Protokoll der Sitzung vom 29.09.2016

Bevor ich zur Beantwortung der einzelnen Fragen komme, gestatten Sie mir deshalb eine gemeinsame Vorbemerkung. In der Begründung zu beiden Anfragen wird die Befürchtung geäußert, dass die Förderung nach der ÖGB-Richtlinie Doppelstrukturen zum LAT-Programm aufbaut. Diese Bedenken kann ich entkräften. Im Gegenteil: Zwar verfolgen beide Programme ein gemeinsames übergeordnetes Ziel, nämlich die soziale und berufliche Integration von arbeitslosen Menschen in Thüringen, sie setzen aber an verschiedenen Hebeln mit sehr unterschiedlichen Förderinstrumenten an. Die ÖGBRichtlinie stellt Lohnkostenzuschüsse zur Einstellung von Langzeitarbeitslosen und sogenannten Langzeitleistungsbeziehern – also erwerbslosen Menschen, die seit langer Zeit auf Unterstützungsleistungen nach dem SGB II angewiesen sind – zur Verfügung. Durch die Beschäftigung in einem gemeinwohlorientierten Bereich erhalten sie nach der langen Zeit der beruflichen und oft auch sozialen Ausgrenzung wieder die Möglichkeit der Teilhabe durch eine regelmäßige Erwerbstätigkeit. Das LAT ergänzt demgegenüber mit zusätzlichen Förderangeboten die ESF-kofinanzierte Integrationsrichtlinie,

in welcher die 24 regionalen Integrationsprojekte des ehemaligen Landesarbeitsmarktprogramms fortgeführt werden. Die LAT-Richtlinie wird dem aktuellen Bedarf entsprechend im Wesentlichen für Projekte zur beruflichen Integration von Geflüchteten und Asylsuchenden genutzt. Gefördert werden dabei Personal- und Sachausgaben der Projektträger für die Beratung, Begleitung, Berufsorientierung, Qualifizierung und Unterstützung bei der Vermittlung der Teilnehmenden. Gemeinsam mit den bereits bestehenden und bewährten Programmen, die über den Europäischen Sozialfonds kofinanziert werden, ergänzen die beiden neuen Landesprogramme somit die Eingliederungsleistungen der Arbeitsagenturen und Jobcenter, ohne diese zu ersetzen. Sie ermöglichen damit ein breites, bedarfsgerechtes und aufeinander aufbauendes Förderangebot zur Integration von arbeitslosen, insbesondere langzeitarbeitslosen Menschen in Thüringen.

Ich möchte zur Beantwortung der einzelnen Fragen der Abgeordneten Meißner kommen.

Zu Frage 1: Die maximale Dauer der Förderung wird in der Richtlinie geregelt. Die erste Säule „FAVplus“ ergänzt die Lohnkostenzuschüsse bei der Förderung von Arbeitsverhältnissen nach § 16 e SGB II durch einen Sachkostenzuschuss. Die Dauer der Förderung durch die ÖGB-Richtlinie richtet sich demnach immer nach der Dauer der Förderung von Arbeitsverhältnissen. Das sind in der Regel zwei Jahre. Der Förderzeitraum für die drei anderen Säulen, also „Soziale Teilhabe“, „Mehrwert“ und „Gemeinwohlarbeit“ beträgt bis zu 36 Monate.

Zu Frage 2: Die Auswahl der Teilnehmenden erfolgt durch die zuständigen Vermittlungsfachkräfte der Jobcenter, die über eine gute Kenntnis der beruflichen und persönlichen Situation der Teilnehmenden verfügen. Die Teilnahme wird im gegenseitigen Einvernehmen in der sogenannten Eingliederungsvereinbarung festgelegt. Zu danach erfolgten Rückziehern der freiwilligen Teilnehmenden liegen keine Daten vor.

Zu Frage 3: Hierzu liegen der Landesregierung noch keine validen Daten vor. Die Abbrecherquote liegt geschätzt im einstelligen Prozentbereich, also bei circa 8 Prozent. Die freiwillig mitgeteilten Gründe erstrecken sich von gesundheitlichen Beeinträchtigungen über Renteneintritt, Vermittlung in den ersten Arbeitsmarkt bis hin zu Kündigungen durch den Arbeitgeber. Bei Ausscheiden von Teilnehmern konnten die Teilnehmerplätze aufgrund der großen Nachfrage und des Bedarfs stets sofort nachbesetzt werden. Konkretere Aussagen erwarten wir diesbezüglich aus der Evaluierung des ÖGB-Programms, die im Zeitraum vom 01.10.2016 bis 30.04.2017 durch das Zentrum für Sozialforschung Halle e.V. an der Martin-Luther-Universität

Halle-Wittenberg erfolgt. Mit den Ergebnissen ist demnach im Mai 2017 zu rechnen.

