Whistleblowern wurden im Kampf gegen kriminelle Steuerflucht in den zurückliegenden Jahren größere Fortschritte erreicht als in jahrzehntelangen Verhandlungen der Staaten untereinander.
Zugespielte oder gekaufte Daten ermöglichten den Blick hinter die Kulissen von Banken, Unternehmen und Kanzleien. Dadurch wurde so viel politischer Druck aufgebaut, dass sich auch vordem unwillige Staaten in Europa, wie zum Beispiel die Schweiz, Liechtenstein oder Luxemburg, nicht mehr einer stärkeren Regulierung verweigern konnten. Auch die CDU/CSU konnte nicht mehr so tun, als wäre das Problem gar nicht so groß.
Der letzte Unionsversuch, für die eigene Klientel Privilegien zu retten, war der Plan von Bundesfinanzminister Schäuble, mit der Schweiz ein separates Steuerabkommen zu schließen, das die Identitäten von Tausenden Steuerkriminellen geschützt hätte. Auch die Thüringer Union und der damalige Finanzminister, Herr Dr. Voß, hatten sich für das geplante Steuerabkommen stark gemacht und die SPD und alle anderen beschimpft, die dieses unmoralische Angebot der Schweiz zurückwiesen.
Heute wissen wir: Dadurch, dass das deutschschweizerische Steuerabkommen nicht zustande kam, wurde der Weg frei gemacht für den automatischen Steuerdatenausgleich. Inzwischen sind 96 Staaten darauf eingegangen.
Meine Damen und Herren, im Moment überschlagen sich die Meldungen über Vorschläge, die gemacht werden, um auch solche Steuerparadiese wie Panama auszutrocknen. Ich hoffe, es bleiben nicht nur Lippenbekenntnisse. Der öffentliche Druck ist da. Er ist da wie damals, als Steuer-CDs aufgekauft wurden. Jetzt müssen wir ihn nutzen, um weitere Fortschritte im Kampf gegen Steuerflucht zu erzielen. Schnelles Handeln ist also gefragt, und deshalb ist es richtig, dass unsere Finanzministerin gemeinsam mit ihrem niedersächsischen Kollegen aktiv geworden ist. Unsere Regierung hat sich an der Bundesratsinitiative beteiligt mit dem Ziel, rechtliche und finanzielle Konsequenzen aus den Enthüllungen der Panama-Papiere zu ziehen.
Meine Damen und Herren, wir sollten aber nicht nur auf ferne Länder schauen. Im deutschen Steuerrecht gibt es noch genügend Schlupflöcher. Die Überwachung der Banken in Deutschland ist lückenhaft, sonst wären die Panama-Deals auch auf anderem Wege aufgedeckt worden. Deutschland erfüllt wichtige Antigeldwäschestandards der OECD nicht. Auf EU-Ebene ist man gerade dabei, die rechtlichen Möglichkeiten für die Gründung von anonymen und undurchsichtigen Ein-Mann-Firmen zu schaffen. Hier muss Deutschland Stopp sagen. Und Zypern oder die Kanalinseln sind auch kein Ort
Vielen Dank, Herr Pidde. Als Nächste hat Abgeordnete Henfling für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Panama Papers, die nichts mit dem schönen Buch zu tun haben, sind definitiv eine Aktuelle Stunde hier im Thüringer Landtag wert, auch wenn sie nicht das erste Mal aufdecken, wo wir in Europa, wo wir weltweit und natürlich auch hier in Deutschland noch Steuerschlupflöcher haben. Ich erinnere da an die LuxLeaks 2014 und die Offshore-Leaks von 2013. Zu den LuxLeaks läuft nach wie ein Sonderausschuss auf europäischer Ebene und da ist auch noch nicht die letzte Messe gesungen. Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass das Ganze nur die Spitze des Eisbergs war.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Bündnis 90/Die Grünen – sowohl auf Bundes- als auch auf Europaebene – hat sich schon immer für eine größere Transparenz und für mehr Ehrlichkeit in Steuerfragen, aber auch in Fragen von Korruptionsund Geldwäschebekämpfung eingesetzt. Die Panama Papers verdeutlichen die Notwendigkeit, genau diese Sache zu bekämpfen, nämlich Steuerflucht, Geldwäsche und Korruption. Die Panama Papers zeigen ziemlich deutlich, dass wir hier von einem deutlichen Vergehen an der Allgemeinheit, einer Verletzung von Steuergerechtigkeit reden müssen. Wir fordern seit Jahren ein Transparenzregister auf EU-Ebene und die Forderung der Bundesregierung kam hier doch deutlich zu spät, denn die Verpflichtung zu diesen Transparenzregistern ist bereits in der vierten EU-Geldwäscherichtlinie festgelegt.
