Ich möchte jetzt auch noch auf einzelne Forderungen des CDU-Antrags eingehen, auch wenn wir diesen sicherlich im Ausschuss noch intensiver beraten können. Ich bin davon überzeugt, dass niemand dagegen ist, allen Schülerinnen und Schülern bereits während der Schulzeit die duale Ausbildung nahezubringen. Der Freistaat nimmt hier die Verantwortung auch schon wahr und investiert beträchtliche Mittel in die Berufsorientierung. Wir verfügen damit über vielfältige, flächendeckende Maßnahmen. Es gibt Handbücher und Konzepte, also auch viel, worauf sich aufbauen lässt. Den Wunsch nach mehr berufspraktischen Erfahrungen und eine bessere Vernetzung von Schulen mit Betrieben und Unternehmen der Region können wir auch nachvollziehen. Weniger erschließt sich uns allerdings, warum die CDU in Ihrem Antrag lediglich eine Konzentration auf die Regelschulen und das Gymnasium vornimmt. Schließlich gibt es auch noch die Gemeinschaftsschule. Und ich will einen weiteren Punkt benennen: Wir wissen alle, wie schwierig es gerade für diejenigen ist, die eine Förderschule absolvieren. Da gibt es immer noch eine viel zu hohe Quote an Jugendlichen, die diese Schule ohne einen Schulabschluss verlassen. Genau die finden dann in der Regel keinen Zugang zum Ausbildungsmarkt. Auch darüber müssen wir, glaube ich, ins Gespräch kommen.
Über die Ausgestaltung von Imagekampagnen für die duale Ausbildung können wir uns aus unserer Sicht gern unterhalten. Klar sollte aber auch sein, dass es insbesondere im Aufgabenbereich der Unternehmen und Betriebe zu suchen ist, selbst für den Fachkräftenachwuchs zu sorgen. Persönlich sehe ich hier übrigens auch die Kammern in der Verantwortung, entsprechend tätig zu werden, denn schließlich werden sie auch durch die entsprechenden Beiträge finanziert.
Auch sind wir gern bereit, uns das Modell des Unternehmergymnasiums näher anzuschauen, was Sie in Ihrem Antrag vorgeschlagen haben. Ich will
allerdings ganz deutlich sagen, ohne genauere Erkenntnisse und ohne den notwendigen Dialog mit allen Beteiligten mal eben so ein Pilotprojekt in Thüringen zu etablieren, halte ich dann doch für ein bisschen vorschnell.
Ich hoffe, es ist deutlich geworden, dass wir uns in der Debatte über die Zukunft der dualen Ausbildung in Thüringen mitnichten verstecken. Wir stellen uns dieser, und gern beziehen wir da auch die Vorschläge der CDU mit ein. Klar ist jedoch auch, dass wir uns mit weiteren Fragen beschäftigten müssen. Beispielsweise mit der Situation an unseren Berufsschulen. Wir sehen das tagtäglich. Dort ist der Generationenwechsel in vollem Gange und keiner weiß im Moment, wie wir der Nachfrage nach spezialisierten Berufsschullehrkräften begegnen können, wenn gleichzeitig kaum jemand Berufsschullehrer oder Berufsschullehrerin werden möchte. Außerdem braucht es niedrigschwellige Wege in die duale Ausbildung, auch für Geflüchtete. Das setzt jedoch zunächst die richtigen berufsschulischen Strukturen voraus. Ich denke, mit „Start Deutsch“ und jetzt aufsattelnd „Start Bildung“ schaffen wir damit gute Voraussetzungen. Es gilt also, auch die Migrantinnen und Migranten als Potenzial für die Fachkräftesicherung zu erschließen. In diesem Sinne freuen wir uns auf eine konstruktive Debatte im Ausschuss. Vielen herzlichen Dank.
Sehr verehrte Präsidentin, liebe Abgeordnetenkollegen, leider sind gerade bei diesem Punkt keine Schüler hier oben da. Das wäre, denke ich, auch für die Schüler eine spannende Diskussion gewesen im Vergleich zu den anderen Punkten, die wir heute schon hatten, vielleicht spannender. Es ist, denke ich, unstrittig und die zwei Vorredner haben auch schon gezeigt, das ist das Thema, mit dem wir uns dringend auch in Thüringen beschäftigen müssen und was wir auch schon vor einigen Monaten aufgerufen haben. Deswegen will ich dem Kollegen Hartung gleich zurufen: Dass das eine Handwerkergymnasium noch nicht drin war, erschließt sich allein deswegen, dass der Antrag zu dem Zeitpunkt gestellt wurde, wo es diesen zweiten Standort noch nicht gab. Es zieht sich ja schon lange. Ich weiß auch – der Minister hat es schon in der Ausschusssitzung betont –, dass es doch nötig wäre, darüber zu sprechen, es sich halt aber so lange zieht. Das ist schade. Ich freue mich deswegen umso mehr, dass wir heute dazu auch hier sprechen.
