Protokoll der Sitzung vom 25.03.2015

Nachdem ich jetzt so viel gelobt habe – wir wollen ja ein bisschen konfrontativ werden –, wir stimmen zunächst einmal dem zu, was der Ausschuss empfohlen hat, weil es aus unserer Sicht die richtige Richtung ist, wenn auch nur ein winzig kleiner Schritt. Ich habe gerade die anderen Sachen erwähnt. Wir werden auch so ein bisschen zwiegespalten dem Änderungsantrag der CDU-Fraktion zustimmen. Wir erkennen zwar die Retourkutsche, die dahintersteckt, und wundern uns, dass der Änderungsantrag zum einen so kurz ist – er könnte ja auch noch andere Positionen umfassen –, wir wundern uns auch sehr darüber, dass Sie Positionen besetzen, die eigentlich unsere Positionen sind. Ich meine, das können Sie natürlich parlamentarisch adeln, was hier passiert, aber wir waren es, die zu Beginn der Legislaturperiode gesagt haben, Freunde, mit vier Vizepräsidenten, die jeweils 70 Prozent mehr bekommen, das ist mit uns nicht zu machen, uns reichen zwei, auch wenn wir dafür selber auf schöne Pöstchen verzichten. Das haben wir durchgezogen, haben wir so gemacht und so ist es jetzt.

(Beifall AfD)

Die Frage stellt sich auch, warum Sie plötzlich merken, dass die Vizepräsidenten zu hohe Zulagen bekommen. Warum Sie das nicht durchgesetzt haben, als Sie die Mehrheit hatten, da hätten Sie es ja durchsetzen können, dann hätten Sie die Zulagen halbieren können oder was auch immer und Sie hätten auch die Anzahl reduzieren können. Das haben Sie nicht gemacht. Also Sie machen es ein bisschen wie auch die Kollegen auf der anderen Seite, die – sagen wir mal sehr deutlich – Wasser predigen und Wein trinken. Wir kamen ja schon darauf zu sprechen, dass die Fraktionen, die hier die Zulagen anprangern, im Bund und in anderen Ländern ganz anders agieren. Da werden Zulagen für besondere Positionen in Fraktionen in Millionenhöhe gezahlt von der SPD im Bundestag beispiels

weise. Da zahlen die Grünen 300.000 Euro im Jahr Zulagen. Die PDS, Linke, oder wie sie sich gerade nennt, zahlt immerhin auch noch 100.000 Euro. Also hier so zu tun, als müsste irgendetwas dringend geändert werden, was man woanders genauso macht, wie man es hier verteufelt, das finden wir eigentlich auch mehr als seltsam. Das muss ich Ihnen sagen.

(Beifall AfD)

Dass wir gerne – Frau Rothe-Beinlich, ich komme noch einmal auf Sie zurück, Sie müssen nicht zuhören, Sie wissen, was ich sage – bei dieser umfassenden Reform des Abgeordnetengesetzes mitmachen und uns auch da als treibende Kraft sehen, weil das sowohl in unserem Wahlprogramm steht und ich das persönlich schon seit zwanzig Jahren

(Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: Selbst- und Fremdbild, Herr Brandner!)

gerne umgesetzt hätte in verschiedenen Positionen oder in verschiedenen Gegenden Deutschlands auch, dass wir das jetzt in Angriff nehmen und hier beispielsweise mit Prof. von Arnim in Kontakt treten, der uns dann sagt, wie es aussehen könnte, wie es optimal oder besser wäre, das steht für uns außer Frage. Deshalb haben wir auch nicht aus der Hüfte geschossen so wie die – wenn ich das sagen darf – CDU-Fraktion heute und haben den Änderungsantrag vorgelegt, sondern wir haben einen Gesetzentwurf eingebracht, der wird bei der nächsten Plenarsitzung dann behandelt werden. Der hat genau das zum Inhalt, was heute hier zur Debatte steht, nämlich die deutliche Reduzierung der Zusatzvergütung für die Vizepräsidenten, aber auch – und ich denke, da können wir auch schnell einen Konsens erzielen –, dass die steuerfreie Zusatzvergütung für die Ausschussvorsitzenden abgeschafft wird, denn das ist etwas, was aus unserer Sicht überhaupt nicht zu rechtfertigen ist.

(Beifall AfD)

Aber auch über alle anderen Sachen können wir gerne reden.

