Protokoll der Sitzung vom 11.11.2016

Liebe Frau Kollegin Walsmann, ich habe mich jetzt zu Wort gemeldet, um ein paar Anmerkungen zu Ihren Ausführungen zum Islam und der Moschee in Marbach zu machen. Sie haben ausgeführt, dass das Frauenbild der Ahmadiyya-Gemeinde nicht dem unserer Verfassung entsprechen würde. Das halte ich für eine diskussionsnotwendige Grundlage. Ich will aber anmerken, dass die Frage des Antidiskriminierungsgesetzes, würde man es auf die Kirchen anwenden, in der katholischen Kirche zu kuriosen Ergebnissen führen würde, wenn man der Meinung wäre, dass das Antidiskriminierungsgesetz zum Beispiel bei der Priesterweihe nicht mehr geschlechtsspezifisch angewendet werden dürfte.

Es gibt gute Gründe, warum das Antidiskriminierungsgesetz und warum das Arbeitsgesetz im Kern nicht in den Kirchen, in unseren Religionsgemeinschaften angewendet wird. Das ist der Konsens, der aus Westdeutschland aus dem Verfassungsrecht entstanden ist. Ich will es nur erwähnen, weil ich der Meinung bin, dass wir dann insgesamt darüber diskutieren. Ich habe ja Ihren Redebeitrag als Diskussionsangebot und nicht als Ausgrenzung verstanden.

Und es gibt eine zweite Geschichte, wo ich einfach nur anmerken wollte, weil ich mich über die Presseerklärung von Herrn Herrgott schon gewundert habe: Ihre Vertreterin Holbe war bei der Eröffnung der Ausstellung dabei und hat selbst mitgekriegt, dass Astrid Rothe-Beinlich das Frauenbild kritisch hinterfragt hat während der Veranstaltung mit der Ahmadiyya-Gemeinde, damit ein Diskurs überhaupt ein Dialog werden kann, dass man überhaupt ins Gespräch kommt. Deswegen war die Abwesenheit von Herrn Herrgott, der dann hinterher per Presseerklärung sagt, was man hätte diskutieren müssen, seltsam, wenn eine Kollegin, die für Religionsfragen aus Ihrer Fraktion zuständig ist, dabei war und mitkriegt, dass genau diese Fragen gestellt wurden. Es hat also niemand gesagt, wir machen uns das zu eigen und akzeptieren das einfach, sondern es muss miteinander diskutiert werden. Ich halte die Diskussion für notwendig. Ich halte sie auch deswegen für notwendig, weil das Land, aus dem ich komme – Sie sprachen eben von dem westlichen Wertekonsens –, sich immer dem westlichen Wertekonsens verpflichtet fühlte. Aber die Frage der Gleichbehandlung der Frau in der Bundesrepublik Deutschland, ich will es erwähnen – Sie sind Juristin, Sie können es unschwer googeln –, das Urteil des obersten Gerichts noch in den End-60er-Jahren, sogar noch Anfang der 70er-Jahre, war, dass der Geschlechtsverkehr in der Ehe vollzogen werden muss und die Ehefrau Lust dabei wenigstens zeigen soll. Das steht in den obersten Leitsätzen des Urteils im Namen der Bundesrepublik Deutschland über das Verhältnis der Ehe und die Rolle der Ehe. Noch in den 70er-Jahren – also das ist jedenfalls in meinem Leben noch nicht so lange her – war es so, dass die Ehegattin in der Bundesrepublik Deutschland ohne die Zustimmung des Ehemanns kein Konto eröffnen durfte. Ich war froh, dass es ein sozialdemokratischer Justizminister war, der endlich dieses ganz krude Zeug der Benachteiligung der Frau in der Ehe beendet hat.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Und ich war froh, dass dann auch das Ende des Scheidungsrechts zugunsten eines Auflösungsrechts verändert wurde, denn bis dahin war es so, dass der Ehemann machen konnte, was er wollte, und die Ehefrau musste alles erdulden. Das war Rechtsprechung der Bundesrepublik Deutschland

(Abg. Walsmann)

bis Anfang der 70er-Jahre. Deswegen sage ich mal – von den 70er-Jahren bis heute –, mit welcher Selbstverständlichkeit wir heute darüber reden, dass so etwas doch absurd wäre! Wenn ich heute so etwas vorlesen würde, würde fast jeder hier im Saal sagen: Das ist doch absurd. Trotzdem war das Rechtslage in der Bundesrepublik Deutschland. Deswegen sage ich, es war gut, dass auch die christdemokratische Partei jetzt in Westdeutschland bereit war, nachdem die sozialliberale Regierung angefangen hat, Justizreformen auf den Weg zu bringen, und Ihre Partei es endlich geschafft hat, ihr Frauenbild zu modernisieren.

