Protokoll der Sitzung vom 16.12.2015

(Beifall DIE LINKE)

Das ist also weder der Verkehrsministerin noch dem Ministerpräsidenten anzulasten.

(Beifall SPD)

Im Gegenteil, sie wurden von den Verkehrsbetrieben dafür auch belobigt, dass sie das nämlich erstens nicht nur gemerkt, sondern zweitens auch kritisiert haben. Nur mal zum Festigen: Die Bahn selber, um es ganz deutlich zu sagen, hat ihre Strategie, sich lediglich auf Hochgeschwindigkeitsstrecken auszurichten und die Fläche auszudünnen, mit der Strategie 2030 auch schon etwas geändert. Aber das ist noch lange hin. Ich will nicht verhehlen, das Verkehrsprojekt VDE 8.1 hat sehr große Bedeutung für die Oberzentren Erfurt, Dresden, Leipzig und Halle. Sie werden sehr gut mit dem Fernverkehrsnetz Deutschland verbunden. So wird Erfurt an dieser Stelle auch eine große, positive Rolle bekommen. Ich hoffe, nicht nur als Durchgangsstation für die schnellen Sprinter, sondern tatsächlich als ICE-City und als Verkehrsknoten für Thüringen. Das zieht aber an der Stelle das Problem nach sich, dass der Fernverkehr auf der Saalbahn weitestgehend abgebaut wird. Schon in den nächsten Monaten werden die Saalstädte verkehrstechnisch bedingt, nämlich durch Baumaßnahmen, acht Monate ohne Fernverkehr üben müssen, weil gleichzeitig auf der Mitte-Deutschland-Verbindung – auch das ist lediglich Sache der Bahn – gebaut wird und sich die Fahrzeiten auch dort erheblich steigern werden.

Was ist nun zu tun? Das Land selber kann natürlich durch die Nahverkehrsmittel den fehlenden Fernverkehr nicht vollständig oder eigentlich gar nicht ersetzen. Aber wir müssen uns hier darauf konzentrieren, dass eines nicht passiert, ich nehme mal ein Beispiel: 2007 fuhr man von Jena nach Leipzig in 59 Minuten, 2011 in 1 Stunde und 10 Minuten und zukünftig kann es 1 Stunde und 30 Minuten bedeuten. Das heißt also, hier kann durchaus das Auto dann wieder den Vorzug gewinnen, der Fernbus steht schon bereit. Wir müssen eines wirklich ganz genau betrachten, und das gilt für ganz Ostthüringen, dass wir hier versuchen, die Möglichkeiten zu schaffen – in der Bauphase ist es durch die Verlängerung des FTX bis nach Leipzig gelungen –, eine schnelle Verbindung auf der Saalbahn nach Norden anbieten zu können. Das ist die Strecke, die am meisten für die Pendlerströme genutzt wird. Ich will

nur einige Zahlen sagen: Täglich pendeln in Mitteldeutschland, in den elf mitteldeutschen Zentren einschließlich Weimar, ungefähr 56.000 Menschen, über 100.000 Fahrtbewegungen finden statt. Hier haben wir ein sehr, sehr großes Potenzial und das müsste auch der Bahn langsam einleuchten, dass sie hier Potenziale verschenkt, wenn sie nicht eine halbwegs gute einstündige Verbindung über die Saalbahn nach Leipzig anbindet und das Verkehrsangebot in Mitteldeutschland verbessert. Um es noch einmal zu formulieren: Es bringt uns nichts, wenn wir den Nahverkehr via Erfurt so sehr verdichten, dass halbstündige Bewegungen möglich sind, und dafür ab 2017 die Saalbahn so schlecht behandeln, wie es im Moment aussieht. Hier, denke ich, werden wir in der Zukunft noch gemeinsame Überlegungen anstrengen. Aber ich will eines sagen, da mehrfach die Geschichte mit Gera und der Elektrifizierung kritisiert wurde: Auch hier ist das Problem, dass das Land in eine Vorfinanzierung gehen muss. Wie soll das bei den sinkenden Regionalisierungsmitteln und europäischen Fördermitteln realisiert werden? Das Land macht es. Dass hier Schnelligkeit angesagt ist, wissen wir. Aber es wäre auch gut, wenn sich die CDU-Opposition hier bei ihrer Bundesregierung starkmacht, dass die Schienenverkehrsverbindungen insgesamt besser ausgebaut werden, dass die Fläche besser bedacht wird und dass auch eine Förderung der Planungskosten vorab durch den Bund durchaus möglich wird. Danke schön.

