Protokoll der Sitzung vom 29.09.2017

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU)

Daneben wurde ein Rechtsanspruch auf einen Platz in einer Kindertageseinrichtung ab dem ersten Lebensjahr in das Gesetz geschrieben. Kinder mit besonderem Förderbedarf erhielten die Chance, eine wohnortnahe Einrichtung zu besuchen, wenn dies die Voraussetzungen auch vorsahen.

Dieser Erfolg konnte erzielt werden, indem die heute regierungstragenden Fraktionen mit den Eltern und Erzieherinnen und Erziehern über die Öffent

lichkeit Druck gemacht haben, das hat uns gesellschaftlich auch gestärkt. Dass diese Bewegung anhält, meine Damen und Herren, sehen Sie im heute vorliegenden Gesetz, doch dazu gleich mehr.

Zuvor, meine sehr geehrten Damen und Herren von der CDU, sei an Ihre Irritation erinnert, die es nach der Verbesserung des Kita-Gesetzes gab, als die Landesregierung dem Volksbegehren für eine bessere Familienpolitik entgegengekommen war. Es war Ihr Finanzminister, der 2014 am Ende der letzten Wahlperiode dort noch mal eine besondere CDU-Bewegung reinbringen wollte. Er wollte nämlich damals – und plant damit 21 Millionen Euro einzusparen –

(Zwischenruf Abg. Prof. Dr. Voigt, CDU: Das stimmt nicht, das ist eine Lüge!)

4.000 Erzieherinnen und Erzieher durch Sozialassistenten ersetzen. Das hätte einen deutlichen Abbruch in der Qualitätsentwicklung von Kita gegeben und es ist sicherlich auch ein Baustein dessen, dass die CDU im Jahre 2014 dieses Wahlergebnis erzielt hat.

Herr Kollege Wolf, eine Zwischenfrage von Herrn Dr. Voigt.

Ja, sicher.

Bitte, Herr Dr. Voigt.

Zum Wahlergebnis – das lasse ich jetzt mal dahingestellt – gucken Sie einfach mal in die Statistiken.

Können Sie belegen, dass der Thüringer Finanzminister einen solchen Vorschlag eingebracht hat? Wenn ja, nennen Sie bitte die Quelle dazu.

(Beifall CDU)

Das mache ich gern und zwar: Deutschlandfunk vom 04.03.2014, Zitat: „Der kommunale Beirat, dem CDU-Finanzministerium unterstellt, schlägt vor, ein Drittel der Erzieher durch Sozialassistenten zu ersetzen. 4.000 Erzieher müssen dann entlassen werden.“ Noch mal? Noch mal? Noch mal?

(Zwischenruf Abg. Prof. Dr. Voigt, CDU: Der Thüringer Finanzminister?)

Herr Kollege Voigt, Sie haben mich gefragt, ob ich es belegen kann. Nein, Sie müssen gar nicht mehr fragen, ich würde es nicht mehr zulassen. Ich habe

Ihnen die Quelle genannt. Sie können es gern überprüfen. Deutschlandfunk vom 04.03.2014.

Herr Fiedler möchte Ihnen noch eine Frage stellen.

Nein.

Das Thema ist beantwortet. Ich habe Ihnen die Quelle benannt.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Die Frage ist nicht beantwortet!)

Jetzt wird nach Kollege Fiedler, der sein Herz für die gute frühkindliche Bildung in Thüringen schon bekannt hat, auch die CDU wieder wach. Herzlich willkommen in der Debatte, liebe CDU-Fraktion.

Parallel zu dieser Diskussion in der CDU, meine Damen und Herren, fand eine Elterninitiative Rückhalt, die sich zuerst gegen die zu hohen und dann gegen die Elterngebühren überhaupt wandte. Sie trug diese Forderung auch auf die Landesebene und an die politischen Parteien heran. Es waren wiederum die drei jetzigen Regierungspartner, die darauf positiv reagierten. In allen drei Parteien gehörte die prinzipielle Beitragsfreiheit von Bildung auch und gerade in den Kindertagesstätten zu den Zielen, die schon länger diskutiert und angegangen werden. Diese Forderung fand sich auch in allen drei Wahlprogrammen wieder und stellt eines der Kernprojekte des Koalitionsvertrags dar, der Ende 2014 beschlossen worden ist und natürlich auch jetzt mit der Vorlage Einfluss in Regierungshandeln findet.