(Beifall DIE LINKE)

Deswegen bin ich froh, wenn Sie das heute ansprechen. Aber ich denke, wir sollten es in den gleichen zeithistorischen Kontext einordnen, in dem sich Entwicklungen vollziehen. Wir müssen Menschen einladen, damit sich dieser Kontext verändert.

Eine persönliche Anmerkung: Ich bin in einer sehr protestantischen Gegend groß geworden. Ich erinnere mich noch gut, wenn meine Großmutter über die Katholiken in der Nachbarschaft geredet hatte – das war nicht freundlich. Ich bin froh, dass das heute überhaupt keine Rolle mehr spielt. Als ich in Hessen drei Dörfer, die katholisch waren, kennengelernt habe und wir als junge Kerle zur Kirmes nicht hingegangen sind, weil wir wussten, das geht nicht gut aus – heute würde man darüber lachen. Aber der Prozess zwischen evangelisch und katholisch war ein Prozess, der – gemessen am Dreißigjährigen Krieg – noch viele Jahre und Jahrzehnte brauchte, bis eine Normalität entstanden ist. Deswegen bin ich überzeugt, dass wir auch mit der Ahmadiyya-Gemeinde und anderen, die friedlich ihre Religion leben wollen, einen Prozess organisieren können, der dazu führt, dass das, was heute noch nicht selbstverständlich ist, doch selbstverständlich werden kann. Wenn wir dann noch eine Modernisierung von Religionsunterricht und religiösen Angeboten mit staatlichen Institutionen, so wie wir es ja mit den Kirchen auch organisiert haben, dass Religionslehrer eben an der Hochschule studiert haben und auch die Priesterausbildung Teil des universitären Teils ist, wenn wir auch das offensiv angehen, dann sage ich: Aus der Unkenntnis und aus der Ablehnung könnte eine Normalisierung entstehen. Aber die Unkenntnis und Ablehnung nicht zur Kenntnis zu nehmen, wäre ein Fehler, da bin ich völlig dabei. Deswegen wollte ich das nur anmerken, dass wir uns nicht einfach unter ein Glashaus setzen, anfangen, mit Steinen zu schmeißen, und uns dann wundern, dass es ziemlich scheppert, weil wir so eine eigene Entwicklungsgeschichte haben.

Die Anmerkung will ich mir schon erlauben: Als ich aus Westdeutschland vor 26 Jahren als Gewerkschafter hierherkam, hofften meine Gewerkschafts

frauen aus Westdeutschland, dass mit den ostdeutschen Gewerkschaftsfrauen die Quote in der Satzung unserer Gewerkschaft donnernd beschlossen wird, und die ostdeutschen Frauen waren überhaupt nicht willens, die Quote einzuführen, weil die gesagt haben: Das, was wir uns erkämpft haben und was für uns normal ist, wollen wir nicht durch eine Quote reduziert kriegen.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Das war eine interessante kulturelle Erfahrung für mich, weil ich auf einmal das, was ich für normal hielt, hinterfragen musste. So gesehen würde ich mich freuen, wenn wir tatsächlich den ThüringenMonitor und auch die dahinterstehenden Problemlagen als Ausgangspunkt der Diskussion nehmen. Ja, ich weiß, der Islam wird überwiegend von der Bevölkerung nicht positiv aufgenommen, sondern als Bedrohung empfunden, und das in Unkenntnis von muslimischen Menschen. Das scheint nur ein Teil des Problems zu sein, so wie auch vor 80/90 Jahren das Judentum auf einmal abgegrenzt und ausgegrenzt wurde. Deswegen scheint es mir notwendig zu sein, auf dem Fundament unseres Grundgesetzes – das ist die Hausordnung – sollten wir uns aufmachen, Vorurteile abzubauen und auch eine klare Haltung zu zeigen. Selbst wenn die Mehrheit der Bevölkerung sagt, dass ihr unangenehm ist, da muss man trotzdem sagen: Es ist längst da.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Ich fand Herrn Wulff damals in zwei Punkten mutig. Er hat einmal diesen Satz gesagt – danach hatte ich den Eindruck, dass seine Präsidentschaft relativ rapide zu Ende gegangen ist –,

