Protokoll der Sitzung vom 28.09.2017

Da bin ich bei der beabsichtigten Nachjustierung des Mehrbelastungsausgleichs. Da bitte ich einfach erst mal zur Kenntnis zu nehmen: Wir reden über 1 Prozent der Finanzausgleichsmasse. 20 Millionen, das ist 1 Prozent der Finanzausgleichsmasse. Da muss ich mal Herrn Mohring fragen, ob er wirklich die Kommunen für so dämlich hält, dass sie sich wegen einem Prozent zwanghaft zu größeren Strukturen zusammenschließen. Also beim besten Willen,

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

ich glaube, so billig „prostituieren“ sich Gemeinden nicht, politisch nicht. Da sind die viel cleverer, da bedarf es anderer Regelungen. Die meisten Kommunen werden sich auf den Weg machen zu neuen Strukturen, weil sie erkannt haben, dass von einer Bündelung der Leistungskraft alle profitieren, die Einwohnerinnen und Einwohner, die Wirtschaft, die Verwaltung und dergleichen. Und wir flankieren das maximal.

(Beifall DIE LINKE)

Wir beheben einfach eine Unwucht. Da mache ich gar keinen Vorwurf, denn diese Unwucht haben wir zwar schon immer vermutet, aber gutachterlich ist

sie eben erst jetzt bestätigt. Sie besagt, gemessen am Aufgabenkatalog haben bisher die größeren Kommunen zu wenig Ausgleich bekommen. Ich sage noch mal: Der Finanzausgleich ist ein Ausgleichssystem und kein Alimentationssystem. Das hat das Verfassungsgericht festgestellt. Das heißt, wir müssen Aufwendungen ausgleichen. Wir müssen nicht immer einen Status quo sichern, sondern in erster Linie ist die Zielstellung, dass die Kommunen durch eigene Steuereinnahmen eine höhere Unabhängigkeit vom Land bekommen. Über 50 Prozent Landeszuweisungen dauerhaft schränken natürlich kommunale Selbstverwaltung klar ein. Wenn die kommunale Steuerkraft steigt, hat das auch positive Auswirkungen auf die kommunale Selbstverwaltung insgesamt.

Meine Damen und Herren, es wurde noch mal die Mindestgröße von 6.000 Einwohnern und 10.000 Einwohnern, was den Finanzausgleich betrifft, thematisiert. Auch hier noch mal meine Position und die Position unserer Fraktion: Die 6.000erEinwohnergröße für Einheits- und Landgemeinden im Jahr 2035 ist für uns eine Mindestgröße. Darüber hinaus gibt es aber optimierte Strukturen. Da bleibe ich bei meiner Überzeugung: Eine optimierte Verwaltungsstruktur, gemessen am gegenwärtigen Aufgabenkatalog und an dem Aufgabenkatalog, den wir noch anstreben, liegt eben bei 10.000 Einwohnern oder darüber hinaus. Aber wir sind nicht im wissenschaftlichen Bereich, sondern im politischen Bereich, und da brauchen wir politische Mehrheiten. Wir haben uns darauf verständigt, sie bei 6.000 zu sehen, sagen aber den Kommunen deutlich, optimiertere Größen liegen darüber. Das haben übrigens die Kommunen selbst erkannt. Viele kommunale Verantwortliche beschäftigen sich deshalb auch mit Strukturen, die über die 6.000 weit hinausgehen. Aber wir sagen: 6.000 als Mindestgröße, alles andere im freiwilligen Bereich.

Eine letzte Anmerkung, was die Eingliederungshilfe oder andere Landeszuweisungen betrifft – darauf haben Herr Kalich und auch Herr Adams schon verwiesen: Tatsächlich, beschäftigen Sie sich mit der Anlage 3, da stehen alle Zahlen drin, was vom Bund kommt, wie sie durchgereicht werden. Sie werden eins zu eins durchgereicht. Bei den Flüchtlingen, wissen Sie, machen wir sogar eine Spitzabrechnung, weil die Zusage gilt, dass wir den Landkreisen und den kreisfreien Städten die Kosten erstatten. Sie haben eine große Leistung erbracht, in relativ historisch kurzer Zeit dieses Problem zu bewältigen.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Jetzt bitte ich Sie, zum Ende zu kommen.

(Abg. Kuschel)

Insofern stehen wir in der Verantwortung, ihnen dafür die Kosten spitz zu erstatten. Ob das dauerhaft in Zukunft so wird, das ist eine andere Frage,

(Zwischenruf Abg. Emde, CDU: Herr Ku- schel, Ihre Redezeit ist um!)

aber die Zusage steht, hat aber mit dem Finanzausgleich nichts zu tun, weil sie außerhalb erfolgt. Danke.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke schön, Herr Abgeordneter Kuschel. Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Damit schließe ich die Beratung, und wir kommen zur beantragten Ausschussüberweisung.

Beantragt wurde, den Gesetzentwurf an den Haushalts- und Finanzausschuss zu überweisen. Herr Abgeordneter Emde.

Herr Präsident, wir beantragen auch die Überweisung an den Innen- und Kommunalausschuss.

Okay. Dann stimmen wir zunächst über die Überweisung an den Haushalts- und Finanzausschuss ab. Wer dafür ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen der Koalitionsfraktionen, der CDU-Fraktion, der AfD-Fraktion und des fraktionslosen Abgeordneten Gentele. Vielen Dank. Gegenstimmen? Enthaltungen? Das ist nicht der Fall, damit ist der Gesetzentwurf einstimmig überwiesen.

