Protokoll der Sitzung vom 17.03.2016

Natürlich ist die Auseinandersetzung mit der deutschen Gesellschaftsordnung von besonderer Bedeutung für gelungene Integration. Die dafür notwendige Vermittlung gelingt jedoch vor allem durch sukzessiv aufeinander aufbauende, lebensweltnahe und persönliche Bildungsangebote. Eine diesbezüglich wichtige Einführung leisten die Erstorientierungs- und Integrationskurse in Erstaufnahmeeinrichtungen und Kommunen. Sie sind aus Sicht der Landesregierung das erste Mittel, welches durch weitere gesellschaftliche Integrationsmaßnahmen entsprechend den unterschiedlichen Lebenslagen und Voraussetzungen der Migrantinnen und Migranten weiter ergänzt werden muss. Der Text des Grundgesetzes – sei es in Arabisch, Deutsch oder einer anderen Sprache – kann dabei eine hilfreiche Ergänzung zur weiteren Vertiefung sein. In den Einrichtungen des Landes wird bei Bedarf dementsprechend der Bezug bei den genannten Quellen ermöglicht.

Zu Frage 4: Es gibt bereits eine Vielzahl von Angeboten für Flüchtlinge von den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in Länderzuständigkeit und darüber hinaus auch von der Deutschen Welle. Diese Angebote stehen in Arabisch und anderen Heimatsprachen der Flüchtlinge zur Verfügung. Die Rundfunkreferenten der Länder haben die Anstalten um zusammenfassende Darstellungen dieser Angebote gebeten und werden sich demnächst mit der Thematik befassen.

Eine Nachfrage, Herr Kießling?

Bitte.

Danke, Herr Präsident. Ich hätte eine Nachfrage. Sie hatten gerade dankenswerterweise mehrfach von Bildungsangeboten gesprochen, daher konkret die Frage: Sind jetzt also direkt Informationsveranstaltungen geplant, wo explizit den Bewerbern das Grundgesetz nahegebracht wird? Und wenn ja, wie viele waren das bisher, bei denen explizit das Grundgesetz nahegebracht wurde, und wo wird das gemacht?

Es gibt verschiedene Angebote. Das eine habe ich bereits genannt: in den Erstaufnahmeeinrichtungen in Form der Erstorientierungskurse. Es gibt aber auch darüber hinausgehend, zum Beispiel durch die Integrationsbeauftragte des Landes, Fortbildungsangebote. Eine konkrete Übersicht über das, was quantitativ bereits stattgefunden hat, kann ich gern nachreichen.

(Zwischenruf Abg. Kießling, AfD: Das wäre nett! Danke!)

Vielen Dank, Frau Staatssekretärin. Dann kommen wir jetzt zur Frage des Abgeordneten Henke, AfDFraktion, in der Drucksache 6/1830.

Vielen Dank, Herr Präsident. Meine Anfrage:

Erweiterung der Ausbildungskapazität bei der Thüringer Polizei

In einem Interview mit der „Thüringischen Landeszeitung“ vom 6. Februar 2016 hat der Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei einen möglichen Weg der Erweiterung der Ausbildungskapazitäten aufgezeigt, der die Neueinstellung von 200 Polizeianwärtern im mittleren Polizeivollzugsdienst pro Jahr am Bildungszentrum der Thüringer Polizei in Meiningen ermöglichen würde. Dieser bestünde in der Auslagerung der Fachhochschule – Fachbereich Polizei der Thüringer Fachhochschule für öffentliche Verwaltung – nach Gotha.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche Position vertritt die Landesregierung zu dem oben genannten Vorschlag des Landesvorsitzenden der Gewerkschaft der Polizei und welche Gründe sprechen aus Sicht der Landesregierung für bzw. gegen diesen Vorschlag?

2. Wenn die Landesregierung dem Vorschlag negativ gegenübersteht, welche anderen Wege sieht die Landesregierung, um die Ausbildungskapazität der Thüringer Polizei zu verbessern?

3. Sieht die Landesregierung eine Erhöhung des Anteils an Polizeianwärtern im gehobenen Dienst relativ zum Anteil der im mittleren Dienst Auszubildenden als notwendig an und welche Gründe sind für oder gegen eine solche Maßnahme zu nennen?