(Zwischenruf Abg. Leukefeld, DIE LINKE: Wir auch!)

aber er ist gleichzeitig auch der erste Präsident gewesen, der für die Rabbinerordination in der Synagoge war. Das habe ich Herrn Wulff beides hoch angerechnet. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Vielen Dank, Herr Ministerpräsident. Als Nächste hat sich Frau Abgeordnete Rothe-Beinlich zu Wort gemeldet.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, die Debatten um den Thüringen-Monitor fordern uns immer wieder. Ich bin wirk

(Ministerpräsident Ramelow)

lich froh, dass es ihn gibt – als einen Gradmesser, als Bestandsaufnahme von Haltungen, von Werturteilungen, auch von Meinungen in der Bevölkerung. Das macht ihn bundesweit einzigartig, meine sehr geehrten Damen und Herren. Deswegen an dieser Stelle auch noch einmal der Dank an die Erstellerinnen und Ersteller dieses Monitors, der uns immer wieder zu denken gibt.

Ich will aber auch sagen – und das wird jetzt auch gleich deutlich werden –, dass ich mich natürlich auch kritisch auseinandersetze mit dem einen oder anderen Befund. Das kann mitunter auch schon bei der Begriffswahl losgehen. Wenn ich nämlich im Titel der Studie von „Flüchtlingskrise“ – auch wenn sie in Anführungszeichen steht – lese, dann halte ich das ein Stück weit für problematisch, weil „Flüchtlingskrise“ in der Regel als Krise Deutschlands, ursächlich verursacht durch die Flüchtlinge, verstanden wird und nicht als Krisen in den Herkunftsländern, vor denen Menschen fliehen müssen und zu uns kommen. Auch später ist die Studie für meine Begriffe wenig begriffssensibel, indem Begriffe verwendet werden wie zum Beispiel „Zustrom“ oder auch „Integrationsproblematik“.

Mich haben allerdings einige Zahlen im Monitor durchaus optimistisch gestimmt, dass beispielsweise viele, gerade jüngere, hoch qualifizierte, sozioökonomisch gut etablierte Menschen mit eigener Migrationsgeschichte sehr positiv zur Asyl- und Flüchtlingssituation stehen. 58 Prozent der Befragten sind der Ansicht, dass mit der Aufnahme von Flüchtlingen und Asylsuchenden der Bevölkerungsrückgang ausgeglichen werden kann. Der Ministerpräsident hatte in seiner Rede darauf aufmerksam gemacht, dass wir Zuwanderungsland werden müssen. Auch dieser Befund stimmt mich überaus positiv. 75 Prozent – das sind immerhin drei Viertel der Befragten – sind der Ansicht, dass unsere Gesellschaft mit der Aufnahme von Geflüchteten und Asylsuchenden kulturell vielfältiger wird. Auch das werte ich positiv. 57 Prozent sehen den gesellschaftlichen Zusammenhalt gefährdet, allerdings nicht wegen der Geflüchteten, sondern wegen der Zunahme des Rechtspopulismus und des Rechtsextremismus, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Ganz deutlich widersprechen muss ich auch denen, die hier ein Bild gezeichnet haben, der ThüringenMonitor würde – auch wenn sie ihn zuvor gänzlich infrage gestellt haben – die Landesregierung und deren Politik infrage stellen. Das Gegenteil ist der Fall, denn die Asyl- und Flüchtlingspolitik der Landesregierung wird mehrheitlich positiv bewertet. Ich will es noch einmal auseinandernehmen: 5 Prozent bewerten sie sogar sehr positiv, 42 Prozent eher positiv. Dazu gehört natürlich, auch zu sagen: 31 Prozent bewerten sie negativ und 8 Prozent sehr negativ. Am positivsten aber wird die Arbeit der freiwilligen Helferinnen und Helfer bewertet:

