Aber die Leute da draußen sehen das nicht so. Wenn wir uns einmal das Wahlergebnis für Thüringen ansehen, Herr Kuschel, was hat denn der Wähler eigentlich gewählt?
Und zwar wollte das der Bürger in dieser Reihenfolge. Was hat er jetzt bekommen? Es gibt die Linke, die SPD und die Grünen. Nun, es nutzt aber nichts, dass die Opposition daran Kritik übt, das ist klar, denn für eine Änderung der Politik braucht es die Parlamentsmehrheit. Deswegen wenden sich die Menschen vom Parlament ab, da ihr Wille nicht beachtet wird. Direkte Demokratie kann ein Weg sein, die Bürger wieder für Politik zu begeistern.
Das Grundgesetz sieht die demokratische Mitwirkung der Bürger in Wahlen und Abstimmungen vor. Genau um diese Abstimmungen nach Artikel 20 des Grundgesetzes geht es hier. Die AfD-Fraktion wünscht sich eine stärkere Beteiligung der Menschen über Abstimmungen in Form von Bürgerbegehren oder auch Volksentscheiden.
Vielleicht noch eine Zahl: Im März 2013 sprachen sich in einer repräsentativen Umfrage des EmnidInstituts 87 Prozent der Befragten für bundesweite Volksentscheide aus. Es stellt sich die Frage, warum so wenige Bürgerbegehren zum Erfolg führten. Die CDU hatte angeführt, es gab schon viele, es muss nicht geändert werden. Aber warum es überhaupt so wenige Initiativen und Volksentscheide aus der Mitte des Volkes gibt, und das, obwohl sich die Menschen mehr direkte demokratische Mitwirkung wünschen, trotzdem findet dieses Verfahren kaum Anwendung – woran liegt das? Die Antwort darauf ist einfach. Das jetzige Verfahren ist nicht geeignet, um die Bürger für eine aktive, direkte Demokratie zu gewinnen. Im Gegenteil: Wo immer es geht, werden kleine und große Hürden errichtet. Wir möchten deswegen heute darüber reden, wie wir die vorhandenen Verfahren verbessern können.
Die AfD setzt sich zum Ziel, mit der direkten Demokratie die politischen Abläufe hier im Land zu ergänzen, zu erweitern und zu optimieren. Das direktdemokratische Verfahren soll wie selbstverständlich
neben der repräsentativen Demokratie stehen. Als Vorbild kann hier die Schweiz gelten. Es ist eine Selbstverständlichkeit, wenn die Menschen die Gesetzgebung des Parlaments in fakultativen oder obligatorischen Abstimmungen korrigieren, ablehnen oder auch bestätigen. Das Volk als weitere Kraft in den politischen Prozess zu integrieren, das muss ein langfristiges Ziel sein, so wie es das Grundgesetz will, meine Damen und Herren.
Doch was ist die Realität hier in Thüringen? Auf den Seiten von Mehr Demokratie e. V. liest man, dass seit 1993 reichlich 170 Bürgerbegehren gestartet worden sind. Schaut man in die Drucksachen des Landtags, erhält man andere Zahlen, sodass dies wahrscheinlich nur als Schätzung zu verstehen ist. Ungefähr 170 Bürgerbegehren – das klingt zunächst nach einer beeindruckenden Zahl, aber seit der Zählung sind 22 Jahre vergangen, sodass die Zahl mit sieben Bürgerbegehren pro Jahr dann sehr relativiert ausschaut. Ein Drittel der Begehren war darüber hinaus unzulässig, das heißt, bei jedem dritten Anliegen wurde dem Bürger gesagt: Nein, hierüber dürft ihr nicht selbst bestimmen.
Das Thema „Volksentscheide“ ist kaum der Erwähnung wert. Direkte Demokratie auf Landesebene gibt es in Thüringen faktisch nicht. Selbst wenn es zu einem weiteren Volksentscheid käme, ist es aufgrund der Quoren unwahrscheinlich, dass dies zum Erfolg führen würde. Vor diesem Hintergrund bietet dieser Antrag der AfD-Fraktion zahlreiche Vorschläge. Mit diesen Änderungen werden die vorhandenen Verfahren vereinfacht. Mit einfachen Verfahren bekommen die Bürger mehr Lust, sich stärker zu beteiligen. Das beginnt mit der Sammlung von Unterschriften. Wenn man möchte, dass ein Volksbegehren oder ein Bürgerbegehren gelingt, dann sollte man die Sammlung so gestalten, dass möglichst viele Stimmen zusammenkommen können und sich somit so viele Bürger wie möglich beteiligen. Deswegen soll die Oder-Regelung zwischen Amtseintragung und freier Sammlung aufgehoben werden. Zukünftig sollten beide Verfahren gleichzeitig zur Anwendung kommen.
