Protokoll der Sitzung vom 26.01.2017

Die AfD erhebt ja oft Vorwürfe gegen die Regierungskoalition; aber wer Vorwürfe formuliert, muss sich natürlich auch daran messen lassen. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf will die AfD-Fraktion die Thüringer Landkreise und kreisfreien Städte als Träger der Sparkassen gängeln. Die vorgeschlagenen Regelungen dokumentieren aus meiner Sicht nicht nur mangelnde Achtung der kommunalen Selbstverwaltung, sie sind auch ein unverhältnismäßiger Eingriff in das Selbstverwaltungsrecht der Sparkassen als kommunale Anstalten des öffentlichen Rechts.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie wollen hineinregieren in die einzelnen Sparkassen und scheren sich einen Teufel um die wirtschaftlichen und kommunalen Auswirkungen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Abg. Floßmann)

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: … Anstalt des öffentlichen Rechts, das wissen Sie aber schon!)

Meine Damen und Herren, die Vorschläge der AfD sind praxisfern und zum Teil sogar unsinnig. Die Sparkassen sind dem Sparkassengesetz zufolge – und ich zitiere, Herr Präsident, mit Ihrer Zustimmung – „dem gemeinen Nutzen dienende Wirtschaftsunternehmen mit der Aufgabe, in ihrem Geschäftsgebiet die Versorgung mit Finanzdienstleistungen sicherzustellen, insbesondere Gelegenheit zur sicheren Anlage von Geldern zu geben.“ Schon heute besteht also für die Sparkassen die Aufgabe, für ihre Kunden die Bargeldversorgung zu sichern. Indem die AfD vorschreiben will, wie die Sparkasse diese Aufgaben zu erfüllen hat, negiert sie, dass sich die Sparkassen im Wettbewerb zu anderen Kreditinstituten bewegen. Durch den bestehenden Wettbewerb bei niedrigsten Zinsen sind auch die Sparkassen gehalten, Kosten zu optimieren, um nicht in wirtschaftliche Schieflage zu geraten. Täten sie dies nicht, würden die Sparkassen zudem gegenüber anderen Banken unattraktiv und ihre Kunden würden wegen besserer Konditionen davonlaufen.

Meine Damen und Herren, es ist ein Irrglaube, man könne den Umfang der anzubietenden Bankdienstleistungen bei den Sparkassen einfach von oben verordnen. Jede Sparkasse muss hier ihren eigenen Lösungsweg finden. Irgendwie kommt es mir aber so vor, dass sich die AfD in der staatlichen Lenkung und Gängelung von Unternehmen im Instrumentenkasten der DDR bedient. Das hat aber auch schon damals nicht funktioniert.

(Beifall CDU, SPD)

Vollkommen hirnrissig ist der Vorschlag der AfD, durch Änderung der Kommunalordnung die Versorgung mit Finanzdienstleistungen der Sparkassen zu einer Pflichtaufgabe der Gemeinden zu machen. Nach dem, was Sie formulieren, soll jetzt auch der ehrenamtliche Bürgermeister von Kleinbockedra im Saale-Holzland-Kreis – das ist meines Erachtens die kleinste Gemeinde von Thüringen – noch verantwortlich für die Versorgung der 40 dort wohnenden Einwohner mit Finanzdienstleistungen sein. Was soll er denn noch alles machen?!

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, meine Fraktion ist der Auffassung, dass die bestehende Zuweisung der Trägerschaft der Sparkassen an die Landkreise und kreisfreien Städte richtig ist und nicht geändert werden sollte. Über die Verwaltungsräte der Sparkassen üben die von den Kreisen und kreisfreien Städten benannten kommunalen Vertreter entscheidenden Einfluss auf die jeweilige Geschäftspolitik der Sparkassen vor Ort aus. Sie entscheiden, wo und in welchem Umfang welche Finanzdienstleis

tungen angeboten werden sollen. Sie können allerdings Fragen der Wirtschaftlichkeit nicht ausblenden. Alles andere würde die Sparkassen früher oder später in wirtschaftliche Schieflage und damit in Gefahr bringen.