(Beifall DIE LINKE)

Für die Fraktion der AfD hat sich Abgeordneter Brandner zu Wort gemeldet.

Meine Damen und Herren, vor rund einer Woche war es endlich so weit. Nach etwa zehn Jahren Verspätung wurde die neue Schnellbahntrasse zwischen Erfurt und Leipzig/Halle eröffnet und damit Erfurt ein Stück weit ICE-Knoten in Deutschland. Sogar die Weltflüchtlingskanzlerin war zur Einweihung anwesend, auch ich hatte die Ehre, mit Mutti Merkel Zug fahren zu dürfen. Von der Merkel‘schen Rede war ich freilich nicht ganz überzeugt, die sie in Leipzig gehalten hat. Aber positiv überrascht war ich, dass die Züge pünktlich fuhren und ohne Zwischenfälle ankamen – immerhin zwei Züge. Deutsche Bahn, Respekt! Die großen Monate, die großen Herausforderungen für die Bahn kommen ja noch. Die vier Feinde der Deutschen Bahn kennen Sie: Frühling, Sommer, Herbst und Winter. Die werden dann in den nächsten Monaten diese positiven Eindrücke wahrscheinlich schnell wieder vergessen lassen.

(Beifall AfD)

(Abg. Dr. Lukin)

Meine Damen und Herren, es ist schon beachtlich, wie die Landesregierung sich darum bemüht, die neue ICE-Strecke Erfurt–Leipzig als Bereicherung für alle Menschen unseres Landes und insbesondere die Ostthüringens zu verkaufen, obwohl die Wahrheit doch eine ganz andere ist. Es war wohl unbewusst, aber die „Thüringer Allgemeine“ hat einmal den Nagel auf den Kopf getroffen. Sie schrieb am 12. Dezember: Künftig rollen 20 Millionen Fahrgäste durch den Erfurter Hauptbahnhof. Und das ist der Punkt, meine Damen und Herren. Sie rollen durch den Bahnhof und kommen damit schneller nach Sachsen und nach Berlin. So weit, so gut. Aber von der neuen Strecke wird Thüringen leider kaum profitieren. Niemand wird dazu verleitet, in Erfurt auszusteigen, die Wirtschaft anzukurbeln, nur weil er von Frankfurt oder München schneller in Berlin oder auch wieder zurück ist. Freuen werden sich die Sachsen. Leipzig ist eine wachsende, prosperierende Metropole; die Messe wird wahrscheinlich aufgrund der guten Zugverbindung von einer höheren Besucherzahl frequentiert werden, die Wirtschaft wird wachsen. Aber aus Sachsen brauchen wir auf Schützenhilfe nicht zu hoffen. Schließlich war es die Erfurter Verkehrspolitik der 90er-Jahre, die dafür sorgte, dass es eben die Kommunen in Sachsen waren, die von der ICEStrecke nicht profitieren sollten, und da wird die Revanche nicht lange auf sich warten lassen. Die Erfurter Verkehrspolitik konnte jahrzehntelang nicht über den ICE-Knoten Erfurt hinaus denken und damit hat sie ganz nebenbei dafür gesorgt, dass nicht nur Ostthüringen, sondern ganz Restthüringen vom Fernverkehrsnetz abgekoppelt wurde. Es ist überaus bedauerlich, wenn die Schnellzüge der Deutschen Bahn nicht mehr in Saalfeld und nicht mehr in Jena halten, von Gera ganz zu schweigen. Aus wirtschaftlicher Sicht mag das noch vertretbar sein, allerdings muss eine solche Abkoppelung stets von einer besseren wettbewerbsfähigen Vernetzung durch Nahverkehrszüge begleitet werden und das ist genau in Thüringen nicht geschehen und wird nach unserer Auffassung wohl auch nicht geschehen. Hinzu kommen dann noch die leider unregelmäßigen, sonst könnte man sich ja darauf einstellen, Verspätungen der Bahn und die seit Monaten falschen Zugdurchsagen, die scheinbar auch keiner in den Griff bekommt.

