Protokoll der Sitzung vom 22.06.2016

Aus diesem Grund würde ich Ihnen empfehlen, sich tatsächlich anzuschauen, was der relevante Bedarf ist, der in diesen Archiven deutlich gemacht wird. Und der Archivveränderungsbedarf – und das war der Ausgangspunkt, der 2002 zugrunde gelegt wurde – ist die Tatsache, dass wir im Informationszeitalter eine elektronische Bereitstellung von Informationen brauchen. Und das setzt wiederum eine Vereinheitlichung der elektronischen Zugangsmöglichkeiten, der Bestandsnachweise sowie öffentlich zugängliche Findmittel voraus, und zwar auf der Basis einheitlich definierter Dateiformate und einer einheitlichen Serverarchitektur. Insofern ist die hier vorgelegte einheitliche Organisationsweise eine, bei der es genauso wie bei der Gebietsreform nicht darum geht, die 90er-Jahre-Frage „Wie viel spart ihr denn damit?“ zugrunde zu legen, sondern bei der es um den effizienten Mitteleinsatz geht, um mit den eingesetzten Mitteln einen höheren Wirkungsgrad zu erreichen.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Und diese Fragestellung steht im Kern; sie ist die rote Linie des Vorschaltgesetzes zur Gebietsreform, der Verwaltungs- und Funktionalreform und dieses Archivgesetzes. Insofern ist klar, dass die Aspekte, die die hervorragende Arbeit der Thüringer Archive in der Vergangenheit ausgemacht haben – die landesgeschichtliche Forschung, die

Staatsarchive, die auch als Abteilung kulturstiftende Einrichtungen in den Thüringer Regionen sind und bleiben und damit auch das akkumulierte Erinnerungswesen der thüringischen Landesgeschichte in seinen unterschiedlichen, auch herzoglichen Formen und in seinen preußischen Organisationsbereichen bewahren, weiterentwickeln und als Forschungsbereich zugänglich machen –, dass das in seiner hohen Qualität erhalten bleibt, aber eben unter dem Gesichtspunkt einer Dienstleistungsbehörde im Informationszeitalter tatsächlich zusammengeführt wird.

Insofern danke ich ganz herzlich für den Entschließungsantrag, der neben der organisatorischen Frage den Ausblick und das Fenster dahin gehend bietet, in welche Richtung wir inhaltlich die Arbeit der Thüringer Archive weiterentwickeln wollen, und das in einer engen Anlehnung an die Debatte, die wir auf Bundesebene geführt haben.

Herr Minister, es gibt den Wunsch nach einer Zwischenfrage vom Abgeordneten Dr. Voigt. Würden Sie die zulassen?

Was kann ich Herrn Voigt abschlagen?

(Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: Da fällt mir einiges ein!)

Herr Dr. Voigt, bitte schön.

Bringt mal bitte meine Lottomittel-Anträge nach vorn.

(Heiterkeit im Hause)

Herr Minister, Sie sprachen gerade über das Thema „Effizienzgewinn“ und davon, nicht mehr die 90er-Jahre-Frage – so haben Sie es gesagt – „Was spart uns das?“ zu stellen. Wie bewerten Sie in diesem Zusammenhang – Sie haben ja gerade über Archive und den musealen Zugang der Landesgeschichte Thüringens gesprochen – die geplanten Veränderungen in der Thüringer Bibliothekslandschaft, wo wir besonders mit einem hervorragenden Projekt UrMEL die Erschließung der Kultur- und historischen Desiderate bisher in vorbildlicher Art und Weise geleistet haben und das Ganze jetzt auf mehrere Bibliotheken zerlegt werden soll. Ist das in Ihrer Hinsicht auch eine Effizienzsteigerung?

