Protokoll der Sitzung vom 21.04.2016

Ich frage die Landesregierung:

1. Weshalb wird die Umleitungsstrecke der A 71 U 13/U 34 nicht flächendeckend ausgebaut, damit die Belastung für die Gemeinde und die Anwohner gesenkt wird?

2. Wie wirkt die Landesregierung auf das Bundesverkehrsministerium für einen Ausbau der Windfangzäune auf der A 71 zwischen Ilmenau und Gräfenroda ein, damit es nicht zu windbedingten Sperrungen kommt?

3. Wie unterstützt die Landesregierung betroffene Gemeinden im Fall einer Sanierung von überörtlich bedeutsamen Umleitungsstrecken, damit Anwohner nicht über Gebühr belastet werden?

Für die Landesregierung antwortet das Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft, Frau Ministerin Keller.

Sehr geehrter Herr Präsident, ich beantworte die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Bühl für die Thüringer Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Für einen solchen Ausbau der beiden Umleitungsstrecken U 13 und U 34 liegen die rechtlichen Voraussetzungen nach dem Bundesfernstraßengesetz nicht vor. Im Straßenrecht gilt der Grundsatz des Gemeingebrauchs. Das bedeutet, dass eine öffentliche Straße im Rahmen ihrer Widmung unter verkehrsrechtlichen Vorschriften uneingeschränkt genutzt werden darf. Eine für den öffentlichen Verkehr ohne Beschränkung freigegebene Straße darf daher von jedermann ohne besondere Erlaubnis genutzt werden und ein Baulastträger muss den von ihm zugelassenen Verkehr dulden. Das gilt auch für einen etwaigen Umleitungsverkehr.

Die in § 14 Bundesfernstraßengesetz normierte Pflicht an die Träger nachgeordneter Straßen, einen Umleitungsverkehr wegen vorübergehender Sperrungen von Bundesstraßen zu dulden, greift angesichts dieses zulässigen Gemeingebrauchs

erst dort, wo im Zuge einer Umleitung eine Straße genutzt werden muss, die in ihrer Widmung beschränkt und für die Aufnahme des Umleitungsverkehrs nicht bestimmt ist, weil sie hierzu wegen ihrer baulichen Beschaffenheit nicht geeignet ist.

Auch ein Anspruch auf Erstattung der Mehraufwendungen kann daher nach dem Bundesfernstraßengesetz nur in den Fällen in Betracht kommen, in denen eine Straße zur verkehrssicheren Aufnahme eines Umleitungsverkehrs nicht in der Lage und dazu auch nicht freigegeben ist. Die frühere B 88 war bereits vor dem Zeitpunkt ihrer Abstufung zur Gemeindestraße in die Belastungsklasse 10 eingeordnet und damit aufgrund ihrer baulichen Beschaffenheit für eine uneingeschränkte Nutzung durch den Lkw-Verkehr geeignet und freigegeben.

Mit Inbetriebnahme der A 71 im Jahr 2003 hat sich dieser maßgebende Verkehrsanteil an Lkw stark reduziert. Der aus den temporären Vollsperrungen wegen Wind resultierende Zuwachs bewirkt keine Änderung bei der Zuordnung in die Belastungsklasse 10 und erfordert demzufolge auch keine baulichen Maßnahmen, um eine verkehrssichere Nutzung für den Umleitungsverkehr zu ermöglichen. Entsprechendes gilt auch bezüglich der Erstattung der Aufwendungen zur Beseitigung wesentlicher Schäden an der Straße. Diese Erstattungspflicht greift nur bezüglich solcher Schäden, die nachweislich ausschließlich durch den Umleitungsverkehr verursacht werden. Ein Baulastträger kann also grundsätzlich keine Generalüberholung als Voraussetzung für die Umleitung fordern. Dieses gehört – wie die Allgemeine Verkehrssicherungspflicht – zu den Aufgaben aus der Straßenbaulast.

