Protokoll der Sitzung vom 17.03.2016

Für Ihren Alternativantrag sage ich zu, dass wir ihn gern an den Ausschuss mit überweisen. Ich freue mich sehr, dass in der Regierungskoalition offenbar wieder Vernunft Einzug gehalten hat oder meinetwegen auch die Grünen an die kürzere Leine genommen werden.

(Beifall CDU)

Anders kann ich es mir jedenfalls nicht erklären, dass Rot-Rot-Grün tatsächlich die immer wieder vom Bauernverband vorgetragenen Forderungen, für die sich meine Fraktion seit jeher eingesetzt hat, in den Koalitionsantrag aufgenommen hat. Das stimmt mich zuversichtlich. Allerdings genügt es eben nicht, nur Forderungen an andere zu richten, Sie müssen hier im Lande auch selbst dafür etwas tun. Es genügt nicht, vom Bund ein Einlenken in eine Risikoausgleichsrücklage und eine Verstetigung des Bundeszuschusses zur landwirtschaftlichen Unfallversicherung zu fordern. Es genügt nicht, von der EU zu fordern, die kompletten Mittel an Strafzahlungen von über 800 Millionen Euro für Hilfsmaßnahmen im Milchmarkt zur Verfügung zu stellen. In Ihrem Antrag fehlt nämlich genau jene Forderung aus unserem Antrag, der Sie offenbar erst zum Nachdenken veranlasst hat. Es fehlt die For

derung nach Verhandlungen und Gesprächen, wie sie in unserem Antrag zu finden ist. Wir müssen mit den Milchbauern, Molkereien, Vertretern des Lebensmitteleinzelhandels und den Verbrauchern in gemeinsamer Verantwortung beraten, wie wir da existenziell der Krise der Milchwirtschaft begegnen können.

Meine Damen und Herren, deshalb, Frau Ministerin, nehmen Sie das Thema in Ihre Hand. Es bedarf keiner langwierigen Debatte hier im Parlament. Im Ausschuss wollen wir darüber reden, aber wir müssen zügig vorankommen. Die Milchbauern haben nämlich keine Zeit zu verlieren.

Meine Damen und Herren, noch ein paar Worte zu einem der Koalitionspartner. Ich möchte schon noch sagen zu dem Koalitionspartner, der immer am lautesten schreit, aber auf keiner Veranstaltung des Berufsstandes anwesend ist: Es vergeht kaum eine Woche, in der die Grünen nicht neue Vorschläge machen, die eine moderne Landwirtschaft diskreditieren und zu weiteren Belastungen führen würden. Wassercent, Gewässerrandstreifen, Filtererlass – das sind nur die schlimmsten Folterinstrumente der letzten Wochen für die Thüringer Landwirtschaft, meine Damen und Herren.

Vor zwei Wochen noch haben die Grünen auf Bundesebene eine Steuererhöhung für Fleisch gefordert, um nicht nur den Fleischkonsum zu drosseln, sondern auch das Einkommen der Landwirte zu ruinieren. Und flugs kurz vor der Landtagswahl in drei Ländern fordern sie staatliche Hilfe für die Landwirtschaft. Was hält man denn davon? Das ist doch nun das allerletzte, meine Damen und Herren, Irrsinn. Mit Ökopopulismus und falschen Bildern haben die Grünen über Jahre hinweg die Landwirtschaft an den Rand der Gesellschaft getrieben. Mit überzogenen, praxisfernen Forderungen drangsalieren Sie nun auch in Thüringen die Landwirtschaft. Wir laden die Grünen ein, mit uns gemeinsam in der Sache zu diskutieren. Mit Populismus und Diffamierungen ist den Landwirten aber nicht mehr zu helfen.

Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt hat in den vergangenen Monaten mit einem Liquiditätshilfeprogramm, der Entlastung bei der landwirtschaftlichen Unfallversicherung, einem Exportgipfel, einem Lebensmittelgipfel und einem Einsatz zur Öffnung neuer Märkte viele Maßnahmen zur Unterstützung der Landwirtschaft ergriffen. Minister Schmidt hat die EU-Kommission zudem aufgefordert, ein zweites Hilfsprogramm zu prüfen. So viel zum Teil der Bundesregierung der CDU.