Zunächst handelt es sich bei dem, was Sie darstellen, um eine Tatsachenbehauptung. Was ich aber absolut positiv bewerte, ist, dass sich das Ministerium, das sich mit Digitalisierung beschäftigt und das erste Ministerium für Digitalisierung im Freistaat Thüringen ist, auf den Weg gemacht hat, eine Digitalisierungsstrategie für den Freistaat zu entwickeln, in der der Bereich der Kulturgutdigitalisierung eine große Rolle spielen wird. Ich habe gestern das Glück gehabt, den neuen Direktor der Herzogin Anna Amalia Bibliothek vorstellen zu dürfen, die in diesem Jahr 325 Jahre Bestehen feiert. Der Kollege Laube, der bisher in Augsburg tätig war, hat das Thema „Kulturgutdigitalisierung“, die Zusammenarbeit zwischen den Thüringer Bibliotheken im Bereich der Kulturgutdigitalisierung in den Mittelpunkt gestellt. Der Wirtschaftsminister und der für Wirtschaft zuständige Staatssekretär haben auch innerhalb der Landesregierung ausgeführt, welchen methodischen Weg sie bei der Erarbeitung der Digitalisierungsstrategie gehen wollen, in der es im ersten Schritt darum geht, zu erheben, was die ressortspezifischen Interessen sind. Der Kollege Hoppe als der für Wissenschaft zuständige Staatssekretär und ich waren an verschiedener Stelle zu dem Thema „Universitätsbibliotheken UrMEL und Ansprüche der Kulturgutdigitalisierung“ im Gespräch.

Zu Ihrer Frage, wie ich das bewerte: Ich bewerte die Gespräche, die ich mit dem Wirtschafts- und Wissenschaftsministerium führe, an dieser Stelle als ganz ausgezeichnet. Ich glaube, dass wir hier als Landesregierung eine Konzeption unterbreiten werden, bei der Ihnen vor lauter Begeisterung der Atem stocken wird.

(Beifall SPD)

Lassen Sie mich abschließend noch auf einen Aspekt eingehen, weil ich ja sehr widersprüchliche Botschaften erhalte. Herr Kellner sagt: Diese Weimar-Zentralisierung, dass alles nach Weimar geht, das muss doch mal ein Ende haben. Heute wird der Weimarer Oberbürgermeister mit der Aussage zitiert: Dieser Rutschbahneffekt von Weimar nach Erfurt muss ein Ende haben. Ich hätte ein Interesse daran, dass die Kritik an der Kulturpolitik der Landesregierung ein bisschen einheitlicher formuliert wird. Entweder zentralisiere ich alles in Weimar oder ich versuche, alles aus Weimar wegzunehmen. Irgendwie muss die Kritik konsistenter formuliert werden, denn sonst würde ich genauso schizophren antworten, wie manche Kritik hier vorgetragen wird.

Insofern glaube ich, dass wir an dieser Stelle eines sagen können: Wenn von unterschiedlicher Seite Kritik geäußert wird, dann scheinen wir vielleicht mit

(Minister Prof. Dr. Hoff)

der Strategie, die wir hier eingeschlagen haben, und dem Weg, den wir gehen, zumindest an einer Stelle etwas richtig zu machen. Die Kritiker sind sich nicht einig, die Befürworter schon und das ist hier im Plenum die Mehrheit. Ganz herzlichen Dank!

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister.

Ich schließe die Aussprache und wir kommen zu den Abstimmungen. Wir stimmen direkt über den Gesetzentwurf der Landesregierung in der Drucksache 6/1713 in zweiter Beratung ab, da die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Europa, Kultur und Medien die Annahme des Gesetzentwurfs empfiehlt. Wer dem Gesetz seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. Das sind die Stimmen aus den Koalitionsfraktionen. Die Gegenstimmen bitte. Das sind die Stimmen aus den Fraktionen der CDU und der AfD. Die Enthaltungen bitte. Enthaltung vom Abgeordneten Krumpe. Damit ist dieser Gesetzentwurf angenommen.

Wir dokumentieren dies in der Schlussabstimmung. Wer dem Gesetz seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. Zustimmung der Koalitionsfraktionen. Danke schön. Die Gegenstimmen bitte. Gegenstimmen aus den Reihen der CDU und der AfD. Enthaltungen? Enthaltung vom Abgeordneten Krumpe. Damit ist dieser Gesetzentwurf angenommen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Entschließungsantrag. Ich habe bisher keinen Antrag auf Ausschussüberweisung vernommen. Das bleibt offenkundig auch so. Dann stimmen wir direkt über den Entschließungsantrag der Fraktionen Die Linke, der SPD und Bündnis 90/Die Grünen in der Drucksache 6/2320 ab. Wer diesem die Zustimmung gibt, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Stimmen aus den Koalitionsfraktionen. Die Gegenstimmen bitte. Gegenstimmen aus den Reihen der CDU-Fraktion. Enthaltungen? Enthaltungen aus den Reihen der AfD-Fraktion und vom Abgeordneten Krumpe. Damit ist dieser Entschließungsantrag angenommen.

