Am 16. Oktober 2017 stellte Thüringens Innenminister Georg Maier im Erfurter Augustinerkloster gemeinsam mit dem Präsidenten des Amts für Verfassungsschutz, Stephan Kramer, den Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2016 vor. Nach Informationen von MDR THÜRINGEN, die auf der Internetseite des Senders seit dem 16. Oktober 2017 veröffentlicht sind, wird erstmals seit Gründung des Freistaats Thüringen die „Kommunistische Plattform“ im aktuellen Bericht nicht mehr erwähnt, aber weiterhin vom Verfassungsschutz beobachtet.
1. Stimmt die veröffentlichte Information des MDR THÜRINGEN, dass die KPF, obwohl nicht mehr im Verfassungsschutzbericht 2016 erwähnt, trotzdem überwacht wird?
4. Wie viele andere Gruppen aus dem Spektrum, die im Verfassungsschutzbericht 2016 unter Punkt VI. eingeordnet würden, werden beobachtet, aber nicht im Verfassungsschutzbericht 2016 aufgeführt?
Es antwortet für die Landesregierung das Ministerium für Inneres und Kommunales, erneut Herr Staatssekretär Götze.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Dr. Scheringer-Wright beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:
Zu Frage 1: Die „Kommunistische Plattform“ – kurz KPF – wird im Verfassungsschutzbericht 2016 des Freistaats Thüringen nicht aufgeführt, unterliegt aber weiterhin dem gesetzlichen Beobachtungsauftrag des Amts für Verfassungsschutz. Bereits im Verfassungsschutzbericht für die Jahre 2014 und 2015 wurde angekündigt, dass im Rahmen einer Beobachtungspriorisierung aufgrund ihrer anhaltend geringfügigen Aktivitäten in Thüringen und mangelnder Relevanz zu prüfen ist, ob die KPF auch zukünftig im Thüringer Verfassungsschutzbericht erwähnt wird.
Zu Frage 2: Die Beobachtung einer Bestrebung durch das Amt für Verfassungsschutz korreliert nicht zwangsläufig mit ihrer Nennung im Verfassungsschutzbericht. Der Thüringer Verfassungsschutzbericht gibt einen Überblick über die gesetzlich festgelegten Aufgaben des Amts und die im Berichtszeitraum erlangten wesentlichen Erkenntnisse zu jenen verfassungsschutzrelevanten Personenzusammenschlüssen, bei denen eine Unterrichtung der Öffentlichkeit geboten und nach den Vorschriften zulässig ist. Grundlage für die Erwähnung im Verfassungsschutzbericht sind Erkenntnisse, insbesondere zur Aktionsdichte, der Öffentlichkeitswirksamkeit oder der Gewaltgeneigtheit eines extremistischen Personenzusammenschlusses. Jene Parameter sind bei den entsprechenden Gruppierungen, Gruppen, Organisationen unterschiedlich stark ausgeprägt, woraus im Einzelfall durchaus eine mangelnde Relevanz für die Aufnahme in den Verfassungsschutzbericht resultieren kann. Im Berichtszeitraum 2016 entfaltete die KPF im Freistaat Thüringen kaum öffentlichkeitswirksame Aktivitäten, sodass sie im Verfassungsschutzbericht 2016 keine Erwähnung findet.
Zu Frage 4: Hierzu verweise ich zunächst auf die Antwort zu Frage 2. Im Übrigen unterliegt der Beobachtungsstatus einzelner extremistischer Gruppierungen aufgrund der Art und Weise der Erkenntnisgewinnung der Geheimhaltung. Eine Offenlegung dieser Informationen würde die Arbeit des Amts für Verfassungsschutz gefährden. Im Allgemeinen kann man sagen, die in Thüringen vertretenen marxistisch-leninistischen Parteien und Organisationen vermochten es abgesehen von einzelnen Informationsständen und traditionellen Gedenkveranstaltungen im Berichtszeitraum 2016 kaum, durch öffentlichkeitswirksame Aktivitäten wahrgenommen zu werden.
Gibt es Zusatzfragen? Das sehe ich nicht. Dann schließe ich hiermit die Fragestunde und damit auch den zugehörigen Tagesordnungspunkt 32.
