Jetzt habe ich einen weiten Bogen vom Gesetzentwurf der AfD-Fraktion, den wir auch heute nicht aus den schon genannten Gründen überweisen werden, bis zur Zukunft der Sparkassen in neuen Kreisgebietsstrukturen geschlagen. Zum Abschluss aber noch einen Satz an Herrn Brandner, auch wenn Sie, Herr Brandner, das vielleicht nicht verstehen werden oder auch nicht darauf eingehen werden: Eine solche Rede, gespickt mit persönlichen Beleidigungen, wie wir sie von Ihnen öfter hören, heute gegen die Finanzministerin ist unter aller Würde.
Man kann ganz unterschiedlicher Meinung sein, aber eins habe ich in meinem Leben gelernt: Achtung vor der Leistung anderer ist etwas ganz Wichtiges! Danke schön.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, auch ich möchte mich kurzfassen. In den letzten vier Wochen – das haben meine Vorrednerinnen und Vorredner bereits gesagt – sind keine neuen Argumente zu Ihrem Gesetzentwurf dazugekommen. Ich möchte zu Ihren populistischen Äußerungen sagen: Sie haben sich mit Ihren Äußerungen disqualifiziert. Ich muss sagen: Vom Heilsbringer Martin Schulz zu sprechen, kann man nur als populistisch bezeichnen. Ich sage noch eins dazu: Es ist ein Glück, dass über Eignung und Nichteignung nicht Sie entscheiden, sondern ganz andere Menschen.
Ich möchte noch einmal sagen, dass wir diesem Antrag natürlich nicht zustimmen und ihn erst recht nicht an den Ausschuss überweisen, das ist, glaube ich, verschenkte Zeit. Danke.
Doch, er wollte das quasi. Was ich zu Frau Taubert gesagt habe, das waren keine Beleidigungen, Unterstellungen, das waren einfach Fakten und nichts anderes.
Abgesehen davon machen wir uns um Frau Taubert wenig Gedanken, weil sie so ins Gespräch vertieft war mit irgendjemanden; sie hat sowieso nicht zugehört, also hat sie auch nichts mitbekommen. Von daher bin ich da ganz entspannt.
Ihnen von der CDU muss ich noch mal sagen: Jetzt regen Sie sich auf über den demokratischen Block auf der linken Seite, über die deutschen demokratischen Ramelow-Fraktionen. Im letzten Plenum haben Sie sich mit denen gemeinsam wie auf einer Kleinkunstbühne hier aufgeführt, wie auf einer Kleinkunstbühne agiert im Plenum und jetzt sehen Sie, anbiedern zahlt sich nicht aus. Die nutzen Sie schamlos aus und Sie springen auf dieses Pferd und machen solche Sachen mit. Das sollten Sie vielleicht noch mal kritisch reflektieren, ob das die angemessene Zusammenarbeit mit den deutschen demokratischen Ramelow-Fraktionen hier im Raum ist. Gehen Sie mal kritisch in sich und überlegen Sie sich das noch mal!
Herr Pidde, für das Protokoll noch mal: Sie haben in Ihrer Rede hier nichts anderes zu Protokoll gegeben, als dass für das Sparkassensterben, für den Rückzug der Sparkassen aus dem ländlichen Raum die EZB verantwortlich ist, weil sie eine Niedrigzinspolitik betreibt, die wiederum zurückzuführen ist auf die Bazooka von Draghi, der damit händeringend versucht, die südlichen Staaten der EU zu retten. Da sehen Sie mal als Deutsche, als Thüringer, die vielleicht jetzt zuhören: Genau das sind die Auswirkungen der fatalen Europolitik, die alle Altparteien quer durch die Bank verzapft haben.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Zu Recht haben Redner der Regierungsfraktionen darauf verwiesen, dass dieser Gesetzentwurf der AfD nicht nur gesetzeswidrig ist, sondern den Bestand der Sparkassen in jetziger Form gefährdet. Insofern begeben Sie sich hier auf dünnes Eis und das will ich noch mal erläutern. Ich hatte darauf schon mal in der ersten Lesung verwiesen, aber weil es in der heutigen Debatte bisher keine Rolle gespielt hat, will ich es erneut hier tun.