Meine Damen und Herren, im Gesetzesvorschlag ist auch eine Regelung für ein Basisgirokonto auf Guthabenbasis enthalten. Anscheinend ist es der AfD entgangen, dass die Bundesregierung im Jahr 2016 ohnehin das Recht auf ein solches Konto eingeführt hat. Im Übrigen haben sich die Sparkassen bundesweit bereits vorher, nämlich im Jahr 2012, dazu verpflichtet. Eine entsprechende Regelung dazu findet sich auch in der Thüringer Sparkassenverordnung, die aus Sicht meiner Fraktion ausreichend ist. Auch dieser Vorschlag der AfD geht also an der Wirklichkeit in Thüringen vorbei.

Meine Damen und Herren, Insider reiben sich verwundert die Augen, weil die AfD die Sparkassenaufsichtsbehörde verpflichten will, an allen Sitzungen des Verwaltungsrats der Sparkassen in Thüringen teilzunehmen. Dazu soll die Sparkassenaufsicht Mitglied in jedem Verwaltungsrat jeder Sparkasse in Thüringen werden. Das würde dazu führen, dass die Aufsicht im Verwaltungsrat mitarbeitet und beschließt und sich danach selbst beaufsichtigt. – Ein Unding, was Sie da vorschlagen.

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, auch die Einschätzungen der AfD-Fraktion zu den Kosten des vorgelegten Gesetzentwurfs stimmen nicht. Es ist schlichtweg falsch, dass mehr Beaufsichtigung im geschilderten Umfang und das Hintanstellen von Wirtschaftlichkeitsfragen bei den Sparkassen zu höheren Einnahmen führen wird. Wie das gehen soll, weiß vermutlich nur die AfD. Durch Verringerung der Wettbewerbsfähigkeit infolge der verordneten Regelungen würde sich die wirtschaftliche Situation der Sparkassen verschlechtern. Bei weiterer verschlechterter Ertragslage könnten die Sparkassen als Förderer von Sport und Kultur zunehmend ausfallen, bis dahin, dass die einzelnen Sparkassen in ihrer Existenz gefährdet werden. Die verpflichtende Teilnahme von Vertretern der Sparkassenaufsicht an den Verwaltungsratssitzungen – Frau Floßmann, bei der Kreissparkasse Gotha ist es so, dass die Sitzung nicht nur einmal im Quartal stattfindet, sondern dass wir uns noch erheblich öfter treffen, sodass der Personalaufwuchs, der hier stattfinden müsste, noch wesentlich größer ist, als Sie das vorgeschlagen haben. Auch bei den Kosten versucht die AfD also, uns und die Bürger hinter die Fichte zu führen.

Meine Damen und Herren, aus all den vorgenannten Gründen kann der vorliegende Gesetzentwurf nur abgelehnt werden. Eine Befassung im Haushalts- und Finanzausschuss ist weder angezeigt