Zu Frage 2: Die A 71 liegt in diesem Bereich zwischen den Anschlussstellen Ilmenau-West und Geraberg in einer sehr windexponierten Lage. Nach Inbetriebnahme konnte der Bund auf Initiative des Landes davon überzeugt werden, die besonders windanfällige Brücke „Reichenbachtal“ im Jahr 2009 mit einem Windschutz nachzurüsten. Der Streckenabschnitt wurde zudem mit einer automatischen Windwarnanlage ausgestattet, mit deren Hilfe bei besonderen Windereignissen die zulässige Geschwindigkeit auf den Brücken reduziert wird bzw. in Extremsituationen der Verkehr teilweise oder vollständig über die besagten Umleitungen U 13 und U 34 von der Autobahn abgeleitet wird. Die Windwarnanlage lässt eine gestufte Reaktion zu. Derzeit erfolgt eine Sperrung für Lkw mit Anhänger, Pkw mit Anhänger und Wohnwagen bei einer Windgeschwindigkeit von höher als 20,8 Meter je Sekunde, das entspricht Windstärke 9, also bei Sturm. Eine Vollsperrung für den gesamten Verkehr und damit auch für Lkw ohne Anhänger erfolgt bei einer Windgeschwindigkeit von höher als 28,5 Meter je Sekunde, das entspricht Windstärke 11 und wird schon unter orkanartigem Sturm dargestellt.

(Abg. Bühl)

Die Thüringer Landesregierung hatte sich bereits im Zuge der Nachrüstung der Brücke „Reichenbachtal“ und erneut im Jahr 2014 dafür eingesetzt, dass der Bund auch eine Nachrüstung der Brücke „Zahme Gera“ zustimmt. Das zuständige Bundesministerium hatte dies damals und 2014 erneut abgelehnt. Es hat darauf hingewiesen, auf dieser Brücke sei keine windbedingte Unfallhäufigkeit zu verzeichnen und die Anzahl der windbedingten Sperrungen bzw. Umleitungen sei gering. Das Bundesministerium hat jedoch eine erneute Prüfung nicht ausgeschlossen, wenn sich die windbedingten Sperrungen bzw. Umleitungen deutlich erhöhen sollten. In diesem Zusammenhang möchte ich auf Folgendes hinweisen: Im Zeitraum von 2010 bis 2015 kam es auf der besagten Strecke insgesamt in rund 217 Stunden zu Sperrungen, die zu Umleitungen führten. Davon waren lediglich an vier Tagen – insgesamt knapp 20 Stunden – Vollsperrungen zu verzeichnen, bei denen auch alle Lkws die Autobahn verlassen mussten. Auch ein nachträglicher Windschutz auf der Brücke „Zahme Gera“ könnte im Übrigen nicht dazu führen, dass die Strecke bei starkem Wind nicht mehr gesperrt werden müsste.

Zu Frage 3: Ich verweise zunächst auf meine Antwort zu Frage 1. Im Übrigen besteht auch für diese Strecken grundsätzlich die Möglichkeit einer Förderung aus Mitteln des kommunalen Straßenbaus. Ungeachtet dessen hatte das Landesamt für Bau und Verkehr im Frühjahr 2015 zugesagt, für Gemeindestraßen im Zuge der ausgewiesenen Bedarfsumleitungsstrecken U 13 und U 34 solche Schäden an Borden, Gehwegen, Banketten und Verkehrszeichen, also außerhalb der Fahrbahn, beseitigen zu lassen, bei denen von einer Verursachung durch den Umleitungsverkehr ausgegangen werden kann. Bisher sind solche Schäden nach windbedingten Umleitungen allerdings nicht aufgetreten. Das Landesamt für Bau und Verkehr wird zudem in diesem Frühjahr durch eine Verkehrserhebung überprüfen lassen, ob die abgestufte frühere B 88 in diesem Bereich noch die Verkehrsbedeutung einer Gemeindestraße hat oder ob ihre Verkehrsbedeutung gegebenenfalls gestiegen ist. Das Ergebnis dazu steht noch aus. Darüber hinaus prüft das Landesamt die Möglichkeit der Ausweisung von alternativen Umleitungsstrecken bei Windereignissen. In diesem Zusammenhang hat es jüngst den Ilm-Kreis um Stellungnahme bezüglich einer Umleitung über die L 3004 und L 2149 angehört. Eine abschließende Entscheidung steht auch hierzu noch aus. Denkbar wäre auch die Nutzung der U 99 zwischen Anschlussstelle Ilmenau-West, A 71, und Anschlussstelle Schleusingen an der A 73. Diese Strecke wird für Gefahrguttransporte genutzt, die die Tunnelkette nicht passieren können.

Gibt es Nachfragen? Bitte, Herr Abgeordneter Bühl.

