Sabine Schlager
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Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Blank, die CDU hat die Familienpolitik entdeckt, seit sie im Bund in der Opposition ist.
Ich darf Sie daran erinnern: Nach 16 Jahren Ihrer Regierungszeit musste das Bundesverfassungsgericht die Bundesrepublik verurteilen,
weil wir einen völlig ungenügenden Familienlastenausgleich haben – von Ihnen ererbt.
Was die neue Bundesregierung innerhalb von zweieinhalb Jahren für die Familien getan hat, haben Sie in 16 Jahren nicht gebacken gekriegt.
Jetzt stellen Sie sich hin und wollen ein Familiengeld finanzieren.
Ja.
Das nehme ich zur Kenntnis, wenn Sie umgekehrt bereit sind, zur Kenntnis zu nehmen, dass das Bundesverfassungsgericht am Ende Ihrer Regierungszeit gesagt hat: „bemüht, aber ungenügend“.
Sie tragen auch in Baden-Württemberg – –
Ich kann Ihnen die familienpolitischen Leistungen der Bundesregierung aufzählen, aber es würde alle hier langweilen:
die erste und die zweite Stufe der Kindergelderhöhung, die Erhöhung des Grundfreibetrags, die Senkung des Eingangssteuersatzes usw. Aber ich lasse es, denn diejenigen, die sich auskennen, kennen diese Daten.
Auch im Land Baden-Württemberg tragen Sie das Wort Familienpolitik wie eine Monstranz vor sich her,
aber Sie lösen es inhaltlich nicht ein.
Ich sage Ihnen ein paar Dinge, die ich in meiner vergleichsweise kurzen Zeit im Landtag an familienpolitischem Kahlschlag im Lande erleben durfte. Sie haben für die Familien in Baden-Württemberg in den letzten fünf Jahren die Schülerbeförderungskosten erhöht, die Lernmittelfreiheit ausgehöhlt, die Halbtagsgrundschulen gebührenpflichtig gemacht,
die familienentlastenden Dienste für Familien, die mit behinderten Menschen leben, gekürzt. Sie haben das Dorfhelferinnenprogramm gekürzt. Die Betreuungssituation für Kinder unter drei Jahren ist in keinem anderen Bundesland so schlecht wie in Baden-Württemberg.
Wir wollen ein kinderfreundliches und familienfreundliches Land Baden-Württemberg.
„Alles Lügen“, das nehmen Sie zurück! – Wir wollen ein kinderfreundliches und familienfreundliches Baden-Württemberg, aber wir wissen, dass wir dafür hier im Land noch einiges tun müssen und dass wir noch weit entfernt sind von der mühelosen Vereinbarkeit von Familie und Beruf, wie wir uns das vorstellen. Hier in Baden-Württemberg müssen die Frauen immer noch zwischen Kindern und Beruf wählen. Herr Müller hat ausgeführt,
dass wir im Interesse der Frauen, im Interesse der Familien
lassen Sie mich ausreden, dann brauchen Sie mir das Wort nicht aus dem Mund zu nehmen, Frau Blank – und im Interesse der Kinder in Baden-Württemberg Rahmenbedingungen schaffen müssen, die die Wahlfreiheit ermöglichen. Das ist es, was Politik tun kann: Frauen, die einen Kinderwunsch haben, durch geeignete Rahmenbedingungen nicht daran zu hindern, Kinder zu bekommen. Kinder dürfen kein Armutsrisiko sein. Noch haben wir diese Situation nicht erreicht. Noch gilt es, dafür zu arbeiten.
Können Sie mal klingeln, Herr Präsident? Die unterhalten sich da untereinander.
Vielen Dank, Herr Präsident.
Wenn wir über das Thema „Geburtenrückgang und Zunahme des Durchschnittsalters in unserer Gesellschaft“ reden, dann dürfen wir nicht nur über mehr Kinder und erhöhte Geburtenraten sprechen. Denn selbst wenn sich von jetzt an die Geburtenraten sprunghaft nach oben bewegen würden, hätten wir in der Gesellschaft seit den Sechzigerjahren das Problem: Die Menschen, die in 30 Jahren alt sind, sind alle jetzt schon geboren, und die Jahrgänge, die dann berufstätig sind, die vergleichsweise zu kleinen Jahrgänge, sind auch alle jetzt schon geboren bzw. eben nicht geboren.