Die Sperrfrist von Bürgerentscheiden während der Kommunalwahl ist eine rein willkürliche Regelung, wie wir finden. Die Begründung, man möchte Sachund Personalfragen nicht miteinander vermischen, entmündigt die Bürger. Es ist eine Schutzbehauptung, um kommunalen Mandatsträgern eine sachliche Debatte zu ersparen. Deswegen muss diese Frist abgeschafft werden. Wenn Sach- und Personalfragen am gleichen Tag abgestimmt werden würden, würde die Wahlbeteiligung wesentlich höher sein – so wie es auch in der Schweiz ist. Das wissen alle hier im Raum. Wer sich dagegen verwehrt, der sichert seine Pfründe auf Kosten der De
mokratie. Auch hier kann die Schweiz langfristig ein Vorbild sein. Dort gibt es im Vorfeld fest bestimmte Wahltage, an denen die Abstimmungen stattfinden. Das heißt, jeder Bürger kann sich auch darauf einstellen. So etwas wäre hier auch in Thüringen möglich. Das wäre planbar und übersichtlich. Bis es dazu kommt, machen wir auch in unserem Antrag den Vorschlag, dass zwischen dem erfolgreichen Begehren und dem Bescheid nicht mehr als vier Monate liegen sollten.
Wichtig ist eine Neuregelung der Quoren. Bei einfachen Gesetzen sollen diese Quoren vollständig gestrichen werden. Mit der Streichung wird die Demokratie belebt. Ein Mindestquorum ist immer auch ein Sperrquorum. Jene, die gegen das Vorhaben sind, werden bevorzugt, indem sie der Abstimmung fernbleiben. Außerdem erschwert solch ein Quorum die Arbeit der politisch interessierten Menschen. Bei einer einfachen Mehrheit würden alle Beteiligten angehalten, ihre Mehrheiten zu organisieren. Dass eine breite Mehrheit sich für dieses Thema nicht interessiert, ist ein Scheinargument. Wenn sich eine Mehrheit dafür nicht interessiert, dann darf dies doch erst recht nicht dazu führen und ein Grund sein, die Abstimmung gänzlich zu verhindern. Die Quoren bei Verfassungsänderungen müssen an die Wahlbeteiligung angepasst werden. Wenn 50 Prozent der Wahlberechtigten den Landtag wählen und dieser mit zwei Dritteln die Verfassung ändert, dann haben nur 33 Prozent der Wahlberechtigten die Verfassung geändert. Damit ist das Parlament gegenüber der in der Verfassung vorgesehenen 40-Prozent-Hürde des Volksentscheids bevorzugt. Hier ist eine Gleichstellung dringend notwendig.
Ich möchte schließlich auf die fehlenden direktdemokratischen Verfahren des Grundgesetzes zu sprechen kommen. Dazu noch einmal die Zahl von vorhin: 87 Prozent der Deutschen wünschen sich eine stärkere direktdemokratische Beteiligung auf Bundesebene.