Zu Frage 4: Vorrang hat immer eine Vermittlung in ein ungefördertes Beschäftigungsverhältnis. In diesem Fall erfolgt eine sofortige Beendigung der Fördermaßnahme. Für die Teilnehmenden wird zum Teil ein begleitendes Coaching entweder durch das zuständige Jobcenter oder in einem regionalen Integrationsprojekt der Integrationsrichtlinie zur Verfügung gestellt. Die Vermittlungsfachkräfte und Integrationsbegleiter unterstützen die Teilnehmenden bei der Perspektivplanung und dem weiteren beruflichen Integrationsprozess. Auch hierzu erwarten wir erste konkrete Ergebnisse aus der Evaluierung.

Herzlichen Dank.

Frau Meißner, Sie haben eine Nachfrage, wie ich sehe. Bitte schön.

Ja, einfach eine Verständnisfrage: Habe ich das richtig verstanden, dass das bereits bestehende Landesprogramm „Arbeit für Thüringen“ durch die Fortführung von Integrationsprojekten jetzt nur noch für Flüchtlinge gilt?

Nein, es gibt in dem Landesarbeitsmarktprogramm verschiedene Förderinstrumente. Ein Förderinstrument ist die Begleitung und Qualifizierung von Geflüchteten und Asylsuchenden. Das ist die Säule, die momentan am meisten beansprucht und beantragt wird. Aber es gibt auch die Möglichkeit der Förderung durch Lohnkostenzuschüsse für Langzeitarbeitslose wie auch die Möglichkeit für Menschen mit Behinderung, die weniger als 15 Stunden in der Woche arbeiten, Zuschüsse zu erhalten. Aber das ist derzeit noch nicht so nachgefragt. Ich glaube, Frau Holzapfel fragt auch noch konkret nach den Zahlen.

Vielen Dank, Frau Ministerin. Dann kommen wir unmittelbar zur Mündlichen Anfrage der Frau Abgeordneten Holzapfel, CDU-Fraktion, in der Drucksache 6/2660.

Danke, Herr Präsident.

Maßnahmen der Thüringer Landesregierung zur Integration von Langzeitarbeitslosen – Teil II

Die Einleitung, die Einführung ist die gleiche. Ich fange daher sofort mit meinen Fragen an.

(Ministerin Werner)

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie hat sich die Teilnehmerzahl am Landesprogramm „Arbeit für Thüringen“ seit Inkrafttreten der Richtlinie für das Landesprogramm „Öffentlich geförderte Beschäftigung und gemeinwohlorientierte Arbeit“ im Vergleich zu den Jahren 2013, 2014 und 2015 entwickelt?

2. Wie viele der für das Jahr 2016 bereitgestellten Mittel wurden jeweils für das Landesprogramm „Öffentlich geförderte Beschäftigung und gemeinwohlorientierte Arbeit“ – bitte Mittelverwendung nach den einzelnen Säulen des ÖGB aufteilen – und für das Landesprogramm „Arbeit für Thüringen“ bereits verausgabt?

3. Wie viele Landesmittel werden insgesamt zur Integration von Langzeitarbeitslosen im Jahr 2016 durch die Landesregierung bereitgestellt und wie hoch ist der Mittelabruf durch die einzelnen Maßnahmen seit Beginn des Jahres 2016?

4. Wie schneidet Thüringen im bundesweiten Vergleich bei den Gesamtausgaben (Landesmittel) für die Integration von Langzeitarbeitslosen ab (bitte Volumen in Euro beim Ranking angeben)?

Danke schön.

Für die Landesregierung antwortet Frau Ministerin Werner.

Danke schön, Herr Präsident. Verehrte Damen und Herren Abgeordnete, ich werde jetzt nicht auf die Vorrede eingehen, sondern direkt zu den Fragen kommen.

