Protokoll der Sitzung vom 17.03.2016

(Beifall AfD)

Man kann sich natürlich hinstellen und sich auch weiterhin zusammentun zu ein paar Ausgrenzungsfraktionen. Wenn Sie das gern für sich in Anspruch nehmen wollen, können Sie das machen. Aber ich erkläre Ihnen das noch einmal: Opposition zu sein, das, was die AfD macht, das ist nicht undemokratisch. Oppositionen streiten miteinander usw. – sich unterhalten, diskutieren ist der Kern von Demokratie.

Frau Abgeordnete Muhsal, es wäre nett, wenn Sie zum Thema sprechen würden.

Herr Wolf hat doch auch nicht zum Thema gesprochen, oder?

(Beifall AfD)

Ich reagiere auf das, was Herr Wolf in seiner Rede gesagt hat.

Jedenfalls disqualifizieren sich die deutschen demokratischen Ramelow-Fraktionen, glaube ich, durch diesen Jargon eher selbst.

Dann komme ich zu Ihnen, Herr Kowalleck: Sie haben angefangen und gesagt, vor einem Jahr wurde dieser Antrag ins Plenum gebracht und von da aus

(Abg. Wolf)

an den Ausschuss überwiesen. Das ist genau das, was ich auch am Anfang sagen wollte, und Frau Lieberknecht saß neben mir und sagte: Och, so lange ist das schon her. Genau das habe ich auch gesagt. Das Positive an dem ganzen Antrag ist, dass wir im Ausschuss eine schriftliche Anhörung hatten und sich viele Betroffene geäußert und meist umfangreiche Stellungnahmen abgegeben haben. Aber – das Negative – nach dieser Anhörung wurde dieser Antrag der CDU im Ausschuss von Monat zu Monat nach hinten geschoben, lag also rum, nichts weiter ist passiert. Da kann man sich dann schon mal wundern, warum das alles so lange dauert. Am Ende, nach über einem Jahr, wird ein Alternativantrag der schwarz-rot-grünen, also bunten Einheitsfraktion präsentiert, der offenbar als eine Art Ergebnis oder gemeinsame Weiterentwicklung des ursprünglichen Antrags dargestellt werden soll. Das wäre nicht weiter schlimm, wenn es tatsächlich ein inhaltliches Ergebnis, das die geschilderten Probleme der Tagesmütter aufgreift und zeitnah zu einer Lösung führt, gäbe. Das ist aber nicht der Fall.

(Beifall AfD)

Im Dezember wurde der gemeinsame Antrag im Ausschuss angekündigt, im März lag er dann vor. Nach über drei Monaten gab es zwar keine Lösung, aber wir wissen jetzt, wie lange die Christlich Demokratische Union braucht, um für ein Symbolprojekt der bunten Einheitsfraktion die Bedeutung der Familie, die die CDU ohnehin meist nur noch formal auf den Lippen trägt, weiter aufzugeben.

(Beifall AfD)

Im Originalantrag sollte die Landesregierung sich dazu bekennen, dass die Kindertagespflege eine gleichberechtigte Betreuung unter anderem mit der Betreuung in der Familie ist. Das heißt nichts anderes, als dass die Landesregierung überhaupt erst einmal anerkennen müsste, dass die Betreuung in der Familie wenigstens gleichwertig mit der Kindertagespflege und mit der Betreuung in Kindertagesstätten ist. Das will Rot-Rot-Grün der Landesregierung aber nicht zumuten, denn es widerspricht Ihrem Traum von der Verstaatlichung der Kindheit.

(Beifall AfD)

(Heiterkeit DIE LINKE)

Die CDU zeigt Verständnis dafür, dieser Passus wurde gestrichen. Das Einzige, was übrig bleibt, ist die Feststellung in der Begründung des neuen Antrags, dass es die Betreuung von Kindern durch ihre Eltern oder andere Familienangehörige überhaupt gibt. Bravo, CDU! Sie tun so, als sei die CDU eine bürgerliche Partei, aber wenn es um den Schutz bürgerlicher Werte geht, dann versagen Sie.

(Beifall AfD)

Wir von der AfD sagen dagegen Ja zur Familie, Ja zum Wert von Erziehungsarbeit von Eltern. Selbst

verständlich sollten eine Landesregierung und auch die CDU das beherzigen.