Das deutsche Sparkassenwesen ist eine Besonderheit innerhalb der Europäischen Union. Es gibt dieses Konstrukt von Kreditinstituten in kommunaler Trägerschaft in keinem anderen EU-Land mehr. Auch die österreichischen Sparkassen, die zwar dieselbe Farbe, dasselbe Logo tragen, sind inzwischen privatisiert. Die Privatbanken haben bei der Europäischen Union seit mehreren Jahren ein Verfahren angestrengt, diese besondere Struktur des deutschen Banken- und Finanzwesens aufzulösen und infrage zu stellen. Daraufhin gab es vor einigen Jahren eine Verständigung zwischen der Europäischen Union und der Bundesrepublik, woraufhin die Länder ihre Sparkassengesetze ändern mussten. Bis dahin bestand nämlich eine Gewährträgerschaft zwischen den Landkreisen und kreisfreien Städten und den Sparkassen. Diese musste aufgelöst und in nur noch eine Trägerschaft umgewandelt werden. Was das ist, will ich Ihnen gern noch erläutern.
Das Zweite war: Die bis dahin geltende Anstaltslast musste aus den Gesetzen gestrichen werden. Anstaltslast hieß, dass die Kommunen sozusagen für die Sparkassen eingestanden sind. Wir hatten übrigens mal so einen Fall bei der Sparkasse JenaSaale-Holzland, wo die beiden Kommunen – der Landkreis Saale-Holzland und die Stadt Jena – für Verluste der Sparkasse einstehen mussten. Und dem haben wir zugestimmt, diesem Kompromiss mit der Europäischen Union. Und nur unter Maßgabe dieses Kompromisses dürfen wir die Sparkassen in kommunaler Hand, so wie sie da sind, jetzt noch bestehen lassen. Trägerschaft heißt: Das Verhältnis zwischen Träger und Sparkasse muss so gestaltet sein wie zwischen Gesellschafter und Gesellschaft – mit einer Gewinnerzielungsabsicht und relativer Autonomie, Unabhängigkeit der Organe. Insofern sind die Vorstände der Sparkassen nicht der Kommune unterstellt und unterliegen dort auch nicht der Kontrolle und Steuerung, der Rechenschaftspflicht, sondern dem Verwaltungsrat. Die
Kommune hat nur ein Verhältnis hinsichtlich des Verwaltungsrats, hat also kein Durchgriffsrecht zum Beispiel gegenüber den Vorständen. Das sind alles Konsequenzen aus dieser Verständigung zwischen der EU und der Bundesrepublik. Wenn das kommt, was Sie wollen, dass also die Kommune, der Träger, wieder in das laufende Geschäft, in die betriebswirtschaftlichen Vorgänge der Sparkassen eingreifen und Vorschriften machen kann, wo eine Filiale offen zu halten ist, welche Dienstleistungen anzubringen sind, bieten Sie eine Steilvorlage, dass die Europäische Union sagen kann: Diese Vereinbarung zur Sicherung der Besonderheit der deutschen Sparkassen wird aufgekündigt. Und dann erreichen die Privatbanken das, was sie wollen: nämlich eine Privatisierung der Sparkassen. Und dann können wir uns sicher sein, dass es kein Angebot mehr in der Fläche gibt, keinerlei Möglichkeiten mehr, zumindest über den Verwaltungsrat auf die Geschäftspolitik der Sparkassen Einfluss zu nehmen. Deshalb lehnen wir Ihren Gesetzentwurf ab, überhaupt weiter darüber zu reden, weil er derart gefährlich ist und das Sparkassenwesen als Ganzes gefährdet. Wenn Sie das nicht erkennen, dann ist das Ihre Sache. Aber ich bin mir bewusst: Sie erkennen es. Sie wollen nur die Sparkassen offenbar den Privatbanken auf dem goldenen Tablett präsentieren, weil Sie offenbar dieses Sparkassenwesen als dritte stabilisierende Säule stört. Sie wollen natürlich wieder Ängste und Verunsicherungen bei Bürgerinnen und Bürgern schaffen, meine sehr geehrten Damen und Herren. Und deshalb ist es richtig, sich mit Ihrem Gesetzentwurf nicht weiter zu beschäftigen und ihn sogar mit aller Schärfe zurückzuweisen, weil nur das den Bestand der Sparkassen in der jetzigen Struktur sichert.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, weil hier von der CDU noch mal angeregt wurde, eine Debatte zur Gebietsreform zu führen, darf ich noch mal sagen, damit es in der Öffentlichkeit nicht zu Verunsicherungen führt: Die CDU bedient Verunsicherungen, indem sie sagt, bei der Gebietsreform hat das auch Auswirkungen auf das Sparkassenwesen.