Angezeigt ist, dass die Fraktion der CDU das Wort zur Begründung wünscht, und zwar durch den Abgeordneten Dr. Voigt – Sie haben das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen, „Duale Ausbildung stärken, Unternehmertum fördern!“ ist der Titel des Antrags der CDU-Fraktion. Duale Ausbildung ist für Deutschland ein Exportschlager und wir sind auch ein starkes duales Ausbildungsland. Dennoch ist es so, dass sich eine steigende Tendenz von jungen Menschen entscheidet, eher ein Studium aufzunehmen, als in die duale Ausbildung zu gehen. Deswegen glauben wir, mit einem sehr konkreten Maßnahmenpaket dafür Sorge zu tragen, dass die duale Ausbildung in Thüringen gestärkt wird und auch langfristig das Unternehmertum befördert. Es geht einerseits um die Frage: Wie können wir besser in unseren Schulen über duale Ausbildung informieren? Wie können wir mit Schülerpraktika, Kooperationen und Lehrinhalten dafür Sorge tragen, dass Schüler den Weg der dualen Ausbildung wählen, aber andererseits natürlich auch, dass berufliche Bildung eine höhere Attraktivität gewinnt? Deswegen wollen wir mit Imagekampagnen, mit dem konkreten inhaltlichen Vorschlag, ein Pilotprojekt zu ei
nem Unternehmergymnasium zu schaffen, diese enge Verzahnung zwischen Bildungseinrichtungen und zwischen der dualen Ausbildung stärken. Wir glauben, dass Thüringen die Chance besitzt, ein – in gewisser Weise – Vorzeigeland zu werden, wenn es um die Stärkung der dualen Ausbildung geht. Deswegen legen wir Ihnen dieses Maßnahmenpaket vor und würden uns freuen, wenn es Ihre Unterstützung findet. Recht herzlichen Dank.
Als Erstem erteile ich in der Aussprache zu dieser Beratung Abgeordneten Hartung von der SPDFraktion das Wort.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, eine Schlagzeile der OVZ vom 25. Oktober lautete: „Immer mehr Schulabsolventen, aber immer weniger wollen eine Ausbildung“. Diese wenigen Worte bringen die Gesamtproblematik eigentlich sehr gut auf den Punkt. Es wird dann zwar noch weiter differenziert, aber als Kernpunkt wird gesehen, dass wir auf 3.800 freie Ausbildungsstellen lediglich 1.600 sich bewerbende Absolventen haben. Ein wesentlicher Grund für diese zunehmende Schwierigkeit, Ausbildungsplätze zu besetzen, wird darin gesehen, dass Schülerinnen und Schüler sich weiterhin eher auf ein Hochschulstudium statt auf eine duale Ausbildung orientieren. Es wird weiterhin auch klar gemacht, dass in vielen Bereichen die Ausbildungsvergütung und die Arbeitsbedingungen die Schüler nicht wirklich motivieren, in einen Ausbildungsberuf überzutreten. Ein weiteres Problem wird darin gesehen, dass sich 50 Prozent der Schüler an den Top Ten der beliebtesten Berufe orientieren, wo aber nur knapp über 40 Prozent der Lehrstellen angeboten werden. Kurz und gut: Dieses Thema zu diskutieren lohnt sich mit Sicherheit, denn das Problem, das hier skizziert wird, ist auf jeden Fall vorhanden. Aber ich glaube – und das ist im OVZ-Artikel sehr gut auch dargestellt worden –, dass wir als Landesregierung, als Parlament da nur eingeschränkt handeln können und dass ein großer Teil der Handlungsaufgaben auch bei anderen Akteuren liegt, zum Beispiel bei den Unternehmen – Stichwort „attraktive Ausbildungsvergütung“, „attraktive Arbeitsbedingungen“ –, die bei regionaler Bewerbersuche und auch aktiven Bewerberansprachen mindestens genauso in die Pflicht genommen werden müssen. Wird dieser eingebrachte Antrag der CDU dieser Gesamtgemengelage gerecht? Ich habe da so ein bisschen meine Zweifel, denn es wird eigentlich auf nur einen Aspekt dieser Gemengelage abgehoben, nämlich auf den Teil der beruflichen Orientierung im Schulsystem. Das, glaube ich,