Erst einmal möchte ich mich für die sehr ausführliche Antwort bedanken. Ich hätte noch die Nachfrage: Sie haben eben ausgeführt, dass Erstattungen von Schäden nur dann erfolgen können, wenn nachgewiesen ist, dass dieser Schaden auch durch die Umleitung, durch die Vollsperrung entstanden ist. Wie werden denn diese Nachweise geführt, dass man praktisch nachweisen kann, dass so etwas ausschließlich durch diese Umleitung entstanden ist, und wer führt diese Nachweise?

Die zweite Frage: Sie haben ausgeführt, dass das Bundesministerium erneut prüfen würde, wenn sich denn die Sperrungen deutlich erhöht haben. Was könnte man denn als „deutlich“ verstehen, welche Art von Sperrungen oder wie hoch muss die Sperrungsanzahl sein? Danke.

Sehr geehrter Herr Abgeordneter Bühl, es werden natürlich im Anschluss an solche Umleitungen Straßenkontrollen durchgeführt. Ich würde gern noch mal konkretere Aussagen dazu nachliefern, ob dort noch mehr geplant ist, damit Sie es konkret haben.

Zu Frage 2, sage ich ganz offen, würde ich an der Stelle etwas ausweichend antworten. Wenn in sechs Jahren, also von 2010 bis 2015, knapp 20 Stunden Vollsperrungen wegen Windereignissen durchgeführt werden mussten und das als zu gering betrachtet wird, dann kann ich mir nur vorstellen, dass hier der Wert „gering“ an dieser Position festgemacht wird. Aber ich könnte noch mal nachliefern, anhand welcher Stundenzahl wir davon ausgehen oder ob es Erfahrungswerte gibt, wann wir von einem tatsächlichen Erfordernis für solche Maßnahmen sprechen können. Das würde ich Ihnen auch noch einmal zukommen lassen.

Das ist hiermit zugesagt. Ich bedanke mich bei Frau Ministerin. Nächste Fragestellerin ist Frau Abgeordnete Müller, Fraktion Die Linke, mit der Drucksache 6/2011.

Ich hätte eine kurze Nachfrage gehabt, wenn es möglich wäre.

Entschuldigung, das habe ich übersehen. Frau Ministerin, ich darf Sie noch mal an das Pult bitten. Es

(Ministerin Keller)

gibt noch mal eine Nachfrage zur Frage des Abgeordneten Bühl. Herr Abgeordneter Kießling, bitte schön.

Genau. Danke, Herr Präsident. Nur ganz kurz: Sie hatten gerade gesagt, dass Verkehrszählung momentan gemacht wird oder gemacht werden soll. Wann ist mit dem Ergebnis der Verkehrszählung bezüglich der Einstufung der Bundesstraße zu rechnen?

Wir sind davon ausgegangen, dass wir die bereits im Frühjahr haben. Das kann sich nur um wenige Zeit noch verschieben – in Kürze.

Danke schön. Jetzt schaue ich noch mal. Es gibt keine weiteren Nachfragen. Dann ist jetzt Frau Abgeordnete Müller, Fraktion Die Linke, mit der Drucksache 6/2011 dran.

Vielen Dank.

Kurzarbeit bei K+S

Das Unternehmen K+S hatte ab dem 1. April 2016 die Kaliproduktion an den Standorten Hattorf und Unterbreizbach vorübergehend eingestellt und Mitarbeiter/-innen an mehreren Standorten unter anderem in Thüringen in Kurzarbeit geschickt. In einer Pressemitteilung des Unternehmens vom 29. März 2016 heißt es dazu: „Aufgrund der geringen Niederschläge in den vergangenen Wochen und der damit verbundenen Limitierung der Einleitung in die Werra muss die Kaliproduktion an den Standorten Hattorf und Unterbreizbach ab dem 1. April 2016 vorübergehend eingestellt werden. Bis zur abschließenden Entscheidung über die von K+S beantragte Fortsetzung der Versenkung bis Ende 2021 steht dem Unternehmen dieser dringend benötigte Entsorgungsweg nach der im Dezember 2015 vom Regierungspräsidium Kassel erteilten Übergangsregelung nur sehr begrenzt zur Verfügung. Die Entsorgung salzhaltiger Abwässer muss seither eng an der Wasserführung der Werra und dem Fassungsvermögen der vorhandenen Stapelbecken ausgerichtet werden.“ Die Kurzarbeit für den Standort Unterbreizbach wurde am 5. April 2016 wieder aufgehoben. K+S hat einen Antrag zur Fortsetzung der Versenkung von Kaliabwässern bis Ende 2021 eingereicht.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche Auffassung vertritt die Landesregierung zu der Begründung von K+S für die zeitweise Einstellung der Kaliproduktion an den Standorten Hattorf und Unterbreizbach und der daraus resultierenden Kurzarbeit einschließlich der diesbezüglichen Stellungnahme der Gemeinde Gerstungen vom 1. April 2016?