Einige Zahlen im Vorfeld, die deutlich machen, warum wir darüber sprechen müssen, hat Frau Kollegin Rothe-Beinlich schon gesagt, die hatte ich mir auch aufgeschrieben, gerade die Zahl, die wir jetzt dieser Tage gehört haben, dass 1.300 Ausbildungsplätze in Thüringen in diesem Jahr unbesetzt bleiben und im Gegenzug dazu die Zahl der Azubis in Deutschland im Jahr 2016 schon auf einem Rekordtief war und immer weiter zurückgeht, wir im gleichen Zug aber einen ganz, ganz hohen Fachkräftebedarf haben. Da zeigt sich auch der gute Querschnitt zwischen Wirtschaftsausschuss und Bildungsausschuss. Da ich ja in beiden Ausschüssen bin, kann ich das recht gut vergleichen. Wir hören überall bei den Firmenbesuchen, wie groß der Bedarf in den Firmen ist. Frau Rothe-Beinlich, da ist es natürlich zum Teil so, dass es ein Problem der Ausbildungsvergütung ist. Aber ich kenne es selbst bei mir aus der Region, dass auch zum Teil selbst bei guten Ausbildungsvergütungen – als Beispiel bei uns die Sparkasse Arnstadt-Ilmenau – die Zahlen der Bewerber, die sich dort bewerben, in den letzten Jahren stark zurückgegangen sind und selbst die Sparkasse da nicht mehr alle Ausbildungsstellen besetzen kann. Ein anderes Beispiel: Ein großes Glaswerk bei uns, Wiegand-Glas, das technische Berufe ausbildet, das auch gute Bedingungen bietet, auch das findet nicht mehr die Auszubildenden, die es braucht.
Es zeigt sich also ein generelles Problem, was natürlich auch ein Problem ist, was sich auch in den Meinungen der Elternhäuser widerspiegelt: Nur wenn du Abitur machst, kannst du später auch eine gute Zukunft haben, nur wenn du studierst, hast du später eine gute Zukunft. – Das hört man ja ganz oft. Dabei ist das vielleicht früher mal so gewesen, aber heute, gerade wenn man auch immer die Meisterfreisprechungen hört, Handwerkskammer und was Meister dort verdienen – das hat die Handwerkskammer auch mal gut gegenübergestellt: Was verdient denn ein Meister, was verdient jemand, der studiert hat? –, ist es ganz oft so, dass jetzt jemand, der aus einer dualen Ausbildung kommt, sogar besser verdient als mancher, der ein Studium gemacht hat. Das ist aber, glaube ich, bei den Menschen noch nicht so verhaftet.
Das führt uns auch zu den wichtigen Punkten unseres Antrags, zu sagen: Wir müssen auch an das Image ran. Wir müssen versuchen, das Ganze ein bisschen attraktiver auch nach außen zu machen. Wir müssen vor allen Dingen auch – das ist auch ein wesentlicher Punkt im Antrag – an die Eltern ran, weil die schlussendlich natürlich eine der treibenden Kräfte und auch ganz oft die Entscheidungskräfte sind, die die Entscheidungen für die Kinder mit fällen. Wenn wir da nicht ein Umdenken erzeugen, dass man auch mit einer dualen Ausbildung sehr viel in seinem Leben erreichen kann, dann werden wir da auch nicht vorankommen.
Aber ich will vielleicht noch ein bisschen was allgemein zur Situation in der dualen Ausbildung sagen. Wir haben bei uns ein System, um das wir sehr beneidet werden. Das konnte ich auch schon mehrfach in den Austauschen, die ich über die Partnerstadt von Ilmenau Blue Ash mit den Amerikanern und auch mit anderen Ländern habe, erfahren, dass wir um dieses duale Ausbildungssystem sehr beneidet werden. Im Ausland ist das ein System, was mit sehr großem Interesse betrachtet wird und was man dort auch gern übernehmen möchte. Deswegen ist es umso wichtiger, dass wir dieses System, was wir hier bei uns haben, was wirklich ein Erfolgsmodell über die Jahrhunderte ist, wieder ein ganzes Stück mehr sexy machen, dass wir es ein bisschen voranbringen, dass wir versuchen, dieses System mit frischen Ideen wieder nach vorne zu bringen. Das – da muss ich dem Kollegen Hartung ein ganzes Stück widersprechen – ist natürlich auch Aufgabe des Landes. Das ist nicht nur Aufgabe von Unternehmen, die ohne Frage auch ihre Verantwortung haben. Das ist ganz besonders auch Aufgabe des Landes, das mit voranzubringen und hier auch unterstützend mitzuwirken.