Das beitragsfreie Kita-Jahr ist ein Schritt hin zu einer vollständigen gebührenfreien Bildung in Thüringen und in Deutschland. Ich will nur noch mal daran erinnern, dass zum Beispiel das Land Hessen jetzt diesen Weg geht – auch unter einer völlig anderen Farbkombination –, Verbesserungen im Bereich frühkindlicher Bildung, aber eben auch Beitragsfreiheit für Eltern einzuführen. Wir sind da in einem deutschlandweiten Geleitzug.

Das Land Thüringen allein wird aufgrund seiner finanziellen Möglichkeiten – das sage ich hier auch ganz klar – immer nur Schritte gehen können. Da braucht es auch eine deutliche Unterstützung vom Bund, die wir uns seitens der CDU über die Koalitionsverhandlungen im Bund oder seitens unseres Koalitionspartners Bündnis 90/Die Grünen erwarten und erhoffen.

Aber ich möchte auch noch einmal darauf eingehen: In einer Pressemitteilung der CDU-Fraktion hat die Abgeordnete Rosin darauf hingewiesen – und ist dafür auch zu Recht deutlich von der Landeselternvertretung Kita kritisiert worden –, die CDU will nämlich Beitragsfreiheit und Qualitätsverbesserung gegeneinander ausspielen, indem sie sagt: Ja, wir wollen Qualitätsverbesserung – anders als noch vor drei Jahren, ich habe es eben gerade gesagt – und das mit der Beitragsfreiheit, das ist uns nicht so wichtig. – Uns ist das wichtig. Den Thüringer Eltern ist es wichtig, im Umfang von 1.440 Euro im Jahr dort entlastet zu werden. Das ist für die Familien viel Geld, und zwar gut angelegtes Geld, liebe Kolleginnen und Kollegen hier im Hohen Haus.

(Beifall DIE LINKE)

Lassen Sie mich jetzt ein paar Ausführungen zur logistischen Seite des Gesetzentwurfs machen. Die Teilung eines Gesetzentwurfs im Rahmen des Beratungsverfahrens und das teilweise Vorziehen der Verabschiedung ist kein neues Vorgehen. Auch bei der Beratung des neuen Thüringer Nachbarschaftsgesetzes hat es eine solche Aufteilung und vorgezogene Beschlussfassung über bestimmte Inhalte des Gesetzentwurfs gegeben. Das Vorgehen ist auch zur Absicherung der inhaltlichen Umsetzung des neuen Kita-Gesetzes sinnvoll, vor allem mit Blick auf das Projekt des beitragsfreien letzten KitaJahres. Denn mit diesem Beschluss über die Regelung zur rechtzeitigen Schaffung der notwendigen Datengrundlage werden die Voraussetzungen für die sofortige reibungsfreie Einführung des beitragsfreien Kita-Jahres ab dem 1. Januar 2018 geschaffen. Ich sage es hier ganz deutlich: Wir schaffen heute die Rechtsgrundlage für die Eltern in Thüringen, damit sie sich darauf verlassen können, dass es ab 01.01.2018 als letztes Kita-Jahr ein beitragsfreies Kita-Jahr gibt. Das ist nicht nur mehr ein Versprechen, sondern ab heute wird das ganz konkret, sehr geehrte Damen und Herren.

(Beifall DIE LINKE)

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Aber das erste habt ihr versprochen!)

Es gab im Beratungsverfahren vor dieser heutigen Plenarbefassung viele intensive Diskussionen zur Frage der richtigen Beratungsgrundlage, Kollegin Pelke ist schon darauf eingegangen. Hier sei festgestellt, dass die hier vorliegende Regelung des § 20 a aus dem Gesetzentwurf zu keiner Zeit – zu keiner Zeit! – von irgendwelchen Textdivergenzen betroffen war. Es ist in allen Papieren immer der gleiche Text geblieben. Deshalb sind hier nicht Ort und Zeitpunkt, über das Thema „Textdivergenzen“ zu sprechen. In der Sache ist daher umso überraschender, dass die CDU-Fraktion zusammen mit der Ausgliederung dieser Regelung dennoch über das Thema diskutiert. Und ich möchte hier auch

mal, ohne darauf zu intensiv einzugehen, kurz etwas aus dem Ausschuss sagen. Wenn eine CDUFraktion im Bildungsausschuss keine inhaltliche Diskussion führen will, sondern nur reine Formalien anbringt, die dazu genutzt werden sollen, den Gesetzesvorschlag der Regierungsfraktionen