In § 1 Abs. 2 des Thüringer Sparkassengesetzes steht wörtlich formuliert: „Landkreise oder kreisfreie Städte oder von diesen gebildete kommunale Zweckverbände […] können Sparkassen errichten.“ Da steht also nicht eine Orientierung am Territorialprinzip. Es können damit in einem Zuständigkeitsbereich eines Landkreises mehrere Sparkassen bestehen. Es gibt nicht mal einen gesetzlichen Hinweis darauf, dass nur eine Sparkasse bestehen kann. Wie man so boshaft eine Gesetzesnorm uminterpretieren kann, um Ängste zu schüren, ist mir schleierhaft. Das kann nicht mit Unverstand begründet werden, sondern mit politischer Absicht.
Deshalb noch mal für die Öffentlichkeit: Auch das war ein Grund zu entscheiden, keine Landkreise zu zerschneiden, sondern die Landkreise als Ganzes in eine neue Struktur zu überführen, weil dann nämlich die jetzige Sparkassenstruktur bestehen bleiben kann. Die Sparkassen werden selbst gemeinsam mit den Trägern in einen verantwortungsvollen Dialog treten, was geschehen muss. Und ich darf darauf verweisen: Wir haben jetzt schon mehrere Zweckverbandssparkassen, weil die Sparkassen eben erkannt haben, dass sie orientiert an der reinen Verwaltungsstruktur ihres Trägers offenbar nicht dauerhaft überleben können. Insofern die Sparkasse Mittelthüringen – weil wir hier in dem Zuständigkeitsbereich von Weimar, Erfurt, Sömmerda sind –, ohne dass deshalb jemals einer meint, dass der Versorgungsgrad der Sparkassen hier anders ist als im Landkreis Sonneberg oder Hildburghausen, wo die Sparkassen eben noch an der Struktur des Trägers orientiert sind. Von daher bitten wir einfach, auch zu einer Versachlichung beizutragen. Ich komme aus dem Ilm-Kreis, ich will Ihnen sagen: Unsere Sparkasse – da komme ich auf einen letzten Punkt, was die AfD angesprochen hat – hat jetzt wieder eine Filiale geschlossen, im Wohngebiet Arnstadt-West; dort wohnen 4.500 Bürger. Die Geschäftsstelle war nicht mehr zu halten. Klar: Die Hauptgeschäftsstelle ist einen Kilometer weiter in der Stadt. Es wird da ein Angebot mit Kontoauszugautomaten, Geldautomaten, Überweisungsautomaten, aber keine mit Personal besetzte Geschäftsstelle mehr geben. Vor wenigen Wochen wurde in der Wolfsberggemeinde in GräfinauAngstedt die Filiale der Sparkasse geschlossen – alles vor der Gebietsreform, das hat mit der Gebietsreform nichts tun, sondern mit anderem Kundenverhalten. Übrigens, die Volksbank hat in der Stadt Gehren ihre Filiale schließen müssen, und auch nicht, weil sie irgendwie die Leute ärgern will, sondern einfach, weil sie sagt – da komme ich dazu –: Neben den betriebswirtschaftlichen Herausforderungen haben wir einen kulturellen Wandel, nämlich ein völlig anderes Kundenverhalten. Nach Information des Sparkassen- und Giroverbandes Hessen-Thüringen haben sich die Umsätze an den Bargeldautomaten im letzten Jahr um 15 Prozent reduziert – um 15 Prozent! – und die Tendenz wird weitergehen, weil eben immer mehr Zahlungsvorgänge bargeldlos erfolgen. Immer mehr Zahlungsvorgänge erfolgen bargeldlos! Ich gehe ab und zu ja auch einkaufen und ich hole mein Geld immer bei REWE. Wenn ich für mehr als 20 Euro einkaufe, kann ich dort Geld abheben. Das sind also neue Formen, die es natürlich vor Jahren nicht gab. Übrigens, man braucht doch nicht mehr so viel Bargeld wie früher. Also von daher werden wir noch gravierendere Veränderungen vornehmen. Der Sparkassen- und Giroverband Hessen-Thüringen geht davon aus, dass wir in zehn Jahren nur noch in den zentralen Orten mit Personal besetzte Geschäfts
stellen haben. Es geht heute auch keiner mehr durch die Stadt und hat die Idee: Ich brauche einen Kredit oder ich habe zu viel Geld auf dem Girokonto und brauche eine Geldanlage und gehe deshalb mal ohne Voranmeldung in meine Filiale. Das läuft heute völlig anders. Heute läuft übrigens bei uns in der Sparkasse der Berater zum Kunden. Man meldet sich an, ob man einen Kredit braucht oder eine Geldanlage, und dann kommt der Berater aus der Geschäftsstelle zum Kunden vor Ort. Also keine Einschränkung eines Leistungsangebots, auch wenn ich nicht mehr überall eine Filiale habe. Also das müssen wir mit bedenken. Wir können Menschen nicht zwingen. Wenn sie ihr Verhalten ändern, müssen wir die Struktur dementsprechend anpassen. Das ist übrigens bei der Verwaltung hier analog. Deswegen beschäftigen wir uns ja auch mit Funktional-, Verwaltungs- und Gebietsreform. Danke schön.
