Auch Prof. Greiling von der Historischen Kommission für Thüringen sagt zu den anderen Bundesländern: „Inhaltlich oder strukturell messbare Verbesserungen und finanzielle Einsparungen konnten bei einer Zentralisierung des Archivwesens selbst in jenen Bundesländern nicht erreicht werden, die eine Vergangenheit mit einer deutlich geringeren föderalen Prägung besitzen als Thüringen.“ Auch das erinnert fatal an die Gebietsreform.
So bleibt am Ende, dass die ganze Sache lediglich zur Zerschlagung bestehender, funktionierender Strukturen und zu einer Zentralisierung führen wird. Das mag für den einen oder anderen in der Regierung ausschlaggebend oder ausreichend sein, so etwas auf den Weg zu bringen, für uns weckt das allerdings unschöne Assoziationen. Der ehemalige Thüringer Staatsarchivdirektor Prof. Dr. Wahl erwähnte in einer Stellungnahme, dass die geplante Zentralisierung ein Zurück zur Archivstruktur der
DDR bedeuten könnte – das ist keine AfD-Erfindung. Herrn Hoff mag das freuen; die AfD-Fraktion wird das auf keinen Fall mitmachen.
Soweit nun ein interessanterweise auf den 20.06. datierter Entschließungsantrag vorliegt – der am 17.06. eigentlich schon fertig sein sollte, haben Sie uns erzählt, aber am 20. wohl erst eingereicht wurde, das ist das Ergebnis der Beratung –, muss ich sagen: Mit diesem Entschließungsantrag brüskieren Sie selber Ihre eigene Regierung. Sie schmieren denen das aufs Brot, was wir als Opposition hier sagen, nämlich dass dieser Gesetzentwurf von hinten bis vorne und von vorne bis hinten nichts taugt, denn ansonsten bräuchte es ja aus den eigenen Ramelow-Fraktionen keinen Entschließungsantrag zu einem eigenen Ramelow-Regierungsantrag. Sie brüskieren Ihre eigene Landesregierung. Das, was Sie mit dem Entschließungsantrag auf den Weg gebracht haben, ist hektischer Aktionismus, um auf die vernichtende Kritik in den Anhörungen zu reagieren – nichts anderes ist das.
Wir haben uns den Antrag durchgelesen: Kann man machen, muss man nicht machen. Eigentlich sollte man ihn ablehnen, aber so schlimm ist er dann doch nicht, also werden wir uns, was den Entschließungsantrag angeht, enthalten. Vielen Dank.
Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich frage mich, ob wir im gleichen Ausschuss gesessen haben! Wir haben eigentlich ausführlich über bestimmte Abgrenzungen diskutiert. Und dass wir jetzt irgendwie mit dem Entschließungsantrag der Regierung eins auswischen – es geht ja darum, dass wir gesagt haben, dass die umfassenden inhaltlichen Änderungen dazu dienen, aber auch, dass Neugestaltungen des Bundesarchivgesetzes für die Archivarbeit in Thüringen nötig sein werden. Die werden wir in einem separaten Gesetz angehen und da wollen wir schon erste Grundlinien festlegen, um genau das, was sich auch in den Anhörungen, was sich schon jetzt in der Diskussion als sinnvolle Neuerungen abzeichnete, festzuhalten und zu sagen: Auf diese Punkte soll die Landesregierung besonders achten.
Herr Kellner, ich habe Sie auch nicht verstanden, wenn Sie sagen, mit dem Neuorganisationsgesetz würden Landesarchive abgeschafft. Es steht eindeutig im Gesetzentwurf, durch Änderung bestimmter Begrifflichkeiten, dass das Landesarchiv die Be
hördenbezeichnung „Landesarchiv Thüringen“ führen wird und die bisher selbstständigen Staatsarchive zu Abteilungen des Landesarchivs werden. Dann erhalten – das ergibt sich aus den einzelnen Gesetzesbestimmungen – die bisher selbstständigen Staatsarchive die Bezeichnungen „Landesarchiv Thüringen – Hauptstaatsarchiv Weimar“, „Landesarchiv Thüringen – Staatsarchiv Altenburg“, „Landesarchiv Thüringen – Staatsarchiv Greiz“, „Landesarchiv Thüringen – Staatsarchiv Gotha“, „Landesarchiv Thüringen – Staatsarchiv Meiningen“ und „Landesarchiv Thüringen – Staatsarchiv Rudolstadt“. Die Standorte werden festgeschrieben. Was Sie da reingeheimnissen, die würden vielleicht abgeschafft und abgeschnitten, stimmt alles so nicht.