Aber als positiv denkender Mensch möchte ich erst mal mit den Passagen Ihres Antrags anfangen, die ich durchaus gut finde. Das sind die Punkte 5, 6 und 9 und mit Einschränkungen der Punkt 10. Dabei geht es einmal um eine noch gezieltere Einbindung der Eltern in die Maßnahmen der schulischen Berufsorientierung. Es geht um eine Imagekampagne, bei der gemeinsam mit den Kammern die duale Ausbildung beworben werden soll. Es geht um ein eventuelles Pilotprojekt „Unternehmergymnasium“ sowie die Evaluierung des bereits praktizierten Konzepts „Handwerkergymnasium“. Dem letztgenannten Punkt kann ich mich aber – wie schon angekündigt – nur eingeschränkt anschließen, denn neben dem sinnvollen Konzept, das Sie da erwähnen, ist durchaus auch eine Fehlannahme in Ihrem Antrag drin. So wird das Handwerkergymnasium nämlich nicht nur in Erfurt in der WalterGropius-Schule praktiziert, sondern seit Schuljahresbeginn auch an der Andreas-Gordon-Schule. Selbstverständlich ist die Evaluierung zwingend erforderlich und Bedingung dafür, dass die schulinternen Lehrpläne genehmigt worden sind.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie sehen, selbst bei den Punkten, denen ich aufgeschlossen gegenüberstehe, gibt es durchaus Redebedarf, weil das eine oder andere falsch durchdacht ist oder sich auch unzureichend Recherchiertes eingeschlichen hat.
So ist im Punkt 1 der Drucksache die Rede davon, die bestehenden Berufsorientierungsprogramme zu bündeln, die Zahl der Ansprechpartner zu reduzieren und einheitlich an sämtlichen allgemeinbildenden Schulen anzubieten. Dazu kann ich nur sagen: Bereits in der letzten Legislaturperiode haben wir gemeinsam mit der CDU eine Bündelung und eine strategische Ausrichtung der bestehenden Berufsorientierungsprogramme und Maßnahmen vorgenommen. Dieses Vorhaben trägt den Namen „Landesstrategie zur praxisnahen Berufsorientierung“. Zumindest Mario Voigt, der den Antrag eingebracht hat, und Volker Emde, den ich jetzt zwar nicht sehe, aber der mit Sicherheit folgt, werden sich sicherlich noch daran erinnern, dass wir das Entstehen und die Umsetzung dieser Landesstrategien der damaligen Koalition auch auf Fachsprecherebene sehr intensiv begleitet haben. Die Landesstrategie ist die Basis für alle Initiativen und die Orientierung für alle Akteure im Prozess der Berufsorientierung. Sie schlägt einen Bogen von der Arbeit der Schule, also der Lehrerinnen und Lehrer, der Schülerinnen und Schüler sowie der Eltern, über die Kooperation mit wichtigen Partnern aus der Wirtschaft, den Gewerkschaften, der Wissenschaft sowie mit der Bundesagentur für Arbeit bis hin zu den vertiefenden und zusätzlichen Maßnahmen der Berufsfelderkundung und -erprobung. Dies fördert das Land
auch mit Mitteln des Europäischen Sozialfonds, ESF, und der Bundesagentur für Arbeit. So stehen für diese Programme insgesamt 13,6 Millionen Euro zur Verfügung. Eigentlich müsste die CDU das wissen und sie müsste wissen, dass es seit der letzten Legislaturperiode auch eine klare strategische Ausrichtung bei der Berufsorientierung gibt: erstens eine duale Ausbildung und erst zweitens eine Orientierung auf ein Hochschulstudium, und zwar vor allem im Bereich der zukunftsträchtigen mathematisch-naturwissenschaftlichen und technischen Fächer und unter aktueller Maßgabe und aktuellen Betrachtungen natürlich auch in den Ausbildungsmöglichkeiten für die gesundheits- und sozialpflegerisch orientierten Ausbildungsberufe.