Meine Damen und Herren, es stellt sich die Frage: Hat die Landesregierung sich für Ostthüringen oder überhaupt für Restthüringen eingesetzt, was den Schienenverkehr angeht? Nein! „Aus den Augen, aus dem Sinn“ ist die Handlungsmaxime. Während die reisefreudige Ramelow-Regierung ihre Weltrettungsfantasien auslebt, bleiben die Sorgen und Nöte der Bürger aus Ostthüringen und aus Restthüringen, wenn man von Erfurt einmal absieht, links liegen. Am besten zeigt sich dies am Beispiel der Bauarbeiten an der Mitte-Deutschland-Strecke im nächsten Jahr. Da wird es über Monate zu massi

ven Beeinträchtigungen kommen. 10.000 Pendler sind täglich betroffen. Die Reisezeit zwischen Gera und Erfurt verlängert sich um 20 Prozent, die zwischen Jena und Erfurt sogar um 40 Prozent. Das soll dann aus Ihrer Sicht wahrscheinlich wirtschaftsfreundlich und kundenfreundlich sein. Sehr interessant ist in diesem Zusammenhang auch die Antwort auf eine Kleine Anfrage, die meine politische Freundin Astrid Rothe-Beinlich mal gestellt hat, das ist die Drucksache 6/477. Zu Weimar liest man da: „Für viele Fernverkehrsrelationen werden zusätzliche Umsteigevorgänge erforderlich.“ Jetzt hören Sie genau zu: „Die Gesamtreisezeit wird sich durch die Geschwindigkeitsvorteile der Neubaustrecke nicht oder nur unwesentlich verlängern.“ So, meine Damen und Herren, wird Verkehrspolitik in Thüringen gemacht. Dieser Schuss geht nach hinten los.

(Beifall AfD)

Es drängt sich immer wieder die gleiche Erkenntnis auf. Bei der Gestaltung des Nahverkehrsangebots in Ostthüringen stehen nicht die Versorgung und die Anbindung der künftigen fernverkehrsfreien Städte im Vordergrund, sondern nur die maximale Förderung des Knotens Erfurt. Der muss auf Biegen und Brechen jetzt Erfolg bringen, teuer genug war er und wird sich wahrscheinlich nie refinanzieren.

Meine Damen und Herren, die Verantwortlichen für dieses – na man kann schon sagen – Desaster sitzen nicht nur in Berlin am Potsdamer Platz, es sind die Erben von Bernhard Vogel und auch die verkehrspolitisch gänzlich überforderten Vertreter dieser rot-rot-grünen Landesregierung, die man schnellstens in den Ruhestand schicken sollte. Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat sich Abgeordneter Kobelt zu Wort gemeldet.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, wir haben jetzt im Dezember 2015 eine Situation, die für Erfurt und die Region eine sehr gute Entscheidung, sehr gute Entwicklung ist. Man ist sehr schnell in Berlin und wird Ende 2017 auch sehr schnell nach Süden unterwegs sein. Aber als das Konzept damals von der CDU-geführten Landesregierung ausgearbeitet und mit dem Bund abgestimmt wurde, hat man leider vergessen, auch die Region Ostthüringen mit einzubeziehen und deutlich zu machen, dass in Jena zum Beispiel dann ab 2017 kein ICE und auch keine andere Fernverkehrsverbindung mehr rollen wird, wenn es nach dem Konzept der damaligen CDU-Landesre

(Abg. Brandner)

gierung gegangen wäre. Da hat es jetzt eines neuen Aufschlags bedurft.

Die Bahn hat zusammen mit der Thüringer Landesregierung für Thüringen auch andere Möglichkeiten erarbeitet. Es ist ein IC-Konzept entstanden, was erst bis 2030 umgesetzt werden sollte. Erste Verhandlungen, Verhandlungsbemühungen von Frau Keller und dem Ministerium – ich möchte ganz eindeutig sagen, vielen Dank dafür, dass das intensiv geführt wurde – haben jedoch dazu geführt, dass 2023 zumindest schon auf einer Teilstrecke, in der Saalbahn, ein zweistündiger IC-Takt eingerichtet werden soll. Das ist ein guter erster Schritt. Wir als Bündnis 90/Die Grünen wünschen uns und sagen auch ganz klar: 2023 ist eine Zielvorgabe, zu der das gesamte IC-Netz stehen sollte, also das ICNetz Jena funktionieren sollte. Dazu brauchen wir zusätzlich zu der Saalbahn auch in Ost-West-Richtung eine Mitte-Deutschland-Verbindung, die bis dahin fertiggestellt wird. Da hat unserer Meinung nach oberste Priorität, dass sich auch die Kollegen von CDU und SPD im Bundestag parteiübergreifend dafür einsetzen sollten, dass die Elektrifizierung der Mitte-Deutschland-Verbindung im priorisierten Bedarf aufgenommen wird.