noch sinnvoll. Die Vorschläge der AfD sind krude und wirr, sie zeigen aber den wahren Geist der AfD. Nicht Selbstbestimmung auf Basis bestehender Gesetze, sondern Überwachung und Reglementierung durch den Staat werden von der AfD angestrebt. Das Sparkassenrecht soll hier den Anfang machen. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke schön, Herr Dr. Pidde. Als Nächster erhält Herr Abgeordneter Müller für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, werte Besucherinnen und Besucher! Herr Pidde hat schon eine Menge von Punkten angesprochen, die ich mir auch notiert hatte. Einiges wird sich daher wiederholen, aber ich glaube, das ist auch nicht vermeidbar. Da ist sie wieder, unsere nationale Verkümmerungspartei auf der rechten Seite, und dieses Mal schlägt sie mit einer Überarbeitung zur Neuregelung im Sparkassengesetz auf. Wir haben schon gehört, dass einiges von dem, was vorgeschlagen wurde, mehr als krude ist, unausgegoren, nicht finanzierbar, und wenn ich die Litanei höre von rechts außen – Staat verschlanken, weniger Verwaltung, weniger Einflussnahme –, dann frage ich mich wirklich, was in den letzten Tagen dort passiert ist oder auch in der jüngeren Vergangenheit.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Inhalt des Sparkassengesetzes für Thüringen wird durch uns als Parlament kontrolliert und über die Landesregierung als Gesetzgeber ausgestaltet. Zum Regelungsumfang gehört unter anderem, was die Sparkassen im Detail machen sollen, welche Dienstleistungen Sie zu erbringen haben, von wem sie getragen werden sollen und wie sie beispielsweise in ihren Einrichtungen geführt und kontrolliert werden. Das aktuelle Sparkassengesetz regelt diese Anforderungen aus unserer Sicht allumfassend, ausreichend präzise und detailscharf da, wo es erforderlich ist. Unsere Sparkassen sind öffentlichrechtliche Kreditinstitute, die von unseren Gemeinden, Städten und Landkreisen errichtet werden und über die Gremien auch kontrolliert werden.

Worin liegt eigentlich der Unternehmenszweck der Sparkassen? Zu den Aufgaben – und das hat Herr Pidde auch schon ausgeführt – gehört beispielsweise, der Bevölkerung verzinsliche Geldanlagen zu bieten. Das ist wahrlich im Augenblick mehr als schwierig, auch eines der Probleme der Sparkassen hinsichtlich ihrer Finanzierung. Sie hat aber

auch Kreditanfragen zu bedienen, die aus der Bevölkerung oder aus der mittelständischen Wirtschaft kommen. Darüber hinaus hat sie Beratungsdienstleistungen im weitesten Sinne zu stellen. Das kann von Versicherungen gehen bis hin zu klassischer Kreditberatung im Bereich des Hausbaus. Allerdings – und das ist eine Einschränkung, eine wesentliche Einschränkung in ihrem freien Handeln – sind sie an bestimmte Regionen gebunden, das heißt, im Regelfall ist es der Landkreis, in der die Sparkasse ansässig ist. Wir haben in Thüringen einige Sparkassen, die landkreisübergreifend arbeiten, die also in der Vergangenheit sich schon zusammengeschlossen haben, und es gibt Sparkassen, die aktuell über ähnliche Fusionen wiederum nachdenken. Agieren sie aber über ihre Grenzen hinaus, dann binden sie in der Regel ihre Landesbanken mit ein oder andere sogenannte Konsortialbanken. Das heißt, wird das Volumen zu groß, hilft man sich untereinander und zieht größere Banken mit heran. Dieser Unternehmenszweck – Finanzierung der Wirtschaft, Finanzierung der privaten Personen – wird flankiert durch einen öffentlichen Auftrag und der besteht darin, dass die Sparkassen dem Gemeinnutzen verpflichtet sind. Viele von Ihnen werden das kennen, wenn es öffentliche Veranstaltungen gibt im kulturellen Bereich, im sportlichen Bereich, da hängt dann irgendwo ein Banner „Gefördert, unterstützt von ihrer örtlichen Sparkasse“. Das heißt, Gewinne, die die Sparkassen erwirtschaften, fließen hier auch ins Gemeinwohl zurück, nämlich in die Förderung von Kultur und Sport. Ja, ich bin auch überzeugt von öffentlich-rechtlichen Einrichtungen und dafür kann man auch ruhig ein bisschen werben, aber ich gehe sogar noch ein Stückchen weiter.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Jetzt kommt die AfD und versucht uns klarzumachen, dass die Thüringer Sparkassen diesen Aufträgen nicht mehr gerecht werden. Das sehe ich tatsächlich nicht so.

