Protokoll der Sitzung vom 09.12.2016

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Nein, nein!)

Wir haben begründet vorgetragen, dass wir Probleme mit dem Begriff der „gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit“ haben. Wenn Sie ein Problem damit haben, den Begriff der „Rasse“ in die Überschrift zu schreiben, auch wenn er im Grundgesetz steht, dann lassen Sie uns doch reden; es muss doch möglich sein, andere Wörter zu finden.

Mein Appell ist einfach: Wenn ein großer Konsens wirklich gewollt ist, dann muss es mehr sein, als

dass Rot-Rot-Grün mit seiner kleinen Mehrheit diese Enquete-Kommission auf den Weg bringt.

(Beifall CDU)

Herr Abgeordneter Emde, es gibt eine weitere Frage – die Sie nicht beantworten. Weitere Wortmeldungen aus den Reihen der Abgeordneten? Herr Brandner.

Herr Emde, vielen Dank, Sie haben die Debatte wieder aus dem Niveaukeller hervorgehoben, in den uns die drei Damen von Rot-Rot-Grün geführt haben – sie disqualifizieren sich selbst.

(Zwischenruf Abg. Henfling, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Sie auch!)

Wer die Thüringer Polizei unter den Generalverdacht stellt, Rassisten zu sein,

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sie haben das gesagt!)

auf der anderen Seite aber einen Stasispitzel, die Frau Kahane, wie eine Monstranz vor sich herträgt, der hat sich von Grund auf selbst disqualifiziert. Dazu braucht man eigentlich gar nichts mehr zu sagen.

(Beifall CDU, AfD)

Woher kommt so etwas? So etwas kommt daher, dass Sie sich in einer monothematischen Einheitsblase bewegen – zwischen Pippi-Langstrumpf-Parteitagen der Grünen und Quietschi-Treffen der Jusos und Schwusos und wie sie alle heißen – und dann nichts anderes zu tun haben, als sich mit Ihrer Rassismus-Psychose auseinanderzusetzen und damit selbst zu befriedigen. Daran liegt es, dass Sie sich hier nicht vernünftig äußern können. Das scheint bei Ihnen ein klassisches Frauenthema zu sein:

(Beifall AfD)

Frau Henfling, Frau Lehmann, Frau Berninger – alle wahrscheinlich nicht ausgelastet,

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ihren Sexismus können Sie stecken lassen!)

unterbeschäftigte Nachwuchspolitikerinnen, die ein Betätigungsfeld suchen. Das haben Sie hier gefunden und damit stehlen Sie uns die Zeit. Dafür danke ich Ihnen nicht.

(Beifall AfD)

(Zwischenruf Abg. Harzer, DIE LINKE: Und Ihnen sollte man mal auf die Fresse hauen!)

Frau Abgeordnete Berninger.

Meine Damen und Herren, Sie haben sicherlich selbst gemerkt, dass wir gerade ein praktisches Beispiel von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit erlebt haben, nämlich Sexismus!

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Heiterkeit AfD)

Ich wollte Herrn Emde fragen, ob er nicht meint, dass im Abschlussbericht des NSU-Untersuchungsausschusses von 2014 der Auftrag dieser EnqueteKommission im Konsens beschrieben wurde, nämlich die Auseinandersetzung mit Rassismus und gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit. Die Frage hat er leider nicht zugelassen. Er hätte nämlich sagen müssen: Ja, das ist so.

(Beifall DIE LINKE)

Herr Harzer, Sie haben dazwischengerufen, zumindest dass der Abgeordnete Brandner „die Fresse halten“ soll. Ich erteile Ihnen dafür einen Ordnungsruf.

(Beifall CDU, AfD)

In der Aussprache ergeben sich jetzt keine weiteren Wortmeldungen von Abgeordneten. Herr Minister Prof. Hoff hat das Wort für die Landesregierung.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! In der Logik von Herrn Brandner dürfte die Tatsache, dass ich als Chef der Staatskanzlei zu diesem Thema rede und in seinem Konzept der Zweigeschlechtlichkeit männlich bin, einen enormen Bedeutungszuwachs für dieses Thema, das hier debattiert wird, bedeuten. Ich halte das, ehrlich gesagt, für ziemlichen Unsinn.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Heute vermelden die Zeitungen, dass der Thüringer Landtag die höchste Frauenquote aufweist. Das heißt, Sie werden häufiger damit konfrontiert sein, Herr Brandner,

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

dass zu wichtigen Themen in diesem Landtag Frauen reden.

Zweiter Punkt: Herr Höcke, Sie haben ja heute einen sehr amüsanten Auftritt gehabt. Ich werde vermeiden, hier wie Sie am Rednerpult zu hopsen, um meiner Rhetorik verstärkten Ausdruck zu verleihen. Ich sage aber auch, dass wir als Landesregierung nicht über jedes Stöckchen springen werden, das Sie uns hinhalten. Gleichwohl einige Anmerkungen zu Ihrer Rede: Im vergangenen Jahr war zum 70-jährigen Festakt der Befreiung des Konzentrationslagers Buchenwald ein amerikanischer Vertreter der alliierten Streitkräfte da, ein alter Mann, Professor, Wissenschaftler, der gesagt hat, was es für ihn für eine Freude war, an diesem Festakt teilzunehmen, im Hotel Elephant genau dort zu sein, wo Hitler sich gern aufgehalten hat, und zu wissen, dass er zu denen gehört, die Deutschland befreit haben. Und die Tatsache, dass die Alliierten Buchenwald und Deutschland vom Nationalsozialismus befreit haben, war übrigens erst die Grundlage dafür, dass Theodor Wiesengrund Adorno, Religionsangehörigkeit Jude, und seine Kollegen, viele Juden darunter, vom Institut für Sozialforschung nach Deutschland zurückkehren konnten. Einige haben es nicht gemacht, weil sie es nicht ertragen konnten, in das Land zurückzukommen, wo in dem manifest gewordenen Konzept der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit Millionen Juden und andere in den Konzentrationslagern vernichtet wurden. Im Parlamentarischen Rat, der das Grundgesetz entwickelt hat, saßen Bürgerliche, Liberale, auch Sozialisten, ehemalige NS-Verfolgte. Ihr ideologischer Kampfbegriff der Antifa-Industrie verhöhnt all diese Menschen