Das Land hat auch viele Möglichkeiten geschaffen, was jetzt den Übergang, die Durchlässigkeit zwischen den Systemen betrifft, ob das die Durchlässigkeit zwischen Regelschule und Gymnasium ist, ob das die Möglichkeit ist, nach einer dualen Ausbildung mit einer gewissen Arbeitserfahrung auch studieren zu können. Das zeigt, dass die grundsätzlichen Regelungen faktisch vorhanden sind, die eigentlich die duale Ausbildung attraktiv machen müssten, aber dass die Zahlen derer, die sich dafür entscheiden, trotz dieser Bemühungen eher rückläufig als steigend sind.
Auch die Bemühungen in der Vergangenheit, die Berufsorientierung straffer zu gestalten, konnte sich zumindest in den Gesprächen, die ich vor unserem Antrag intensiv an den Schulen geführt habe, nicht durch das bestätigten, was dort gesagt wird, wie Berufsorientierung dort erfolgt. Am Gymnasium zum Beispiel begegnete mir oft in Gesprächen: Wir machen hier keine Berufsorientierung, wir machen eine Studienorientierung, weil wir zum Abitur führen und unsere Schüler sollen dann studieren. Wenn dieser Grundgedanke natürlich schon so drin ist – und das haben wir sehr wohl, das haben wir auch im Bildungsausschuss diskutiert, wir haben eine sehr hohe Übertrittsrate zum Gymnasium –, dann haben wir natürlich danach das Problem, wenn dort nicht richtig über die Möglichkeiten informiert wird, die es im Berufsleben gibt, bekommen wir natürlich auch viele Schüler, die trotz ihres Abiturabschlusses vielleicht in der Berufsausbildung gut aufgehoben wären, nicht dazu, eine Berufsausbildung zu machen.
Zu den einzelnen Punkten: Ich bin eben schon kurz auf das Berufsorientierungsprogramm eingegangen. Ich denke, dass wir das breiter gestalten müssen, gerade an den Gymnasien, nicht nur Studienorientierung, sondern auch Berufsorientierung anzubieten – das aber auch wirklich. Das bestätigt die Praxis, dass wirklich viele Akteure an den Schulen sind, die zum Teil dort auch eine gewisse Verwirrung stiften. Da ist natürlich oft auch die Arbeitsagentur mit drin, da haben wir nur bedingt Einfluss drauf. Aber ich glaube, dass das Land dort eine gewisse koordinierende Rolle stärker ausüben könnte und auch sollte.
Die Schülerpraktika, die wir in unserem Antrag erwähnt haben: Natürlich wünschen wir uns keine Grundschüler, die in ein Praktikum gehen. Aber ich glaube, auch an der Grundschule kann man schon versuchen, für Unternehmertum, für die Arbeit in Unternehmen zu werben. Wenn man die Grundschüler sieht, die zum Beispiel hier bei uns im Landtag sind, die sind ganz begeistert, wenn man ihnen zeigt, wie die Arbeit im Landtag aussieht. Bei uns kommen die Grundschüler auch ab und an mal in die Stadtverwaltung und schauen, wie die Verwaltung dort funktioniert. Ich glaube, dass man schon Grundschüler gut begeistern kann, auch für Unternehmen, und man kann ihnen dort zeigen, was es für Möglichkeiten gibt.
Die stärkere Einbindung von Regelschulen in die regionale Wirtschaft ist ein wichtiger Punkt, weil ich glaube, dass wir die Regelschulausbildung auch ein ganzes Stück attraktiver gestalten müssen. Dem – was ich eben schon meinte –, dass viele Eltern glauben, nur das Abitur ist das Heilbringende, müssen wir entgegenwirken. Da müssen wir den Regelschulen natürlich auch zur Seite springen und diesem Eindruck entgegenwirken.
Die Kammern sind ohne Frage ein wichtiger Punkt. Wir sollten in diesem Punkt mit den Kammern zusammenarbeiten. Ich habe auch im Vorfeld diesen Antrag mit den Kammern beraten, sowohl mit der Handwerkskammer als auch der IHK. Beide haben in den Punkten sehr zugestimmt, haben auch zugesichert, dass sie selbst diese Imagekampagnen schon überlegen. Da kann sich das Land, glaube ich, gut integrieren und kann hier gut vorangehen.
