Nun zu Ihrer nachgefragten Situation in den Schulen. Da beziehe ich mich wiederum auf die Schuljahresstatistik. Gemäß dieser befanden sich zum aktuellen Stichtag, also immer zu dem, zu dem wir messen können – das ist in diesem Fall der 4. März 2016 – insgesamt 8.900 Schülerinnen und Schüler nichtdeutscher Herkunftssprache an den Thüringer Schulen. Wir hatten das bereits im Ausschuss besprochen und ich möchte das an dieser Stelle öffentlich noch einmal betonen, dass Sie beachten müssen, dass wir nicht nach einer weiteren Kategorie unterscheiden. Wir erfassen die Kinder nichtdeutscher Herkunftssprache in Thüringen und treffen demzufolge dort keine Unterscheidung, aus welchem Grund ein Kind in der Schule ist.
Aufschlussreich für die Situation an den Schulen ist also die Kategorie derjenigen Schülerinnen und Schüler, die aktuell eine Sprachförderung bekommen. Da sind wir viel näher an dem von Ihnen benannten Themenkatalog. Im März dieses Jahres haben 6.654 Schüler eine Sprachförderung erhalten. Davon sind 5.965 Schülerinnen und Schüler an allgemeinbildenden Schulen und 689 Schülerinnen und Schüler an den berufsbildenden Schulen. Betrachtet man dazu den Vergleich zum September 2015, da waren es insgesamt 3.883 Schülerinnen und Schüler an den Thüringer Schulen, die eine Sprachförderung erhalten haben. Diese unterschieden sich damals in 3.360 an allgemeinbildenden Schulen und 522 an den berufsbildenden Schulen. Innerhalb eines halben Jahres hat sich also der Anteil an Schülerinnen und Schülern in der Sprachförderung um beinahe die Hälfte erhöht. Das ist natürlich ein beachtlicher Aufwuchs, wenngleich uns natürlich Stadtstaaten und große Flächenländer sagen, das wäre etwas, was in der Größenordnung für sie fast nicht relevant ist. Wir haben darüber natürlich auch schon im Ausschuss gesprochen, als es insbesondere um die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingskinder ging, als der Ausschuss seine Reise nach Bremen antrat.
Ich habe es vorhin bei der Intervention auf einen Einwurf von Herrn Emde bereits gesagt: Wir haben sehr vorausschauend in diesem Problembereich gehandelt. Wir haben frühzeitig handeln können, dass wir natürlich mit der Frage, wie gehen wir mit
Flüchtlingskindern und wie gehen wir mit der Beschulung von Flüchtlingskindern und wie gehen wir vor allem mit dem Thema „Deutsch als Zweitsprache“ um, uns auch einen Plan gemacht hatten, wie wir das in die Praxis umsetzen können.
Betrachten wir also die Situation der Sprachförderung an den Thüringer Schulen. Wir unterscheiden grundsätzlich – ich hatte das, glaube ich, auch schon einmal hier im Hohen Hause berichtet – nach drei Kursarten, die sich auf die jeweiligen Kenntnisse der Kinder und Jugendliche beziehen. Die Einstufung orientiert sich jeweils am Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen; das ist aber überall der Fall und das machen wir auch so. Wir haben auf der ersten Stelle einen Vorkurs für die Schüler, die keine Kenntnisse der deutschen Sprache haben oder keine Kenntnisse der lateinischen Alphabete. In diesen Vorkursen lernen die Schüler, bis sie die Schulausgangsschrift und die Druckschrift und die Niveaustufe A 1 beherrschen – für all diejenigen, die das nicht wissen: also die elementare Sprachverwendung. Bis zu diesem Zeitpunkt sind die Kinder und/oder Jugendlichen im Vorkurs. Dann gibt es den Grundkurs, in dem Schüler mit mangelnden Deutschkenntnissen bis Niveaustufe B 1 unterrichtet werden. B 1 wieder in der Übersetzung bedeutet selbstständige Sprachverwendung. Also bis dahin ist man im Grundkurs und daran schließt sich der Aufbaukurs an, der bis zum Sprachniveau B 2 führt.