4. Welche Position vertritt die Landesregierung zur Einführung einer Wachpolizei, die zum Beispiel die Bereitschaftspolizei bei Objektschutzaufgaben entlasten könnte? Vielen Dank.

Für die Landesregierung antwortet das Ministerium für Inneres und Kommunales, Herr Staatssekretär Götze.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Henke beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:

Die Antwort zu Frage 1: Die Landesregierung beabsichtigt, die Bildungseinrichtungen der Thüringer Polizei in einer gemeinsamen Einrichtung zusammenzufassen. Der Standort Meiningen wurde in den vergangenen Jahren kontinuierlich ausgebaut und an die Erfordernisse einer modernen Polizeiausbildung angepasst. Weitere Haushaltsmittel sind zur Verbesserung der Unterkunftssituation fest eingeplant. Auch das erfolgreich reakkreditierte Bachelorstudium verfügt über einen hohen Anteil praktischer Inhalte. Diesem werden wir beispielsweise mit den Tatortwelten und der modernen Schießanlage gerecht. Inwieweit eine Verlagerung von Ausbildungskapazitäten im Sinne der Schaffung zusätzlicher Anwärterstellen für das Studium zum gehobenen Polizeivollzugsdienst nach Gotha möglich ist, bedarf einer weiteren grundsätzlichen und vertieften Prüfung.

Die Antwort zu Frage 2: Grundsätzlich steht die Landesregierung, das ergibt sich aus der Antwort zu Frage 1, dem noch zu prüfenden Vorschlag nicht ablehnend gegenüber. Unabhängig davon möchte ich darauf hinweisen, dass das Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales im Auftrag des Kabinetts eine externe Expertenkommission mit der Evaluierung der Polizeistrukturreform und der Prüfung der Arbeitsweise des Landeskriminalamts Thüringen beauftragt hat. Von den Empfehlungen der Experten werden auch Aussagen zu den Personalbedarfen der Thüringer Polizei erwartet. Erst danach sind belastbare Aussagen zu notwendigen Steigerungen der Ausbildungszahlen und dem weiteren Umgang mit dem Stellenabbaukonzept möglich. Daneben ist auch anzumerken, dass wir beginnend mit dem Einstellungsjahr 2015 die Ausbildungszahlen gesteigert haben. In den Jahren 2015 bis 2017 ist beabsichtigt, jedes Jahr 155 Anwärter einzustellen.

Die Antwort zu Frage 3: Mit Stichtag 10. März 2016 verfügt die Thüringer Polizei über einen Anteil von 64,2 Prozent im mittleren Polizeivollzugsdienst und 34,2 Prozent im gehobenen Polizeivollzugsdienst. In diesem Jahr ist vorgesehen, 30 Anwärter im gehobenen Polizeivollzugsdienst einzustellen sowie Beamten des mittleren Polizeivollzugsdienstes den Laufbahnaufstieg zu ermöglichen. Das derzeit praktizierte Verhältnis zwischen mittlerem und gehobenem Dienst bei der Einstellung ist somit sachge

recht. Gerade auch vor dem Hintergrund der Konkurrenzsituation der Länder und des Bundes im Hinblick auf die Anwärter spricht sich die Landesregierung klar gegen eine Abkehr vom mittleren Polizeivollzugsdienst aus. Wir wollen es auch weiterhin jungen Menschen ohne Zugangsvoraussetzung für eine Fachhochschule ermöglichen, den interessanten und vielseitigen Polizeiberuf zu erlernen und im Rahmen ihrer beruflichen Entwicklung Laufbahnaufstiege zu durchlaufen.

Die Antwort zu Frage 4: Die Landesregierung vertritt die Auffassung, dass Polizisten in Thüringen sehr gut ausgebildet sein müssen. Nicht zuletzt zeigt sich die Qualität unserer Ausbildung auch in den Statistiken zur Aufklärungsquote der Thüringer Polizei. Hinsichtlich der anspruchsvollen Tätigkeit von Polizeibeamten ist eine fundierte und qualifizierte Ausbildung unabdingbar. Daneben ist anzumerken, dass Objektschutzaufgaben grundsätzlich nicht zum Aufgabenspektrum der Bereitschaftspolizei gehörten.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Herr Henke hat eine Nachfrage. Bitte schön.

