Protokoll der Sitzung vom 02.09.2016

(Vizepräsidentin Jung)

Plagiat bezeichnen kann und der eigentlich nur einen Sinn hat,

(Beifall CDU)

nämlich das Parlament zu spalten und den Antrag der CDU zu seinem eigenen zu machen. Das finde ich parlamentsunwürdig und jenseits allen politischen Anstandes.

(Beifall CDU)

Ich hätte mir gewünscht, wir hätten uns zu so einem wichtigen Thema heute vereint. Bevor ich jetzt zum Redebeitrag komme, möchte ich noch einmal zum Nachdenken anregen und bitte die Koalitionsfraktionen noch einmal zu überlegen, ob eventuell dieser Antrag vor dem Gesamtabschluss zurückgezogen wird.

(Beifall CDU)

„Drei Außenstellen der Behörde des Bundesbeauftragten für die Staatssicherheitsunterlagen in Erfurt, Gera und Suhl erhalten“ ist der Tenor dieses Antrags. Die Landesregierung wird aufgefordert, sich auf Bundesebene insbesondere über den Bundesrat dafür einzusetzen, dass die im Freistaat Thüringen vorhandenen Außenstellen des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik, BStU genannt, als Träger regionaler Aufarbeitung und politischer Bildung an den Standorten Erfurt, Gera und Suhl erhalten bleiben. Es gibt hierzu vom Bundestag vom 04.07.2014 einen Einsetzungsbeschluss der Beauftragten, in einer Expertenkommission zu klären, welche Entwicklungsperspektiven sich für die bisherigen von der BStU erfüllten Aufgaben ergeben und dies insbesondere mit dem Blick auf nachwachsende Generationen.

Im Ergebnis erachtet die Kommission im April 2016, also in diesem Frühjahr, eine administrative Zusammenlegung der BStU-Außenstellen in den neuen Bundesländern unter dem Dach des zukünftigen eigenständigen Stasi-Unterlagen-Staatssicherheitsarchivs des Bundesarchivs als sinnvoll. In jedem der fünf Bundesländer, so ist der Vorschlag, soll mindestens eine Außenstelle erhalten bleiben. Gestatten Sie mir, Frau Präsidentin, dass ich aus der Drucksache 18/8050 des Deutschen Bundestags als Begründung zitiere: „Der Deutsche Bundestag setzte die ‚Expertenkommission zur Zukunft der Behörde des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik […]‘ mit seinem Beschluss am 4. Juli 2014 ein. Zur Begründung heißt es: ‚Im Zuge der Friedlichen Revolution 1989/1990 sicherten Bürgerinnen und Bürger der ehemaligen DDR, getragen von der Bürgerbewegung und neuen demokratischen Kräften, die Akten vor der weiteren Vernichtung, indem sie die Dienststellen des Ministeriums für Staatssicherheit be

setzten.“ Ich glaube, einige der Zeitzeugen befinden sich heute noch unter uns, die damals maßgeblich an diesen Aktionen beteiligt waren.