Die Anhörung hat bestätigt, dass die von der Landesregierung intendierten Novellierungsziele grundsätzlich nicht kritisiert worden sind. Durch die Zusammenfassung bisher eigenständiger Staatsarchive unter dem Dach eines neuen Landesarchivs wird nichts Geisterhaftes geschaffen. Solche Landesarchive gibt es bereits in sieben Bundesländern und sie funktionieren dort sehr gut. Daran haben auch die vom Ausschuss erwähnten Stellungnahmen der Landesarchive Baden-Württemberg, Hessen und Sachsen-Anhalt keinen Zweifel gelassen. Dort wurden als Positivpunkte der in ihren Ländern vorgenommenen Schaffungen ausdrücklich übereinstimmend die dadurch mögliche größere Kooperation und Abstimmung zwischen den Archivstandorten, eine größere Arbeitseffizienz und Synergiebildung genannt. Da wurde jetzt nachgefragt, wie denn zum Beispiel eine stärkere Professionalisierung der Archivarbeit durch gemeinsame Standards, engen Austausch und kooperatives Zusammenwirken sei.
In der Anhörung ist aber deutlich geworden, dass die konkrete Aufgabenteilung zwischen der Leitung des Landesarchivs als Zentralebene und den Einzelstandorten so ausgestaltet sein muss, dass es nicht zu unnötigem Zentralismus, zusätzlicher Bürokratie und langen Instanzenwegen sowie fehlenden Entscheidungskompetenzen und mangelnder Flexibilität vor Ort kommt. Das haben nahezu alle Anzuhörenden ausgeführt. Besonderes Gewicht hatte dieser Punkt verständlicherweise für die einzelnen Thüringer Staatsarchive. Sie bezogen sich in ihrer Kritik – das ist dann allerdings deutlich geworden, auch schon im Vorfeld – insbesondere auf eine frühere Entwurfsfassung der geplanten Geschäftsordnung des neuen Landesarchivs. Wir haben dann in den vielen Sitzungen, die wir hatten, gemeinsam mit der Landesregierung diese Kritik dadurch konstruktiv ausgeräumt, dass die Landesregierung, die Staatskanzlei, den Geschäftsordnungsentwurf überarbeitet und uns allen zur Verfügung gestellt hat. In der künftigen Geschäftsordnung sind nun auch klar die Mitwirkungsrechte der künftigen Abteilungsleiter an den Entscheidungen der Leitungs
ebene des neuen Landesarchivs geregelt; dazu gibt es in der künftigen Geschäftsordnung in § 8 Abs. 6 eine Vorschrift. Es ist deutlich klargestellt – auch das wurde von Ihnen jetzt hier angezweifelt –, dass die einzelnen Archivstandorte selbstverständlich auch künftig lokale und regionale Forschungs-, Ausstellungs- und Publikationsvorhaben in eigener Regie durchführen können. Das ist in § 9 Abs. 3 der Geschäftsordnung vorgesehen. Und – das wurde auch als angeblich nicht mehr möglich kritisiert – sie können im Rahmen Ihrer Zuständigkeit auch weiterhin eigenständig Pressearbeit betreiben – § 11 Abs. 3 GO. Das waren eigentlich diese Kritikpunkte, mit denen man die Angst verbunden hat, dass hier vielleicht diese Zentralisierung Einzug halten würde. Aber diese Punkte sind ausgeräumt. Deswegen können wir dem Gesetzentwurf ohne Weiteres zustimmen.
Wichtig war aber – das haben wir ausführlich diskutiert und ich habe vorhin im Rahmen meiner Berichterstattung die vielen Termine auch vorgelesen –, dass die jetzige Gesetzesänderung nur ein erster Schritt auf dem Weg zu einer umfassenden Novellierung des Thüringer Archivgesetzes sein kann. Allein schon die Digitalisierung von Kulturgut wird hier beträchtlichen gesetzlichen Änderungsbedarf mit sich bringen. Auf diesen Aspekt haben in der Anhörung sowohl die Thüringer Staatsarchive selbst als auch die kommunalen Spitzenverbände zu Recht hingewiesen. Deswegen haben wir dann als Koalitionsfraktionen diesen Entschließungsantrag angefertigt, um deutlich zu machen, dass es im Interesse der staatlichen und der kommunalen Archive in absehbarer Zeit zu einer weiteren umfassenden Novellierung des Thüringer Archivgesetzes in den inhaltlichen Bestandteilen kommen muss. Für diesen Entschließungsantrag bitte ich Sie ebenso um Zustimmung wie für den zugrunde liegenden Gesetzentwurf selbst. Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Frau Abgeordnete. Für die Fraktion Die Linke spricht jetzt Frau Abgeordnete Mitteldorf.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, das Erste Gesetz zur Änderung des Thüringer Archivgesetzes hat es sich zur Aufgabe gemacht – das haben wir hier jetzt alle auch verstanden –, die Archivlandschaft Thüringens neu und besser zu strukturieren. Jetzt kommt das nicht aus dem luftleeren Raum, sondern es ist im Rahmen des Reformkonzepts 2020 entstanden. Das vielleicht noch mal zur Erinnerung.