56 Prozent sehen diese sehr positiv, 32 Prozent eher positiv, 16 Prozent geben an, sich bereits ehrenamtlich engagiert zu haben, und 46 Prozent der Menschen wären bereit, sich zu engagieren. Die Hilfsbereitschaft ist also durchaus groß. Ich möchte mich an dieser Stelle auch noch einmal ganz herzlich bei allen bedanken, die bereits geholfen haben oder die sich tagtäglich engagieren.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Spannend ist übrigens auch, dass immerhin 67 Prozent der Befragten nichts dagegen hätten, wenn in ihrer Nachbarschaft eine Unterkunft für Asylsuchende entstehen würde. In den größeren Städten sind es sogar 75 Prozent. 96 Prozent der Befragten geben an, dass alle Asylsuchenden zur Teilnahme an Sprach- und Integrationskursen verpflichtet werden sollten. Allerdings meinte nur die Hälfte der Befragten, dass die Behörden genug tun, um Ausländerinnen und Geflüchtete vor fremdenfeindlichen Übergriffen zu schützen. 21 Prozent benennen Aspekte einer Willkommenskultur als relevant, insbesondere die Einbindung in den Alltag, Hilfsbereitschaft und aktive Wertevermittlung. 16 Prozent der Befragten beurteilen ein dauerhaftes Bleiberecht als sehr wichtig bzw. wichtig für die gelingende Integration. 77 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass Deutschland ein Einwanderungsgesetz braucht, das festlegt, welche und wie viele Menschen mit Migrationshintergrund ins Land kommen dürfen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, bei der Rede des Fraktionsvorsitzenden der CDU, der ja leider in der Regel nicht mehr zugegen ist, wenn die anderen reden – so wird ein Diskurs übrigens auch immer schwierig –, wurde deutlich, dass er der Meinung ist, dass Rassismus allein ein Problem des rechten Randes darstellt. Das ist nicht so, meine sehr geehrten Damen und Herren, und wir wissen es. Rassismus hat seine Wurzeln in der Mitte der Gesellschaft. Genau das muss uns zu denken geben und genau das macht der Thüringen-Monitor immer wieder deutlich.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich habe im Übrigen mitunter weniger Sorge vor denen, die neu zu uns kommen, als vor denjenigen, die im ewig Gestrigen verharren und nicht annähernd bereit sind, sich auf Veränderungen einzustellen. Auch ist mir wichtig zu sagen – und das auch an die Adresse von Mike Mohring –, dass es in allererster Linie Menschen sind, die zu uns kommen, und zwar unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus oder ihrem Beweggrund. Ich glaube, das vergessen immer wieder zu viele, wenn sie nur Nützlichkeitsaspekte benennen, nach denen sie diese Menschen bewerten, und wen sie auch mit bei uns sehen wollen.

(Beifall Abg. Berninger, DIE LINKE)

Das Konstrukt der sicheren Herkunftsstaaten hat heute auch schon eine Rolle gespielt. Ich sage es noch einmal: Aus unserer Sicht ist es ein politisches Konstrukt, das keiner näheren Betrachtungsweise standhält und das einzig und allein dazu dient, Menschen abzuschrecken,

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Menschen schneller abschieben zu können oder sich eben nicht mit der Situation der Einzelnen zu befassen. Das widerspricht unserem Ansatz vom Grundrecht auf Asyl, weil es ein individuelles Grundrecht ist, und auch darauf möchte ich hier noch einmal hinweisen.

(Beifall Abg. Berninger, DIE LINKE)

