereinbarung IV erhalten die Hochschulen im Jahr 2020 einen Betrag von 465 Millionen Euro und haben damit über die laufende Wahlperiode hinaus Planungssicherheit. An diese guten Entwicklungen müssen wir in den kommenden Jahren anknüpfen, damit der Wissenschaftsstandort Thüringen weiterhin attraktiv bleibt. Hochschulen und Forschungseinrichtungen sind Impulsgeber und Motor für die regionale Wirtschaft. Durch exzellente Forschung, Lehre und Entwicklung ermöglichen sie Innovationen, die in Form von marktfähigen Ideen und neuen Produkten dringend benötigt werden. Mit unseren Änderungsanträgen stellen wir zusätzlich zu den Vorschlägen der Landesregierung rund 2,7 Millionen Euro für Hochschulen, studenti

sche Angelegenheiten und Forschungsförderung zur Verfügung.

Meine Damen und Herren, ich komme nun zum Schwerpunkt „Sicherheit und Ordnung“. Es ist kein Geheimnis, dass wir in der Koalition miteinander gerungen haben, um die bestmögliche Lösung für eine Verbesserung der Personalsituation bei der Polizei zu finden. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Insgesamt 142 zusätzliche Stellen finden sich in den Änderungsanträgen der Koalitionsfraktionen mit einem Gesamtvolumen von 8,3 Millionen Euro, darunter 56 Planstellen im technischen Dienst zur Umsetzung der Maßnahmen im Rahmen des Digitalisierungskonzepts „Polizei 4.0“. Auf diesem Weg wird unter anderem die IT-gestützte Kriminalitätsbekämpfung durch das Dezernat „Cybercrime“ im Landeskriminalamt gestärkt. Mit der Einstellung von zusätzlich 65 Tarifbeschäftigten werden gezielt Polizeivollzugsbeamte entlastet und im gleichen Umfang

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

und entsprechender Wertigkeit für den Vollzugsdienst freigesetzt. Das ist genau das Gegenteil von dem, was Herr Kießling hier für die AfD gerade suggeriert hat. Sie nehmen die Wirklichkeit nicht so wahr, wie sie ist.

Meine Damen und Herren, ein weiteres Problem der Vergangenheit packen wir an, indem wir den Beförderungsstau im mittleren Polizeivollzugsdienst durch Anpassung der Beförderungsgrenze im Besoldungsgesetz auflösen. Damit können perspektivisch mehr Polizeibeamte des mittleren Dienstes ein Beförderungsamt anstreben.

(Zwischenruf Abg. Kräuter, DIE LINKE: Sehr gut!)

(Beifall DIE LINKE)

Unter rot-rot-grüner Regierungsverantwortung wurde zudem ein radikaler Kurswechsel bei der Polizeiausbildung vollzogen. Bereits mit dem Doppelhaushalt 2018/2019 wurde die Zahl der Polizeianwärter im Bildungszentrum der Polizei in Meiningen auf 260 gesteigert. Mit dem jetzt vorliegenden Haushalt wird diese Zahl weiter auf 300 erhöht.

Zusätzlich werden im Rahmen des Stellenpakts zehn zusätzliche Ausbilderstellen etabliert, um die Ausbildung personell und inhaltlich auf einen besseren Stand zu bringen. Mehr Polizeischüler bedeutet aber auch, dass mehr Kapazitäten in der Polizeischule notwendig sind. Auch hier haben wir vorgesorgt und eine halbe Million Euro für zusätzliche Lehrsaalkapazitäten eingestellt.

Beim Thema „Sicherheit“ dürfen die Feuerwehren nicht vergessen werden. Das Besondere daran: Sie machen das in den meisten Fällen im Ehrenamt. Wir können den vielen Mitgliedern in den freiwilligen Feuerwehren Thüringens eigentlich gar nicht genug für ihren Einsatz danken.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie riskieren Leib und Leben, um anderen Menschen zu helfen. Aus diesem Grund haben wir die Feuerwehrrente zusätzlich aufgestockt und wir erhöhen die Mittel für Investitionen für die Gemeinden, für Feuerwehrhäuser, Feuerwehrfahrzeuge, Geräte und Uniformen.