Erstmalig in der Welt wurden im Folgenden den Bürgerinnen und Bürgern die Informationen unmittelbar zugänglich gemacht, die eine Geheimpolizei über sie gesammelt hatte. Die Behörde des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik hat mit ihren im Stasi-Unterlagengesetz formulierten Kernaufgaben – der Sicherung, Erfassung und Erschließung der Stasi-Unterlagen, der Gewährung der Akteneinsicht, der Verwendung der Unterlagen zum Beispiel zum Zweck der Rehabilitation oder auch zur Überprüfung einer früheren Stasi-Tätigkeit und ihre Forschungs- und Bildungsarbeit – in entscheidender Weise zur persönlichen und öffentlichen Auseinandersetzung mit der SED-Diktatur und weit darüber hinaus zur gesellschaftlichen Befriedung beigetragen. Der Bundesbeauftragte mit seinem Archiv für die Stasi-Unterlagen ist für die vielen Opfer des SED-Unrechts ein starkes und wichtiges Symbol der Überwindung der SED-Diktatur.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es gibt folgende Handlungsempfehlungen – auch hier möchte ich zitierend nur einen kurzen Überblick dazu geben, damit auch Außenstehende einen Überblick bekommen, was für Handlungsempfehlungen gegeben worden sind. Die erste ist: Die Stasi-Unterlagen werden unter besonderen Bedingungen bis zum Ende der nächsten Wahlperiode in das Bundesarchiv integriert, das heißt, bis zum Jahr 2021. Das Stasi-Unterlagen-Archiv soll vollständig mit eigenem Namen und mit sichtbarer Eigenständigkeit unter dem Dach des Bundesarchivs weitergeführt werden. Die Akten verbleiben grundsätzlich in der Normannenstraße für Berlin bzw. in den Ländern. Die Stellen der Archivarinnen und Archivare und der Editorinnen und Editoren werden mit den Akten in die Verantwortung des Bundesarchivs übertragen. Die Regelungen des Staatssicherheitsunterlagengesetzes für den Umgang mit den Akten, also die Erteilung von Auskünften und die archivische Bearbeitung, sollen weiter gelten, bis ein novelliertes Bundesarchivgesetz die Vorschriften des Staatssicherheitsunterlagengesetzes erübrigt. Ein wichtiger Satz: „In jedem der fünf Bundesländer sollte mindestens eine Außenstelle vorhanden sein. […] Dabei muss die bauliche Situation (ggf. auch Neubau) der zukünftigen Außenstellen des Bundesarchivs unbedingt verbessert werden.“

Das ist genau der Punkt, um den es sich heute handelt. Man will in der Empfehlung, dass es in Thüringen nur noch ein Bundesarchiv, einen Unterlagenstandort gibt, in Gera, in Suhl oder in Erfurt. Unser Antrag läuft darauf hinaus, die Landesregierung aufzufordern, alles zu unternehmen, was in ih

rer Kraft steht, ob das über Bundesrat oder über andere Gremien ist. Da möchte ich mal betonen, dass Ministerpräsident Bodo Ramelow sich dazu bereits geäußert hat und auch Unterstützung zugesagt hat, dass diese drei Standorte für Thüringen erhalten bleiben. Und sollten sie den Anforderungen nicht mehr entsprechen, dann bedarf es eben investiver Maßnahmen, um die Voraussetzungen dort zu verbessern. Aber wir möchten, dass alle drei Außenstellen für Thüringen erhalten bleiben.

(Beifall CDU, DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nun gestatten Sie mir noch eine persönliche Anmerkung überhaupt zu diesen gesamten Einrichtungen. Ich habe mich vor Kurzem mit der ganzen Thematik noch intensiver beschäftigt. Unter anderem habe ich hier in Erfurt die Andreasstraße besucht, wo noch kundig, für jeden sichtbar die Vergangenheit einen jeden Einzelnen einholen kann. Wenn man die oberste Etage der Gedenkstätte in der Andreasstraße besichtigt und dort noch original das Staatssicherheitsgefängnis durchläuft, dann muss ich Ihnen gestehen, dann könnten einem Tränen in die Augen schießen, vor allem den Leuten, die über 40 Jahre in diesem Staatssystem gelebt haben. Es überkommt einen ein Grauen und man kann sich eigentlich nur ungefähr vorstellen, was all diese Leute mitgemacht haben, die über Jahre in diesen Gefängnissen eingesperrt, misshandelt, ja, in manchen Gefängnissen sogar hingerichtet wurden. Und das darf nie vergessen werden und das ist auch ein Grund, warum man solche Einrichtungen erhalten muss.