Zum Schluss noch einmal ganz deutlich: Wenn man zukünftig Milch zu Dumpingpreisen verhindern will, müssen die jeweiligen Landesregierungen gemeinsam mit den Vertretern der Milchwirtschaft über eine Bündelung des Milchangebots unter Ausnutzung der kartellrechtlichen Möglichkeiten nach

denken. Diese Bündelung ist ein Baustein bei den Maßnahmen in der Milchpreiskrise und kann im Ergebnis dazu führen, die Existenz der Milchviehhalter zu sichern. Andere Bausteine haben die Koalitionsfraktionen in ihren Antrag geschrieben. Lassen Sie uns beide Bausteine im Ausschuss zusammenfügen, damit wir schnell ein gemeinsames Ergebnis im Interesse der Bauern erzielen können, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Noch ein Wort, ein Satz zu dem Alternativantrag der AfD: Das hätten Sie sich schenken können, meine sehr verehrten Damen und Herren. Sie haben irgendwo etwas gehört, haben es aufgeschrieben und hier vorgetragen. Das, was Sie vorgetragen haben, hat zum größten Teil nichts mit dem Thema zu tun. Entschuldigung, aber lassen Sie es bleiben, Sie haben keine Ahnung von der Landwirtschaft.

(Beifall SPD)

Um im Thema zu bleiben: Die Kuh versteht auch nichts vom Schreiben. Lassen Sie es deshalb sein, über die Landwirtschaft zu reden. Sie haben genauso viel Ahnung wie die Kuh vom Schreiben. Danke schön, meine Damen und Herren.

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN; Abg. Helmerich, fraktions- los)

Herr Primas, vielen Dank. Als Nächste hat die Abgeordnete Scheringer-Wright für die Fraktion Die Linke das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, die Kuh versteht nichts vom Schreiben, Herr Primas – das erwartet man auch nicht von einer Kuh. Aber von anderen erwartet man schon was. Unser Alternativantrag wurde schon eingebracht. Daher komme ich später darauf zurück und werde mich erst mal mit dem CDU-Antrag auseinandersetzen, damit deutlich wird, warum wir den Alternativantrag einbringen mussten.

„Ziel muss sein, dass die Thüringer Milcherzeuger in eine bessere Marktposition gelangen.“ So heißt es im Antrag der CDU. Dieses Ziel ist gut, nur bezweifle ich, dass dies mit Ihrem Vorschlag – so wie er im Antrag beschrieben ist – machbar ist. Übrigens, zu Ihrer Zielsetzung: Haben Sie jetzt endlich den Marktfetischismus aufgegeben? Das fände ich wirklich gut. Noch vor Abschaffung der Milchquote haben Sie ständig mantramäßig gesagt, dass die Milchproduktion nicht reguliert sein soll, dass der Markt auch bei der Milchproduktion walten soll. Wie oft haben wir auf Veranstaltungen vor Abschaffung

der Milchquote diskutiert. Der Bauernverband und die CDU-geführte Landesregierung waren immer für eine ersatzlose Abschaffung der Milchquote. Dass aber im kapitalistischen Wirtschaftssystem immer der stärkere Marktteilnehmer – zum Beispiel der Einzelhandel, die Konzerne – die Bedingungen auf dem Markt bestimmt, ist auch klar. Konkurrenz und Konzentration machen ganz natürlich in diesem System dem freien Markt ein Ende. Aber da dieses Wirtschaftssystem gegenwärtig dominant ist, muss man darin natürlich auch gegenwärtig agieren.

Ich habe bei der letzten Milchpreiskrise 2008 eine Pressemitteilung herausgebracht, dass die Milcherzeuger Marktmacht aufbauen müssen. Der eine oder andere hat das vielleicht noch im Ohr und darauf zurückgegriffen, auch wenn Sie es bei Ihrem Antrag nur auf die Molkereien beziehen. Auch das Problem der Konzentration im Einzelhandel haben Sie erkannt. Das Kartellamt tut, meiner Ansicht nach, hier insgesamt zu wenig. Aber wenn es – wie kürzlich – einmal richtig entscheidet, wie beim Aufkauf von Tengelmann durch Edeka, wird es vom Bundesminister für Wirtschaft ausgebremst. Das ist natürlich auch nicht hilfreich. Das müsste er ändern.