Sehr geehrte Damen und Herren, lassen Sie mich mit aller Deutlichkeit sagen: Dieser Gesetzentwurf und die Novellierungsideen darin sind wirklich unausgegoren und aus unserer Sicht mehr als überflüssig. Es wird eher die Fortentwicklung der Sparkassen in diesen schwierigen Zeiten einschränken, behindern und sicherlich auch in einzelnen Positionen ihre derzeitige Macht am Markt deutlich schwächen. Die vorgeschlagenen Neuregelungen werden eben nicht dazu führen, dass die Sparkassen ihrem zukünftigen Auftrag gerecht werden können, vielmehr wird der regulatorische Aufwand notwendigerweise dann deutlich erhöht. Ich wäre tatsächlich auch noch nicht mal so weit gegangen, dass wir über Monatskontingente in der Verwaltung sprechen müssen, aber ganz offensichtlich haben Sie sich dieses auch nicht ansatzweise überlegt, was Sie dort fordern. Der regulatorische Aufwand wird

(Abg. Dr. Pidde)

unnötig erhöht, die Kostensteigerung kann man sich ausmalen. Entweder sind diese über den Freistaat zu tragen; ich vermute viel eher, dass sich das in Gebühren niederschlagen wird und bei dem sehr flexiblen Markt im Bankenbereich das dazu führen wird, dass die Kunden die Sparkassen verlassen.

Sehr geehrte Damen und Herren, lassen Sie mich auf ein paar Beispiele eingehen. Die AfD skandalisiert zum wiederholten Male das Thema „Bargeld“. Bereits im letzten Jahr hat sie dieses versucht hier unterzubringen; heute greift sie das Thema auf mit einer drohenden Unterversorgung mit Bargeld in der Fläche. Nun versucht sie, die zukünftige Versorgung auf diesem Weg explizit im Gesetz festzuschreiben. Dabei – und das hat mein Kollege Herr Pidde auch schon gesagt – regelt auch das Sparkassengesetz diesen Bereich. Übersetzt heißt es: Solange es Bargeld gibt, wird es das auch in der Fläche geben. Aber wir alle wissen, wie sich auch dieses Zahlungsmittel derzeit verändert. In zunehmendem Maße wird bargeldlos bezahlt, das Plastikgeld oder auch das Internet wird über kurz oder lang sicherlich an der einen oder anderen Stelle die führende Rolle übernehmen.

Im Bereich der Versorgung in der Fläche sprechen Sie das Thema „Unterversorgung“ an. Ich glaube, dass eine Sparkasse an dieser Stelle die Möglichkeit hat, über ihren Tellerrand hinaus zu gucken. Man braucht gar nicht weit zu gehen, südlich des Thüringer Waldes, in Bayern, werden Strukturveränderungen bereits sehr progressiv und auch tatsächlich bankhausübergeifend geregelt. Dort treffen sich nämlich Volks- und Raiffeisenbanken und Sparkassen und überlegen sich, wie sie die Versorgung mit Bargeldmitteln und Angeboten im Beratungsbereich zusammen anbieten können – möglicherweise mit der Absprache: In der Ortschaft A macht die Sparkasse das Angebot, in der Ortschaft B übernimmt es die ortsansässige Volksbank. Durchaus ein Angebot, was auch in Thüringen möglicherweise umgesetzt werden kann. Aber das Umsetzen solcher Entscheidungen obliegt nicht dem Gesetzgeber, sondern das obliegt tatsächlich der Sparkassenführung. Es ist eine Grundentscheidung freien unternehmerischen Handelns einer Sparkasse.

Dann will die AfD, dass bei Errichtung und Schließung von Zweigstellen, dem Einstellen oder Aufnehmen von Beratungsleistungen oder auch dem Ausdünnen oder Verstärken des Bargeldangebots in bestimmten Bereichen eine Anhörungspflicht und das Herstellen des Benehmens – das heißt übersetzt, da braucht es die Zustimmung, ansonsten geht es nicht – verankert werden. Zugleich soll das Einvernehmen mit der Sparkassenaufsichtsbehörde erforderlich sein – auch hier: Es handelt sich aber um geschäftsstrategische Entscheidungen. Im Sinne einer guten Geschäftsführung werden sich si

cherlich die Entscheidungsebenen der Sparkassen schon frühzeitig darüber Gedanken machen, an welcher Stelle sie sinnvollerweise und verantwortungsbewusst bestimmte Angebote zurückziehen können oder auch müssen.