Ein zweiter Aspekt, der im Originalantrag nicht vorhanden war, ist, dass die Kindertagespflege als Form der Bildung bezeichnet wird. Zusätzlich wird die Bildung auch noch als erste Kategorie vor der Erziehung und vor der Betreuung genannt. Auch dort stimmen wir als bürgerliche Partei nicht mit Ihnen überein, denn das Wichtigste für Kinder im Alter von null bis drei Jahren ist die feste Bindung an eine Bezugsperson, idealerweise natürlich die Eltern, aber auch die feste Bindung an die Tagesmutter. Durch eben diese Bindung lernen Kinder und durch diese Bindung entwickeln sie sich zu emotional stabilen Persönlichkeiten. Das finden Sie auch im Material zu der Anhörung wieder. Der Verein Weimarer Kindertagespflege hat zum Beispiel genau das auch gesagt: Im Mittelpunkt der Betreuung stehen Liebe und Nähe und nicht Bildung. Mit dem Begriff „Bildung“ wird vielmehr etwas anderes versucht. Es wird versucht zu unterstellen, dass familienfremde Institutionen den Kindern mehr bieten könnten als ihre Eltern, und das ist einfach nicht der Fall.

(Beifall AfD)

Außerdem wird versucht, den verstörenden Konzepten von Rot-Rot-Grün einen farbenfrohen Anstrich zu geben und damit von den eigentlichen Inhalten abzulenken. Auch im vorliegenden Antrag der schwarz-rot-grünen Einheitsfraktion ist das zu sehen.

In Punkt II.b des Antrags sollen durch den Landesjugendhilfeausschuss Empfehlungen zu der Fachberatung von Tagesmüttern gegeben werden. Diese Fachberatungen umfassen nach § 15 a Abs. 1 Satz 1 Thüringer Kitagesetz auch die Beratung hinsichtlich der Umsetzung des Bildungsplans. In dem neuen Bildungsplan stehen auch die Ideen der sexuellen Vielfalt, die die Landesregierung ab dem ersten Lebenstag in die Köpfe der Kinder implementieren möchte, drin. Mit dem Segen der CDU und dem Umweg über den Landesjugendhilfeausschuss, damit man am Ende jede Verantwortung von sich schieben kann, sollen diese Bemühungen wohl intensiviert werden. Auch hier muss ich wiederholen: Die CDU gibt ihren Charakter, ihren ehemaligen Charakter – muss man ja schon sagen – als bürgerliche Partei vollends auf, wenn sie das mitträgt.

(Beifall AfD)

In der Anhörung sind verschiedene Problemkreise zutage getreten, die im schwarz-rot-grünen Antrag teilweise auch wieder aufgegriffen werden. Aus unserer Sicht braucht man zur Lösung dieser Probleme aber keine weitere Beratungsrunde. Durch die monatelange Abstimmung zwischen den bunten Fraktionen zu dem neuen Antrag ist schon viel zu

viel Zeit ungenutzt verstrichen. Ungenutzt vor allem auch, weil beispielsweise Herr Bühl von der CDU und Frau Engel von den Linken selbst Mitglied im Landesjugendhilfeausschuss sind und die Kindertagespflege dort jederzeit auf die Tagesordnung setzen könnten.

Aus unserer Sicht sollte nicht die Landesregierung aufgefordert werden, einen weiteren Diskussionsprozess im Landesjugendhilfeausschuss zu initiieren. Aus unserer Sicht sollte die Landesregierung mit den Ergebnissen aus der Anhörung zunächst eigene Vorschläge erarbeiten, denn dazu hat man ja ein Ministerium und Mitarbeiter. Wenn diese konkreten Vorschläge dann vorliegen, können der Landesjugendhilfeausschuss und andere sich immer noch dazu äußern.

Das Einzige, was wir als AfD-Fraktion mittragen können, ist Punkt III des Alternativantrags. Der enthält die Aufforderung, dass die Landesregierung sich auf Bundesebene dafür einsetzen soll, dass die krankenversicherungsrechtlichen Sonderregelungen für Tagesmütter auch nach 2018 Bestand haben. Das ist sinnvoll, denn ohne diese Sonderregelungen dürfte der Beruf der Tagesmutter, den viele mit viel Hingabe, aber mit wenig Geld erledigen, zum finanziellen schwarzen Loch werden. Deshalb bitten wir um getrennte Abstimmung zu diesen Punkten. Aus den genannten Gründen lehnen wir alles andere ab. Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Nun hat Abgeordnete Rothe-Beinlich, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, das Wort.