Sie wollen in Ihrem Antrag ein Milchkontor einrichten, damit die Molkereien eine stärkere Verhandlungsoption, Verhandlungsposition gegenüber dem Einzelhandel bekommen. Damit springen Sie meiner Ansicht nach zu kurz, weil Sie erst bei den Molkereien anfangen. Übrigens gibt es schon ein Milchkontor: die Deutsche Milchkontor GmbH, in der die Milchwerke Thüringen GmbH und die Deutsche Milchkontor Genossenschaft fusioniert sind. Was ist aus dieser Fusion, dieser Bündelung geworden? Die Deutsche Milchkontor GmbH zahlt den Milchbauern so niedrige Milchpreise, dass sogar ein ausgesprochener Befürworter der Fusion der Molkereigenossenschaften zum Milchkontor einen offenen Brief an das Milchkontor geschrieben hat und sich über die Niedrigstpreise beschwert hat. Ich habe heute Mittag noch mal nachgefragt. Im Moment bekommen unsere Milchviehhalter, die an das Milchkontor liefern, einen Tiefstpreis von 23,50 Cent pro Liter. Also um ein weiteres solches Milchkontor kann es nicht gehen. Da sind wir uns einig.

Mir würde da ein unabhängiges Milchmarketingboard vorschweben – auch solche Maßnahmen gab es schon in Europa –, das auch noch weitere Kompetenzen haben müsste, als nur Verhandlungspartner am Markt zu sein, und auch nicht rein privatwirtschaftlich organisiert sein kann oder – so wie Sie das verlangen – dann mit Anschubfinanzierung des Landes rein privatwirtschaftlich zu organisieren ist.

(Abg. Primas)

Der Fokus der Unterstützung kann auch nicht allein auf den Molkereien liegen wie in Ihrem Antrag. Es kommt vielmehr darauf an, die Milchbauern, die Erzeuger zu stärken. Deren Marktmacht muss gestärkt werden. Und natürlich kann hierfür das Agrarmarktstrukturgesetz hilfreich sein.

Aber es ist doch so: Nach dem Auslaufen der Milchquote ist es, wie erwartet, zu einer Überproduktion gekommen. Alle Milchproduzenten haben produziert, was ging, höhere Milchleistungen pro Kuh forciert und die Milchliefermenge drastisch erhöht. Heimlich haben alle Betriebe gehofft, dass ruckzuck andere Betriebe aus dem Markt aussteigen – und das möglichst schnell. Einer ist da oft des anderen Wolf. Aber das klappt eben nicht gut. Erschwerend kommt hinzu, dass Exporte einbrachen. Zum Beispiel ist der Milchimport von China ja ein Luxusimport. Wenn es also Chinas Wirtschaft nicht gut geht, werden natürlich erst einmal Luxusimporte zurückgefahren.

Das Russlandembargo als Antwort auf die EUSanktionen gegen die Russische Föderation macht die Situation auf dem Absatzmarkt für Käse auch nicht einfacher. Es ist daher auch falsch, immer wieder von einer Erhöhung der Exporte zu träumen und – wie der bundesdeutsche Agrarminister von der CSU auf der Grünen Woche sinngemäß sagte – Vorschläge für Exportsubventionen zu machen. Dies würde nur wieder schädigend auf das Marktgeschehen in Drittländern einwirken. Schon jetzt sind die europäischen Produkte durch die Beihilfen in der Landwirtschaft gegenüber Produkten, die zum Beispiel in Afrika erzeugt werden, bevorteilt.

Weiterhin ist es auch falsch, nur auf eine verbesserte Verhandlungsoption der Molkereien gegenüber dem Einzelhandel zu setzen. Es muss, wie auch der Bund der Deutschen Milchviehhalter vorschlägt, zu einem europaweiten Monitoring mit Instrumenten der Mengenregulierung und der Preispolitik kommen. Einen Vorschlag, der in diese Richtung geht, haben wir in unserem Alternativantrag in Punkt 4 vorgestellt. Wie das ausgestaltet wird, darüber können wir gern im Ausschuss diskutieren – auch gern in einer Anhörung.

Die anderen Punkte unseres Antrags sind inzwischen zum Teil schon in der Debatte der Agrarminister, also die Punkte 1, 2 und 3 sind in der öffentlichen Diskussion und zum Teil auch schon – und das haben Sie auch gerade gesagt – auf den Weg gebracht, auch durch Ministerin Keller.