Sehr geehrte Damen und Herren, dieser Antrag überzeugt uns Bündnis 90/Die Grünen nicht ansatzweise. Er ist tatsächlich unausgegoren und wir werden weder einer Überweisung an einen Ausschuss noch dem Antrag in Gänze zustimmen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Als Nächste hat Abgeordnete Skibbe für die Fraktion Die Linke das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Besucherinnen und Besucher auf den Tribünen! Es ist in der Debatte schon sehr viel gesagt worden zu diesem Gesetzentwurf der Fraktion der AfD, mit der Sie die Finanzdienstleistungen durch die Sparkassen im ländlichen Raum sicherstellen wollen. Hierzu sollen die Thüringer Kommunalordnung und das Thüringer Sparkassengesetz geändert werden. Meine Vorrednerinnen und Vorredner haben dazu schon eine Menge ausgeführt. Damit sollen die rechtlichen Einflussmöglichkeiten der Landesregierung auf das Handeln der Sparkassen vor Ort vergrößert und damit aus der Sicht der AfD bestehende Mängel bei der Aufgabenausübung der Sparkassen behoben werden. Diese Mängel und die fehlenden Kontrollinstrumente des Landes, so der Entwurf, wären hauptverantwortlich für das sogenannte Sparkassensterben vor Ort, aber vor allem im ländlichen Raum. Deswegen möchte die AfD wohl unter anderem eine stärkere Aufsicht über die Geschäftspolitik der Sparkassen, die rechtliche Normierung und Konkretisierung des Sparkassenauftrags, eine Stärkung der Aufsichtsrechte der Sparkassenaufsicht – ich glaube, Abgeordneter Pidde hatte dazu schon eine ganze Menge gesagt – und die immer wiederkehrende Forderung der AfD nach der Einführung eines verpflichtenden flächendeckenden Angebots von Bargeld. Die AfD möchte also mit dem vorliegenden Gesetzentwurf gegenüber den Sparkassen mehr regeln und mehr kontrollieren. Und das ist schon erstaunlich für eine Partei, die gerade in der Finanzpolitik beständig nach Deregulierung ruft und bei jeder Gelegenheit pauschal auf die EU-Bürokratie schimpft.

Davon einmal abgesehen, der vorliegende Gesetzentwurf ist nicht nur handwerklich schlecht, sondern er ist auch falsch und enthält zum Teil vollkommen überflüssige Regelungen. Er stellt zudem einen un

(Abg. Müller)

verhältnismäßigen Eingriff des Landesgesetzgebers in das Selbstverwaltungsrecht der Sparkassen als kommunale Anstalten des öffentlichen Rechts dar. Er verengt und reglementiert Gestaltungsrechte der Sparkassen bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben. Was ich besonders verwerflich finde: Unter der falschen Vorgabe der Stärkung von Verbraucherrechten möchte der Antrag offensichtlich die Thüringer Sparkassen zu fragwürdigen Geschäftsbeziehungen zwingen, die sie bisher aus gutem Grund vermieden haben.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zusammengefasst: Wenn dieser Gesetzentwurf umgesetzt würde, schadet er nicht nur den Sparkassen und ihren Kundinnen und Kunden, nein, er nützt ihnen ganz gewiss nicht.