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

und kann an dieser Stelle nicht unwidersprochen stehen gelassen werden. Sie behaupten, es würde eine ideologisierte Sprachdiktatur geben. Sie suggerieren, als ob Sie und Ihre Fraktion die Einzigen wären, die nicht ideologisch argumentieren würden. Ich halte das für eine perfekte Figur ideologischer Argumentation. Lassen Sie uns doch durchaus auch über Ideologien streiten, aber hören Sie auf, so zu tun, als ob es ein Kartell von Meinungsdiktatoren gäbe und einen Hort der Freiheit – die AfD. Das ist pure Ideologie

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

und die AfD in diesem Sinne Organisation gewordene Ideologie.

Der Untersuchungsausschuss 5/1 „Rechtsterrorismus und Behördenhandeln“ des Thüringer Landtags hat mit seinen gemeinsamen Empfehlungen in seinem Bericht vom 16. Juli 2014 auf zwei wesentliche Punkte orientiert, zum einen die Überprüfung der Zielstellungen und Wirkungen des Landesprogramms für Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit, das in überarbeiteter Form in der kommenden

Woche im Kabinett diskutiert und dann auch beschlossen werden wird. Zum anderen wurde formuliert – ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten –, dass „neben der Fortsetzung der Aufklärung […] eine Enquetekommission ‚Rassismus‘ Maßstäbe setzen und beispielsweise Vorschläge für die öffentliche Auseinandersetzung mit gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit entwickeln“ sollte. Das bedeutet also, dass dem Hinweis darauf, dass die Enquete-Kommission sich gemeinsam darauf verständigt hat, dass man sich mit dem Begriff und dem Konzept gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit auseinandersetzen will, hier zumindest nicht widersprochen werden kann. Die Landesregierung begrüßt ausdrücklich, dass sich der Landtag mit dem vorliegenden Antrag auch der Umsetzung dieser gemeinsamen Empfehlung des ehemaligen Untersuchungsausschusses aktiv zuwendet.

Erinnern wir uns noch mal, was der Hintergrund dieses Beschlusses war. Es gab rechtsextremen Terror, der in Thüringen seinen Anfang genommen hat. Zehn Menschen sind ermordet worden. Darüber hinaus sind Familien der Opfer traumatisiert worden. Alle Demokratinnen und Demokraten in dem Land sollten sich verpflichtet fühlen, nichts unversucht zu lassen, um solche Taten zukünftig zu verhindern.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Denn die Taten sind nicht aus dem Nichts gekommen. Die sind nicht einfach so entstanden, sondern es gab ein Umfeld und ein gesellschaftliches Klima, in dem sich die Täter des sogenannten Nationalsozialistischen Untergrunds radikalisieren konnten und in welchem ihnen zu wenig entgegengearbeitet wurde. Insoweit ist die Auseinandersetzung mit Rassismus und gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit im Rahmen einer Enquete-Kommission des Thüringer Landtags ein geeignetes Instrument. Warum? Weil die Enquete-Kommission eben anders als die normalen Ausschüsse ein Instrument ist, bei dem die Abgeordneten mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, Sachverständigen gemeinsam an Themen arbeiten, wo es nicht um das Mehrheits-Minderheits-Klima geht, was wir in den Ausschüssen haben, Opposition – Regierung, sondern es geht im besten Sinne Habermas‘scher Kommunikationstheorie um den zwanglosen Zwang des besseren Arguments. In diesem Sinne die Enquete-Kommission zu verstehen und zu agieren, sollte unser gemeinsames Anliegen sein.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Zwischenruf Abg. Heym, CDU)

Ich bin Ihnen dankbar für den Hinweis. Denn natürlich sollte das Parlament jederzeit diesem Ansatz folgen. Wir wissen aber, dass in Ausschüssen Oppositionsanträge und Anträge der Koalition, also

der regierungstragenden Fraktionen, häufig stark dichotom miteinander diskutiert werden, während eine Enquete-Kommission – das wissen Sie als langjährige Abgeordnete auch – den Raum gibt, Themen anders zu diskutieren, sie nicht nach Mehr- und Minderheit abzustimmen. Das ist, glaube ich, das, was eine Enquete-Kommission tun sollte.

(Unruhe CDU)

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Aber nicht mit Minderheit einsetzen!)

Bei allem Respekt, lieber Herr Vorsitzender, Sie gestatten mir, dass ich zunächst selbst entscheide, wozu ich als Vertreter der Landesregierung sprechen möchte.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Nein, Sie haben um Konsens geworben!)