Zu Frage 1: Seit Inkrafttreten im Oktober 2015 wurden 1.243 Menschen in Projekten der LAT-Richtlinie betreut. Der weitaus größte Teil, 98,9 Prozent der Teilnehmenden, sind Geflüchtete und Asylsuchende. Schwerpunkte der insgesamt 35 Projekte für diese Zielgruppe sind die Beratung, Begleitung, Berufsorientierung, Qualifizierung und Unterstützung bei der Vermittlung der Teilnehmenden. Die genauen Teilnehmerzahlen, um Ihnen die noch zu sagen, sind für die berufliche Integration spezieller Zielgruppen, also in dem Bereich Geflüchteter und Asylsuchender, 1.229, für die Fördergruppe 2.3 – Prämien für die Weiterbeschäftigung von vermittelten Langzeitarbeitslosen im gewerblichen Bereich – 12 und für die Zuschüsse für erwerbsunfähige Menschen mit Behinderung bisher nur zwei Teilnehmer. Ein Vergleich der Teilnehmerzahlen zu den Jahren 2013 und 2014 erübrigt sich, da die Richtlinie zum Landesprogramm „Arbeit für Thüringen“ erst seit Oktober 2015 in Kraft ist.

Zu Frage 2: In der ÖGB-Richtlinie sind für das Jahr 2016 durch Zuwendungsbescheide insgesamt 2.703.492 Euro gebunden, von denen bisher 1.047.448 Euro an die Zuwendungsempfänger ausgezahlt wurden. Bezogen auf die einzelnen Säulen des ÖGB-Programms verteilen sich diese Beträge wie folgt: Die erste Säule „FAVplus“ – gebunden sind 167.059 Euro, ausgezahlt 59.144 Euro. Säule 2 „Soziale Teilhabe“ – gebunden sind 1.449.096 Euro und ausgezahlt 569.074 Euro. Zu Säule 3 „Mehrwert“ – gebunden sind 87.851 Euro und ausgezahlt bisher 47.460 Euro. Zu Säule 4 „Gemeinwohlarbeit“ – gebunden sind 999.486 Euro und ausgezahlt 371.770 Euro. Ich kann die Zahlen gern noch mal hinüberreichen. In der LAT-Richtlinie beziffert sich die Mittelbindung für 2016 auf insgesamt 3.416.381 Euro. Davon wurden bisher Mittel in Höhe von 1.613.585 Euro ausgezahlt.

Zu Frage 3: Für die Integration von Langzeitarbeitslosen sind, bezogen auf das Haushaltsjahr 2016, die Fördermittel der Prioritätsachse B „Förderung der sozialen Inklusion und Bekämpfung von Armut und jeglicher Diskriminierung“ des Operationellen Programms des ESF verfügbar. Es handelt sich hierbei entsprechend der Anlage zu Kapitel 08 03 des Landeshaushaltsplans um aus dem ESF erstattungsfähige Landesmittel in Höhe von 27,14 Millionen Euro und Landeskofinanzierungsmittel in Höhe von 5,76 Millionen Euro. Hinzu kommen die unter der Haushaltsstelle in Kapitel 08 10, Titel 684 74 für öffentlich geförderte Beschäftigung etatisierten Barmittel in Höhe von 7,5 Millionen Euro, sodass die für Langzeitarbeitslose in 2016 bereitgestellte Summe an Barmitteln 40,4 Millionen Euro beträgt. Die für das Landesprogramm „Arbeit für Thüringen“ unter der Haushaltsstelle in Kapitel 08 10, Titel 684 74 etatisierten Landesmittel in Höhe von 7,5 Millionen Euro werden, wie bereits ausgeführt, derzeit nahezu ausschließlich für Geflüchtete eingesetzt, die noch nicht langzeitarbeitslos im Sinne des § 18 SGB III sind.

Die Auszahlung an die geförderten Projekte stellt sich, bezogen auf den Stichtag 31. August 2016, wie folgt dar: Aus dem ESF erstattungsfähige Landesmittel sind 13.352.906 Euro, Landeskofinanzierungsmittel zu Ziffer 1 betragen 3.171.123 Euro, Landesmittel für ÖGB betragen 1.047.448 Euro. Die Gesamtsumme wäre damit 17.571.477 Euro.

Zu Frage 4: Die Frage kann bereits deshalb nicht beantwortet werden, weil unklar ist, welchen Zeitpunkt oder für welchen Zeitraum ein derartiger Vergleich des Mittelabflusses gezogen werden soll. Eine valide Beantwortung ist zudem nur möglich, wenn in allen Bundesländern eine exakte Abgrenzung der Gesamtausgaben für Langzeitarbeitslose möglich wäre. Dies ist jedoch nicht der Fall. Regelmäßig existieren auch Programme, bei denen die Dauer der Arbeitslosigkeit der Teilnehmer keine Rolle spielt, die also sowohl für Landzeitarbeitslose

(Abg. Holzapfel)

als auch für nicht Langzeitarbeitslose geöffnet sind. In diesen Fällen ist eine Differenzierung der Ausgaben weder auf Projekt- noch auf Programmebene möglich.