Aus unserer Sicht ist es auch wichtig, dass sich die Betriebe diversifizieren, also breit aufstellen. Starke Spezialisierung von Betrieben bringt zwar erfahrungsgemäß die Leistung in dem einen Betriebszweig, auf die sich der Betrieb spezialisiert hat, hoch – die Erhöhung der Milchleistung belegt das –, birgt aber immer die Gefahr, dass bei Preisverfällen in bestimmten Bereichen kein Ausgleich

durch andere Produktionsbereiche geschehen kann. Auch Synergieeffekte im landwirtschaftlichen System gehen bei fortschreitender Spezialisierung zurück. Das gesamte landwirtschaftliche System wird dadurch anfälliger. Zur Erhöhung der Robustheit unserer landwirtschaftlichen Betriebe ist eine Diversifizierung hilfreich. Dazu und zur Vertiefung von Wertschöpfungsketten können auch hier in Thüringen die Rahmenbedingungen noch verbessert werden. Ebenso hilft natürlich eine zeitgerechte Auszahlung der Direktzahlungen und der Ausgleichszulage. Hier habe ich auch gehört, dass immer noch Probleme bei der zeitnahen Auszahlung bestehen, und das ist schon wichtig, dass die gelöst werden, denn im Mai müssen ja schon die Förderanträge für die nächste Förderperiode gestellt werden.

Bei der besonderen Unterstützung der Vermarktung von heimischer Milch und Milchprodukten kann ich mir zum Beispiel auch vorstellen, dass wir da noch Spielraum haben im Bereich der Schul- und Kitaspeisung. Es ist auch wichtig, dass wir Unterstützung leisten bei der Vermarktung von heimischen Milch- und Milchprodukten und da auch noch mal die Kita- und Schulspeisung in den Fokus nehmen. Denn für Kinder ist eine gute Versorgung mit Milchprodukten gesundheitsfördernd und dadurch natürlich auch wünschenswert für die Gesellschaft.

(Beifall DIE LINKE)

Und last, but not least sind wir der Auffassung, dass die Landesregierung bzw. das Land Thüringen mit seinen verschiedenen Institutionen auch Möglichkeiten besitzt, direkt Liquiditätssicherung oder Überbrückungshilfen zu gewährleisten. Deshalb auch der Prüfauftrag an die Landesregierung in unserem Alternativantrag.

Alles in allem finden wir den Vorschlag in Ihrem Antrag nicht ausreichend geeignet, das Ziel in der Überschrift Ihres Antrags, das wir unterstützen, zu erreichen. Jedoch denken wir, dass wir darüber durchaus ins Gespräch kommen sollten und deswegen beantrage ich die Überweisung beider Anträge an den Ausschuss für Infrastruktur und Landwirtschaft. Ich würde zur Thematik gern eine Anhörung im Ausschuss durchführen, nicht zu den Fragen, die jetzt auch schon auf den Weg gebracht worden sind, aber gerade zu dieser Frage mit dem Milchkontor und mit unserem Punkt 4; da gibt es, glaube ich, noch mehr zu beraten und zu beleuchten.

Zum Antrag der AfD: Dieser Antrag kam ja 2 Minuten vor Aufrufung des Tagesordnungspunkts als Tischvorlage heraus, und wenn der Antrag vielleicht auch oberflächlich so impliziert, dass da durchaus vernünftige Sachen drinstehen könnten,

(Zwischenruf Abg. Höcke, AfD: Oberflächlich implizieren – was denn nun, Frau Kollegin?)

bei oberflächlicher Betrachtung könnte man das meinen, dann wird aber beim genaueren Lesen schon deutlich, dass dieser Antrag vor Anmaßungen strotzt. Und wenn man dann die Begründung liest und noch mal nachdenkt, was Ihre Forderungen bedeuten, dann wird im Endeffekt gefordert, dass unseren Milcherzeugern auf Kosten anderer zu helfen ist, also unsere gegen andere. Das erinnert mich sehr

(Zwischenruf Abg. Höcke, AfD: Zitieren Sie doch mal bitte!)

an die furchtbare Herrenrassenideologie und „Volk braucht Raum“.

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Ich dachte, wir wären bei Milchkühen!)