Das heißt, rückwirkend kann man in dieser Sache nichts heilen. Wir brauchen in Baden-Württemberg Zuwanderung, und – ich füge das deutlich hinzu – wir Grünen wollen in Baden-Württemberg Zuwanderung.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen wird der Erteilung der Ausnahmegenehmigung nicht zustimmen.
Der Landtag ist hier aufgefordert, zu entscheiden, ob es sein kann – so, wie Herr Birzele ausgeführt hat –, ob der Verdacht im Raum stehen kann, dass sich die Betätigung eines Mitglieds der Landesregierung, auch wenn es ein ehrenamtliches Mitglied ist,
mit den wirtschaftlichen Interessen einer Firma verquickt, von der er Eigentümer oder in deren Beirat er ist. Wir glauben, dass im Falle von Herrn Professor Dr. Beyreuther in Zusammenhang mit der Firma, die er mit gründet, eine Interessenkollision vorliegen kann. Es kann zu Interessenverquickungen kommen. Es kann aber auch zu Interessengegensätzen kommen.
Es ist jedenfalls nicht eindeutig geklärt, dass seine Beratungstätigkeit im Bereich des Lebens- und Gesundheitsschutzes und seine wirtschaftliche Betätigung in der Firma, die er mit gegründet hat, völlig voneinander getrennte Dinge sind.
Deshalb ist es unsere Aufgabe, die Ausnahmegenehmigung nicht zu erteilen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte diese Debatte mit einem Zitat des Ministerpräsidenten aus der Bundesratsinitiative gegen das neue Betriebsverfassungsgesetz einleiten. Der Ministerpräsident sagt:
Schon jetzt wirkt sich das Übermaß an Vorschriften in Deutschland auf viele ausländische Investoren abschreckend aus.
So meint der Ministerpräsident.
Dazu zwei Zahlen aus dem Gutachten des Sachverständigenrats 2000/2001: Direktinvestitionen in Deutschland 1997 11 Milliarden DM, Direktinvestitionen aus dem Ausland im ersten Halbjahr 2000 61 Milliarden DM.
Die Direktinvestitionen gehen steil nach oben, meine Damen und Herren, weil die Rahmenbedingungen stimmen.
Die ausländischen Firmen haben wieder Vertrauen in diesen Standort. Meine Damen und Herren, schneiden Sie sich doch einfach eine Scheibe davon ab.
In der Tat, die Bundesregierung hat einige Gesetze geändert,
und einige stehen noch zur Änderung an. Es war ja auch einiges liegen geblieben, meine Damen und Herren.
Es gab einmal eine Bundesregierung, die einfach nichts geregelt gekriegt hat, und deren Markenzeichen war Reformstau. In die Zeiten dieser Erstarrung will niemand mehr zurück.
Deswegen wird es Ihnen nicht gelingen, mit dem Kampfbegriff Reformstau alles madig zu machen, was ein bisschen nach Veränderung riecht, meine Damen und Herren.
Der Begriff Regelungswut ist einfach inhaltsleer. Jedenfalls bisher ist es Ihnen in der Debatte nicht geglückt, ihn mit Inhalt zu füllen.
Soll denn vielleicht eine Regierung nicht handeln, wenn Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Größenordnung von 1 Million in die Scheinselbstständigkeit getrieben werden? Soll denn eine Regierung nicht handeln, wenn die Nische der 630-DM-Beschäftigungsverhältnisse plötzlich in das Regelarbeitsverhältnis auswuchert und den Sozialversicherungen die Beiträge fehlen?
Wenn Missstände vorliegen, muss eine Regierung handeln. Wenn sie dies nicht tut, handelt sie fahrlässig.
Nun zum Gesetz über die Teilzeitarbeit und die befristeten Arbeitsverhältnisse. Angeblich ist das ja ein mittelstandsfressendes Monster.
Ich führe jetzt einige Einzelheiten aus diesem Gesetz an; Sie werden dann Ihre Vorwürfe einfach nicht aufrechterhalten können.
Erstens: Das Gesetz hat für 80 % der baden-württembergischen Firmen gar keine Folgen, weil es sich erst ab 15 Beschäftigten auswirkt.