Unabhängig davon haben wir ganz klar gesagt: Es ist wichtig, dass die Planung so vorangetrieben wird, dass, wenn es zu einem Wettbewerb der Regionen kommt, auch Thüringen einen Wettbewerbsvorteil hat. Daher sind in den Haushalten schon Mittel für die Planung eingestellt und ich bin optimistisch, dass das von der Landesregierung jetzt so angegangen wird, dass wir die Planung dort in der Tasche haben, sobald die Entscheidung fällt, damit wir dann loslegen können oder auch nachverhandeln können. Aber es reicht leider nicht aus, auch wenn wir das bis 2023 schaffen, den Fernverkehr in Ostthüringen zu gewährleisten, dass es komplett so spät kommt.

Übergangslösungen sind in diesem Bereich wichtig. Dort ist für die Ost-West-Trasse vom Ruhrgebiet über Kassel, Erfurt, Weimar, Gera schon ein erster Kompromiss gefunden worden. Dort wird es drei Zugpaare geben, die die Mitte-Deutschland-Bahn bedienen. Das ist ein wichtiges Zeichen, glaube ich, an die Städte in Ostthüringen, dass dort noch ein Fernverkehrshalt vorhanden ist, damit sie auch für ihren Wirtschaftsstandort, Wissenschaftsstandort zum Beispiel in Jena, aber auch in Saalfeld oder Gera werben können. Das ist ein wichtiger Punkt dazu.

Solche Übergangslösungen wünschen wir uns auch für die Saalbahn. Dort reicht es unserer Meinung nach nicht aus, dass es zwei Zugpaare in Tagesrandlagen von Jena nach Leipzig geben soll, sondern es ist unserer Meinung nach ein kleiner Mehraufwand, wenn diese Linie auch nach Saalfeld verlängert wird und dann auch in Rudolstadt hält.

Dann hätte man diese Saale-Region komplett wieder nach Leipzig angebunden. Das ist ein wichtiger Punkt, den auch viele Bahnbündnisse gefordert haben. Ein weiterer Fortschritt wäre, wenn aus den zwei Zugpaaren mindestens vier werden. Da, denke ich, sind die Gespräche auch noch nicht zu Ende geführt. Wir werden uns dafür einsetzen, dass in den nächsten zwei Jahren die Verhandlungen weitergeführt werden. Dann sollte sich auch die Bahn bewegen und praktikable Möglichkeiten für Ostthüringen anbieten, denn letztendlich wird die Deutsche Bahn von allen Steuerzahlern finanziert, auch von denen in Ostthüringen.

Die Strecken, die durch den Fernverkehr nicht mehr bedient werden können, sind umso wichtiger, da sie mit einem aktiven Nahverkehr angebunden werden können. Dort hat die rot-rot-grüne Landesregierung entschieden und umgesetzt, dass in den nächsten Jahren pro Jahr über 1 Million Personenzugkilometer mehr bestellt werden. Das ist ein wesentlicher Schritt, um die Regionen auch besser mit dem Nahverkehr anzubinden. Wir haben noch die Bitte, dass in dem Zuge Möglichkeiten, die für Ilmenau als Hochschulstandort genutzt wurden, also Expressverbindungen nach Erfurt einzusetzen, auch für die Region Saalfeld angewendet werden. Das sind noch kleine Ergänzungen. Wir bitten darum, dass das mit aufgenommen wird und werden uns auch für diese Region stark einsetzen.

Herr Abgeordneter Kobelt, Ihre Redezeit ist um.