Ich schließe diesen Tagesordnungspunkt und rufe auf den Tagesordnungspunkt 4

Thüringer Gesetz zur Dualen Hochschule Gera-Eisenach

Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 6/1744 dazu: Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Wissenschaft - Drucksache 6/2261

dazu: Entschließungsantrag der Fraktion der AfD - Drucksache 6/2338

ZWEITE BERATUNG

Zur Berichterstattung aus dem Ausschuss für Wirtschaft und Wissenschaft erteile ich dem Abgeordneten Wucherpfennig das Wort.

Herr Präsident, meine Damen, meine Herren, der von der Landesregierung beschlossene Entwurf des Thüringer Gesetzes zur Dualen Hochschule Gera-Eisenach wurde dem Landtag am 9. Februar 2016 zugeleitet. Die erste Lesung zum Gesetzentwurf fand am 25. Februar 2016 statt. In diesem Zusammenhang wurde der Gesetzentwurf mehrheitlich in den Ausschuss für Wirtschaft und Wissenschaft überwiesen. Dort wurde am 25. Februar 2016 die Durchführung einer mündlichen Anhörung zum Gesetzentwurf und eines Online-Diskussionsforums beschlossen. Eine sehr intensive sechsstündige mündliche Anhörung fand am 14. April 2016 im Ausschuss statt. Von 52 eingeladenen Anzuhörenden erschienen 21 und legten ausführlich ihre Standpunkte dar. Änderungsanträge wurden sowohl von der CDU-Fraktion als auch von den regierungstragenden Fraktionen eingereicht und im Ausschuss am 9. Juni 2016 abschließend beraten sowie eine Empfehlung zur zweiten Lesung des Gesetzentwurfs beschlossen. Hierbei wurde der Änderungsantrag der CDU-Fraktion abgelehnt und der Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen angenommen. Im Rahmen des durchgeführten OnlineDiskussionsforums sind keine Beiträge eingegangen. Ich bitte jetzt um eine zielführende Beratung und gehe davon aus, dass wir nach Abschluss der heutigen zweiten Lesung die zehnte Hochschule im Freistaat haben werden. Vielen Dank.

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter. Gibt es aus den Reihen der AfD-Fraktion den Wunsch nach der Begründung zu Ihrem Entschließungsantrag? Herr Abgeordneter Brandner, bitte.

Ja, meine Damen und Herren, die anfängliche Euphorie, die auch uns ergriffen und sich während der

(Minister Prof. Dr. Hoff)

ersten Lesung hier breit gemacht hatte, ist zumindest, was unsere Fraktion angeht, etwas der Ernüchterung gewichen. Weil wir allerdings nicht das Kind mit dem Bade ausschütten wollen, werden wir dem Gesetzentwurf zustimmen und hoffen, dass Sie das dann aber mit unserem Entschließungsantrag genauso handhaben werden. Wahrscheinlich haben Sie ihn noch nicht einmal gelesen, oder?

(Zwischenruf Abg. Holzapfel, CDU: Genau!)

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Oh doch!)

Lesen Sie ihn erst einmal und dann äußern Sie sich dazu. Woran wir uns stoßen – das würden Sie ja dann wahrscheinlich wissen –, ist die „Hochschule der besonderen Art“, wie es in der Anhörung immer hieß. Als AfD-Fraktion sind wir gegen Doppel- und Dreifachstrukturen. Bis heute hat sich uns nicht erschlossen, wieso diese Hochschule eine „Hochschule der besonderen Art“ und nicht etwa eine Fachhochschule sein soll oder darf. Wir glauben nicht, das kam ja in den Anhörungen auch deutlich heraus, dass die Probleme beispielsweise der Anerkennung und der Akzeptanz von Studienabschlüssen mit dem vorliegenden Gesetzentwurf gelöst werden. Die Studienstruktur, das Lehrpersonal und die Lehrinhalte werden sich durch die hier vorgelegte Lösung nicht ändern. Somit wird unseres Erachtens auch das eigentliche Problem durch die hier angestrebten Maßnahmen nicht gelöst. Eine Anerkennung als richtige Fachhochschule ist aus unserer Sicht deutlich besser. Dadurch würden Anerkennungs- und Akzeptanzprobleme endgültig gelöst. Das durch den verkorksten Bologna-Prozess verursachte Chaos – die Abschaffung alter bewährter deutscher Hochschulabschlüsse wie Diplom und Magister und deren Ersetzen durch Anglizismen und Worthohlkörper wie Bachelor und Master – sollten wir nicht verschlimmern und durch immer neue Hochschulstrukturen auch noch fördern