(Beifall im Hause)

Und dann hatte ich die Möglichkeit – zum ersten Mal in meinem Leben, das nun schon etliche Jahre währt – ein Archiv zu besuchen, auf dem Petersberg, im Anschluss an die Andreasstraße. Da hat mich all das, was ich in der Andreasstraße gefühlt habe, automatisch wieder eingeholt. Tausende und Abertausende Akten, gebrochene Biografien, keiner weiß heute noch, viele wissen gar nicht, was eventuell über sie ausspioniert und in Dossiers eingetragen wurde. Die Nachfrage nach diesen Staatssicherheitsarchiven ist bis heute ungebrochen. Noch heute gibt es viele, viele Menschen, die alljährlich Anträge stellen, um Einsicht in die Akten zu nehmen. Vor allen Dingen hat sich herausgestellt, dass es viele ältere Menschen sind, die jetzt im Rentenalter sind und sich mit der Vergangenheit beschäftigen wollen. Das ist in Suhl so, das ist in Gera so und das ist natürlich auch in Erfurt so.

Um diese Täter-Opfer-Verbindung, diese Nähe zu diesen ganzen Dingen weiterhin zu dokumentieren, auch dafür brauchen wir diese Standorte und es ist auch Geschichtsunterricht für viele Besucher, vor allen Dingen für Klassen, die diese Einrichtungen besuchen. Diese Dokumentation des Grauens, der

Vergangenheit von 40 Jahren SED-Diktatur, sie darf uns nicht verloren gehen. Deswegen müssen wir – und deswegen auch mein Anmahnen an alle Fraktionen – heute und hier einen einheitlichen Beschluss unterstützen, damit ich im Oktober Roland Jahn, dem Chef der Bundesbehörde, dem ich einen Besuch abstatte, ein ganz klares Votum aus diesem Landtag mitnehmen kann: Wir in Thüringen wollen einstimmig dafür sorgen, dass diese drei Einrichtungen für die Menschen in unserem Freistaat erhalten bleiben!

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, AfD)

Deswegen möchte ich zum Abschluss noch einmal grundsätzlich alle auffordern, alle Vernünftigen in diesem Parlament – und ich glaube, es gibt auch übergreifend vernünftige Abgeordnete –, sich zu überlegen, was wir heute bei der Abstimmung machen. Wenn es dazu führt, dass durch diesen Ergänzungsantrag von Rot-Rot-Grün keine einheitliche Stimmenmehrheit zu erreichen ist, dann spalten wir das Parlament und geben kein einstimmiges Votum ab. Ich sage Ihnen ganz deutlich: Ich kann einen solchen Antrag – wenn er grundsätzlich von Ihnen gewesen wäre, hätte ich da kein Problem gehabt –, dem ich das Plagiat unterstelle oder zumindest den Versuch, sich hier zu profilieren, weil es hier ein Antrag der CDU ist, nicht unterstützen. Das würde mit meinem Gewissen nicht vereinbar sein, unabhängig jetzt – wir haben diesen Antrag eingebracht und ich fordere die Vernünftigen in diesem Parlament auf, diesem Antrag mehrheitlich die Zustimmung zu erteilen. Das haben die Menschen, um deren Vergangenheit es geht, verdient, dass man das einheitlich und einstimmig heute macht, dieses Votum hinausschickt. Und ich würde mich freuen, wenn es gelingen würde, dass wir über den Antrag der CDU heute einstimmig abstimmen können. Danke.

(Beifall CDU, AfD)

Für die Fraktion Die Linke hat Abgeordnete Mitteldorf das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Lieber Herr Wirkner, vielen Dank für Ihre Rede und auch für die sehr emotionale Rede und auch vielen Dank dafür, dass Sie noch einmal für alle Anwesenden, auch für die Besucherinnen und Besucher auf der Besuchertribüne und am Livestream die Empfehlungen der Expertenkommission zusammengefasst haben. Das ist für den Anfang der Debatte wirklich hilfreich, damit wir alle wissen, worüber wir reden. Sie haben es schon angedeutet, wir haben uns in einer Aktuellen Stunde am 20.04.2016 in diesem Hohen Haus schon ein

(Abg. Wirkner)

mal mit der Thematik beschäftigt und haben – was die Standortfrage der Außenstellen betrifft – in diesem Haus eine Einigkeit erfahren und diese Einigkeit ist aus meiner Sicht nach wie vor gegeben. Nun sagen Sie, Sie finden es parlamentsunwürdig, dass die Koalitionsfraktionen aus Ihrer Sicht einen Antrag eingebracht haben, der ein Plagiat Ihres Antrags ist. Ich finde das sehr schade, dass Sie das so sehen, will Ihnen aber kurz erklären, was wir mit diesem Alternativantrag gemacht haben.