Insgesamt denken wir, dass es einen ausgeglichenen Mix geben muss und alle Regionen berücksichtigt werden müssen. Da sehen wir auch Möglichkeiten, dass Ostthüringen besser bedient wird, und eine gute Möglichkeit zur Entwicklung von ganz Thüringen. Danke.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat nun Abgeordneter Gentele.

Werte Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, liebe Besucher! Am 13.12.2015 ging in Erfurt eines der ganz wenigen wirklich bedeutenden Drehkreuze für den Schienenverkehr in Deutschland ans Netz. Eine optimale Wirkung und Auslastung des Drehkreuzes in Erfurt wird sich jeweils nur entfalten, wenn man den angekündigten Angebotsknoten weiterentwickelt und ausbaut.

(Abg. Kobelt)

Wichtig ist ein angebotsorientiertes Fernverkehrsangebot, das weit über Erfurt hinausgeht. Der Neubau der ICE-Trasse Erfurt–Leipzig–Berlin war ein wichtiger Meilenstein für Thüringen. Erfurt wird dadurch noch attraktiver, als es ohnehin schon ist. Aber wir dürfen nicht zulassen, dass Ostthüringen vom Fernverkehr abgekoppelt wird. Da finde ich es mehr als wichtig, dass in Jena-Göschwitz ein neuer IC-Knoten für Thüringen entstehen soll. Dieser ICKnoten ist für den Ostthüringer Raum, insbesondere aber für den Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort Jena, mehr als wichtig. Wenn es tatsächlich realisiert werden soll, dass man jeweils in 60 Minuten zwischen Erfurt und Halle (Saale) und in 30 Minuten von Jena nach Erfurt fahren kann, entsteht ein attraktives Netz von Fernverkehrsknoten in Mitteldeutschland und das in Thüringen. Dies kann nur richtig funktionieren und seine Effizienz entfalten, wenn die Verbindungen und Verknüpfungen passen. Das bedeutet, die Fahrzeiten zwischen den einzelnen Knotenpunkten müssen die Anschlüsse dort und damit eine durchgängige Reisekette realisieren. Wenn sich also die Züge in Erfurt, Saalfeld und Nordhausen jeweils stündlich begegnen sollen, muss die Infrastruktur der jeweiligen Strecke eine Fahrzeit von unter 60 Minuten ermöglichen.

Der Netzentwicklungsplan muss zügig fortgeschrieben und überarbeitet werden. Die Regio-Verbindung Erfurt–Nordhausen zum Beispiel ist eindeutig zu unattraktiv. Bei einer Fahrzeit von mehr als 80 Minuten ist es kaum jemandem zu vermitteln, lieber sein Fahrzeug stehen zu lassen und die Bahn zu nutzen. Hier muss unbedingt die Infrastruktur verbessert werden, dass schnellere Züge eingesetzt werden können. Die Anbindung von Rudolstadt muss sichergestellt werden und von Saalfeld sollte man über eine Direktverbindung unter einer Stunde nach Erfurt kommen.

Ein richtiger Schritt ist der vollständige und zweigleisige Ausbau und die Elektrifizierung der MitteDeutschland-Verbindung von Erfurt nach Weimar, Jena und Gera. Einen notwendigen Motor hierfür bildet die Vorfinanzierung der Planungskosten durch das Land Thüringen, welche verbindlich abzusichern ist. Positiv möchte ich seit dem Fahrplanwechsel erwähnen, dass täglich ein IC zwischen Jena-Göschwitz und Düsseldorf verkehrt. Das ist ein richtiger Schritt und ein wichtiges Zeichen für Jena, reicht aber noch nicht aus.

Kein Grund zur Freude war der Start von Abellio auf dem sogenannten Saale-Thüringen-SüdharzNetz, vor dem Hintergrund, dass der Standort der Deutschen Bahn in Erfurt massiv geschwächt wurde und viele ihren Job verloren haben oder sogar nach Sachsen-Anhalt umziehen mussten, weil dort – und nicht wie DB Regio in Erfurt – Abellio die Wartungen an den Fahrzeugen im neu gebauten Werk Sangerhausen vornimmt. Eine Investition, die