Es ist ein gravierender Mangel unserer Demokratie, dass es keine Volksentscheide für das gesamte Staatsgebiet gibt. In Fragen der Europäischen Union, so zum Beispiel der Griechenland-Rettung und der Flüchtlingsfrage, sind Abstimmungen über die politischen Leitlinien mehr als angebracht. Der Thüringen-Monitor von 2014 gibt hier erneut Aufschluss, da er sich mit dem Europaverständnis beschäftigt hat. 86 Prozent der Befragten befürworten Volksabstimmungen, wenn es darum geht, nationa
le Kompetenzen auf die Union zu übertragen. Da soll sich die Union mal Gedanken machen. 86 Prozent sind dafür! Unser Antrag trägt dem somit Rechnung. Der Freistaat Thüringen soll sich deswegen mit einer Bundesratsinitiative dafür starkmachen, Volksentscheide für den Bund und Bundesthemen zu ermöglichen. Es gibt viele Wege für mehr direkte Demokratie. Derzeit sind vor allem das Internet und alternative Kommunikationsmittel die treibenden Kräfte. Herr Krumpe hatte ausgeführt, was man da noch alles Schönes machen kann. Lassen Sie doch mal wieder die Politiker einen Schritt in die richtige Richtung machen. Die Bürger im Freistaat und der ganzen Bundesrepublik werden es Ihnen hoch anrechnen, wenn endlich die Abstimmungen gemäß Grundgesetz für den Bürger regulär möglich sind. Nun können Sie uns und den Bürgern in Ihrer Abstimmung demnächst gleich erklären und auch mitteilen, ob Sie wirklich die Demokraten sind, die Sie hier immer behaupten zu sein. Wenn Sie unserem Antrag dann nicht zustimmen werden, dann entlarven Sie sich selbst als Scheindemokraten. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
und damit Mitträgerinnen und Mitorganisatoren der beiden inhaltlich erfolgreichen Volksbegehren zur Weiterentwicklung der direkten Demokratie auf Landesebene und auf kommunaler Ebene. In einer von circa 100 Teilnehmern besuchten Veranstaltung der drei Fraktionen mit dem Bündnis im Juni dieses Jahres im Landtag wurden schon weitere Ideen zum Ausbau der direkten Demokratie auf kommunaler Ebene intensiv diskutiert und die Einbringung eines entsprechenden Gesetzentwurfs in den Landtag angekündigt. Vorgestellt wurden als Neuerung zum Beispiel das Ratsreferendum und das obligatorische Referendum, das stattfinden soll, wenn kommunale Unternehmen der Daseinsvorsorge veräußert oder erworben werden. Außerdem sollen Initiatoren von Bürgerbegehren Rederecht in den kommunalen Gremien erhalten und ein Beratungsrecht vor Abgabe des Antrags auf Bürgerbe
gehren erhalten. Es liegt auf der Hand, dass die AfD diese laufende Reformdiskussion, über die auch öffentlich berichtet wurde, offensichtlich verfolgt und versucht, in populistischer Manier als Trittbrettfahrerin auf einen schon fahrenden Zug aufzuspringen.
Doch der vorliegende Antrag ist nicht nur deshalb problematisch. Auch inhaltlich enthält der Antrag Kritikwürdiges, vor allem das Festhalten an der von der CDU eingeführten Amtssammlung. Ganz formal, korrekt heißt es „Amtseintragung“. Sie war von der CDU 2008 ursprünglich als einzige Sammlungsform vorgesehen. Nur durch den Druck des Volksbegehrens und des Bündnisses konnte das zu einem Wahlrecht umgestaltet werden, denn bekanntermaßen stellt die Pflicht eines Gangs zum Amt eine Hürde für den Bürger dar. Das zeigen Untersuchungen und Erfahrungsberichte. Auch in der Anhörung zur Reform auf kommunaler Ebene wurde dieses Problem angesprochen.
Ein weiterer, der wichtigste Gesichtspunkt dieser Thematik: Nach Recherchen von „Mehr Demokratie“ gibt es die Amtssammlung auf kommunaler Ebene nur in Thüringen, sonst nirgendwo weltweit. Deshalb sieht die geplante Reform der Koalition die Streichung der Amtssammlung vor. Auch für die Landesebene haben die Koalitionsfraktionen schon Reformschritte in Sachen direkter Demokratie vereinbart. So soll laut Koalitionsvertrag das sogenannte Finanztabu angegangen werden. Die Bürger in Thüringen sollen in Zukunft auch über finanzrelevante Themen, wie zum Beispiel ein neues Kita-Gesetz oder Abgabenfragen, ohne Beteiligungsbremse und Zulässigkeitshindernisse abstimmen können. Dass es auch auf Bundesebene Volksentscheide zu mehr Sachthemen als nur den bisher schon erfassten Länderfusionen geben muss, ist für die Koalition selbstverständlich. Dennoch kann man der Einreicherin auch in diesem Punkt nicht zustimmen. Denn die AfD hat gerade in der Vergangenheit mit ihren populistischen oder nationalistischen …
Ich glaube, Ihre Einstellung haben Sie eben damit verdeutlicht, dass Sie auf Seuchen hingewiesen haben in Verbindung mit der Unterbringung von Flüchtlingen. Das ist ekelhaft und widerwärtig, das in diesem Hohen Haus hier zu hören.
und nationalistischen Positionen im Zusammenhang mit ihren Forderungen nach Volksentscheiden zum Euro gezeigt, dass sie als Rechtsaußenpartei die direkte Demokratie zur Stimmungsmache missbrauchen will.