Nur eine kurze Formnachfrage, ich danke. Herr Staatssekretär, könnte ich diese Aussage bitte in Schriftform bekommen?

Sie bekommen das Protokoll. Da haben Sie es doch schriftlich.

Ich hätte es gern von Ihnen auch noch mal. Danke.

Nächster Fragesteller ist Herr Abgeordneter Kuschel, Fraktion Die Linke, mit Drucksache 6/1834.

Danke, Herr Präsident.

Kommunale Zusammenarbeit im Bereich Breitbandversorgung in Thüringen

Dem Fragesteller liegen Hinweise aus mehreren Landkreisen vor, wonach das Thüringer Landesverwaltungsamt untersagt, dass die Landkreise gemeinsam mit den kreisangehörigen Gemeinden oder für diese Gemeinden die Infrastrukturplanungen, die Beantragung der Fördermittel und die Umsetzung der Investitionen im Bereich Breitbandversorgung realisieren. Die diesbezügliche Bildung von

Zweckverbänden, der Abschluss von Zweckvereinbarungen und/oder die Übertragung der gemeindlichen Zuständigkeit auf die Landkreise nach § 87 Abs. 2 Thüringer Kommunalordnung werden demnach durch das Thüringer Landesverwaltungsamt beanstandet.

Ich frage die Landesregierung:

1. Unter welchen Voraussetzungen können die Landkreise gemeinsam mit den kreisangehörigen Gemeinden oder für diese Gemeinden die Infrastrukturplanungen, die Beantragung der Fördermittel und die Umsetzung der Investitionen im Bereich Breitbandversorgung realisieren?

2. Mit welcher Begründung wurde in diesem Zusammenhang die Bildung von Zweckverbänden, der Abschluss von Zweckvereinbarungen und/oder die Übertragung der gemeindlichen Zuständigkeit auf den Landkreis nach § 87 Abs. 2 Thüringer Kommunalordnung durch das Thüringer Landesverwaltungsamt gegebenenfalls beanstandet?

3. In welchen Landkreisen werden bereits nach Kenntnis der Landesregierung gemeinsam mit welchen kreisangehörigen Gemeinden oder für diese Gemeinden die Infrastrukturplanungen, die Beantragung der Fördermittel und die Umsetzung der Investitionen im Bereich Breitbandversorgung realisiert bzw. ist beabsichtigt, dieses zu realisieren?

Für die Landesregierung antwortet Herr Staatssekretär Götze.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Kuschel beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:

Die Antwort zu Frage 1: Voraussetzung für ein Tätigwerden der kommunalen Gebietskörperschaften ist, dass sie eine aus ihrem Aufgabenkreis folgende Aufgabe wahrnehmen. Das ist ebenfalls Voraussetzung für ein gemeinsames Tätigwerden der Kommunen. Gemeinden und Landkreise können nach dem Gesetz über die kommunale Gemeinschaftsarbeit nur in einer Form der kommunalen Gemeinschaftsarbeit zusammenarbeiten, um gemeinsam Aufgaben zu erfüllen, zu deren Wahrnehmung sie berechtigt oder verpflichtet sind. Eine Ausgleichsund Ergänzungsfunktion kommt den Landkreisen nach der Thüringer Kommunalordnung nicht zu. Sie können die Wahrnehmung der gemeindlichen Aufgaben nicht koordinieren oder diese an sich ziehen. Lediglich in dem Ausnahmefall des § 87 Abs. 3 Thüringer Kommunalordnung kommt ein Tätigwerden des Landkreises in gemeindlichen Aufgaben in Betracht. In einem solchen Fall übernimmt der

(Staatssekretär Götze)