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Frau Präsi- dentin, das geht gar nicht!)

hinauszuschieben, damit das beitragsfreie Kita-Jahr eben nicht zum 01.01. starten kann, und wir gestern im HuFA genau dasselbe Spiel mit vier Änderungsanträgen erlebt haben, die nur dazu gedient haben, die Gesetzesinitiative hinauszuschieben, dann ist das ein Armutszeugnis und das wird von den Eltern

(Beifall DIE LINKE)

in Thüringen genauso wahrgenommen. Die CDU will die Beitragsfreiheit verhindern, sehr geehrte Damen und Herren.

(Zwischenruf Abg. Schulze, CDU: Das ist ei- ne Lüge!)

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Ord- nungsruf! Habe ich gestern auch bekom- men!)

Ich weiß auch nicht, ist wahrscheinlich nicht angekommen.

All das wird, denke ich mir, in der weiteren Auseinandersetzung, weiteren Diskussion auch maßgeblich sein.

Die rot-rot-grünen Koalitionsfraktionen haben bezogen auf die Punkte der Ausgliederung aus dem Gesetzentwurf und der Veränderung des Datums des Inkrafttretens von einer variablen Vorschrift hin zu einem festen Datum eine weitere Anhörung der kommunalen Spitzenverbände für notwendig erachtet. Das kam von uns. Zur Wahrung von Fristen wurde sogar beschlossen, die Anhörungsunterlagen per Boten jeweils an die kommunalen Spitzenverbände zu bringen, damit auch tatsächlich die kommunalen Spitzenverbände eine Woche Zeit für ihre Stellungnahmen haben. Die Stellungnahmen der Spitzenverbände haben keine …

(Unruhe im Hause)

Herr Fiedler, es hat überwiegend der Redner das Wort.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Überwie- gend! Überwiegend müsste die Präsidentin aufpassen, was hier gesprochen wird!)

Überwiegend? Das ist mir neu. Da müsste er sich schon hinstellen, Frau Präsidentin. Solange er sitzen bleibt – gut.

Also sie haben überwiegend keine Probleme hinsichtlich des gewählten Vorgehens der Gesetzesteilung und der Einführung einer festen Frist des Inkrafttretens des § 20 a angebracht. Sie weisen darauf hin, dass der Text und die Inhalte des § 20 a ihnen so schon in der ersten Anhörung zum Gesetzentwurf vorlagen und vor dieser zweiten Anhörung bekannt waren. Das Anhörungsrecht der Kommunen bzw. Spitzenverbände ist nach § 91 a Abs. 4 Thüringer Verfassung damit korrekt erfüllt worden.

Ohne in die Details gehen zu wollen, sei hier angemerkt, dass entsprechend der Vorgaben des Urteils des Thüringer Verfassungsgerichtshofs vom 9. Juni 2017 allen Abgeordneten alle beratungs- und entscheidungsrelevanten Unterlagen zum Beratungsgegenstand rechtzeitig vor dieser Lesung im Plenum zur Verfügung standen. An der Beratung des Kita-Gesetzes wird zum ersten Mal deutlich, welche Auswirkung die neue Rechtsprechung aus Weimar auf die Arbeit des Landtags als Gesetzgeber hat. Da das Gericht in seinem Urteil gerade keine absolut festen Fristen und Sachverhalte benannt hat, sondern vielmehr auf die letztendliche Bewertung im Einzelfall abstellt, muss sich der Landtag ein ganzes Stück weit selbstständig im neuen Umgang mit den veränderten Abläufen im Gesetzgebungsverfahren finden. Bei der bisherigen Beratung des Kita-Gesetzes ist zum Beispiel deutlich geworden, dass Nachbesserungen bei der Personalressource des Protokolldienstes notwendig werden. Also wir haben das jetzt immer wieder gehört – wir haben das auch gestern wieder im HuFA gehabt –, dass Protokolle nicht rechtzeitig da waren, weil die Landtagsverwaltung deutlich gemacht hat, dass sie es nicht schafft. Wir haben das gestern auch noch mal im HuFA besprochen, wie wir dem auch mit Unterstützung der Landesregierung begegnen könnten, haben uns dort auch verständigt. Es ist, denke ich mir –

(Zwischenruf Abg. Emde, CDU: Termine ein- halten und nicht auf den letzten Pfiff!)