Wenn Sie sehen, wir haben eine entscheidende Stelle eingefügt, die sich aus einer Beschlussfassung im Deutschen Bundestag im Juni dieses Jahres ergibt, zu der ich gleich noch ein bisschen ausführen möchte. Und zwar haben wir „auch nach 2019“ als entscheidenden Punkt eingefügt. Ich will auch für die Koalitionsfraktionen erklären, warum uns das im Hinblick auf unser gemeinsames Anliegen wichtig ist. Am 9. Juni 2016 gab es im Deutschen Bundestag eine Debatte, da haben die Regierungsfraktionen einen Antrag zum Thema „SEDAufarbeitung“ mit dem Titel „SED-Aufarbeitung konsequent fortführen“ eingebracht. In diesem Antrag ging es am Rande auch um die Frage: Was machen wir mit den Empfehlungen der Expertenkommission? Aus meiner Sicht, leider – muss ich sagen – haben sich die Unionsfraktionen dazu entschieden – aus ihrer Sicht sicherlich aus guten Gründen, die Verhandlung der Empfehlungen der Expertenkommission in die nächste Legislaturperiode des Deutschen Bundestags zu verschieben, das heißt, sich nicht jetzt mit den Empfehlungen in der Form zu befassen, dass man zu einer Beschlussfassung kommt. Ich meine, auch die Unionsfraktion im Deutschen Bundestag hätte sagen können: Wir lehnen die Beschlussempfehlung ab oder wir lehnen sie nicht ab und wollen sie unter diesen Prämissen umsetzen. Stattdessen ist eines passiert: Sie haben es in die nächste Legislatur geschoben.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das finde ich ziemlich schwierig, zumal der Prozess um die Frage der Neuordnung der Behörde und wie weiter mit der Behörde und allem, was daran hängt, schon ziemlich lange dauert und man wieder den Eindruck gewinnen kann, dass es weiterhin auf die lange Bank geschoben wird. Ich will das auch kurz mit einem Zitat aus eben jener Bundestagssitzung verdeutlichen. Frau Präsidentin, mit Ihrer Erlaubnis – der Abgeordnete Marko Wanderwitz von der Unionsfraktion hat Folgendes gesagt – zitiere ich: „Wir müssen behutsamer und langsamer vorgehen, als man sich das hätte vorstellen können. Wir wollen von dem Stasi-Unterlagen-Beauftragten und dem Präsidenten des Bundesarchivs ein Konzept erarbeitet wissen – so ist auch der heute vorliegende Antrag angelegt –, das breiter und tiefer ist und uns besser in die Lage versetzt, abschätzen zu können, wie groß der Zeitraum sein muss, bis das Stasi-Unterlagen-Archiv und das Bundesarchiv zu

sammenkommen können. Dieses Konzept wollen wir mit den Opfern und den Verbänden breit diskutieren. Es ist aus unserer Sicht Aufgabe“ – und jetzt kommt der spannende Teil dieses Zitats – „in der nächsten Legislatur – nicht in dieser –, hier zu Entscheidungen zu kommen.“