2. In welchem Umfang waren nach Kenntnis der Landesregierung Beschäftigte von K+S sowie im Unternehmen beschäftigte Leiharbeiter von den genannten Maßnahmen betroffen?

3. In welcher Form war nach Kenntnis der Landesregierung der Betriebsrat von K+S Unterbreizbach vor der Anordnung der Kurzarbeit beteiligt?

4. Welche Auffassung vertritt die Landesregierung zur in den Medien verbreiteten Ansicht, dass das Unternehmen K+S mit seinem Vorgehen eine Erlaubnis zur Fortsetzung der Versenkung von KaliAbwässern erreichen will?

Für die Landesregierung antwortet das Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft, Herr Staatssekretär Maier.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, bevor ich auf die einzelnen Fragen eingehe, möchte ich hier noch mal eines deutlich machen: Die Landesregierung ist sich der zentralen Bedeutung, die die K+S-Standorte für die Region haben, sehr bewusst. Es geht hier nicht nur um die Arbeitsplätze bei K+S selbst, sondern auch um die vielen Arbeitsplätze und Betriebe beispielsweise im Handwerk und im Handel. Wir nehmen die Sorgen, die es momentan in der Region gibt, daher äußerst ernst.

Nun zu den einzelnen Fragen: Unsere Antwort auf Frage 1 lautet: Die Beantragung von Kurzarbeit ist eine unternehmerische Entscheidung. Es ist unseres Erachtens nicht die Aufgabe der Landesregierung, unternehmerische Entscheidungen zu kommentieren.

Zu Frage 2: Nach Kenntnis der Landesregierung sind Zeitarbeitnehmer des Verleihunternehmens Technicum GmbH in Merkers von der Entwicklung bei K+S und der Inanspruchnahme von Kurzarbeit betroffen. Hier handelt es sich zu einem hohen Anteil um Großgeräteführer im Bergbau. Nach Angaben der Technicum GmbH geht es um etwa 150 Beschäftigte. Die Anzeige auf Arbeitsausfall, verbunden mit dem Antrag auf Kurzarbeitergeld gemäß §§ 95, 96 SGB III wurde Ende Januar 2016 von der Technicum GmbH gestellt und Mitte Februar 2016 von der Agentur für Arbeit Suhl abgelehnt. Es wurden laut Prüfergebnis der Arbeitsagentur we

(Vizepräsident Höhn)

der die bei Zeitarbeit geltenden betrieblichen noch die persönlichen Voraussetzungen für Kurzarbeitergeld erfüllt. Nach Auskunft der Bundesagentur für Arbeit wurde von der Technicum GmbH Mitte März 2016 fristgerecht Widerspruch eingelegt. Weitere Informationen zum laufenden Widerspruchsverfahren liegen der Landesregierung bisher nicht vor.

Zu Frage 3: Nach Kenntnis der Landesregierung wurde der Betriebsrat von K+S vor der Aufnahme von Kurzarbeit beteiligt und war in die Planung der Abläufe von Beginn an eingebunden. Der Betriebsrat hat zudem in Arbeitsangelegenheiten ein zwingendes Mitbestimmungsrecht gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 3 Betriebsverfassungsgesetz.

Zu Frage 4: Die Landesregierung möchte sich nicht zu Mutmaßungen äußern, die in den Medien angestellt wurden.

Gibt es eine Nachfrage? Frau Abgeordnete Müller, bitte.

Vielen Dank für die Ausführlichkeit der Beantwortung der Fragen. Sie haben eben die Firma Technicum erwähnt, die Zeitarbeiter waren bei K+S über die Firma Technicum beschäftigt. Ist der Landesregierung bekannt, dass diese Angestellten in der Firma Technicum dann ein Angebot von K+S erhalten haben, dort angestellt zu werden?

Davon habe ich keine Kenntnis, dazu kann ich nichts sagen.

Ich sehe keine weiteren Nachfragen, vielen Dank, Herr Staatssekretär. Wir kommen zur nächsten Frage in der Drucksache 6/2012, die wird gestellt von Herrn Abgeordneten Schaft, Fraktion Die Linke.

Vielen Dank.

Pläne zur Wiedereinführung von Diplomabschlüssen an der TU Ilmenau