Was jetzt noch die Frage angeht, wie die CDU mit ihrem Sündenfall in den vergangenen Jahren umgehen sollte, habe ich eigentlich auch einen Vorschlag. Herr Carius wird das als Landtagspräsident prüfen und darf es natürlich nicht abschließend beurteilen. Also er müsste eigentlich so handeln wie jede andere Behörde auch; er müsste den Rückforderungsbescheid erlassen und der würde dann ganz normal, wie es in Deutschland üblich ist, durch die Gerichte geprüft und nicht durch denjenigen geprüft, der das Ganze eigentlich mit am Laufen gehalten hat, das ganze System.

Wir stimmen heute hier dem Antrag sowohl der Regierungsfraktionen als auch der CDU zu und hoffen, dass wir gemeinsam noch weiter in die richtige

Richtung marschieren werden. Danke für die ungeteilte Aufmerksamkeit.

(Beifall AfD)

Für die Fraktion Die Linke hat sich der Abgeordnete Korschewsky zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich will versuchen, mich verhältnismäßig kurz zu fassen. Zu Herrn Brandner nur ganz kurz: Die damalige PDS-Fraktion hat im Jahre 2006 schon die Frage der gesamten Überprüfung des Abgeordnetengesetzes auf die Tagesordnung gehoben. Es ist zum damaligen Zeitpunkt leider durch die Mehrheit abgelehnt worden. In diesem Sinne kann ich Ihnen sagen, da brauchen wir nun wirklich nicht die Hinweise der AfD-Fraktion, um uns so etwas hier überhaupt vorzunehmen.

(Beifall DIE LINKE)

Ich will auch zum heutigen Zeitpunkt, meine sehr geehrten Damen und Herren, nichts mehr über die juristischen Findigkeiten und Fertigkeiten hier sagen. Ich glaube, in der ersten Lesung des Gesetzentwurfs ist dazu ausführlich vorgetragen worden, sowohl das Pro als auch das Kontra, und ich denke, dass damit wirklich auch alles gesagt ist. Der Ausschuss hat sich damit befasst. Frau RotheBeinlich hat in ihrem Vortrag über den Ausschuss deutlich gemacht, dass es dort unterschiedliche Herangehensweisen bis heute gibt – für mich auch ein bisschen verwunderlich, da hier auch vonseiten der CDU-Fraktion am Ende eigentlich deutlich gesagt wurde, lasst uns das schnell beschließen, dann haben wir das an der Stelle weg. Das ist nun leider nicht mehr so. Ich bedaure das ein wenig, das sage ich ganz klar, weil ich glaube, dass alleine auch – das wurde hier von den Kolleginnen und Kollegen der Regierungsfraktionen schon gesagt – in der Öffentlichkeit eine Erwartungshaltung ist, dass hier ein einheitliches Handeln erwartet wird und angemessen erscheint.

(Beifall DIE LINKE)

Es wird wieder der Eindruck vermittelt, dass es hier unterschiedliche Dinge gibt, dass es hier Selbstbedienungsmentalitäten gibt, dass Politikerinnen und Politiker sich selbst mit Geldern versorgen, die ihnen gar nicht zustehen, dass Beschlüsse von Bundesverfassungsgerichten, von Landesverfassungsgerichten, Kontrollen durch den Thüringer Rechnungshof – und ich sage hier bewusst, meine sehr geehrten Damen und Herren, nicht erst durch Herrn Dr. Dette, schon durch Herrn Dr. Dr. Dietz ist die Rückzahlung dieser zu Unrecht gezahlten Funktionsvergütungen aus den Fraktionskassen heraus

angemahnt worden. Also nicht erst jetzt, sondern schon damals ist es gemacht worden. Ich sage ganz klar, in dem Wissen sowohl dieser zwei Gesetze, die ich genannt habe, als auch in dem Wissen der beiden Stellungnahmen der Landesrechnungshöfe haben sowohl die CDU-Fraktion und auch die FDP-Fraktion in der letzten Legislaturperiode diese Zahlungen weitergeführt und das halte ich schon für verwerflich, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall DIE LINKE)

Da fragt sich natürlich die geneigte Öffentlichkeit: Was sind denn eigentlich solche Berichte oder solche Beschlüsse durch Rechnungshöfe bzw. Landesverfassungsgerichte überhaupt noch wert? Haben sie überhaupt noch eine Vollzugskraft oder können sich Fraktionen darüber hinwegsetzen? Ich bin mehr als enttäuscht, ich sage das auch so, nach Kenntnis des Antwortbriefs des Landtagspräsidenten Herrn Carius an die Fraktionsvorsitzenden, dass er hier keine Handlungsoption für sich sieht und eine andere Entscheidung getroffen hat. Ich glaube, das ist eine falsche Entscheidung und das ist ein falsches Bild in der Öffentlichkeit, meine sehr geehrten Damen und Herren, und wir werden dort als Fraktion nicht lockerlassen.