Zweitens: Für die restlichen 20 % ist das Gesetz modern und praktikabel. Es setzt nämlich nicht auf starre Regelungen, sondern auf Konsens, auf Betriebsvereinbarungen und auf tarifliche Regelungen. Jetzt sagen Sie, da entstehe eine gewisse Unsicherheit.
Man kann es Ihnen nicht recht machen. Entweder es ist überreguliert, dann ist es falsch, oder es setzt auf Konsens, und dann fehlen Ihnen die eindeutigen Regelungen.
Mein Parteifreund Metzger ist ein ausgezeichneter Finanzer; in Sachen Teilzeit kann er noch ein bisschen dazulernen.
Dieses Gesetz ermöglicht nämlich die Vereinbarkeit von Familie und Beruf weit besser als bisher. Das ist eben gerade keine Frage, die nur Frauen beschäftigt, sondern das ist eine Frage, die heute 38 % der Vollzeitbeschäftigten angeht, die gern mehr Teilzeit arbeiten wollen und auch bereit sind, auf einen Teil ihres bisherigen Einkommens zu verzichten. Auch Männer in Führungspositionen wollen Beruf und Familie miteinander vereinbaren können. Deswegen ist dieses Gesetz eine richtige Antwort auf moderne Fragestellungen, nämlich die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Außerdem regelt die Bundesregierung nicht Dinge, die in anderen EU-Ländern nicht geregelt sind, wild durcheinander, sondern es geht um die Umsetzung einer EU-Richtlinie, die bis zum Juli nächsten Jahres ohnehin umgesetzt sein muss.
Es ist auch ein Gesetz, das ein Vorbild hat, nämlich in den Niederlanden. Dort haben wir eine wesentlich höhere Teilzeitquote, und dort sind zusätzliche neue Stellen entstanden, weil mehr in Teilzeit gearbeitet wird.
Wir haben doch keine Vollbeschäftigung, meine Damen und Herren. Wir müssen doch die Potenziale, die für den Arbeitsmarkt in der Teilzeit liegen, auch ausschöpfen.
Ich will in der ersten Runde noch einen grundsätzlichen Satz sagen. Jedes Mal, wenn etwas Neues kommt, prophezeien Sie eine Katastrophe. Wer zum fünften und sechsten Mal eine Katastrophe prophezeit, die dann nicht eintritt, wird mit dieser Prophezeiung unglaubwürdig.
Angeblich ist alles, was aus Berlin kommt, Gift. Wenn dieses Gift weiterhin zu mehr Wachstum, Beschäftigung und Arbeitsplätzen führt, dann kann ich nur sagen: Mehr davon.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich will noch auf vier Punkte aus der Debatte eingehen.
Erstens, Herr Minister, zur „630-DM-Katastrophe“, wie Sie das nennen: Diese Beschäftigungsverhältnisse sind jetzt ja nicht etwa weg, zerstört oder sonst etwas.
Vielmehr ist ihre Zahl von 6,3 Millionen auf 5,8 Millionen gesunken, also auf den Stand von 1997.
Diese Arbeitsverhältnisse sind jetzt in ihrem Umfang und in ihrer Anwendung wieder auf ihrem Platz, dort, wo sie hingehören und sinnvoll sind, und sie wuchern nicht mehr aus. Sagen Sie doch einmal, Herr Minister, um wie viel die Lohnnebenkosten ohne diese Reform, ohne die zusätzli
chen Einnahmen aus den Sozialversicherungsbeiträgen gestiegen wären.
Auch davon hat der Mittelstand genug. 16 Jahre lang sind die Lohnnebenkosten gestiegen, jetzt sinken sie erstmals. Der Mittelstand ist froh, dass die Regierung das hinbekommen hat.
Zweitens: Bürokratieabbau. Frau Fauser hat gesagt, wir bräuchten im Land zusätzlich zu den drei Stellen, in denen Bürokratieabbau in der Verwaltung bearbeitet wird, noch eine interministerielle Gruppe, damit einmal ein bisschen etwas geht. Was ist der Unterschied zwischen Bürokratieabbau im Land und Bürokratieabbau in Berlin? Die dortige Arbeitsgruppe im Ministerium arbeitet nicht nur, sondern sie hat auch konkrete Ergebnisse vorgelegt
und an vielen Stellen ganz konkret Bürokratie abgebaut. – Herr Minister, Sie rufen: „Zum Beispiel?“ Ich habe Ihre Frage erwartet und deshalb einen Ausdruck der Internetseite mitgebracht.