Sie sehen, eine individuelle Einschätzung der sprachlichen Fähigkeiten der zu beschulenden Kinder und Jugendlichen findet bereits statt. Aufgrund der unterschiedlichen Verteilung der Kinder und Jugendlichen an die Kommunen sind natürlich auch die Bedarfe in den Regionen und in den Schulen zum Teil sehr unterschiedlich. Wir haben Schulen mit einem sehr hohen Anteil an neu angekommenen Schülerinnen und Schülern, wir haben Schulen mit einem geringen Anteil. An diesen unterschiedlichen Bedarfen orientiert sich die Durchführung des Sprachunterrichts. Seit dem Schuljahr 2014 und 2015 richten wir sogenannte Sprachklassen ein; auch über diese habe ich bereits berichtet. Vor allem an Schulen mit vielen neuen Schülern bewähren sich diese Sprachklassen außerordentlich, denn sie können sowohl an den Stammschulen geführt werden, an denen die Schülerinnen und Schüler regulär zum Unterricht gehen. Wenn es an einer Schule nicht ausreichend Kinder und Jugendliche nicht deutscher Herkunftssprache gibt, aber ein Bedarf nach einer Sprachklasse entsteht, dann kann man natürlich auch solche Sprachklassen für mehrere Schulen in einem Umfeld, welches überschaubar ist, einrichten.
Aktuell gibt es in Thüringen 90 Sprachklassen an den Schulen von Nord nach Süd und von Ost nach West und natürlich immer wieder auch dort, wo wir die großen Aufnahmezentren und die großen Kapazitäten haben, nämlich in den Städten.
Im berufsbildenden Bereich gibt es seit diesem Schuljahr die sogenannten BVJ-S-Klassen, „S“ steht an dieser Stelle für Sprache. Wir haben etwa 40 dieser Klassen und in diesen werden Schülerinnen und Schüler sprachlich und fachlich fit gemacht, damit sie in eine reguläre BVJ-S-Klasse gehen und einen Ausbildungsgang absolvieren können. In den BVJ-S-Klassen, also da, wo ein erhöhtes Stundenvolumen an deutscher Sprache angeboten wird, ist aber letzten Endes das bereits realisiert, dass man Deutsch als Zweitsprache versteht und sich mit dieser Ausbildung an den berufsbildenden Schulen in den BVJ-S-Klassen integrieren kann.
Ich möchte an dieser Stelle noch einmal deutlich machen – und ich meine auch, das hätte ich bereits gesagt –, dass die in Ihrem Antrag und auch in der Begründung jetzt noch einmal benannten Vorkurse von uns nicht präferiert werden. Wir haben sehr gute Erfahrungen mit dem jetzt von mir vorgetragenen Modell dieser drei Kursarten und dem BVJ-S. Vorschaltklassen wollen wir in Thüringen nicht einrichten. Das hat zum einen den Erfahrungshintergrund zu dem möglichen Spracherwerb bis zum Aufbaukurs und zum BVJ-S. Aber es hat noch einen anderen Grund und der zielt dann darauf ab, was Sie in Ihrer Begründung auch benannt haben, wie wir diese Kinder und Jugendlichen auch in das integrieren, was sie in unserem Wertesystem verstehen müssen. Unsere Schülerinnen und Schüler werden von Anfang an in den Schulunterricht integriert und zum Beispiel in Fächern wie Sport oder Kunst geht das zum Teil auch mit sehr geringen Deutschkenntnissen. Da kann man sich das eine oder andere anschauen. Da kann zum Beispiel schon vom ersten Tag der Beschulung gerade im Sport- oder im Kunstunterricht bereits mit den anderen Kindern und Jugendlichen gelernt werden. Das folgt einem integrativen Ansatz, den ich sehr befürworte.