Die Zusammenfassung der sechs Staatsarchive unter dem Dach eines Landesarchivs wird aus meiner Sicht wesentliche Vorteile bringen und den einzelnen Staatsarchiven dennoch eigene Entscheidungsbefugnis und Eigenständigkeit belassen. Die Sorge, die auch im Anhörungsverfahren zum Ausdruck gebracht wurde, die Staatsarchive würden nun nicht mehr eigenständig arbeiten dürfen und müssten quasi für jeden Bleistift in Weimar anfragen, wird aus meiner Sicht durch die Geschäftsordnung entkräftet, die sehr klar und deutlich die hoheitlichen Aufgaben der regional verankerten Archive beschreibt und auch die Mitbestimmungsrechte der einzelnen Archivleiterinnen und -leiter bekräftigt.
Herr Kellner, Sie haben offensichtlich das Prinzip einer Landesbehörde nicht verstanden. Deswegen sei mir die zugegeben populistische Frage erlaubt – ich habe mich das im Ausschuss schon gefragt –: Geben Sie Ihre Steuererklärung vielleicht zufällig auch direkt im Finanzministerium ab oder ist Ihnen bewusst, dass das Finanzamt auch regional bei Ihnen vertreten ist, wo Sie das abgeben können?
Was heißt es also nun genau bezogen auf das Landesarchiv? Die sechs Staatsarchive arbeiten zwar bereits jetzt in einigen Aspekten zusammen – das haben meine Kollegen und auch Herr Kellner schon kundgetan –, allerdings fehlt all dem eine feste und gesetzlich verankerte Grundlage. Ein Landesarchiv kann aus meiner Sicht in diesem Bereich Planungssicherheit gewährleisten. Perspektivisch wird eine Zusammenarbeit als Landesarchiv aber vor allem der Benutzer- und Wissenschaftsfreundlichkeit dienen, da man beispielsweise, was es in Thüringen auch überhaupt noch nicht gibt, standortübergreifende Nutzerausweise etablieren könnte, welche in ganz Thüringen Gültigkeit hätten. Wer sich ein bisschen auskennt, weiß, dass man das für jedes Archiv einzeln tun muss.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn ich von Chancen spreche, die ein künftiges Landesarchiv bieten wird, dann komme ich zwangsweise zu dem Stichwort „Digitalisierung“ und damit zu dem von uns eingebrachten Entschließungsantrag zurück. Die Leitende Archivdirektorin des Landesarchivs Sachsen-Anhalt, Prof. Dr. Ulrike Höroldt, verbindet Digitalisierung und Landesarchive übrigens folgendermaßen – ich zitiere aus der Anhörung –: „Hauptgrundlage allen archivischen Arbeitens sind heute archivische IT-Fachanwendungen, die […] nicht nur alle digitalen Erschließungsdaten […] verwalten, sondern die relevanten Daten auch […] in die Online-Angebote der Archive einpflegen, um sie ortsunabhängig recherchierbar zu machen. Eine solche Fachanwendung kann nur zentral betreut werden.“ Im Hinblick auf die Voraussetzungen für eine leistungsfähige digitale Archivierung und Infrastruktur ergänzt der Leitende Archivdirektor des Thüringischen Hauptstaatsarchivs Weimar,
Dr. Bernhard Post – wieder ein Zitat –: „Insgesamt macht dies eine zentral strukturierte Archivverwaltung erforderlich, die für die Schaffung dieser Voraussetzungen Sorge trägt. Über Insellösungen ist dies nicht zu leisten.“ Genau hier setzt die beabsichtigte Symbiose vom Gesetzentwurf der Landesregierung und unserem Entschließungsantrag an. Zentrale Aspekte des Entschließungsantrags sind die Digitalisierung und die damit verbundenen Erfordernisse. Dies beginnt bei einer genauen Definition des Begriffs „Unterlagen“ und setzt sich fort bei verbindlichen Maßnahmen zur gesetzeskonformen Speicherung, dem Umgang mit „born digital data“ bis hin zur Zukunftsfähigkeit, Unveränderlichkeit und Nachnutzbarkeit digitaler Daten. Mit einem derart fortschrittlichen Archivgesetz können wir bundesweit zu einem Wegbereiter und Vorbild werden, denn kein einziges Bundesland hat sich bisher in seinem Archivgesetz adäquat an die Herausforderungen des digitalen Zeitalters herangetraut.