Ich will auch noch eines zu Frau Walsmann sagen: Sie machen es sich hier sehr leicht. Ich weiß nicht, ob das eine OB-Wahlrede für Erfurt werden sollte, wo ja gerade Stimmung gegen den Bau einer kleinen Moschee im Ortsteil Marbach gemacht wird. „Den Islam“ gibt es so nicht. Auch hier gilt es, genauer hinzuschauen. Auch er ist sehr differenziert zu betrachten. Ich finde es wirklich bedauerlich, der Ministerpräsident hat eben darauf hingewiesen, dass Sie sich offenkundig nicht mal die Ausstellung genauer angeschaut haben, zu der im Moment drei Fraktionen in diesem Haus einladen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Denn diese Ausstellung dient dazu, aufzuklären, das Gespräch zu suchen, auch ins Gespräch zu kommen und sich damit auseinanderzusetzen, was eine kleine Gemeinde selbst für ihre eigene Haltung und ihren richtigen Weg hält. Ich bin in der ehemaligen DDR groß geworden und habe es erlebt, wie in einem System mit Menschen umgegangen wurde, die gläubig sind. Deswegen – ich habe es schon mal gesagt – ist gelebte Religionsfreiheit und der Artikel 4 im Grundgesetz einer der wichtigsten mit für mich. Religionsfreiheit heißt, sich frei entscheiden zu können, zu glauben. Dass hier natürlich das Grundgesetz auch für alle Gläubigen – und zwar egal welchen Glaubens – maßgeblich sein muss, ist klar. Frau Walsmann, ich weiß nicht, was Sie damit meinen, wenn Sie sagen, dass es nicht reicht, wenn Muslime sagen: „Wir achten die Gesetze des Landes“! Was sollen sie denn noch tun, meine sehr geehrten Damen und Herren? Wir erwarten auch von den Bürgerinnen und Bürgern, die nicht muslimischen Glaubens sind, nichts anderes. Alle haben die Gesetze zu achten und das gilt unabhängig davon, ob und an wen und warum Menschen glauben.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, gestatten Sie mir noch sechs Schlussfolgerungen aus dem, was ich aus diesem Thüringen-Monitor entnommen habe. Die Mehrheit der Thüringerinnen und Thüringer hat tatsächlich Befürchtungen und Ängste auch angesichts der Asyl- und Geflüchtetensituation. Für uns ergibt sich daraus folgende Herausforderung, nämlich diese Ängste und Befürchtungen einerseits ernst zu nehmen und andererseits – da wo möglich – abzubauen. Es ist also eine menschenrechtsorientierte Asyl- und Migrationspolitik gefordert, die zudem sachlich, rational und faktenbasiert agiert. Und diesen Weg werden wir als rot-rot-grüne Koalition weitergehen.

Zweitens: Die Menschen in Thüringen sehen den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Thüringen gefährdet, aber eben nicht wegen der Flüchtlinge – ich sagte es vorhin –, sondern wegen der Zunahme des Rechtspopulismus und des Rechtsextremismus. Wir müssen also umso entschlossener rechtspopulistischen und rechtsextremen Tendenzen entgegentreten und ich danke daher denen, die eben mit Besen dafür gesorgt haben, auch noch den letzten braunen Dreck hier vor dem Haus wegzukehren.

(Beifall DIE LINKE)

Es muss uns schon zu denken geben, wenn Herr Köckert heute draußen erklärt, dass Herr Höcke sein parlamentarischer Vertreter hier im Landtag wäre, und ich habe bis jetzt keine Distanzierung davon gehört.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN; Abg. Walk, CDU)

Zum Dritten: Die Asyl- und Flüchtlingspolitik der Landesregierung, auch wenn das hier einigen im Haus nicht schmeckt, wird mehrheitlich positiv eingeschätzt. Das ist ein gutes Zeugnis für rot-rot-grüne Asylpolitik. Eine menschenwürdige Unterbringung, die Versorgung und Schaffung von Rahmenbedingungen für gute Integration wird also von den Thüringerinnen und Thüringern mehrheitlich unterstützt, und das macht mich froh.

Zum Vierten: Zwei Drittel der Thüringerinnen hätten nichts dagegen, wenn Geflüchtete ihre neuen Nachbarn und Nachbarinnen werden. Allerdings macht uns natürlich nachdenklich, dass 72 Prozent der Befragten eine nationale Obergrenze befürworten. Das ist aus unserer Sicht allerdings vor allem ein deutliches Zeichen dafür, endlich europaweit zu einem gerechten Verteilungsmodus zu gelangen, der sowohl die Integrationsbedingungen in den jeweiligen Ländern als auch die Interessen der Geflüchteten berücksichtigt. Und gestatten Sie mir noch einen Hinweis, da ich erst gestern wieder Berichte über Menschen gesehen habe, die im Mittelmeer ertrunken sind: Dazu gehört es auch, endlich sichere und legale Fluchtwege zu schaffen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zum Fünften: Zwei Drittel der Thüringerinnen und Thüringer halten ein dauerhaftes Bleiberecht für sehr wichtig, damit Integration gelingen kann. Auch dies stellt eine Unterstützung für rot-rot-grüne Asylund Migrationspolitik dar, setzen wir doch gerade bei Asylsuchenden, die bereits mehrere Jahre im Asylverfahren sind, auf ein dauerhaftes Bleiberecht.

Und zum Sechsten: Die Thüringerinnen und Thüringer befürworten ein Einwanderungsgesetz. Unsere grüne Bundestagsfraktion hat hier bereits 2015 vorgelegt, Dirk Adams hat das vorhin ausgeführt, und ich glaube, dass es auch an der Zeit ist, hierfür ein klares Signal aus Thüringen zu senden. Vielen herzlichen Dank!