Sicherheit – da dürfen Gerichte und Staatsanwaltschaften nicht fehlen. Wie bei der Polizei gilt es auch hier, den Pakt für den Rechtsstaat umzusetzen. Dafür hat Rot-Rot-Grün insgesamt 59 neue Stellen für Richter, Staatsanwälte und die notwendigen Mitarbeiter per Änderungsantrag gestellt.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, ein lebenswertes Thüringen macht sich für die Menschen in der Regel immer daran fest, was sie bei sich in der Region – vor allem aber im direkten Umfeld – vorfinden. An dieser Stelle kommen in den Haushaltsberatungen zwangsläufig die Kommunen und ihre Finanzausstattung ins Spiel. Wir haben in diesem Haushalt für die Kommunen so viel Geld vorgesehen, wie sie es noch nie hatten. 100 Millionen Euro sind schon im Vorfeld auf den Kommunalen Finanzausgleich draufgelegt worden und weitere 30 Millionen Euro werden wir jetzt noch hinzufügen. Das ist Geld, das die Kommunen pauschal erhalten. Das heißt, sie können es flexibel dort einsetzen, wo sie es gerade benötigen.

Meine Damen und Herren, ein Haushalt, der Thüringen lebenswert gestalten und erhalten will, kommt am Umwelt-, Natur- und Klimaschutz nicht vorbei, dem Zukunftsthema der letzten Monate, keine Frage. Aber bereits viel eher schon – mit den Verhandlungen zum vorliegenden Haushalt – haben sich Linke, Grüne und SPD auf gemeinsame Projekte zur Stärkung dieses Bereichs verständigt. Für den Landeshaushalt insgesamt gab es bereits mit dem Planvorschlag der Landesregierung ein ordentliches Plus. Von 2019 auf 2020 sollen die Mittel um rund 50 Millionen Euro anwachsen. Speziell im Einzelplan der Umweltministerin steigen beispielsweise die Mittel für Maßnahmen zur Energienutzung und Klimaanpassung um knapp 43 Prozent. Das ist ein klares Signal.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zusammenfassen. Der vorliegende Haushalt 2020 setzt deutliche Signale für Bildung, für die Sicherheit, den Klimaschutz und bei kommunalen Finanzzuweisungen. Es wird ordentlich investiert. Schulden sucht man vergebens, stattdessen wird weiter getilgt. Dieser Haushalt ist ein Haushalt für Thüringen, mit dem Anspruch, zu gestalten ohne zu überziehen. Dieser Haushalt ist solide aufgestellt. Bereits der Planentwurf der Finanzministerin, der uns im Januar vorgelegt wurde, war sattelfest zusammengestellt. Die steigenden Steuereinnahmen sind entsprechend etatisiert, genauso wie zusätzliche Zuweisungen des Bundes, beispielsweise 38 Millionen Euro für die Kitas. Das alles sorgt bereits für einen Anstieg des Gesamthaushalts.

Ebenfalls bereits in den Einzeletats der Ministerien eingepreist sind steigende Tarif- und Besoldungserhöhungen. Zusätzlich stehen ausreichende Mittel in der dafür vorgesehenen Personalverstärkungsrücklage zur Verfügung. Berücksichtigt wurden zudem vorausschauend die Korrekturen der letzten Steuerschätzung. Damit ist dieser Haushalt 2020 auf einem soliden Fundament gebaut.

Meine Damen und Herren, ich möchte mich abschließend ganz besonders bei der Finanzministerin und den Mitarbeitern aus ihrem Haus bedanken, die uns zu allen Fragen des Haushalts unterstützt haben. Ich möchte mich auch bei den Haushaltsbeauftragten der einzelnen Ministerien bedanken, die viele Stunden mit uns zusammen im Koalitionsarbeitskreis und im Haushalts- und Finanzausschuss zugebracht haben. Ein herzlicher Dank geht an den Rechnungshof für die kritische Begleitung unserer Sitzungen. Mein Dank gilt aber auch der Landtagsverwaltung, die professionell die ganzen Sitzungen abgewickelt hat. Und zuletzt gilt mein Dank den Kollegen im Haushalts- und Finanzausschuss für die konstruktive Diskussion. Aber ganz besonderer Dank gebührt den drei Referenten, da schließe ich mich meinem Vorredner an. Die drei Referenten der Koalitionsfraktionen, die für den Haushalts- und Finanzausschuss zuständig waren, müssen jetzt erst mal schauen, dass sie sich wieder mal um ihre Familien kümmern können, damit auch das im Lot bleibt. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Als nächster Redner erhält Abgeordneter Müller von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen, liebe Besucherinnen und Besucher auf der Tribüne! Zunächst bedanke ich mich ganz herzlich bei Frau Ministerin Taubert, ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Finanzministeriums sowie den Mitgliedern und Mitarbeitern des Finanzausschusses für die ausgesprochen konstruktive Zusammenarbeit und Diskussion im Zuge der diesjährigen Haushaltsberatungen.