Die Betriebe beklagen sich zum Beispiel über komplizierte Formulare bei den Krankenkassen. Verhandlungen der Bundesregierung – die dieses Problem aufgegriffen hat – mit den Krankenkassen haben dazu geführt, dass die Leistungsformulare vereinheitlicht worden sind, und derzeit wird in einem Modellprojekt der Einsatz neuer Technologien zwischen Arbeitgeber und Krankenkassen erprobt.
Ab Sommer 2000 können Unternehmen das Internet im Rahmen der Auskunftspflichten gegenüber dem Statistischen Bundesamt nutzen.
Drittens: Meldepflichten wurden verringert.
Das Informationsangebot wurde verbessert. Die Betriebe haben immer beklagt, dass sie über die genauen Rahmenbedingungen zu wenig Bescheid wüssten. Deswegen gibt es ab 2001 ein Info-Tool im Internet, wo alle für Existenzgründer wichtigen Regelungen zusammengefasst sind und abgerufen werden können.
Das stellt die Welt noch nicht auf den Kopf, aber diese Abteilung arbeitet erst seit einem Jahr, während der „Bürokra
tiekosten-TÜV“ des Wirtschaftsministers seit drei Jahren arbeitet. Auf ein entsprechendes „Listle“ warten wir noch.
Viertens: Befristung der Arbeitsverhältnisse. Das sei angeblich gegenüber dem Mittelstand der Knüppel aus dem Sack, wenn an dieser Regelung etwas geändert werde. Jetzt sage ich Ihnen einmal, was an Befristungen alles noch möglich sein wird: alle neu geschaffenen Stellen, alle Einstellungen frisch von der Universität oder der Ausbildung, alle Einstellungen von Beschäftigten über 58 Jahren, weiterhin alle bisher zulässigen betrieblichen Begründungen für Befristungen. Meine Damen und Herren, wer mehr will, will „hire and fire“, und das ist mit uns nicht zu haben.
Fünftens: Mitbestimmungsregelung. Herr Schuhmacher, Sie haben gesagt: „Wir als Arbeitgeber wollen selbst bestimmen, was wir an Flexibilisierung brauchen.“
Wörtlich, ich habe es mir aufgeschrieben: Wir wollen als Arbeitgeber das Ausmaß der Flexibilisierung selbst bestimmen.
Das ist nicht das Modell Deutschland, das so erfolgreich war. Was erfolgreich ist, ist ein Ausgleich zwischen den Flexibilisierungsinteressen auf der einen Seite und den berechtigten Sicherheitsinteressen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf der anderen Seite.
Ja.
Das ist richtig. Das neue Betriebsverfassungsgesetz sieht überhaupt nicht vor, in diesen Fragen von außen einzugreifen, sondern es sieht vor, dass zum Beispiel in Fragen des betrieblichen Umweltschutzes der Betriebsrat gehört werden
muss. Es sieht nicht vor, dass von außen jemand sagt, was gemacht werden muss,
sondern dass dort, wo es nicht selbstverständlich funktioniert – natürlich ist es selbstverständlich, dass eine Firma in diesen Fragen sowieso den Betriebsrat hört –, der Betriebsrat gehört werden muss. Das ist das Gegenteil von „von außen hineinregieren“. Die Kompetenz, die im Betrieb, die bei den Beschäftigten steckt, soll auch genutzt werden.
Abschließend möchte ich noch sagen: Das Land BadenWürttemberg möchte eine Bundesratsinitiative gegen dieses Mitbestimmungsgesetz machen. Nun kommen aber vom Arbeitnehmerflügel der CDU schon sehr viele positive Signale. Es könnte sein, der Ministerpräsident steht eines Morgens mit seiner Bundesratsinitiative wieder allein da; die anderen haben dann schon zugestimmt.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Mittelstandsenquete hat in eineinhalb Jahren eine Fülle von Reformvorschlägen und Innovationsimpulsen erarbeitet. Es hat sich gezeigt, dass wir auch in Baden-Württemberg nicht im Land der Seligen leben. Hier gibt es eine ganze Reihe von Verkrustungen und von Reformbedarf. Ich denke, es gibt auch eine ganze Reihe von Dingen, die der Wirtschaftsminister hier in diesem Land noch deutlich besser machen kann.