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist auch der Grund, wo wir als Koalitionsfraktionen jetzt ein Problem sehen, nämlich, wenn der Bundestag jetzt entschieden hat, ein Konzept erarbeiten zu lassen – wogegen ich erst mal gar nicht bin, ich finde es eben nur spannend, dass die Behörde, die reformiert werden soll, sich sozusagen selber das Konzept schreiben soll, das finde ich ein bisschen schwierig, aber schauen wir mal –, und der Bundestag jetzt sagt, wir geben das einfach in die nächste Legislaturperiode, und es gibt nicht wirklich eine Rechtssicherheit, ob das in der nächsten Legislaturperiode tatsächlich aufgerufen wird. Es sind im nächsten Jahr Bundestagswahlen, dann sind 2019 natürlich auch hier wieder Landtagswahlen und wir wissen alle nicht, was passiert. Für uns war es deshalb das Anliegen – weil wir, was die Frage der Außenstellen und die Standortfrage in Thüringen betrifft, da mit Ihnen auf einer Linie sind – und es ist uns wichtig, in so einem Antrag die Landesregierung aufzufordern, sich dafür einzusetzen, und zwar auch über die nächste Bundestagswahlperiode hinaus – das wird das Wichtige sein, weil die nächste Legislaturperiode entscheidend zeigen wird, ob sich der Bundestag damit abschließend beschäftigt oder nicht – und auch maßgeblich über die kommende Legislaturperiode des Thüringer Landtags hinaus. Das heißt, im Endeffekt, lieber Herr Wirkner und liebe CDU-Fraktion, nehmen wir Ihren Antrag, den wir sehr unterstützenswert finden, und wollen ihn aber auf eine rechtssicherere Grundlage stellen, dass nicht irgendjemand dann mal sagen kann: Die Legislaturperiode ist vorbei, damit ist es jetzt hinfällig.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Dann hät- ten Sie doch einen Änderungsantrag stellen können!)

(Unruhe CDU)

Herr Mohring, ich höre Ihnen auch immer gern zu, vielleicht hören Sie mir jetzt auch einfach mal kurz zu. Herr Emde, auch Ihren Ausführungen höre ich immer sehr gern zu. Ich würde Sie einfach nur darum bitten, mir auch mal zuzuhören. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE)

Deswegen ist eigentlich mein Bitten im Namen meiner Fraktion, aber auch der Koalitionsfraktionen – ich bin mir ziemlich sicher, dass das meine Kolleginnen noch unterstützen werden –, dass Sie, damit wir diesen gemeinsamen Beschluss fassen können und damit wir mit einer Stimme sprechen, sich mit uns auf den aus unserer Sicht langfristig siche

reren Antrag beziehen und dem Antrag der Koalitionsfraktionen zustimmen. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Das Wort hat nun Abgeordneter Brandner, Fraktion der AfD.

Meine Damen und Herren! Herr Wirkner, schönen Dank für Ihre eindrucksvolle Rede und ich kann Ihnen versprechen, an der AfD-Fraktion wird es, dass der CDU-Antrag einstimmig angenommen wird, nicht scheitern. Ich werde die nächsten Minuten nutzen, ergänzend zu begründen, warum wir Ihrem Antrag zustimmen, Herr Wirkner, und den Alternativantrag, den schlecht gemachten Alternativantrag der Regierungskoalition, ablehnen.

Meine Damen und Herren, vor bereits über vier Monaten haben wir in einer Aktuellen Stunde über den Bericht debattiert, den die vom Bundestag eingesetzte Expertenkommission zur Zukunft der StasiUnterlagen-Behörde im April vorgelegt hatte. Nach diesem Bericht war und ist zu befürchten, dass von den bisherigen drei Thüringer Außenstellen der Stasi-Unterlagen-Behörde in Erfurt, Gera und Suhl in Zukunft nur noch eine übrig bleiben wird. Die CDU will ganz klar diese drei Standorte erhalten. Das wollen wir auch und dazu bedarf es keines Alternativantrags, um das deutlich zu machen, hier in diesem Plenum.

Die AfD-Fraktion hat sich seinerzeit – und tut das heute auch noch – für den Erhalt aller drei Außenstellen ausgesprochen und ich bekräftige das von hier aus noch mal ganz deutlich, dass wir dahinterstehen. Ohne Zweifel haben sich die drei Thüringer Außenstellen in ihrer Arbeit grundsätzlich bewährt. Die Aufarbeitung und Aufgliederung auf drei Außenstellen ist prinzipiell nicht überholt, weder mit Blick auf die Erforschung der DDR im Allgemeinen, die Regionalgeschichte im Besonderen noch im Blick auf die politisch-historische Bildungsarbeit und auch nicht hinsichtlich der individuellen Einsichtnahmen in die Stasi-Akten.