Zu Punkt 1 des Antrags muss auch noch Folgendes bemerkt werden: Die von der CDU geforderte weitergehende Straffung – ich zitiere –, „die Zahl an Ansprechpartnern [...] reduzieren“ und Vereinheitlichung der bestehenden Berufsorientierungsprogramme und -maßnahmen – ich zitiere – „einheitlich an sämtlichen allgemeinbildenden Schulen [...] anzubieten“, dürfte kaum zu realisieren sein. Das scheint zudem auch wenig durchdacht. Zum einen kann die Landespolitik der Bundesagentur für Arbeit, den Kammern oder den wirtschaftlichen Bildungseinrichtungen nicht verwehren, im Bereich der Schulen tätig zu sein. Es wäre auch kontraproduktiv, weil wir eher ein Mehr an Aktionen haben wollen als ein Weniger. Gerade die lokalen Unterschiede sind aus meiner Sicht genau die Stärken im Thüringer Bildungssystem, die wir eher ausbauen sollten, als dass wir sie eindampfen sollten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ebenso wenig Substanz bietet aus meiner Sicht Punkt 2 des Antrags, in dem gefordert wird – ich zitiere –: „Schülerpraktika flächendeckend und verpflichtend an allen Schularten auszubauen.“ An Grundschulen? Ernsthaft? Ich glaube, das erscheint mir jetzt nicht als sehr sinnvoll, alldieweil wir mindestens mit dem Verbot der Kinderarbeit in Konflikt kommen, wenn wir an Grundschulen verpflichtende Schülerpraktika einführen. Ich glaube auch nicht, also selbst wenn ich jetzt annehme, dass Sie damit die weiterführenden Schulen, die weiteren Schularten meinen, dann lässt sich Folgendes feststellen: Als Bestandteil des Unterrichts ist dort bereits jetzt ein Schülerbetriebspraktikum verbindlich. Dieses Praktikum ist in den Fachlehrplänen WirtschaftRecht-Technik für den Erwerb des Hauptschul- und Realschulabschlusses und Wirtschaft und Recht für den Erwerb der Allgemeinen Hochschulreife verankert. Erfahrungsgemäß setzen die Thüringer Schulen diese Lehrplananforderungen in den Klassenstufen 8 und 9 in ein bis zwei Unterrichtswochen um. An Gymnasien werden für das Schülerbetriebspraktikum eine bis zwei Wochen in den Klassenstufen 9 und 10 angesetzt.
Auch Punkt 7 des Antrags hilft uns nicht wirklich weiter. Dort wird gefordert, „Unternehmensplanspiele in die Lehrpläne für den Erwerb des Hauptschul- und Realschulabschlusses sowie der allgemeinen Hochschulreife im Fach Wirtschaft, Recht (und Technik) einzuführen“. Diese Formulierung offenbart – man muss das leider sagen – eine nur geringe Kenntnis darüber, wie Lehrpläne bundesweit derzeit nicht zuletzt als Reaktion auf das PISA-Debakel ausgestaltet werden. Die weiterentwickelten Thüringer Lehrpläne sind standard- und kompetenzorientiert aufgebaut. Sie beschränken sich auf die Beschreibung verbindlicher, zentraler, fachspezifischer und aufgabenfeldspezifischer Kompetenzen und auf eine weitere Präzisierung zentraler Inhalte. Die Unternehmensplanspiele würden eine weitere Präzisierung dieser Lehrpläne erfordern. Darauf wird eigentlich bewusst verzichtet. Wir können allerdings – das ist etwas, was ich als Anregung gern in dem Ausschuss weiterdiskutieren würde – hier das Ministerium auffordern, uns eine Handreichung zu geben. Dann wird auch ein Schuh daraus. Ich glaube nämlich nicht, dass das Instrument der Unternehmerplanspiele falsch ist. Ich glaube, dass die Form der Umsetzung in diesem Antrag der Sache nicht gerecht wird.
Damit komme ich jetzt auch zum letzten Beispiel: Sie fordern, „das Unternehmertum sowie das Bild des Unternehmers in die Lehrpläne für den Erwerb des Hauptschul- und Realschulabschlusses sowie der allgemeinen Hochschulreife im Fach Wirtschaft, Recht (und Technik) stärker in den Fokus zu rücken“. Das klingt zunächst einmal gut, aber man muss Folgendes wissen: In den Lehrplänen für das Fach Wirtschaft und Recht für das Gymnasium und die Gemeinschaftsschule, im Fach WirtschaftRecht-Technik für die Regelschulen und die Gesamtschulen sowie im Wahlpflichtfach WirtschaftUmwelt-Europa der Regelschule ist das Thema „Unternehmen“ längst verankert. Hierbei geht es vor allem um die verschiedenen Rechtsformen, um die betrieblichen Grundfunktionen von Unternehmen und im Rahmen des Wahlpflichtfachs Wirtschaft-Umwelt-Europa werden zudem die Aufgaben eines Unternehmens in ökologisch orientierter Unternehmensführung und Unternehmen im Wandel behandelt. Hier ist auch die Gründung einer Schülerfirma möglich und – um auch das noch zu erwähnen – in Thüringen existieren derzeit rund 90 von der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung in Kooperation mit dem Bildungswerk der Thüringer Wirtschaft betreute Schülerfirmen.