Zum Unternehmergymnasium: Es ist keineswegs so, dass wir hier überhastet irgendetwas einführen wollen. Wenn man das Erfolgsmodell des Handwerkergymnasiums in Erfurt sieht, da ist die Handwerkskammer mit Mut vorangegangen, um dieses Projekt einzuführen, hat da nicht ewig überlegt, sondern hat es gemacht. Und: Es ist ein Erfolg.
Wenn wir im Vorfeld die Ideen immer kleinreden und davor schon kaputtreden, bevor sie überhaupt richtig in Gang gekommen sind, dann werden wir auch nicht Innovation vorantreiben können. Das hat uns die Handwerkskammer, glaube ich, gut vorgemacht. In diesem Jahr ist es auf eine zweite Schule erweitert worden, es hat eine Verdopplung der Schülerzahlen gegeben, die dieses Handwerkergymnasium besuchen. Es ist wirklich eine tolle Sache, die wir auch auf das Unternehmertum ausweiten sollten. Wenn wir den Antrag im Ausschuss weiterberaten, dann sollten wir die Erfahrungen von Bayern mit heranziehen, die ein solches Unternehmergymnasium bereits erfolgreich als Pilotprojekt gestartet haben. Ich glaube, da können wir uns viel abschauen und können das Ganze sehr erfolgreich voranbringen.
Lassen Sie mich abschließend sagen, dass wir in diesem Feld wirklich viel zu tun haben, wenn wir in Zukunft den Fachkräftebedarf in Thüringen decken wollen. Die Probleme hört man. Wenn Sie in die Unternehmen gehen, hört man überall und unentwegt, dass es unheimlich schwierig ist, Fachkräfte zu finden. Das wird sich natürlich in den nächsten Jahren durch die Verrentungswellen noch steigern. Das sehen wir in allen Bereichen. Wenn viele langjährige und erfahrene Mitarbeiter in den Ruhestand gehen, dann werden wir natürlich ein Problem bekommen, diese Fachkräfte nachzubesetzen. Dem müssen wir uns stellen. Schlussendlich leben wir alle davon, dass die Wirtschaft aktuell gut läuft. Davon lebt auch diese Landesregierung mit dem nächsten Doppelhaushalt sehr gut durch die erhöhten Steuereinnahmen. Aber wenn wir der Wirtschaft nicht die Kraft geben, durch gute, qualifizierte Mitarbeiter diesen Erfolg auch weiter zu halten, dann werden die Steuereinnahmen in der Zukunft vielleicht nicht mehr so rosig aussehen, weil es dann einen Knick gibt, weil wir ohne gute, qualifizierte Mitarbeiter eben kein Wachstum mehr produzieren können.
Von daher ist es ein ganz wichtiges Querschnittsthema, was wir nicht nur im Bildungsausschuss, sondern auch im Wirtschaftsausschuss beraten sollten, weil es die Fachkräftesituation in Thüringen betrifft, weshalb ich ganz intensiv darum werben möchte, diesen Antrag sowohl an den Wirtschaftsals auch an den Bildungsausschuss zu überweisen und dann im besten Fall gemeinsam zu guten Ideen zu kommen, dass wir hier einen Antrag vielleicht auch gemeinsam auf den Weg bringen, der dann auch alle Eventualitäten und Vorstellungen abdeckt. Dafür möchte ich werben und bitte um Zustimmung für die Überweisung.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, für uns als AfD-Fraktion ist die Regelschule das Herzstück des Thüringer Bildungssystems und die duale Ausbildung eine tragende Säule nicht nur unseres Bildungssystems, sondern auch unserer Gesellschaft.
Leider steht nicht nur dieser Antrag der CDU-Fraktion, sondern auch die CDU-Politik der letzten Jahrzehnte diesem Ansatz vollkommen entgegen. Ich gebe zu, als ich den Antrag das erste Mal gelesen habe, musste ich sogar über die Realitätsferne herzlich lachen, die Sie einerseits an den Tag legen, und andererseits Ihre Dreistigkeit, mit der Sie jede Verantwortung von sich weisen. Nach der Rede von Herrn Bühl hier sage ich aber auch ganz ehrlich, das Lachen ist mir vergangen.
Sie schreiben in der Begründung Ihres Antrags – ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis –: „Die duale Ausbildung, die Deutschland zum Musterschüler bei der Berufsausbildung macht, [...] erfreut sich immer geringerer Beliebtheit.“ Daneben finden Sie dann bei mir die Notiz: Ja, das stimmt, aber es gab und gibt ja eine Abschaffungsbewegung durch die CDU und ebenso einen von der CDU maßgeblich vorangetriebenen Akademisierungswahn.