eigentlich nicht notwendig war, da DB Regio alle notwendigen Strukturen besitzt, um die besagten Strecken zu bedienen. Spannend wird, welche Auswirkungen die Vergabe an Abellio auf das Bemühen von Jena und Saalfeld hat, weiter am Fernverkehr teilhaben zu dürfen. Ist die Deutsche Bahn beleidigt und schickt ab 2018 erst recht keinen ICE mehr über die Saalbahn, oder ist sie motiviert, den neuen Wettbewerber zu ärgern und ihm die Fahrgäste abzujagen, indem sie den ICE kurz vor dem Abellio-Zug fahren lässt. Ich jedenfalls bekenne mich zum Fernverkehr für Ostthüringen: Ja zum ICE-Knoten in Jena-Göschwitz und Ja zum Ausbau einer besseren Infrastruktur für Mitteldeutschland, Verbindung Erfurt, Jena und Gera. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Landesregierung hat Ministerin Keller das Wort.

Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin, sehr geehrte Abgeordnete, sehr geehrte Besucher auf der Tribüne und am Livestream, ja, vor drei Tagen konnte ein wesentlicher Abschnitt des Anfang der 90er-Jahre geplanten Verkehrsprojekts Deutsche Einheit Nr. 8 – konkret der Neubauabschnitt 8.2 zwischen Leipzig/Halle und Erfurt – erfolgreich in Betrieb genommen werden. Die neue Verbindung Erfurt-Nürnberg soll dann im Dezember 2017 zur Verfügung stehen. Das Verkehrsprojekt Deutsche Einheit Nr. 8 hatte eine Reihe von technischen und finanziellen Hürden zu überwinden. Zwischenzeitlich hatte die damalige rot-grüne Bundesregierung sogar einen Baustopp verhängen müssen. Seit Sonntag bringt die neue Strecke mit enormem Potenzial für den gesamten Südosten Deutschlands mehr Angebot und deutlich verkürzte Reisezeiten. Auch die gleichzeitige Inbetriebnahme des Südthüringen-Südharz-Netzes brachte für viele Thüringerinnen und Thüringer neue Angebote, neue Züge und ein insgesamt verbessertes Nahverkehrsangebot. Hierzu hatten wir in der Aktuellen Stunde am 4. November 2015 bereits ausführlich beraten. Die Betriebsaufnahme der Neubaustrecke Erfurt–Leipzig/Halle erfolgte im Wesentlichen reibungslos. Kleinere Schwierigkeiten waren zwar zu verzeichnen, sind bei solch umfangreichen Betriebsaufnahmen jedoch nichts Ungewöhnliches. Die Hochgeschwindigkeitsstrecke und der zugehörige Thüringer ICE-Knoten in Erfurt stellen neben den Fahrzeitgewinnen zudem eine Entwicklungschance für den Freistaat dar, die wir nutzen wollen. Deshalb hat es höchste Priorität, die Thüringerinnen und

(Abg. Gentele)

Thüringer aus allen Landesteilen über einen gut vertakteten Nahverkehr an die ICE-Knoten Erfurt, Leipzig/Halle und Nürnberg anzubinden.

Es war mir eine Freude, beim Festakt sowohl bei Abellio als auch zum ICE-Knoten zu betonen bzw. über den Ministerpräsidenten zu betonen, dass es immer noch darum geht, dass wir auch Ostthüringen mit anbinden müssen und wir gute Vertaktungen mit ganz Thüringen auf den Weg bringen wollen. Es ist eine wichtige Aufgabe des Landes, die im Wesentlichen abgearbeitet wurde, aber die entsprechenden Schritte hat mein Haus hier bereits mehrfach besprochen. Die Weichen wurden Anfang der 90er-Jahre gestellt. Es ist daher richtig und wichtig, dass wir uns weiter intensiv mit der Perspektive der Anbindung des Ostthüringer Raums befassen. Eine kontinuierliche Überprüfung und Verbesserung des Angebots ist Anliegen meines Hauses und der Nahverkehrsservicegesellschaft.