Ich werbe auch dafür, dass Sie diesen integrativen Ansatz mitgehen. Wir wollen ein inklusives Schulsystem und eine inklusive Gesellschaft. Wir gehen davon aus, dass wir diese Heterogenität auch als eine Herausforderung erleben wollen und dass wir mit der Aufnahme von ausländischen Schülerinnen und Schülern genau diesen Ansatz verfolgen. Eine inklusive und integrative Schule ist, glaube ich, auch der beste „Lehrmeister“ auf dem Weg zur Integration in die gesamte Gesellschaft. Wir haben Lehrkräfte, die fair und transparent benoten, und Kinder und Jugendliche kommen in dieses System hinein. Da gibt es keine Bestechlichkeit, da gibt es keine Zuordnung von Noten nach der entsprechenden Herkunft, sondern nach dem entsprechenden Leistungsniveau. In den Klassenzimmern werden Konflikte und Argumente mit Worten ausgestritten und nicht mit körperlicher Gewalt. Wir haben Mitwirkungsgremien an den Schulen, von den kleinsten Ebenen bis zur Landesschülervertretung. Die Eltern
können sich an dieser Mitwirkung beteiligen. Wenn Schülerinnen und Schüler sehen, dass bei uns auch Frauen in den Schulleitungen souverän eine Schule managen können, ist das, glaube ich, ein Anschauungsunterricht, der auch deutlich macht, wie das Geschlechterverhältnis in Deutschland ausgeprägt ist, und dass wir nicht danach unterscheiden, ob ein Mann etwas besser kann als eine Frau, wenn es um das Management einer Schule geht. Da gibt es sowohl positive als auch negative Beispiele in beiderlei Richtungen. Die meisten meistern das außerordentlich gut. Dass natürlich in den pädagogischen Berufen sehr viele Pädagoginnen unterwegs sind und dass insbesondere im Grundschulbereich die Erzieherinnen und Erzieher, also meistens eben auch Frauen, dazu kommen, ist, glaube ich, etwas, was für alle erleben lässt, wie Schule als demokratische Einrichtung gestaltet ist.
Da sind wir – ich würde nur eine kurzen Ausflug dazu machen – auch bei Ihrer Sorge nach der Vermittlung der christlich-jüdisch-abendländischen Grundlagen unserer Gesellschaft. Wir sind in einer Plenarsitzung, in der das mehrfach – auch an anderer Stelle – eine Rolle gespielt hat. Wenn ich so in die letzten zwei Tage zurückhorche, kann ich sagen, teile ich Ihre Sorge, aber ich denke auch, dass wir insgesamt ein Unterstützersystem in einem Werteverständnis brauchen, in einem humanistischen Werteverständnis, in einem Werteverständnis von Grundgesetz und Verfassung und natürlich von Mitwirkung und demokratischer Auseinandersetzung in einer Gesellschaft, auch wenn es um die politische Gestaltung dieser Gesellschaft geht. Insofern kann ich Ihnen versichern, dass natürlich die Schulen solche Lernorte sind. Das hat auch damit zu tun, wie Schule in Thüringen verfasst ist und wie Lehrpläne organisiert werden, dass das Orte sind, in denen Kinder und Jugendliche, die nicht hier ihre heimatlichen Wurzeln haben, sondern hierhergekommen sind und sicher und hoffentlich auch den einen oder anderen Lebensmittelpunkt bei uns finden und dann Mitbürgerin und Mitbürger werden und sich in dieser Lebenswelt zurechtfinden können.