Hier könnte man schon einmal einen Schnitt machen und die Rede beenden. Aber ich denke, einige wenige Worte möchte ich noch sagen. Stichwort „Bargeld“: Auch hier wurde schon etliches gesagt. Sie möchten also ausdrücklich Beratungsdienstleistungen und das Bargeld in den Finanzdienstleistungen aufgeführt sehen. Dies soll in den Filialen oder Selbstbedienungsbereichen erbracht werden können. Damit – so sagen Sie – wäre der öffentliche Auftrag erfüllt. Hier bemühen Sie zum einen auch die Leitvorstellungen des Thüringer Landesplanungsgesetzes, den § 1. Dafür soll zudem auch noch eine Rechtsverordnung erlassen werden. Die Versorgung mit Bargeld gehört aber sowieso schon zu den Finanzdienstleistungen, die in § 2 des Thüringer Sparkassengesetzes geregelt sind und als Teil des öffentlichen Auftrags für die Sparkassen fungieren. Dies jetzt explizit benennen zu wollen, macht aus meiner Sicht nur bei einer irrationalen und paranoiden Denkweise à la AfD Sinn, welche den bargeldlosen Geldverkehr prinzipiell in die Nähe von mafiösen Schwarzgeldgeschäften rückt und im Bargeld einen unantastbaren Wertespeicher sieht. Über die Unzulänglichkeit solcher Denkmodelle wurde hier im Hause schon an anderer Stelle diskutiert.

Lassen Sie mich noch auf einen weiteren Punkt abheben, nämlich auf das Konto für jedermann. Auch Sie wollen den Sparkassen vorschreiben, dass sie jeder Person ein Girokonto einrichten müssen. In der Begründung schreiben Sie, dass damit die Rechte der Verbraucherinnen und Verbraucher gestärkt werden sollen, denn „die Verfügung über ein Konto ist Voraussetzung für die unabdingbare Teilhabe am Geschäfts- und sozialen Leben“. Das ist so und dem wird mit § 31 des Zahlungskontengesetzes seit Sommer letzten Jahres – auch nach langen Diskussionen – endlich Rechnung getragen.

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Sie wider- sprechen sich, Frau Kollegin!)

Das Gesetz gewährt – ich zitiere – für jeden Verbraucher, für jede Verbraucherin „mit rechtmäßigem Aufenthalt in der Europäischen Union einschließlich Personen ohne festen Wohnsitz und Asylsuchende [...], die aber aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht abgeschoben werden können“, den Anspruch auf ein Basiskonto, das sogenannte Jedermann-Konto. Dass Sie mit diesem wichtigen und überfälligen Angebot – auch und gerade für sozial Schwache und Flüchtlinge – Ihre Schwierigkeiten haben, ist hinlänglich bekannt. Es ist leider nicht davon auszugehen, dass Sie hier plötzlich anderer Meinung sind. Ich glaube, Ihnen geht es hier vielmehr um die juristischen Personen. Hier möchten Sie nun die Sparkassen über den Weg einer gesetzlichen Vorschrift zwingen, juristischen Personen vorbehaltlos ein Girokonto zu eröffnen. Sie wissen aber sehr wohl, warum ein solches zweites Basiskonto für Organisationen und Institutionen in einem Bundes- oder Landesgesetz nicht vorgesehen ist. Denn solche Konten müssten dann allen zur Verfügung gestellt werden, auch Organisationen, die sie für illegale oder demokratiefeindliche Zwecke missbrauchen wollen.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Es waren auch Thüringer Sparkassen, die in den vergangenen Jahren Parteien wie der NPD oder der Neuen Rechten Kontoeröffnungen verwehrt haben – aus gutem Grund und aus gutem Recht. Auch hier nehmen die Sparkassen ihren öffentlichen Auftrag wahr. In diesem Recht werden wir sie nicht beschneiden.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Hier über die Hintertür etwa etwas einfügen zu wollen, was richtigerweise bisher und auch weiterhin im Ermessens- und Entscheidungsspielraum der Sparkassen bleiben soll, und das dann auch noch mit der Stärkung des Verbraucherschutzes zu begründen, das nenne ich infam. Deswegen und auch aus den vorgenannten Gründen ist der vorgelegte Gesetzentwurf der AfD abzulehnen. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.