Auf diesen Gedanken, auf die Notiz, die ich mir daneben geschrieben habe, folgt dann wieder die Lektüre Ihres Antrags und dann folgt der Satz Ihrerseits: „Immer öfter wird in Deutschland vom Akademisierungswahn gesprochen.“ Das war der Punkt, wo ich bei der ersten Lektüre tatsächlich ein bisschen über Ihre Realitätsferne lachen musste, über die Dreistigkeit, mit der Sie die eigenen politischen Fehlentscheidungen als Naturkatastrophe verkaufen. Meine Damen und Herren, die Bildungspolitik der CDU der letzten Jahrzehnte, der durch die CDU inszenierte Akademisierungswahn, ist zwar tatsächlich eine Katastrophe, aber das, was bisher vermurkst wurde, ist eben nicht in Stein gemeißelt, zumindest nicht mit uns, der AfD, als bürgerlich-konservative Kraft.
Die Anzahl derer, die in Thüringen wie in Deutschland eine Ausbildung beginnen, ist seit 17 Jahren Jahr für Jahr gesunken. Noch im Jahr 2000 hatten wir in Thüringen mehr als 60.000 Auszubildende, zuletzt waren es gerade noch einmal rund 25.000.
(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Schon mal was vom de- mografischen Wandel gehört?)
Die Anzahl der Menschen, die sich für eine Berufsausbildung entschieden haben, ist gesunken. Die damalige Politik der CDU zielte auch genau darauf ab. Ich will Ihnen das gern belegen. Zum Beispiel meinte die damalige Bundesbildungsministerin Annette Schavan im Jahr 2006 – ich zitiere –: Wir brauchen mehr Hochschulabsolventen, weil wir in Zukunft noch mehr hoch qualifizierte Arbeitsplätze haben werden. Deshalb ist die Prognose, dass mehr potenzielle Studierende da sein werden, eine Chance für unser Land und die müssen wir nutzen. Der Hochschulpakt soll die Kapazitätsentwicklung unterstützen, damit mehr Studienplätze entstehen.
Frau Rothe-Beinlich, wenn Sie mir hier „demografischer Wandel“ hineinrufen: Ich kann das grundsätzlich nachvollziehen, aber das hat mit dem demografischen Wandel doch nun wenig zu tun, was die CDU da gemacht hat.
(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Nein, aber die Zahlen ha- ben etwas damit zu tun!)
Auch der Vorgänger von Frau Schavan, Jürgen Rüttgers von der CDU, ließ sich in der Vergangenheit ganz selbstverständlich auf die Forderung nach mehr Studenten ein. So findet man von ihm das Zitat – ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis –: „Wir brauchen eine Bildungsexpansion in neuer Qualität. [...] Nicht weniger, sondern mehr Studenten seien notwendig.“ Die Forderung der Erhöhung der Studentenquote wurde schon 2006 vom Wissenschaftsrat aufgemacht, 2008 haben Bund und Länder gemeinsam das Ziel der Erhöhung der Quote der Studenten beschlossen. Liebe CDU-Fraktion, Sie können ja einmal zurückdenken, wo die CDU da überall beteiligt war.
Dazu komme ich gleich, Herr Tischner. Schön, dass Sie Ihre Erwartung kundtun, dass ich Ihnen jetzt die Alternativen nenne. Dazu komme ich gleich noch. Schön, dass Sie engagiert dabei sind!
Heute, etwa zehn Jahre nachdem die großen Forderungen nach einer erhöhten Studentenquote laut wurden, wurde das Thema aber auch längst nicht ad acta gelegt. Auch das hat man an den Redebeiträgen der Regierungsfraktionen gesehen. Die Forderungen nach der Akademisierung der Erzieherausbildung und der Gesundheitsberufe begleiten uns auch in aktuellen Debatten. Ein Ende des
Akademisierungswahns scheint also nicht in Sicht. Auch Herr Minister Tiefensee wünscht sich für Thüringen eine gleichbleibende Anzahl an Studenten, was bei sinkenden Bevölkerungszahlen – ergo was Frau Rothe-Beinlich demografischer Wandel nennt – ebenfalls eben mit einer höheren Studentenquote einhergeht.
(Zwischenruf Tiefensee, Minister für Wirt- schaft, Wissenschaft und Digitale Gesell- schaft: Studierende kommen nicht nur aus Thüringen!)