Wie sieht es nun mit der Personalabdeckung im Bereich „Deutsch als Zweitsprache“ aus? Zum Stand Dezember 2015 waren etwa 1.000 – genaue Zahl: 1.029 – Personen im Umfang von 129 Vollzeitbeschäftigten im Bereich „Deutsch als Zweitsprache“ tätig. Das sind sowohl unbefristet tätige Lehrkräfte, das sind diejenigen, die die Befähigung haben, im Thüringer Schuldienst als Lehrerinnen und Lehrer eingestellt zu sein und die neben ihrer regulären Tätigkeit zum Beispiel als Deutschlehrerin, als Fremdsprachenlehrerin Deutsch als Zweitsprache zu unterrichten. Dazu haben wir befristet eingestellte Lehrkräfte. In diesem Zusammenhang sind natürlich aktuelle Bedarfe entstanden und es sind auch Personen in unser Schulsystem gekom
men, die keine Lehramtsausbildung haben und für die es – das wissen wir, wir hatten das im Ausschuss des Öfteren besprochen – schwierig ist, die dauerhafte Einstellung in den Schuldienst zu realisieren. Das gelingt im Wesentlichen nur dann, wenn wir ihnen ein Fortbildungsangebot unterbreiten können, damit sie dann auch im Thüringer Schuldienst oder eben im öffentlichen Dienst als Lehrerinnen und Lehrer tatsächlich eine unbefristete Einstellung bekommen.
Um die Deutsch-als-Zweitsprache-Kompetenzen zu sichern und zu verstärken, haben wir bereits 2014/15 ein Fort- und Weiterbildungsprogramm gestartet. Die Ersten, die in diesem Programm waren, waren 15 Lehrkräfte, die diese Fortbildung bereits erfolgreich abgeschlossen haben. Das meinte ich auch damit, als ich vorhin sagte, wir sind sehr frühzeitig auf diesen Prozess eingegangen. Denn das ist ein Zeitraum gewesen – 2014/15 –, der war genau zu der Zeit, als wir uns alle im Wahlkampf befunden haben und die Frage nach der Bildung dieser rot-rot-grünen Regierung noch in den Koalitionsverhandlungen steckte. Da ist zu diesem Zeitpunkt auch unter der Anregung meines Vorgängers im Amt bereits dieser Prozess eingeleitet worden. Wir haben dann gemerkt, dass wir mit zunehmenden Flüchtlingszahlen natürlich diesen Prozess verstärken müssen, und 65 weitere Lehrkräfte sind aktuell dabei, diese Fortbildung zu absolvieren. Die Ausschreibung für weitere 65 Teilnehmer für das kommende Schuljahr läuft bereits. Wir merken durchaus, dass dieses Angebot gern angenommen wird. Diese Programme – das ist für uns auch immer günstig – können wir mithilfe von ESF-Förderungen auch im folgenden Jahr fortsetzen, sodass wir an dieser Stelle nicht an den notwendigen finanziellen Kapazitäten scheitern müssen.
Für den Sprachunterricht haben wir im Jahr 2015 Unterrichtsmaterialien in der Größenordnung von einer Viertelmillion Euro angeschafft. Auch darauf bin ich, glaube ich, im Ausschuss bereits eingegangen. Wir haben also am Jahresende 2015 noch einmal in alle Kassen und Kassenreste geschaut – also ich sage das jetzt mal so ein bisschen salopp, die Haushälter mögen mir verzeihen – und haben gesagt: Wo können wir noch Geld hernehmen? Wir haben innerhalb kürzester Zeit Unterrichtsmaterialien in Form von Bildern, Spielen und CDs für die unterschiedlichen Altersgruppen angeschafft. Zusätzlich haben wir Lehrmaterial für die älteren Schülerinnen und Schüler beschafft, die die lateinische Schrift nicht lesen und nicht schreiben können und demzufolge aus dieser Sicht wenig Lernerfahrung mitbringen. Eine weitere Bestellrunde für derartige Unterrichtsmaterialien in Höhe von 60.000 Euro läuft, sodass wir also am Jahresende 2015 eine Viertelmillion, jetzt noch einmal die 60.000 Euro obendrauf, also über 300.000 Euro ausgegeben ha
Ich denke – und da bin ich wieder bei dem Ausgangspunkt, als ich sagte, dass wir sicher alle akzeptieren, dass es möglichst schnell gelingen muss, dass gerade Kinder und Jugendliche Deutsch sehr schnell lernen. Das ist für sie die Möglichkeit der Integration in die weiteren Bildungsangebote, die wir in Thüringen für sie gleichberechtigt mit allen Kindern und Jugendlichen, die schon längere Zeit bei uns leben, anbieten möchten.