Herzlichen Dank.

Gibt es eine Nachfrage?

(Zuruf Abg. Holzapfel, CDU: Nein, danke!)

Die gibt es nicht. Dann bedanke ich mich bei der Frau Ministerin. Dann kommen wir zur nächsten Frage. Fragesteller ist Herr Abgeordneter Henke, AfD-Fraktion, in der Drucksache 6/2671.

Vielen Dank, Herr Vorsitzender.

Sachstand bei der zusätzlichen Einstellung von Polizeianwärtern

Nach Angaben des Ministers für Inneres und Kommunales in einem Interview mit der „Thüringer Landeszeitung“ im Februar 2016 sollen in den Jahren 2015 bis 2017 jeweils 30 zusätzliche Polizeianwärter eingestellt werden.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wurden bereits alle für die fristgerechte Einstellung der zusätzlichen Polizeianwärter in diesem Jahr notwendigen rechtlichen, finanziellen und sonstigen Maßnahmen eingeleitet?

2. Wenn nein, bis wann werden welche ausstehenden Maßnahmen eingeleitet, um für die fristgerechte Einstellung der zusätzlichen Polizeianwärter zu sorgen?

3. Wie setzen sich die im Jahr 2015 bzw. 2016 zusätzlich eingestellten Polizeianwärter nach Alter (bitte Altersgruppen angeben) und Geschlecht zusammen (bitte nach Jahresscheiben aufschlüs- seln)?

4. Wie viele der zusätzlich in den Jahren 2015 und 2016 eingestellten Polizeianwärter haben einen Migrationshintergrund bzw. verfügen über andere Fremdsprachenkenntnisse als Englisch (bitte nach Jahresscheiben aufschlüsseln)?

Für die Landesregierung antwortet das Ministerium für Inneres und Kommunales, Herr Staatssekretär Götze.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, die Mündliche Anfrage

des Abgeordneten Henke beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:

Wie Herr Minister Dr. Poppenhäger in seinem Interview vom Februar ausführte, erfolgen im Zeitraum 2015 bis 2017 jährlich Einstellungen von 155 Polizeianwärtern im mittleren und gehobenen Polizeivollzugsdienst. Diese Zahl liegt damit um 30 Einstellungen höher, als die ursprüngliche langfristige Planung zu den Polizeianwärtern im Hinblick auf das Stellenabbaukonzept zunächst vorsah. Diese Einstellungszahlen sind auch im Haushalt hinterlegt und einsehbar. An diesem Freitag wird der Thüringer Innenminister die sozusagen frisch gebackenen Absolventen der polizeilichen Bildungseinrichtungen zu Polizeimeistern bzw. Polizeimeisterinnen und Polizeikommissaren bzw. Polizeikommissarinnen ernennen. Ab Dienstag, dem 4. Oktober 2016, beginnen sodann die 155 neuen Anwärter ihren Vorbereitungsdienst in Meiningen. So weit die Antwort zu Frage 1.

Die Antwort zu Frage 2: Wie bereits in meiner Antwort zu Frage 1 dargestellt hat die Einstellungsbehörde, nämlich das Bildungszentrum der Thüringer Polizei, bereits 155 Einstellungsbescheide für den 4. Oktober 2016 versandt.

Die Antwort zu Frage 3: Die Einstellung der Polizeianwärter basiert auf den zu absolvierenden Einstellungstests und der medizinischen Eignungsprüfung. Entsprechend den gezeigten Leistungen in den Test und der uneingeschränkten medizinischen Eignung für den anspruchsvollen Beruf des Polizeibeamten werden die besten Anwärter eingestellt. Insofern kann keine Darstellung zu den zusätzlichen Einstellungen erfolgen, da sich sämtliche Anwärter den identischen Eignungs- und Auswahlverfahren unterziehen mussten. Nur bei vollständigem Attest zur Eignung und Befähigung erfolgt sodann die Einstellung.

Die Antwort zu Frage 4: Wie ich gerade ausführte, stellen sich alle Bewerber für die Thüringer Polizei dem identischen Eignungs- und Auswahlverfahren. Die Thüringer Polizei hinterfragt nicht, ob ihre Bewerber über einen Migrationshintergrund verfügen. Für uns ist entscheidend, dass fähige und gesetzestreue Anwärter den Weg in die Polizei finden. Die Angaben zu den Fremdsprachenkenntnissen werden von den Bewerbern in der Regel im Rahmen ihrer Bewerbung dargestellt. Allerdings werden diese Angaben nicht statistisch erfasst. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.