Kurz und gut: In diesem Antrag sind durchaus viele Diskussionspunkte, die ich gern aufgreifen würde. Es sind ein paar Punkte, bei denen man unterschiedlicher Auffassung sein kann. Prinzipiell ist das Thema aber so wichtig, dass ich der Überzeugung bin, man sollte es im Ausschuss weiterdiskutieren und auch weiter zu einem vernünftigen Ab
schluss bringen. Deswegen bitte ich darum, diesen Antrag an den Bildungsausschuss zu überweisen. Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich glaube, wir sind uns alle einig, dass sich dieser Antrag von der CDU-Fraktion tatsächlich einem sehr wichtigen Thema widmet, nämlich der Frage, wie es uns als Politik gelingen kann, die richtigen Rahmenbedingungen dafür zu gewährleisten, dass jede Jugendliche und jeder Jugendliche den für sie tatsächlich passenden Ausbildungsweg findet, weil es natürlich darum gehen muss, dass tatsächlich alle den Schritt in eine gute berufliche Zukunft und auch in ein eigenständiges Leben schaffen.
Der Antrag hat ja einige Zeit gebraucht, bis er hier ins Plenum gekommen ist. Es war insofern vielleicht ganz passend, weil gerade gestern von der Arbeitsagentur die Arbeitsmarkt- und Ausbildungsdaten für das Ausbildungsjahr 2016/2017 für Thüringen veröffentlicht wurden. Schaut man sich diese genauer an, stellt man fest, dass es da in der Tat noch einige Probleme gibt. So blieben von den circa 13.000 gemeldeten Ausbildungsstellen etwa 1.300 Ausbildungsplätze – das sind 10 Prozent – unbesetzt und immer noch sind 300 Bewerberinnen und Bewerber ohne einen Ausbildungsplatz. Das zeigt, dass die Passfähigkeit des Ausbildungsmarkts zwar hoch ist, aber leider nicht für alle. Insbesondere in den gastronomischen Berufen – das hat auch Ursachen, das wissen wir alle –, ich benenne nur mal die Ausbildungsberufe Restaurantfachmann oder -frau, Koch/Köchin, Hotelfachmann/ -fachfrau, im Einzelhandel, aber auch im Kfz-Mechatronikbereich ist es offenkundig sehr schwierig, die Ausbildungsstellen zu besetzen. Gerade in den gastronomischen Berufen wissen wir, dass ursächlich dafür oftmals auch die Arbeitszeiten sind, die Arbeitsbedingungen, die diese Ausbildung schwierig machen. Wir müssen uns das natürlich immer wieder vor Augen führen. Die Arbeitsagentur weist zu Recht darauf hin, dass die Arbeitgeberinnen auch schwächeren Absolventinnen eine Chance geben sollten. Schließlich gibt es dafür begleitende Instrumente der Arbeitsagentur. Ich nenne hier nur einmal als Beispiel die Einstiegsqualifizierung, die Assistierte Ausbildung oder aber auch zusätzliche Lernunterstützung.
Es stellt sich zudem die Frage, wie es gelingt – ich nenne es einmal –, die Rekrutierungsbemühungen der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber auch auf die Bundesländer auszuweiten, die einen deutlichen Bewerberüberhang haben. Das sind beispielsweise Schleswig-Holstein, die Stadtstaaten, aber auch Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Hessen und das Saarland.
Der vorliegende Antrag der CDU-Fraktion gibt uns also die Gelegenheit, über die Leistungsfähigkeit des Übergangssystems von der Schule in den Beruf zu diskutieren und gemeinsam auch über die Fachkräftesicherung von morgen nachzudenken. Thüringen hat bezogen auf die Fachkräftesicherung einige Herausforderungen zu bewältigen. Ich will einige Probleme beim Namen nennen. Wir wissen es, dem Mittelstandspanel der KfW zufolge bildet in Thüringen nur etwa jedes zehnte Unternehmen – 10,1 Prozent sind es genau – eigene Lehrlinge aus. Zusammen mit Berlin belegen wir damit den vorletzten Platz im Ländervergleich vor Sachsen, die nur 9,9 Prozent ausbilden. Andere Bundesländer wie Rheinland-Pfalz zum Beispiel und das Saarland kommen mit 18 Prozent dagegen fast auf die doppelte Quote.