(Zwischenruf Abg. Brandner, AfD: Eine Stasi- freie!)

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, wie stasifrei die AfD ist, muss sich ja auch erst noch erweisen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Jetzt lassen Sie mich zum Thema sprechen, es geht um den gemeinsamen Antrag von CDU, SPD, Bündnis 90/Die Grünen und der Fraktion Die Linke zum Thema „Kindertagespflege in Thüringen weiterentwickeln“. Manches braucht in der Tat seine Zeit. Aber ich glaube, hier ist ein gelungenes Beispiel gefunden, wie Zusammenarbeit, so sie denn auf inhaltlicher und fundierter Grundlage stattfindet, gelingen kann. Diese vier Fraktionen nämlich sind sich einig, dass frühkindliche Bildung in der Tat schon bei den Kleinsten beginnt. Frühkindliche Bildung findet übrigens jeden Tag statt, gerade bei

den Kleinsten in der Familie, und dann eben gegebenenfalls auch bei einer Kindertagesmutter oder einem Kindertagesvater, in einer Kinderkrippe, in der Kindertagesstätte und später auch in der Schule.

Für Kindertagespflege wollen wir gute Rahmenbedingungen bieten. Meine Kollegin Birgit Pelke hat es ausgeführt, wir hatten uns dazu auch schon sehr deutlich im Koalitionsvertrag verständigt. Das heißt, es ist schon lange, schon immer ein gemeinsames Ziel, hier gute Rahmenbedingungen zu schaffen. Auch ich möchte natürlich namens meiner Fraktion allen Tagesmüttern und Tagesvätern ganz herzlich danken, die sich Tag für Tag um etwa 1.160 Kinder in der Kindertagespflege in Thüringen kümmern, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Kindertagespflege ist – wir vier Fraktionen sind uns da jedenfalls alle einig – ohne Zweifel ein wichtiger Bereich der frühkindlichen Bildung. Dass die AfD das offenkundig anders sieht, das haben wir eben gehört. Wie die AfD aber auch zur Familie steht, das kann man im Entwurf für das Grundsatzprogramm noch sehr viel genauer nachlesen. Eben hat Frau Muhsal sehr dezidiert darauf verwiesen, dass Familie so ein wichtiger Bildungsort sei. Da frage ich aber einmal: Wie ist es denn beispielsweise bei Alleinerziehenden? Sind Alleinerziehende etwa keine Familien? Selbstverständlich sind das auch Familien, in denen Kinder groß werden.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Gerade Alleinerziehende brauchen oftmals auch die Hilfe beispielsweise von Tagesmüttern oder Tagesvätern. Was aber sagt die AfD im Punkt 5 unter der Überschrift „Vater und Mutter: Das Beste für das Kindeswohl“ zu den Alleinerziehenden ab Zeile 32? Ich zitiere: „Wir wenden uns entschieden gegen Versuche von Organisationen, Medien und Politik, Alleinerziehende als normalen, fortschrittlichen oder gar erstrebenswerten Lebensentwurf zu propagieren. Der Staat sollte stattdessen das Zusammenleben von Vater, Mutter und Kindern durch finanzielle Hilfen und Beratung in Krisensituationen stärken.“ Eine solche Haltung gegenüber Alleinerziehenden ist einfach schäbig, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Gerade sie brauchen unsere Unterstützung und verdienen unsere Anerkennung.

Kommen wir wieder zur Kindertagespflege. Bei der Kindertagespflege handelt es sich um eine Pflichtaufgabe im eigenen Wirkungskreis der örtlichen Jugendhilfeträger, Landkreise und kreisfreien Städte

(Abg. Muhsal)