Natürlich heißt mehr Schülerinnen und Schüler an Schulen auch mehr Lehrerinnen und Lehrer. Ich erinnere in diesem Zusammenhang daran, dass wir uns im Haushalt sehr viel Mühe gegeben haben: Wie können wir trotz der ausgereizten Möglichkeiten des Stellenplans noch mehrere Stellen zur Verfügung stellen, wenn es darum geht, in den Schulen Lehrkräfte einzusetzen? Da bin ich dem Haushaltsgesetzgeber – nämlich dem Parlament – sehr dankbar, dass dort die Möglichkeit eröffnet worden ist, für jeweils zum Halbjahr immer 100 befristete Stellen zur Verfügung zu stellen, die wir als zusätzliche Lehrkräfte in dieses System hineingeben können. Es ist übrigens deutlich geworden, dass sich die Lehrkräfte, die im System sind, dann, wenn eine Stelle frei wird, auch auf die unbefristeten Stellen bewerben können, und zunehmend auch in ihren Schulen integriert werden. Ich merke aber trotzdem einmal an, natürlich ist mir jede unbefristete Stelle immer sehr viel wert. Ich hätte lieber unbefristete Stellen, muss aber manchmal mit dem Umstand leben, dass ich diese Stellen nur für eine befristete Zeit zur Verfügung gestellt bekomme.
Ich rede immer mit der Finanzministerin. Richtig, Herr Emde, das ist doch erst mal gut. Manche unserer Auseinandersetzungen sind doch keinesfalls im Verborgenen geblieben, die sind nicht in der Sache, sondern die liegen daran, dass wir
(Zwischenruf Abg. Emde, CDU: Es gibt doch eine ganze Menge Mehrausgaben, da muss doch auch das gehen!)
natürlich auch sorgsam mit Haushaltsmitteln umgehen. Sie wissen das aus Ihrer Zeit in der Regierungsverantwortung, dass die Frage von Stellen immer eine ist, in der man sich sehr hart miteinander auseinandersetzen muss. Herr Emde, da hat keinesfalls nur eine Seite recht. Das wollte ich Ihnen auch noch mal sagen.
Trotzdem muss ich noch einmal darauf verweisen, weil es manchmal schon gar nicht mehr richtig wahrgenommen wird, dass wir im Jahr 2015 500 Lehrerinnen und Lehrer eingestellt haben, dass wir im Jahr 2016 zum Februar-Termin 196 Lehrerin
nen und Lehrer im System fest eingestellt haben. Das heißt, diejenigen, die wir unbefristet einstellen konnten, sind inzwischen sehr gut in unseren Thüringer Schulen angekommen. Ich weiß durchaus – also das muss man mir letzten Endes auch nicht als Neuigkeit verkünden –, dass nach wie vor zu viel Unterricht ausfällt, dass wir nach wie vor Probleme in der Absicherung in verschiedenen Fächern haben. Das ist mir völlig bewusst. Trotzdem muss ich sagen, 500 plus 196 in 16, das ist eine beachtliche Zahl von unbefristeten Einstellungen in diesem System. Die nächste Runde zum Schuljahresbeginn 16/17 läuft auch. Dazu rechnen wir dann eben trotzdem diese befristeten Einstellungen für den Bereich des Unterrichts von Deutsch als Zweitsprache, aber auch für den Bereich der Unterstützung der Schulen, die langzeiterkrankte Kolleginnen und Kollegen haben. Ich denke, aus dem Ganzen wird auch der Schuh, der es sein soll oder es wird vielleicht das Paar Schuhe, mit denen wir gemeinsam diese Aufgaben Schritt für Schritt erledigen. Ich denke immer, wenn wir Kinder und Jugendliche in unserem Land gut in Bildung integrieren, dann können wir auch die Hoffnung haben, dass sie sich hier wohlfühlen und dass sie ihren Aufenthaltsort vielleicht auf Dauer hier in Thüringen wählen und dass wir dann irgendwann auch nicht mehr dieses „berühmte“ Thema haben, dass uns die jungen Menschen abhandenkommen, dass hier keine Kinder mehr geboren werden und dass wir ein Land sind, welches unter dem demografischen Wandel leidet. Ich wünsche mir, dass wir eine bunte Gesellschaft sind, in der sich diese Kinder und Jugendlichen, die aus fernen Ländern zu uns gekommen sind, gern integrieren können und dass wir sie letzten Endes durch Bildungsangebot bei uns behalten können. Thüringen hat das verdient und diese Kinder und Jugendlichen haben es verdient.