Des Weiteren müssen wir – das hat der Kollege Pidde auch angesprochen – konstatieren, dass wir natürlich auch in Deutschland Probleme haben, denn wir bräuchten keine Whistleblower, wenn wir die Möglichkeit hätten, über unsere Aufsicht in Deutschland so etwas über unsere Banken mitzubekommen.
Wir müssen auch konstatieren, dass es mangelnden Informationsaustausch Deutschlands mit vielen Staaten gibt, vor allem mit Entwicklungsländern. Das macht es für Steuerhinterzieher natürlich sehr attraktiv, sich dahin zurückzuziehen. Weitere Vorschläge, die wir immer wieder nach vorn gestellt
haben, war beispielsweise, eine tatsächlich schlagkräftige BaFin aufzubauen, schwarze Listen für Staaten mit Defiziten bei Steuerhinterziehung und Geldwäsche anzulegen. Die Bundesregierung hat Verschleierung von Geldströmen und Verwicklung deutscher Banken in den letzten Jahren weitgehend ignoriert. Deswegen ist es zwar schön, dass wir das jetzt hier auf dem Tisch liegen haben, aber es muss auch möglich sein, Aufdeckung und Aufklärung zu betreiben, ohne auf Datenlecks zurückgreifen zu müssen. Das habe ich gerade schon erwähnt.
Ich glaube, die USA zeigen uns hier, dass es auch anders geht. Mit dem Foreign Account Tax Compliance Act gibt es die Möglichkeit, dass Banken bei Geschäften mit intransparenten Firmen bestraft werden. Auch da sind wir in Deutschland lange nicht so weit. Es muss die Möglichkeit geben, Sanktionen und Initiativen, vor allem Sanktionen auf der europäischen und auch auf der globalen Ebene, möglich zu machen. Und wir müssen auch konstatieren, dass wir in Deutschland eine ineffektive Kontrolle haben, denn für die Geldwäschebekämpfung sind häufig die kommunalen Ebenen zuständig. Ich glaube, das reicht bei den Dimensionen, die wir hier vorliegen haben, bei Weitem nicht mehr aus.
Da müssen wir darüber diskutieren, ob wir eine Art Finanzpolizei brauchen. Jetzt ist das Zehn-PunkteProgramm von Herrn Schäuble ganz okay, um es mal nett zu formulieren, aber auch da fehlt es uns an Transparenz, in welchen Ländern bzw. Steueroasen beispielsweise Unternehmen ihre Gewinne ausweisen. Und es gibt keine effektiven Maßnahmen gegen fehlenden Vollzug bei nationalen und europäischen Geldwäscheregeln.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, es lässt sich konstatieren, dass hier noch sehr, sehr viel Luft nach oben ist, sowohl in Deutschland als auch auf der europäischen Ebene. Nicht zuletzt möchte ich hier aber noch mal einen großen Dank insbesondere an die Journalistinnen und Journalisten ausrichten, die diese sehr investigative Arbeit geleistet haben, die diese massiven Datenmengen – noch nicht gänzlich, denn das ist bei 2,6 Terrabyte auch relativ heftig – ausgewertet haben. Ohne diese Journalistinnen und Journalisten wäre das so nicht möglich gewesen. Ich glaube, wir täten gut daran, würden wir daraus nun die richtigen Konsequenzen ziehen. Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, in der bisherigen Debatte ist deutlich geworden, dass die Maßnahmen zur Bekämpfung von Steuerbetrug und Geldwäsche nur dann wirksam sind, wenn die Staaten weltweit zusammenarbeiten. Deshalb brauchen wir Lösungen, die global greifen. Die Veröffentlichung über Praktiken von Briefkastenfirmen in Panama zeigen deutlich, dass es richtig war, mit großem Nachdruck internationale Schritte gegen Steuerbetrug zu vereinbaren. Jetzt gilt es, diesen Weg konsequent weiterzugehen. In der Öffentlichkeit wird das Thema „Panama Papers“ mit Recht sehr kritisch gesehen. Die Menschen dürfen nicht das Gefühl haben, die Kleinen hängt man und die Großen werden laufen gelassen. Deshalb ist es gut und besonders wichtig, dass Deutschland den Druck im Kampf gegen Steueroasen und Geldwäsche erhöht. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hat mit seinen Finanzministerkollegen aus Großbritannien, Frankreich, Italien und Spanien vereinbart, mit dem automatischen Austausch von Daten so schnell wie möglich zu beginnen. Ziel ist es, dass die Transparenz erhöht wird. Der Bundesfinanzminister – das wurde an dieser Stelle auch gesagt – hat einen Aktionsplan gegen Steuerbetrug und Geldwäsche vorgelegt. Der Plan beinhaltet zehn Schritte für ein faires internationales Steuersystem und ein effektiveres Vorgehen gegen Geldwäsche.