Und wenn Sie dann meinen, dies würde an Wurzeln anpacken, dann finde ich, diesen Wurzeln sollten wir wirklich nicht nachgehen.

(Beifall DIE LINKE)

Deshalb ist dieser Antrag unbedingt abzulehnen. Vielen Dank!

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat Abgeordneter Müller das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Besucher – es sind noch zwei Personen oben –, die derzeitige Debatte erfolgt vor dem Hintergrund nicht auskömmlicher Erzeugerpreise für Milch. Das haben wir nun häufig genug gehört. Das ist sicherlich auch ein schwerwiegendes Problem. Letztes Jahr lief nach 31 Jahren die Milchquote aus, und schon damals haben wir, Bündnis 90/Die Grünen, gesagt, dass es keine Verbesserung für die Milchbauern geben wird, weder auf dem nationalen deutschen Markt noch auf dem europäischen gemeinschaftlichen Markt. Vielmehr waren wir damals schon davon überzeugt, dass nun Kriseninstrumente und Absicherungen fehlen würden, wie wir sie heute dringend bräuchten. Wir waren schon damals davon überzeugt, dass die Mengen auf dem Markt rapide, drastisch und schnell steigen würden.

Im Gegensatz zu den Behauptungen von Bauernverband und CDU ist die Milchquote nicht zum Schutz der Bauern und der Absicherung fairer Preise eingeführt worden. Vielmehr wurde sie damals eingeführt, um unter anderem Butterberge und Milchseen abzubauen und die dafür notwendigen öffentlichen Ausgaben zu minimieren.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Quote hat von Anbeginn die kleinen und mittleren Betriebe benachteiligt und die Wachstumsbetriebe und Molkereien bevorzugt. Die Entwicklung konnten wir ein Jahr lang verfolgen mit den sich jetzt abzeichnenden drastischen Folgen. Härtefallregeln haben die Großerzeuger vor Mengenkürzungen geschützt, während die kleinen reduzieren mussten. So traf die Quote genau die Bauern und Betriebe, die nicht für die Krise verantwortlich waren, nämlich die kleinen und mittleren Betriebe. Der Strukturwandel, über den wir heute reden, war politisch gewollt, um billige Rohmilch in großen Mengen für die Molkereien abzusichern. Zur Einführung der Milchquote 1984 hatten wir 300.000 Betriebe, die Milch erzeugt haben. 2015 waren es bundesweit nur noch 76.500, die Zahl wird weiter sinken, das ist uns vollkommen klar. Wir befinden uns in einem Prozess der Marktbereinigung.

Diese Zahl wird auch in Thüringen weiter sinken. Von den derzeitig rund 600 Milchviehbetrieben werden vermutlich nicht allzu viele überleben, wenn wir diesen Markt nicht anders organisieren.

Durch die Abschaffung der Quote kam es zu einem ungebremsten Anstieg des Milchangebots – ich sagte das bereits. In Niedersachsen beispielsweise liegt die Anlieferungsmenge 10 Prozent über der des vergangenen Jahres, und in der Folge werden die Erzeugerpreise weiter verfallen. Bis zum Ausfall der Exportmärkte in China und Russland half es lediglich den großen Molkereien und ihren Exportinteressen. Doch selbst ein Aufheben des russischen Embargos, was Sie immer wieder ansprechen, würde die Absatzmenge nicht steigern, denn dieser Markt bedient sich längst aus anderen Quellen und teilweise natürlich auch aus europäischen Quellen. Das ist wie bei jedem anderen Embargo: Es wird über Drittländer exportiert und wieder importiert.

Diese Milchströme haben sich längst andere Wege gesucht. Dabei ist der Gesamtexport gar nicht zurückgegangen, er ist genauso hoch wie vor dem Embargo und vor dem Zusammenbruch des chinesischen Markts. Es werden nahezu die gleichen Mengen – mit Ausnahme bei Käse – exportiert, nur leider zu absolut unauskömmlichen Preisen. Dort, wo ein Markt zu viel auf der Erzeugerseite bereitstellt, gibt es nicht mehr einen Bietermarkt, sondern einen Nachfragemarkt. Der Nachfrager kann Preise diktieren. Die logische Folge daraus ist: Das Angebot wird reduziert, der Preis steigt. Die Frage ist nur: Wollen wir das und wenn ja, in welcher Form und wie können wir es sozial verträglich gestalten?