und sie stellt eine familiennahe Form der Bildung, Erziehung und Betreuung von Kindern dar. Die Ausgestaltung der Kindertagespflege – nur um die rechtlichen Grundlagen noch einmal zu nennen – ergibt sich aus § 23 SGB III und wird vonseiten des Landes zudem in § 8 Thüringer Kita-Gesetz geregelt. Auch die Finanzierung ist durch das Land festgelegt, und zwar in der Verwaltungsvorschrift zur Fortsetzung von Geldleistungen in der öffentlich geförderten Kindertagespflege. Diese entsprechende Verwaltungsvorschrift – Frau Pelke und auch Herr Wolf sind schon dezidiert darauf eingegangen – ist nun geändert worden. Die Änderungen treten zum 1. April 2016 in Kraft. Was aber wurde hier ganz konkret geändert? Im Wesentlichen waren es zwei Punkte. Erstens hat das Bildungsministerium die Systematik der Sachkosten an die Systematik der Sachkosten in den Kindertageseinrichtungen angelehnt. Das heißt, dass die Verpflegungskosten der Kinder nicht mehr zum Sachaufwand gerechnet werden und gesondert mit den Sorgeberechtigten abzurechnen sind. Zweitens erfolgt bei der Förderleistung die Umstellung auf eine stundenweise Vergütung, da aufgrund von aktueller Rechtsprechung eine leistungsgerechte Ausgestaltung der Förderungsleistung nicht pauschaliert gewährt werden darf. Die stundenweise Entlohnung wurde dabei in Anlehnung an die Entgeltstufe S 2 des TVöD geregelt und es sind auch Abwesenheitszeiten – das war uns ein wichtiges Anliegen – wie Urlaube und Fortbildungszeiten in die Berechnung des Stundensatzes eingeflossen. Diese Umstellung führt dazu, dass die Kindertagespflegepersonen in Thüringen hoffentlich künftig besser entlohnt werden. Wir werden uns allerdings sehr genau anschauen, wie sich das in der Praxis bewährt.

Nun zu unserem gemeinsamen Antrag: Wie gesagt, gemeinsam haben sich die Landtagsfraktionen SPD, Linke und CDU mit uns Grünen darauf verständigt, die Kindertagespflege in einem breit angelegten Diskussionsprozess zu erörtern. Es gab eine Anhörung, das ist hier schon erwähnt worden. Da ging es um viele wichtige Fragen wie beispielsweise darum, die Kindertagespflege zu einer professionellen Berufstätigkeit weiterzuentwickeln. Viele wissen es, es gibt bislang lediglich dieses 160-Stunden-Qualifikationsprogramm. Es ging um die Frage, wie wir die Fachberatung in diesem Arbeitsfeld verbessern können, wie wir die Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf auch in der Kindertagespflege besser unterstützen können und wie die Zusammenarbeit von Kitas und Kindertagespflegepersonen verbessert werden kann. All diese Fragen – das ist schon ausgeführt worden – wollen wir natürlich gemeinsam mit den Kommunen, den Trägern der Wohlfahrtspflege, den Betroffenen und Eltern diskutieren. Dafür gibt es einen guten Ort, der muss nicht neu erfunden werden, das ist der Landesjugendhilfeausschuss. Wir bitten deswegen auch in unserem gemeinsamen Antrag die Landes

regierung, sich zu diesen und weiteren Fragen genau dort in den Diskussionsprozess einzubringen, die fachlichen Empfehlungen für die Kindertagespflege zu erarbeiten und die Verordnung zur Ausgestaltung der Kindertagespflege weiterzuentwickeln. Auch die neu festgesetzten Geldleistungen sollen dort noch einmal konstruktiv kritisch überprüft werden. Uns geht es schließlich darum, die Kindertagespflege in Thüringen fachlich und qualitativ weiterzuentwickeln. Eines wollen wir jedenfalls nicht, und das ist uns sehr wichtig: Die Kindertagespflege darf nicht der mit aufgeweichten Qualitätsstandards billige Ersatz für fehlende Kindertagesstättenplätze sein. Darauf ist Herr Wolf auch schon eingegangen. Deswegen spielt sie insbesondere auch eine Rolle für unsere größeren Städte.

Es ist also hoffentlich klar geworden, dass wir in der Kindertagespflege eine gute Qualität und hohe fachliche Standards gewährleisten wollen und auch müssen. Wir sind mit Blick auf den nun anstehenden Prozess sehr gespannt, welche Ergebnisse der Landesjugendhilfeausschuss dem Landtag und der Regierung schließlich mit auf den Weg gibt. Wir sind jedenfalls überzeugt, dass wir die Rahmenbedingungen in der frühkindlichen Bildung weiter verbessern können. Der gemeinsame Antrag kann ein Stück weit dazu beitragen. Ich hoffe, dass wir diesen gemeinsamen Weg, zumindest als die vier Fraktionen, auch gemeinsam weitergehen. Vielen herzlichen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete. Ich sehe jetzt keine weiteren Wortmeldungen aus den Reihen der Abgeordneten. Ich erteile der Landesregierung das Wort, Frau Staatssekretärin Ohler.