Landkreis auf Antrag kreisangehöriger Gemeinden deren Aufgaben des eigenen Wirkungskreises, wenn und so lange diese das Leistungsvermögen der beteiligten Gemeinden übersteigen. Nur in diesem Fall kann der Landkreis für eine kreisangehörige Gemeinde deren Aufgaben erfüllen. Eine kommunale Gemeinschaftsarbeit zwischen dem Landkreis und seinen kreisangehörigen Gemeinden und damit eine gemeinsame Aufgabenwahrnehmung durch diese kommt nur in Betracht, wenn neben den Gemeinden auch der Landkreis eine originär in seiner Zuständigkeit liegende Aufgabe vorweisen könnte. Diese Voraussetzung wäre im Einzelfall durch den Landkreis zu prüfen und genau zu definieren. Sieht der Landkreis etwa unter dem Gesichtspunkt der Wirtschaftsförderung eine eigene Zuständigkeit für Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Breitbandausbau, kann sich hieraus eine Begründung für eine kommunale Gemeinschaftsarbeit von Landkreis und Gemeinden ergeben.

Die Antwort zu Frage 2: Rechtsaufsichtliche Beanstandungen sind der Landesregierung nicht bekannt. Insoweit kann ich auch den von Ihnen zitierten Sachverhalt nicht nachvollziehen. Im Thüringer Landesverwaltungsamt wurde vom Kyffhäuserkreis eine Zweckvereinbarung vorgelegt, mit der nach § 87 Abs. 3 Thüringer Kommunalordnung gemeindliche Aufgaben an den Landkreis übertragen werden sollen. Das Landesverwaltungsamt hat von der Genehmigung dieser Zweckvereinbarung unter Verweis auf § 87 Abs. 3 Thüringer Kommunalordnung abgesehen. Danach bedarf es weder einer Zweckvereinbarung noch einer Genehmigung durch die Rechtsaufsichtsbehörde.

Die Antwort zu Frage 3: Der Landesregierung liegen keine Erkenntnisse vor, dass Landkreise gemeinsam mit kreisangehörigen Gemeinden oder für diese entsprechende Maßnahmen realisiert haben. Im Kyffhäuserkreis gibt es nach Mitteilung des Thüringer Landesverwaltungsamts Überlegungen, Aufgaben von kreisangehörigen Gemeinden gemäß § 87 Abs. 3 Thüringer Kommunalordnung auf den Landkreis zu übertragen. Ich verweise hierzu auf die Antwort zu Frage 2. Des Weiteren ist der Landesregierung bekannt, dass im Rahmen des Bundesförderprogramms für den Breitbandausbau neben dem Kyffhäuserkreis bereits Bescheide für die Planungsförderungen für die Landkreise Nordhausen, Wartburgkreis, Sömmerda, Saale-Holzland-Kreis und Saale-Orla-Kreis erteilt wurden.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Abgeordneter Kuschel hat ganz offensichtlich eine Nachfrage. Bitte schön.

Herr Präsident, ich hätte zwei Nachfragen.

Bitte.

Danke, Herr Präsident. Herr Staatssekretär, zunächst noch mal eine Nachfrage zur Anwendung von § 87 Abs. 3 ThürKO. Wenn ich Sie richtig verstanden habe, bedarf die Aufgabenübertragung auf den Landkreis keiner rechtsaufsichtlichen Genehmigung? Das wäre die erste Frage.

Die zweite Frage: Sie hatten ausgeführt, dass Landkreise und kreisangehörige Gemeinden nur dann einen Zweckverband bilden können, wenn die zu realisierende Aufgabe sowohl in die gemeindliche Zuständigkeit als auch in die kreisliche Zuständigkeit fällt. Jetzt gibt es einen solchen Zweckverband bereits in Oberhof zur Betreibung von Sportstätten. Nach der Thüringer Kommunalordnung – § 2 – ist der Sport eine originär gemeindliche Aufgabe. Im Aufgabenkatalog für die Landkreise findet sich diese Aufgabe nicht. Deshalb meine Frage: Warum wird die Gründung dieses Zweckverbands in Oberhof unter Beteiligung des Landkreises Schmalkalden-Meiningen – und unter Hinzufügung des Landes sogar – genehmigt und auf der anderen Seite hier, wo es um Breitbandversorgung geht, doch zu Recht auf diesen konkreten beiderseitigen Aufgabenbezug der Gemeinde und des Landkreises hingewiesen? Danke.