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Panama muss kooperieren und dem automatischen Informationsaustausch beitreten und zudem Gesellschaftsrecht so weiterentwickeln, dass die betroffenen Gesellschaften und deren Gesellschafter identifiziert werden können. Es muss dafür gesorgt werden, dass weltweit möglichst alle Staaten und Gebiete den neuen Standard für den automatischen Informationsaustausch in Steuerfragen umsetzen. Es darf sich nicht mehr lohnen, eine Heimat für Schwarzgeld zu bieten. Die konsequente Umsetzung des automatischen Informationsaustauschs muss überwacht und wirksame Sanktionen für nachlässige oder nicht kooperierende Staaten entwickelt werden. Es müssen weltweite Register geschaffen werden, um die Hintermänner von Unternehmenskonstruktionen transparenter zu machen. Die nationalen Register müssen weltweit systematisch miteinander vernetzt sein. Dazu gehört die zügige Entwicklung eines einheitlichen Informationsstandards. Die Unterstützung von Banken für Steuerhinterziehung von Kunden wird heute schon strafrechtlich sanktioniert. Darauf muss weiterhin ein besonderes Augenmerk gelegt werden. Eine wirksame strafrechtliche Verfolgung von Fehlverhalten scheitert oftmals am Nachweis persönlichen Verschuldens. Daher sollten die Institutionen selbst stärker zur Verantwortung gezogen werden. Steuerhinterzieher dürfen sich nicht in Verjährung flüch
ten; es ist nicht hinnehmbar, wenn Steuerhinterzieher auf Straffreiheit durch Verjährung spekulieren können. Deshalb soll die Verjährung erst beginnen, wenn der Steuerpflichtige seinen Meldepflichten nachgekommen ist. Die Zentralstelle für Geldwäscheverdachtsmeldungen wird vom Bundeskriminalamt zum Zoll verlagert und dabei mit neuen Kompetenzen und deutlich mehr Personal ausgestattet. Das ist eine Handlungsempfehlung des Bundesministeriums für Finanzen. Weiterhin werden schärfere Sanktionen und ein erleichtertes Einfrieren von Vermögen eine wichtige Rolle spielen. Deutschland wird die Maßnahmen zur Bekämpfung von Geldwäsche weiter verstärken. Es wurden in den vergangenen Jahren strikte Vorgaben und Kontrollen zur Bekämpfung von Geldwäsche im Finanzsektor etabliert. Solche Fortschritte brauchen wir auch bei der Geldwäschekontrolle im gewerblichen Bereich, für die im Wesentlichen die Bundesländer verantwortlich sind. Bund und Länder müssen vereinbaren, wie sie die Bekämpfung von Geldwäsche im gewerblichen Bereich effizienter organisieren können.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie sehen, der Freistaat ist in der Pflicht, die Bundesregierung bei ihren Bemühungen zu unterstützen. Exfinanzminister Peer Steinbrück wollte mal die Pferde satteln lassen und die Kavallerie in die Schweiz schicken. Wir werden sehen, ob wir mit Finanzministerin Heike Taubert einen neuen Sheriff in der Stadt haben und vor allem, ob ihr Colt scharf geladen ist oder ob sich darin nur Platzpatronen befinden.
Als Nächster reitet jetzt Herr Kießling an das Rednerpult und zeigt uns, was er für Geräte an sich hat.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Abgeordnete, liebe Zuschauer auf der Tribüne, ich darf auch die Gäste aus Gera vom Abgeordneten Brandner begrüßen. Was hat es mit den Panama-Papieren auf sich? Nun, die Kanzlei Mossack Fonseca hatte in Panama geholfen, 214.000 Briefkastenfirmen zu gründen, sogenannte Offshorefirmen, in über 80 Ländern und das über Jahre hinweg. Bei den Eigentümern der Briefkastenfirmen findet man Poli
tiker, Sportler, Milliardäre, eventuell auch Steuerbetrüger und eventuell auch Waffenschmuggler, die ihr Vermögen dort haben verwalten lassen. Dies wurde nun, wie wir gehört haben, dank eines Journalisten, der entsprechend recherchiert hatte, in 11,5 Millionen Dokumenten mit einem 2,6 Terabyte Datenvolumen aufgedeckt und dokumentiert. Das ist das größte Leck, was bisher in der Geschichte aufgedeckt worden ist.