Vielen Dank, Frau Ministerin. Zunächst einmal der obligatorische Hinweis, dass die Beratung zu Berichten der Landesregierung in langer Redezeit ausgeführt wird. Dann stelle ich die Frage, welche Fraktionen die Aussprache zum Sofortbericht bzw. die Beratung zum Sofortbericht wünschen. Linke, Grüne, SPD, CDU und AfD-Fraktion. Dann eröffne ich auf Verlangen aller Fraktionen die Aussprache und als Erster hat das Wort der Abgeordnete Wolf, Fraktion Die Linke.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! Herr Bühl, natürlich soll der Beruf des Lehrers, des Erziehers – wo ist er denn jetzt? Ich sehe ihn
gar nicht – natürlich soll dieser Beruf auch weiterhin Spaß machen. Aber denjenigen Lehrkräften, denjenigen Erzieherinnen und Erziehern, die ich gesprochen habe, ist der Spaß und die Lust am Beruf durch die Beschulung von Kindern mit Migrationsund Fluchthintergrund weiß Gott nicht vergangen, ganz im Gegenteil. Die allermeisten berichten davon, dass es eine Bereicherung ist, dass diese Kinder den Schulalltag bunter machen und sie in den Klassen, in den Schulen herzlich willkommen sind. Von daher, denke ich, sollte man auch Ihren Antrag, zu dem ich gleich zu sprechen komme, noch mal kritisch hinterfragen. Ob das, was darin steht, mir wirklich beim Lesen Spaß gemacht hat, das will ich mal infrage stellen.
Einiges von dem – darauf werde ich jetzt noch eingehen – ist weiß Gott nicht spaßig und ist weiß Gott nicht das, was in den Schulen derzeit an Diskussion und Notwendigkeiten gebraucht wird und läuft. Von daher sage ich: Es ist ein Antrag, den wir hier heute diskutieren, der sicherlich auch Ausfluss – Frau Ministerin hat es gerade noch mal betont – unserer intensiven Beratungen im Bildungsausschuss ist. Aber es ist auch ein Antrag, der deutlich zu kurz greift, der wesentliche Inhalte gar nicht aufnimmt und der eindeutig eine Sicht auf Schule widerspiegelt, die ich nicht teile.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, zur Aussprache kommt also der Antrag der CDU-Fraktion zu den Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche Flüchtlingskinderbeschulung in Thüringen. Natürlich ist es ein Anliegen, ich hatte es gerade schon gesagt, was uns schon länger beschäftigt. Wir haben uns im Koalitionsvertrag als rot-rot-grüne Fraktionen auch schon dazu geäußert und den Weg zur gelingenden Integration von Kindern in das Bildungssystem erfasst. Die frühzeitige Sprachförderung zur sozialen Integration und umfangreichen Integration in die Schule stand dort im Mittelpunkt. Dies wird durch die zusätzlichen DaZ-Lehrkräfte, durch die zusätzlichen Lehrerinnen und Lehrer – Frau Ministerin Dr. Klaubert ist schon darauf eingegangen – und natürlich auch durch die langjährigen im Dienst befindlichen Pädagoginnen und Pädagogen heute bereits umgesetzt. Gelingende Integration findet tagtäglich in den Kitas und Schulen statt und dafür möchte ich allen beteiligten Pädagoginnen und Pädagogen, aber natürlich auch denjenigen, die in den Schulverwaltungsämtern mit dafür sorgen, dass diese Aufgabe gelingt, im Namen meiner Fraktion ausdrücklich danken und meine Anerkennung ausdrücken.