Die Gründe für die niedrige Ausbildungsquote in Thüringen liegen zum einen – das wissen wir – auch in der sehr kleinteiligen Unternehmensstruktur – wir haben sehr viele Kleinbetriebe, die gar nicht in der Lage sind, auszubilden –, zum anderen aber auch in der demografischen Entwicklung. Ich will nur an den Rückgang der Schulabsolventinnen und -absolventen erinnern. Es kam zu einer Halbierung innerhalb von zehn Jahren von circa 66.000 auf 33.000.
Wir müssen uns aber auch die Attraktivität der dualen Ausbildung anschauen, die ganz klar ein Pfund ist – darauf haben wir immer verwiesen –, und zudem die Ausbildungsbedingungen in den Blick nehmen. Einige Hinweise gibt dazu auch der „Ausbildungsreport 2017“, den der Deutsche Gewerkschaftsbund auf den Weg gebracht hat. Da ist nachzulesen, dass derzeit ein Drittel aller Auszubildenden regelmäßig Überstunden leisten muss und ein relevanter Teil davon, etwa 14 Prozent, dafür keinerlei Ausgleich erhält, und zwar weder in Form von Geld noch in Form von Freizeit.
Ein Drittel aller Auszubildenden haben zudem keinen betrieblichen Ausbildungsplan, obwohl dieser gesetzlich vorgeschrieben ist. Außerdem wird jeder zehnte Auszubildende nur selten oder nie von seinem Ausbilder persönlich betreut. Fast die Hälfte, etwa 43 Prozent, der Auszubildenden weiß im letzten Auszubildendenjahr immer noch nicht, ob im Anschluss an die Ausbildung eine Übernahme steht oder aber nicht.
West – wir haben ja gerade gestern erst, als es um den Thüringen-Monitor ging, über die sogenannte Ostdeprivation beraten – immer noch existieren. Insbesondere in personennahen Berufen sind die Verhältnisse – ich will es so nennen – tatsächlich prekär. Ein Beispiel: Eine angehende Friseurin kommt im Schnitt auf weniger als 300 Euro – es sind 269 Euro – im Monat, während es in den Westbundesländern circa 500 Euro sind. Nicht ohne Grund werben wir als Grüne deshalb für eine Mindestausbildungsvergütung ebenso wie für bundesweit geltende, kostengünstige Auszubildendentickets, um mehr Mobilität auch für Auszubildende zu gewährleisten. Wir gehen jetzt auch in Thüringen immerhin einen ersten Schritt.
Ich möchte jetzt auch noch auf einzelne Forderungen des CDU-Antrags eingehen, auch wenn wir diesen sicherlich im Ausschuss noch intensiver beraten können. Ich bin davon überzeugt, dass niemand dagegen ist, allen Schülerinnen und Schülern bereits während der Schulzeit die duale Ausbildung nahezubringen. Der Freistaat nimmt hier die Verantwortung auch schon wahr und investiert beträchtliche Mittel in die Berufsorientierung. Wir verfügen damit über vielfältige, flächendeckende Maßnahmen. Es gibt Handbücher und Konzepte, also auch viel, worauf sich aufbauen lässt. Den Wunsch nach mehr berufspraktischen Erfahrungen und eine bessere Vernetzung von Schulen mit Betrieben und Unternehmen der Region können wir auch nachvollziehen. Weniger erschließt sich uns allerdings, warum die CDU in Ihrem Antrag lediglich eine Konzentration auf die Regelschulen und das Gymnasium vornimmt. Schließlich gibt es auch noch die Gemeinschaftsschule. Und ich will einen weiteren Punkt benennen: Wir wissen alle, wie schwierig es gerade für diejenigen ist, die eine Förderschule absolvieren. Da gibt es immer noch eine viel zu hohe Quote an Jugendlichen, die diese Schule ohne einen Schulabschluss verlassen. Genau die finden dann in der Regel keinen Zugang zum Ausbildungsmarkt. Auch darüber müssen wir, glaube ich, ins Gespräch kommen.