Wir müssen aber feststellen, dass auch für die Menschen, die ihr Geld in oder über Panama angelegt haben, zuerst einmal die Unschuldsvermutung gilt, bis die Ermittlungen abgeschlossen sind. Das wird natürlich noch ein wenig dauern. Die SPD ist den Beweis bis jetzt allerdings schuldig geblieben, dass es sich bei diesen Panama-Papieren um Steuerhinterziehung handelt. Im Gegenteil ist die SPD seit 2013 in der Bundesregierung vertreten und hatte eigentlich bisher auch die Chance gehabt, Steuerlücken zu schließen, effektiv zu schließen, doch besitzt selbst die Bundesdruckerei eine Firma in Panama – hört, hört.
Trotz allem wird bei der SPD nun der pawlowsche Reflex nach höheren Strafen ausgelöst. Eines ist richtig: Wer Steuern hinterzieht, muss seine Strafe erhalten. Das sind wir den Menschen auch schuldig. Wie gesagt: Die Menschen, die über Panama angelegt haben, muss man differenziert betrachten. Dem Verdacht, dass Organisierte Kriminalität in Panama tätig war, muss nachgegangen werden, ohne Frage. Und mit voller Härte muss auch gegen diese eventuellen Verbrecher vorgegangen werden.
Erstaunlich ist sicherlich für einige, dass bisher keine US-amerikanischen Politiker oder Firmen in diesem Zusammenhang aufgetaucht sind. Einer der Gründe ist, dass Scheinfirmen in Nevada und Delaware noch leichter gegründet werden können als in Panama. Die USA sind eine der größten Steueroasen der Welt. Jedoch haben auch fast alle großen deutschen Banken mit den Anbietern der Briefkastenfirmen in Panama zusammengearbeitet. Diese Angebote waren nach der Gesetzeslage leider legal, auch wenn das nicht in das linke Weltbild passen sollte. Manche Unternehmen möchten zum Beispiel Anlagegeschäfte tätigen, ohne dass die Konkurrenz gleich mitbekommt, wer da entsprechende Geschäfte tätigt, und wollen trotzdem Steuern zahlen. Panama war dafür eine Option. Bei den Banken werden in der Regel alle Mitarbeiter regelmäßig in Sachen Geldwäsche und auch im Erkennen von Schwarzgeldern geschult, sodass hier die Thüringer Banken sicherlich nicht maßgeblich davon betroffen sein sollten und dürften. Frau Taubert wird sicherlich aufpassen, dass das auch wirklich so ist.
mittlungen eingeleitet. Das, was in den PanamaPapieren aufgedeckt wurde, ist unfair gegenüber dem Mittelstand, auch unfair gegenüber den fleißigen Bürgern, die hier ihre Steuern zahlen und auch so die Hauptlast entsprechend tragen. Als AfDFraktion befürworten wir, wenn die Lücken in der Steuergesetzgebung bürokratiearm geschlossen werden und so die Steuergerechtigkeit erhöht wird. Hier müssen die CDU und auch die SPD handeln, und zwar oben in der Bundesregierung. Wolfgang Schäuble – das haben wir schon gehört – hat am 10. April bereits einen 10-Punkte-Plan erlassen, um dort gegen diese Steueroasen und Geldwäsche vorzugehen, was wir natürlich begrüßen. Was es allerdings bringt, bleibt natürlich abzuwarten. Panama will nun jedenfalls aufgrund des internationalen Drucks kooperieren und tatsächlich ab 2018 mit den Finanzämtern Daten austauschen.
Die SPD, die diese Aktuelle Stunde eingebracht hat, hat selbst eine Briefkastenfirma in dem Steuerparadies Hongkong, und zwar die Cavete Global Limited.
Warum braucht eine deutsche Partei so etwas, frage ich mich. Das Wort „cavete“ bedeutet aus dem Lateinischen übersetzt „hütet euch“. Ich frage mich nur: Wovor sollen wir uns hüten? Wohl am ehesten vor denen, die Wasser predigen und Wein saufen, liebe SPD.