Nicht erst seit den Meldungen des Thüringer Lehrverbands und der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft in den letzten Wochen wissen wir, dass Beschulung von Flüchtlings- und Migrationskindern eine große Herausforderung darstellt. Dabei ist das Thema eingebettet in ein übergeordnetes Thema, welchem sich die Schulen schon seit Jahren in großer Verantwortung stellen. Das Thema heißt „Umgang mit Heterogenität“ und das Thema heißt „Eine Schule für alle Kinder“.
Im Thüringer Entwicklungsplan Inklusion, von der letzten Landesregierung unter Führung der CDU erarbeitet und vom Landtag zur Kenntnis genommen, findet sich darunter Folgendes – Herr Präsident, ich würde gern zitieren: „Inklusion meint, dass alle Kinder und Jugendlichen von Anfang an – unabhängig davon, unter welchen Bedingungen sie aufwachsen – ein umfassendes Recht auf Bildung, auf soziale und gesellschaftliche Partizipation haben. Zur Durchsetzung dieses Rechts haben sie Anspruch auf Unterstützung. Diese Unterstützung ist so anzulegen,“ – so im Entwicklungsplan Inklusion nachzulesen – „dass Kinder und Jugendliche nicht von ihren Altersgleichen getrennt werden, sondern sich mit ihnen gemeinsam, verankert in ihrer Generation entwickeln können.
In inklusiven Bildungseinrichtungen können sie von Anfang an miteinander lernen. Ihre soziale, emotionale und kognitive Verschiedenheit ist hier nicht Randbedingung oder Störfaktor, sondern der zentrale Bezugspunkt des pädagogischen Handelns, von dem aus gemeinsame Bildungsangebote geplant, realisiert und reflektiert werden.“
Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, war auch noch in der letzten Legislatur bei der CDU offensichtlich mehrheitsfähig. Davon finde ich in Ihrem Antrag schlichtweg gar nichts.
Sie sehen, wir reden hier nicht über eine neue Aufgabe an den Schulen, denn die Beschulung von Kindern mit anderem kulturellen und sprachlichen Hintergrund ist eine weitere Facette einer auf Teilhabe und Integration basierenden Bildungspolitik. Dieser Aufgabe müssen sich folglich alle Schulen stellen. Die Koalition wird mit der Novellierung des Schulgesetzes dem auch weiter Rechnung tragen. Dies zur Einführung und zur Einordnung.
Die CDU macht es sich mit ihrem Antrag, der heute – da gebe ich Herrn Bühl ausdrücklich recht – endlich beraten werden kann, sehr leicht, indem sie mit
ihrem Antrag zu erkennen gibt, was sie auch sonst in der Bildungspolitik vertritt: Ein Trennsystem oder, um es genau zu sagen, ein Semi-Trennsystem. So ist es der CDU zum Beispiel nicht wichtig – nicht wichtig, lieber Kollege Tischner –, in ihrem Antrag den gleichmäßigen Zugang von Flüchtlingskindern zu allen Schularten zu realisieren. In allen Gymnasien, und das waren nicht wenige, in denen ich in den letzten Monaten war
im Übrigen auch an den freien Schulen –, wurde eindringlich gefordert, die Zugangsbarrieren zu den Thüringer Gymnasien endlich zu beseitigen für diese Kinder, die zu uns gekommen sind, mit ihren Familien oder auch allein,