(Beifall DIE LINKE)

Das heißt also, wir werden diesen Gesetzentwurf hoffentlich heute entsprechend beschließen.

Dann komme ich noch kurz zum Änderungsantrag der CDU. Meine sehr geehrten Damen und Herren, Frau Astrid Rothe-Beinlich hat schon gesagt, es ist ein plumper Versuch der Ablenkung von dem eigentlich in der Öffentlichkeit befindlichen Thema, der Rückzahlung durch die CDU-Fraktion. Davon wird mit diesem Antrag abgelenkt, sonst wäre er nicht so unvollkommen. Dieser ist nur so unvollkommen, weil es nur darum geht, dieses Ablenkungsmanöver tatsächlich hier zu starten. Aber es wird nicht greifen, da bin ich ziemlich sicher. Ich frage mich dann auch, wenn es ein ehrlicher Antrag ist, warum dann dieser Antrag nicht schon im Ausschuss hätte gestellt werden können. Warum lag er im Ausschuss nicht schon vor? Wir hätten im Ausschuss auch darüber diskutieren können. Das ist unverständlich, meine sehr geehrten Damen und Herren, und ich finde, das ist auch gegenüber der Wichtigkeit dieses Anliegens ungerechtfertigt.

Wir werden diese Frage ablehnen. Ich kann mich hier nur meinen Vorrednerinnen von den Koalitionsfraktionen anschließen, es ist klar und deutlich gesagt worden, und wir stehen dazu, dass wir die Frage des Abgeordnetengesetzes in Gänze auf den Prüfstand stellen wollen. Wir wollen das tun, weil es da Veränderungsbedarfe gibt, die es in anderen Landesparlamenten schon lange gegeben hat, und wir hier auch ein deutliches Signal der neuen Lan

(Abg. Brandner)

desregierung setzen wollen. Und wenn es denn ein Signal aller Fraktionen ist, dann ist das natürlich noch besser.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, mit der heutigen Verabschiedung dieses Gesetzentwurfs schaffen wir juristisch endgültige Klarheit, dass mit der Veröffentlichung des Gesetzes die Zahlungen nicht mehr getätigt werden dürfen. Das ist gut so. Ich hoffe, dass es noch die Einsicht bei der CDU gibt, dass die bisher gezahlten Vergütungen für Funktionszulagen unrechtmäßig waren und zurückgezahlt werden. Das würde auch dem Steuersäckel des Freistaats Thüringen guttun. Danke.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Ich sehe jetzt keine weiteren Wortmeldungen. Dann kommen wir zur Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion der CDU in der Drucksache 6/422. Ich frage: Wer stimmt für diesen Antrag? Ich bitte zu zählen. Wer stimmt gegen diesen Antrag? Mit 42 Jastimmen und 43 Neinstimmen ist dieser Antrag abgelehnt.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Auszäh- len!)

Es ist ausgezählt, Herr Mohring. Wir haben gezählt.

Wir kommen zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Migration, Justiz und Verbraucherschutz in Drucksache 6/397. Wer dieser zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Wer stimmt dagegen? Wer enthält sich? Damit ist die Beschlussempfehlung angenommen.

Wir stimmen jetzt ab über den Gesetzentwurf der Fraktion Die Linke, SPD, Bündnis 90/Die Grünen in Drucksache 6/222 – Neufassung – in zweiter Beratung unter Berücksichtigung des Ergebnisses der Abstimmung der Beschlussempfehlung, also der Zustimmung, in Drucksache 6/397. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Damit ist der Gesetzentwurf angenommen.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Wir kommen zur Schlussabstimmung über den Gesetzentwurf. Wer dem zustimmt, den bitte ich, sich von den Plätzen zu erheben. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Damit ist der Gesetzentwurf in der Schlussabstimmung angenommen. Ich schließe diesen Tagesordnungspunkt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 2

Erstes Gesetz zur Änderung des Thüringer Geodateninfrastrukturgesetzes (ThürGDIG) Gesetzentwurf der Fraktion der AfD - Drucksache 6/342 ERSTE BERATUNG

Wünscht die Fraktion das Wort zur Begründung? Herr Abgeordneter.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, …