Jetzt hat sich die Landesregierung zu Wort gemeldet, Frau Ministerin Taubert. Herr Brandner hat sich noch mal zu Wort gemeldet. Sie haben noch 30 Sekunden, Herr Brandner.
Frau Rothe-Beinlich, das wünsche ich mir bei Ihnen auch einmal – einfach mal die Klappe halten, möglichst mal eine ganze Sitzung. Da würde ich mich freuen.
Herr Kuschel, § 2 Sparkassengesetz, gucken Sie da mal rein. Wenn Sie uns vorwerfen, dass wir in die Selbstverwaltung eingreifen würden, dann müssten Sie § 2 abschaffen, da ist schon geregelt: Die Leistungen sind für die Bevölkerung zu erbringen, Geschäfte sind im Interesse der Kunden abzuwickeln und, liebe neoliberale Grüne, die Gewinnerzielung von Sparkassen ist nicht der Hauptzweck von Sparkassen. Siehe da! Gucken Sie mal ins Gesetz, das erhellt. Dass Gesetzesänderungen gesetzwidrig sind, Herr Kuschel, ergibt sich auch aus der Logik. Denn eine Gesetzesänderung verstößt nun mal vom Gedanken her erst mal gegen bestehende Gesetze. Deshalb suchen wir hier Mehrheiten und sind sicher, die heute auch zu finden. Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten! Herr Brandner, es scheint so, zumindest merke ich das seit zwei Jahren, entgegen dem Gebaren Ihrer Kolleginnen und Kollegen aus der AfD-Fraktion sind Sie derjenige, der offensichtlich erst ein Bashing gegen andere hier im Raum braucht, um dann anzufangen, zum Thema zu reden. Das mag das Schema der AfD sein, ich weiß es nicht. Vielleicht haben Sie das in besonderer Weise verinnerlicht im Gegensatz zu den anderen. Aber es hilft ja beim Thema nichts. Ich kann das ertragen, nicht dass Sie denken – aber Sie sind Jurist, ich will darauf hinweisen, und Sie konnten die von Frau Floßmann gestellte Frage nicht beantworten, weil es gar nicht darum geht bei Ihnen.
Sie wollen nicht anerkennen, dass Sie im Gesetzentwurf schreiben: In § 2 Abs. 2 der Thüringer Kommunalordnung wollen Sie nach den Worten „des Denkmalschutzes und der Belange von Wirtschaft und Gewerbe“, hinterher geht es dann weiter mit „Bauleitplanung“, „die Versorgung mit Finanzdienstleistungen der Sparkassen“ mitten reinschreiben. Und wenn Sie jetzt wüssten als Jurist, was in der Kommunalordnung in § 2 gemeint ist – es fängt ja an mit den Kommunen, der Kommunalordnung, Gemeindeordnung. Wir regeln also in § 2 der Thüringer Kommunalordnung das, was die Kommunen, die Gemeinden im eigenen Wirkungskreis an Pflichtaufgaben haben. Und da wollen Sie die Finanzdienstleistungen reinschreiben. Das heißt, entweder haben Sie Ihren eigenen Gesetzentwurf nicht verstanden, nicht gelesen oder so nicht gewollt. Das kann ja alles sein. Dann hätten Sie heute einen Änderungsantrag stellen müssen. Aber zumindest negieren Sie das, was Sie selbst geschrieben haben als das, was Sie wollen. Und das ist natürlich sehr inkonsistent, sehr inkonsistent. Sie hatten ja gesagt …