Zusammenfassend und vorrangig werden mit einer Berücksichtigung des Entschließungsantrags im Bereich der Digitalisierung folgende Verbesserungen erreicht: Die Zugänglichkeit von Archivgut wird massiv verbessert. Die Nutzungs- und Auswertungsmöglichkeiten – Stichwort „Nachnutzbarkeit“ – werden neue Forschungsfelder erlauben bzw. bestehende Forschungsfelder bereichern. Die Digitalisierung von Archivgut wird helfen, analoges Archivgut vor Gefährdungen zu schützen. Open Access bzw. die verbesserten Nutzungsmöglichkeiten werden die Sichtbarkeit Thüringens im überregionalen Raum beträchtlich erhöhen. Schließlich wird die Kombination von Landesarchiv und einer einheitlichen Digitalisierungsstrategie die Nutzerfreundlichkeit, Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit der Digitalisierung und der digitalen Bestandserhaltung deutlich verbessern.
Mit dem Wort „Digitalisierung“ sind jedoch nicht alle Aspekte umfasst, die im vorgelegten Entschließungsantrag enthalten sind. Wie im Anhörungsverfahren angeregt, sollen Kreis- und Kommunalarchive gestärkt und angemessen ausgestattet werden und die Verantwortungsbereiche zwischen Landesund Kommunalarchiven klar definiert werden. Wesentlich sind auch Neuregelungen im Bereich der Schutzfristen. Der Gesetzentwurf zum Bundesarchivgesetz kann hier Orientierung bieten. Dieser stellt die Verkürzung von Schutzfristen in Aussicht, was eine bedeutsame Steigerung an Nutzer- und Wissenschaftsfreundlichkeit bieten würde, vor allem im Hinblick auf die zeitgeschichtliche Forschung.
Bestandteil des Entschließungsantrags ist darüber hinaus eine zentrale Fachberatung und die Ausund Weiterbildung von Archivpersonal. Das Gesamtpaket aus Struktur und Inhalt – also Gesetzentwurf und unserem Entschließungsantrag – wird die Zukunftsfähigkeit der Thüringer Archive – so glaube ich – nachhaltig und effizient sichern kön
nen. Wir können mit diesem Werkzeug nicht nur unseren im bundesweiten Vergleich deutlichen Rückstand aufholen, sondern es bietet sich die Chance, einen deutlichen Vorsprung zu entwickeln und auszubauen. Ich bitte daher um Zustimmung sowohl zum Gesetzentwurf als auch zu unserem Entschließungsantrag. Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Abgeordnete. Weitere Redemeldungen aus den Reihen der Abgeordneten liegen mir nicht vor. Für die Landesregierung spricht der Minister für Kultur, Bundes- und Europaangelegenheiten, Herr Prof. Dr. Hoff.
Entschuldigung, Herr Kollege Kellner. Das habe ich visuell nicht wahrgenommen. Herr Hoff, würden Sie gern darauf verzichten, gleich zu reden, sondern erst dem Kollegen Kellner den Vortritt lassen?
Halt, Entschuldigung. Mein freundlicher Assistent macht mich darauf aufmerksam, dass das Redezeitbudget der CDU-Fraktion erschöpft ist. Das war sogar schon überzogen. Herr Prof. Hoff, bitte schön.
Ich danke Ihnen, lieber Herr Präsident. Wir haben auf der Tagesordnung dieses Plenums eine ganze Reihe von Aspekten stehen, die zwar in unterschiedlicher Reihenfolge aufgerufen werden, aber dennoch in einem Zusammenhang stehen: Wir haben auf der einen Seite das Vorschaltgesetz zur Gebietsreform und wir haben auf der anderen Seite das Verwaltungs-und-Funktionalreformen-Grundsätze-Gesetz sowie das Archivgesetz auf dieser Tagesordnung stehen. Die stehen tatsächlich alle in einem gewissen Zusammenhang. Ich möchte den Kontext vielleicht noch einmal deutlich machen. Als die Landesregierung das Vorschaltgesetz und das entsprechende Leitbild zur Gebietsreform erarbeitet hat, wurde seitens der CDU-Opposition gesagt: Keine Gebietsreform ohne dass sich die Landesregierung dem Themenfeld Verwaltungs- und Funktionalreform widmet. Wir haben parallel – was wir sowieso vorhatten – an dem Verwaltungs-undFunktionalreformen-Grundsätze-Gesetz gearbeitet. Als wir diesen Entwurf vorgelegt haben und in die Diskussion gebracht haben, wurde gesagt: Keine Grundsätze der Verwaltungs- und Funktionalreform ohne praktische Beispiele, wie Verwaltungs- und Funktionalreform tatsächlich aussieht. Aber als dann die Landesregierung das Archivgesetz bereits zu diesem Zeitpunkt erarbeitet und in die Diskussion gebracht hatte, da wurde gesagt: Nein, lieber alles lassen, wie es ist.