Ich bitte um Ruhe im Saal für den Abgeordneten.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Herren und Damen Abgeordnete, Sie haben sich sicher im Vorfeld des Plenums gefragt, welche Relevanz das Geodateninfrastrukturgesetz auf den sehr bald zu verabschiedenden Haushalt oder auf den Entwurf des Hochwasserschutzprogramms oder auf die Vulnerabilität der Landwirtschaft oder der Wirtschaft im Allgemeinen hat. Bevor ich darauf zu sprechen komme, möchte ich kurz auf den Hintergrund des eigentlichen Gesetzes bzw. der Richtlinie eingehen. Die europäische INSPIRE-Richtlinie wurde im Jahr 2007 für Zwecke einer gemeinschaftlichen Umweltpolitik erlassen. Mit ihr wird das Ziel verfolgt, raumbezogene Umweltdaten technisch und rechtlich so zu harmonisieren, dass ein grenzübergreifender Datenaustausch stattfinden kann. Es geht letztendlich darum, dass zwischen Datenbereitsteller und Datennutzer keine umständlichen Absprachen mehr stattfinden müssen. Stellen Sie sich ein Hochwasserszenario vor und fragen Sie sich, was passiert, wenn tagelang über ein geeignetes Datenformat, über den Datenzugang oder über Nutzungsentgelte debattiert wird. Solche Probleme entstehen aber genau dann, wenn wir das Thüringer Geodateninfrastrukturgesetz trotz seiner gravierenden Umsetzungslücken nicht verändern. Es fehlt im Gesetz die verpflichtende Regelung, dass Daten ohne wiederholtes manuelles Eingreifen austauschbar sein müssen, und zwar in einer Weise, dass die Ergebnisse kohärent sind und der Zusatznutzen der Daten damit erhöht wird. Diese Umsetzungslücken führen dazu, dass raumbezogene Umweltdaten in Thüringen nicht austauschbar sind, weil es an Nutzungs- und Lizenzregelungen für Verwaltung, Wirtschaft und Gesellschaft mangelt.

Aus der Anlage der Drucksache 6/309 geht hervor, dass die Landesregierung die elektronische Weiterentwicklung ihrer Umweltdaten nicht über Nutzungslizenzen regelt. Frau Ministerin Keller, Sie müssen den Landwirten erklären, warum Schader

(Abg. Korschewsky)

regerprognosen unzuverlässig sind. Die fehlende Interoperabilität von Umweltdaten führt nämlich dazu, dass Prognosefehler bei der Modellierung von räumlichen Ausbreitungsszenarien von Schaderregern und deren Folgenabschätzung für die praktische Landwirtschaft einfach zu groß sind. Sie können natürlich auch auf den Datenbestand von OpenStreetMap oder Google verweisen – für diese Daten gibt es einheitliche Lizenzbedingungen –, aber dann seien Sie bitte auch so konsequent und schließen Sie Ihre Geodatenerfassungsbehörden einfach zu. Das würde auch eine Menge Steuergelder sparen.

Wenn die Landesregierung die Digitalwirtschaft angesichts der schwächelnden Solarindustrie in Thüringen tatsächlich stärken will, dann wäre sie gut beraten, Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass Verwaltungsdaten in einer Weise bereitgestellt werden können, die die Entwicklung nachhaltiger Geschäftsmodelle seitens der Wirtschaft vereinfacht.

Ein weiteres Problem besteht darin, dass der Anwendungsbereich des bestehenden Gesetzes über die Festlegung der Richtlinie hinausgeht. Auch das bestätigt die Landesregierung in der Drucksache 6/67. Durch den erweiterten Anwendungsbereich steigt der Erfüllungsaufwand des Geodateninfrastrukturgesetzes derart, dass Thüringer Kommunen ohne finanzielle Unterstützung nicht in der Lage sind, dieses Gesetz zu vollziehen. Auf Nachfrage konstatierte die Landesregierung, dass der Nutzen aus der Verwendung der Geodateninfrastruktur den Erfüllungsaufwand der Kommunen aufwiege. Meine sehr geehrten Damen und Herren, wer so etwas behauptet, dem mangelt es deutlich an ökonomischer Vorbildung.

(Beifall AfD)

Kosten und Nutzen müssen monetär abgebildet werden. Wenn in der Bundesverwaltung Wirtschaftlichkeitsberechnungen Pflicht sind, warum denn, bitte schön, nicht hier in Thüringen?