(Beifall AfD)

auch deshalb unser Entschließungsantrag. Wir plädieren mit diesem Antrag dafür, dass der letzte Schritt für die Duale Hochschule noch nicht getan ist und die Landesregierung die Duale Hochschule nur als einen Entwicklungsschritt in die richtige Richtung begreift, nämlich zu Fachhochschulstandorten in Eisenach und in Gera. Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Ich eröffne die Aussprache und als Erster hat Herr Abgeordneter Schaft, Fraktion Die Linke, das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen im

Parlament. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wird das Gesicht der Hochschullandschaft in Thüringen nachhaltig verändert. Wir werden heute die Grundlage dafür legen, dass wir zukünftig nicht nur neun, sondern zehn Hochschulstandorte in Thüringen haben werden. Wir greifen damit einen Punkt der Hochschulstrategie 2020 auf, der auch Teil unseres Koalitionsvertrags geworden ist, und werden diesen langen Prozess nun mit einem guten Ende zu Ende bringen.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Mit der Umwandlung werden nun bereits formal gleichgestellte Abschlüsse der Absolventinnen und Absolventen an den Standorten in Gera und Eisenach noch mal aufgewertet. Das hat auch die Anhörung gezeigt, auch wenn das die AfD-Fraktion nicht so sieht. Ein weiterer wichtiger Punkt: Die Studierendenvertretung der Hochschule wird Teil der verfassten Studierendenschaft im Thüringer Hochschulgesetz. Zudem wird mit der dualen Hochschule und ihrer Aufwertung zu einer Hochschule im Hochschulgesetz auch die regionale Wirtschaftsund Infrastruktur in Ost- wie in Westthüringen, aber auch darüber hinaus im mitteldeutschen Raum gestärkt. Und es wird eine Brückenfunktion zwischen dem akademischen und dem beruflichen Ausbildungsbereich hergestellt.

Aber vorher wollen wir die Duale Hochschule in einem allerersten Schritt erst einmal gründen. Die Anhörung zum vorliegenden Gesetzentwurf am 14. April hat uns in diesem Kontext geholfen, noch ein paar Verbesserungsmöglichkeiten im Gesetz zu erkennen und weitere Aspekte für gute Ausbildungs- und Studienbedingungen tatsächlich dann auch noch mal beim Punkt „Mehr Mitbestimmung für die Studierenden“ zu berücksichtigen.

Ein Punkt, dessen wir uns angenommen haben, war einer, den beispielsweise die DGB-Jugend Thüringen und auch die Gewerkschaften angebracht hatten, nämlich die Verankerung der Mindestausbildungsvergütung im aktuellen Gesetzentwurf und diese noch mal zu untersetzen, wie sie bereits im Thüringer Berufsakademiegesetz geregelt war, sprich: Mit der Aufnahme des neuen Paragrafen ist es dann auch noch mal als Rechtsanspruch für die Studierenden gesichert, dass dann, wenn zum Wintersemester die BAföG-Erhöhung kommt, eine Garantie für die Mindestausbildungsvergütung von 537 Euro brutto monatlich besteht. Dazu sei aber noch zu sagen – das hat auch die Anhörung gezeigt und das haben auch Gespräche mit Praxispartnern und Praxisunternehmen in den letzten Monaten gezeigt –, dass viele Unternehmen im Rahmen ihrer Tarifverträge bereits entsprechende Regelungen aufgenommen haben und wesentlich mehr Ausbildungsvergütung bezahlen, und deswegen haben wir hier auch noch mal das Günstigkeitsprinzip im Gesetz verankert – also eine klare

(Abg. Brandner)

Mindestausbildungsvergütung und die Gewährung des Günstigkeitsprinzips für die finanzielle Sicherheit der Studierenden.