Auch und gerade ein Vierteljahrhundert nach der Wiedervereinigung benötigt eine angemessene Auseinandersetzung mit der DDR-Geschichte in der Fläche diese Orte, dass diese Orte des Schreckens nach wie vor auch für Menschen überall gut erreichbar sind. Politische Bildungsarbeit ist auf regionale Verankerung angewiesen, man denke beispielsweise an die Erreichbarkeit durch Schulen. Zudem fördert die Pluralität der Standorte eine wissenschaftliche Beschäftigung mit der jeweiligen Regionalgeschichte, also mit der Bezirksgeschichte und den Besonderheiten der DDR-Historie vor Ort.

Das ist angesichts der Bezirksstruktur der DDR, an der sich die Standorte der BStU-Außenstellen orientieren – und diese Bezirksgliederung der DDR ist ja auch am Horizont der Ramelow‘schen Gebietsreform wieder zu erkennen –, alles andere als nebensächlich. Die in diesem Fall bewährte Bezirksstruktur, was die Stasi-Unterlagen-Behörde angeht, muss beibehalten werden. Schließlich ist die Struktur nicht überholt, insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Einsichtnahmen in die Stasi-Akten – und zwar die Einsichtnahmen von Betroffenen. Wir haben die Zahlen, glaube ich, schon mal gesagt: 2015 in Gera 2.200, in Suhl 3.000, in Erfurt etwa 5.000 entsprechende Anträge – also da ist hoher Bedarf. Ich habe auch noch nicht gehört, dass das 2016 deutlich weniger oder anders gewesen sei. Das macht deutlich, dass ein erhebliches Aufklärungsinteresse besteht.

Es bleibt nach wie vor geboten, meine Damen und Herren, sich mit der Herrschaftsstruktur der DDR und damit der Unrechts- und Unterdrückungskultur der realen Sozialisten auseinanderzusetzen. Dafür reicht der 17. Juni als Gedenktag nicht aus. Zu einer solchen Auseinandersetzung gehört zentral auch die Beschäftigung mit der Staatssicherheit, die der ausführende Arm des real existierenden Sozialismus im SED-Staat war. Eine Stasi, die heute noch – zumindest aber wieder –, durch IM und stasibelastete Abgeordnete, von denen die Regierungsmehrheit abhängt, und unter dem Deckmäntelchen einer Amadeu Antonio Stiftung Gesinnungsterror verbreitet und Einfluss auf die Thüringer Landespolitik hat

(Beifall AfD)

und diese Landespolitik maßgeblich steuert – eine solche Stasi muss natürlich nach wie vor erforscht werden. Die DDR, das will ich auch nicht verhehlen, lässt sich sicherlich nicht auf die Stasi reduzieren. Die Befassung mit der zweiten sozialistischen Diktatur auf deutschem Boden muss breit angelegt sein. Auch sind die Unterlagenbehörden ein guter Garant dafür, dass dies weiter geschieht. Dafür sind auch die drei Standorte in Gera, Suhl und Erfurt. Deshalb sollen und müssen sie erhalten bleiben.

Zum plötzlich vorgezauberten Alternativantrag der Regierungsfraktionen: Ich glaube, das ist der hoffentlich zum Scheitern verurteilte Versuch, hier ein politisches Süppchen zu kochen, nicht mit dem CDU-Antrag stimmen zu müssen, einfach zu plagiieren und dann so zu tun, als wenn man an einer ehrlichen Aufarbeitung des DDR-Unrechts interessiert wäre. Das überzeugt nicht, meine Damen und Herren. Ich hatte gerade schon gesagt: Ihre Verquickung mit Linksradikalen, mit ewig Gestrigen, mit Kahane & Co., dokumentiert ganz anderes, als das, was wir hier wollen, nämlich aufklären und erforschen, wie es wirklich war.

(Abg. Mitteldorf)