Es wurde auch die Überweisung des Gesetzentwurfs an den Innen- und Kommunalausschuss beantragt. Wer dafür ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen der CDU-Fraktion, der AfD-Fraktion und des Abgeordneten Gentele. Vielen Dank. Gegenstimmen?

(Zwischenruf Abg. Kellner und Abg. Wirkner, CDU: Das hatten wir auch noch nicht!)

(Zwischenrufe aus der Fraktion DIE LINKE: Doch, das gab es hier schon!)

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Das Voß’sche System!)

Die Gegenstimmen sind aus den Koalitionsfraktionen. Danke schön. Enthaltungen? Keine. Wir sind im Abstimmungsprozess, und ich würde gern das Abstimmungsergebnis bekannt geben. Dieser Antrag wurde mit Mehrheit abgelehnt. Damit ist der Gesetzentwurf an den Haushalts- und Finanzaus

schuss überwiesen und wird dort weiterberaten. Ich schließe diesen Tagesordnungspunkt.

Eine Erklärung zum Abstimmungsverhalten, Herr Abgeordneter Fiedler.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe dafür gestimmt, dass der Gesetzentwurf an den Innen- und Kommunalausschuss überwiesen wird. Es ist ja nicht umsonst der Kommunale Finanzausgleich.

(Beifall CDU, AfD)

Ich denke, dass hier die Innenleute, die ständig mit den Kommunen in Kontakt stehen, mitberaten müssen, und nicht nur die Finanzer, die vorrangig ans Geld denken.

(Beifall CDU, AfD)

Ich finde es unverfroren, dass hier die ganze Truppe Rot-Rot-Grün das so handhabt; Sie wollen ja alles besser und anders machen.

(Zwischenruf Abg. Heym, CDU: Wieso hat dann der Innenminister dazu geredet?)

Herr Abgeordneter Kuschel möchte eine Erklärung zum Abstimmungsverhalten geben.

Ich wollte eine Erklärung zu meinem Abstimmungsverhalten abgeben. Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe dagegen gestimmt, diesen Gesetzentwurf auch an den Innenund Kommunalausschuss zu überweisen, weil sich in diesem Land in den letzten Jahren ein Verfahren herauskristallisiert hat, das sich bewährt hat, nämlich die Haushaltsberatungen zum eigentlichen KFA im Haushalts- und Finanzausschuss zu führen, und alle Fachpolitiker – das ist geübte Praxis – haben die Option, an diesen Beratungen teilzunehmen. Wir können eben den Finanzausgleich nicht losgelöst vom Haushalt betrachten.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Doch, ihr habt ihn doch zu spät eingebracht!)

Er umfasst ein Fünftel des Landeshaushalts, deshalb ist der Haushalts- und Finanzausschuss geeignet, und es ist überhaupt nicht so, dass damit die Innen- und Kommunalpolitiker von der Beratung ausgeschlossen sind,

(Unruhe CDU)

sondern sie können sich dort in die Beratungen einbringen. Die Anhörungen sind öffentlich, da kann jeder Abgeordnete seine Fragen stellen.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Insofern ist es sachgerecht, dieses Verfahren beizubehalten. Deshalb habe ich dagegen gestimmt. Danke.

Eine Erklärung zum Abstimmungsverhalten durch den Abgeordneten Adams erfolgt auch noch. Bitte, Herr Adams.

Ich habe mit Nein zur Überweisung an den Innenund Kommunalausschuss gestimmt, weil ich zwar eine breite Beratung in möglichst vielen Ausschüssen immer hilfreich finde,

(Unruhe CDU)

(Zwischenruf Abg. Kalich, DIE LINKE: Partei ohne Vergangenheit!)

ich werde gleich noch mein Abstimmungsverhalten erweitert begründen können –, weil ich diese breite Debatte in mehreren Ausschüssen oft für hilfreich erachte, aber auch beim Nachlesen in den Protokollen dieser Ausschusssitzungen und ähnlicher Beratungen festgestellt habe, dass der Thüringer Landtag über eine lange Zeit eine gute Tradition und eine gute Arbeitsweise entwickelt hat, die sich immer – ich betone, immer – dagegen entschieden hat und – jetzt erweitere ich die Begründung meiner Stimmabgabe –, um denjenigen, die es nicht ertragen können, wenn jemand eine Begründung seines Abstimmungsverhaltens vorträgt, dazwischenjohlen müssen, auch zu zeigen, dass sie die Mehrheit in diesem Haus nicht mehr haben.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Und ihr mit euren 4,1 Prozent braucht euch überhaupt nichts einzubilden!)

(Beifall CDU, AfD)

Weitere Erklärungen zum Abstimmungsverhalten? Frau Abgeordnete Muhsal.

Ich möchte ebenfalls eine Erklärung zu meinem Abstimmungsverhalten abgeben. Ich habe der Überweisung in beide Ausschüsse zugestimmt, weil ich glaube, dass es eine gute parlamentarische Praxis ist, Ausschussarbeit zu machen und Dinge in Ausschüssen zu besprechen, die eben auch gegenüber der AfD oftmals von allen anderen Fraktionen, insbesondere von den rot-rot-grünen Regierungsfraktionen, nicht gelebt wird

(Beifall AfD)

(Unruhe DIE LINKE)