Lieber Herr Kellner, Sie und Ihr Kollege haben heute beim Gebietsreformthema, als wir die Tagesordnung debattiert hatten, immer wieder auf das Thema „Geschwindigkeit“ hingewiesen. Ich will Ihnen sagen: Keine Angst, Geschwindigkeit ist keine Hexerei. Diese Landesregierung macht tatsächlich Schluss mit dem, was als Mehltaupolitik seitens der vorhergehenden stärksten Regierungspartei über Jahre hinweg praktiziert worden ist. Die lange überfälligen Reformen, die der Freistaat braucht, packt diese Landesregierung an und die Tagesordnung dieses Plenums drückt das aus.
Wir haben hier also ein Gesetz vorgelegt, das tatsächlich einen Kontext zur Verwaltungs-, Funktional- und Gebietsreform herstellt, ohne – und da schließe ich mich Frau Henfling an – Ihre leicht verschwörungstheoretischen Argumentationen, dass hier also schwierige Dinge vorgesehen sind und dass die Landesregierung hinter dem Rücken der Betreffenden vielleicht noch was plant. Nein, deshalb wird hier ein Gesetz vorgelegt und das Gesetz schafft den Rahmen, in dem Institutionen arbeiten können.
Ich will – darauf ist die Kollegin Mitteldorf eingegangen – darauf hinweisen, dass dieses Archivgesetz, das wir hier vorlegen, tatsächlich der Schlussstein einer Veränderung ist, die im Jahr 2002 begonnen wurde und die eine Zielperspektive bis 2020 hatte, in dem es tatsächlich um die Modernisierung des Archivwesens in Thüringen geht. Ich finde es interessant, dass Sie die beiden kritischen Beiträge, die es hier zu dem Gesetzentwurf gegeben hat, etwas vernachlässigt haben, was wiederum Schwerpunkt der Beiträge der Vertreterinnen der Regierungsfraktionen ist: In Ihrem Beitrag, Herr Kellner, und im Beitrag des Vertreters der AfD tauchte nämlich das Thema „Digitalisierung“ nicht ein einziges Mal auf. Sie haben im Prinzip argumentiert, als ob wir über ein Archivwesen reden, das im Wesentlichen darin besteht, dass eine Akte von A nach B getragen wird, und bei dem man Bleistifte in Weimar beantragen muss. Ich weiß nicht, ob Sie tatsächlich eine sinnliche Erfahrung damit gemacht haben, dass die wenigste Archivarbeit heute noch mit Bleistiften stattfindet, sondern dass es sich hier um Archive handelt, die den Sprung in das 21. Jahrhundert bereits gemacht haben, während Ihre Argumentation noch im Wesentlichen auf der Ebene der 70er- und 80er-Jahre des 20. Jahrhundert stattfindet.
Aus diesem Grund würde ich Ihnen empfehlen, sich tatsächlich anzuschauen, was der relevante Bedarf ist, der in diesen Archiven deutlich gemacht wird. Und der Archivveränderungsbedarf – und das war der Ausgangspunkt, der 2002 zugrunde gelegt wurde – ist die Tatsache, dass wir im Informationszeitalter eine elektronische Bereitstellung von Informationen brauchen. Und das setzt wiederum eine Vereinheitlichung der elektronischen Zugangsmöglichkeiten, der Bestandsnachweise sowie öffentlich zugängliche Findmittel voraus, und zwar auf der Basis einheitlich definierter Dateiformate und einer einheitlichen Serverarchitektur. Insofern ist die hier vorgelegte einheitliche Organisationsweise eine, bei der es genauso wie bei der Gebietsreform nicht darum geht, die 90er-Jahre-Frage „Wie viel spart ihr denn damit?“ zugrunde zu legen, sondern bei der es um den effizienten Mitteleinsatz geht, um mit den eingesetzten Mitteln einen höheren Wirkungsgrad zu erreichen.