Gestatten Sie mir, dass ich im Rahmen dieser Aktuellen Stunde insbesondere die Perspektive des Fernverkehrs in Ostthüringen noch einmal aufgreife, denn es gibt nach intensiven Verhandlungen mit der Deutschen Bahn in den letzten Wochen hierzu neue Ergebnisse. Am 9. November habe ich anlässlich des Bahndialogs in Jena zusammen mit der Deutschen Bahn AG die Öffentlichkeit über eine gemeinsame Strategie für die künftige Anbindung des Ostthüringer Raums informiert, die ich Ihnen im Folgenden kurz erläutern möchte. Zum einen wird es ab Dezember 2018 eine Verlängerung der Fernverkehrslinie Düsseldorf–Kassel–Erfurt über Weimar, Jena nach Gera geben. Dann werden drei Fernverkehrszugpaare auf der Mitte-Deutschland-Verbindung nach Gera fahren. Nach Inbetriebnahme der vollständigen Elektrifizierung der Mitte-Deutschland-Verbindung sollen diese Züge bis nach Chemnitz verlängert werden. Zweitens gibt es die Zusage der Deutschen Bahn, dass ab Dezember 2017 täglich zwei ICE-Zugpaare auf der Strecke Jena-Berlin zu den Hauptverkehrszeiten am Morgen und Abend fahren werden. Darüber hinaus konnten wir einen großen Schritt gehen, um das Ziel des Landes umzusetzen, eine Anbindung Jenas auf der Nord-SüdAchse durch mindestens zweistündig verkehrende IC-Züge zu erreichen. Die Pläne der Bahn gingen hier von einem Angebot ab 2030 aus. In den Gesprächen mit der Bahn konnten wir ein Vorziehen des ursprünglichen Termins zur Einführung der ICLinie 61 Karlsruhe–Stuttgart–Nürnberg–Saalfeld–Jena–Leipzig auf Dezember 2023 erreichen. Ein früherer Termin war mit der Bahn leider nicht verhandelbar, auch wenn dies vonseiten der Landesregierung immer wieder eingefordert wurde. Die Bahn begründet dies insbesondere mit den fehlenden Neubaufahrzeugen, welche erst ab 2023 zur Verfügung stünden.

An dieser Stelle möchte ich noch einmal betonen, dass die Lücke im Fernverkehrsangebot von 2018

bis 2023 nicht zufriedenstellen kann. Denn es ist in diesem Zusammenhang zu konstatieren, dass wir zwar mit der Bahn sprechen, die Entscheidungen zum Fernverkehrsangebot aber durch das Unternehmen unter Berücksichtigung eigenwirtschaftlicher und gesamtverkehrlicher Erwägungen getroffen werden. Sie wissen es genau, ich will es an der Stelle noch einmal betonen: Die Weichen dafür wurden Anfang der 90er-Jahre gestellt. Auch wenn die Diskussion völlig erforderlich ist und begleitend wirken soll für die weiteren Verhandlungen, die wir führen, frage ich Sie, Herr Malsch – vielleicht ist das eine Antwort auf die Frage der Aktuellen Stunde –: Hat Herr Ministerpräsident a.D. Vogel damals schlecht verhandelt? Das müssen wir offensichtlich konstatieren.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sehr geehrte Damen und Herren, mit der zukünftigen Linie wird die Saalbahn in Leipzig an die ICEStrecke nach Berlin angebunden und eine attraktive umsteigefreie Fernverkehrsverbindung Karlsruhe–Nürnberg–Saalfeld–Jena–Leipzig geschaffen. Auf der Ost-West-Strecke wird es wie bereits erwähnt östlich von Weimar ab Ende 2018 erstmals wieder Fernverkehrsleistungen von Düsseldorf bis in das Ostthüringer Oberzentrum Gera geben. Ein Zweistundentakt auf dieser Strecke wäre nach Angaben der Bahn frühestens nach Auslaufen des Nahverkehrsvertrags in Nordrhein-Westfalen ab dem Jahr 2033 realisierbar. Hier sehe ich aber noch zu viele Fragezeichen, als dass man von einer sicheren Option sprechen könnte.

Es ist mir bewusst, dass mit diesem Ergebnis im Ostthüringer Raum nicht alle Wünsche erfüllt werden – auch wenn wir hier in der Weihnachtsplenarsitzung sitzen –, und dass es auf der Saalbahn einen Verlust von schnellen ICE-Verbindungen geben wird. Auch um diese Verluste zu kompensieren und vor allem Ostthüringen insgesamt an das neue ICE-Netz anzubinden, sowohl in Richtung Erfurt als auch in Richtung Leipzig und Halle, werden wir das Nahverkehrsnetz ab 2017 gezielt stärken.