Das Problem dieser Enquete hat sich allerdings zum Schluss gezeigt. Von den vielen gemeinsamen Empfehlungen sind am Schluss im 10-Punkte-Votum von CDU und FDP/DVP nur noch vage Überschriften übrig geblieben, nur noch Andeutungen und auf gar keinen Fall mehr etwas Konkretes, nichts, von dem man in einem Jahr einmal sagen könnte: Haben Sie es denn auch umgesetzt, Herr Minister?
Ich will dafür einmal Beispiele nennen.
Erstens: die Innovationspolitik, die auch den Mittelstand einbezieht. Das Handwerk in Baden-Württemberg hat unmissverständlich gefordert, dass es bei den Zukunftsinvestitionsprogrammen, die jetzt durch die Privatisierungserlöse anstehen, beteiligt wird, und zwar in der Form, dass es Projekte bei der Markteinführung und bei der Anwendung der Forschungsergebnisse gibt. Das hat die Enquete einstimmig empfohlen, aber in den 10-Punkte-Katalog von CDU und FDP/DVP ist das nicht mehr übernommen worden. Das war schon zu konkret. Das hätte man ja nachher umsetzen können.
Zweitens: Verbesserungen bei der Aus- und Weiterbildung. Hier hat die Enquete einstimmig die verstärkte Förderung der Verbundausbildung gefordert; ganz wichtig für kleine Betriebe, ganz wichtig für Betriebe mit ausländischen Inhaberinnen und Inhabern. Aber auch diese Forderung war zu konkret, als dass sie in den 10-Punkte-Katalog von CDU und FDP/DVP aufgenommen worden wäre.
Weiteres Beispiel: Einstimmig beschlossen wurde die bessere Förderung der regionalen Arbeitsgemeinschaften für berufliche Weiterbildung. Es wurde deutlich, dass bei der beruflichen Weiterbildung noch sehr viel unkoordiniert läuft, sehr viel nebeneinander herläuft und dass das Weiterbildungsangebot gerade nicht bedarfsgerecht auf die kleinen und mittelständischen Betriebe zugeschnitten ist. Aber die konkrete Forderung, von der Enquete einstimmig erhoben, hier auch mehr Geld in die Hand zu nehmen, steht im 10-Punkte-Katalog nicht mehr drin. Da steht dann nur noch ganz allgemein drin, wie wichtig die Weiterbildung ist. Das hätte man auch ohne Enquete sagen können. Wichtig ist, zu sagen, was man konkret machen soll. Vor allen konkreten Beschlüssen haben Sie sich am Schluss gedrückt und gefürchtet.
Ich weiß nicht, woher die Zensur letztlich kam. Gemeinsam haben wir die Forderungen auf der fachlichen Ebene noch miteinander festgestellt. Dann sind Sie in die Fraktionsberatungen gegangen, und dann kam mehr oder weniger heiße Luft zurück. Das finde ich ausgesprochen schade.
Auch in einem weiteren Punkt ist es uns so gegangen: im Bereich Weiterbildung. Die Enquete fordert gemeinsam, dass die ESF-Mittel, die Weiterbildungsmittel aus dem Eu
ropäischen Sozialfonds, vom Land auch kofinanziert werden, dass hier genügend Geld bereitgestellt wird; eine ganz wichtige Forderung im Bereich der Qualifizierung. Das steht auch nicht mehr im 10-Punkte-Katalog.
Drittens zu einem Thema, das sich wie ein roter Faden durch die Anhörungen zog: besserer Service für den Mittelstand durch bessere Zusammenarbeit in den Regionen. Der Förderwirrwarr und die Unkenntnis über bestehende Programme haben deutlich gemacht, dass es nicht darum geht, noch einmal und noch einmal und noch einmal ein kleines Progrämmchen für den Mittelstand aufzulegen, sondern dass es darum geht, für den Mittelstand den Zugang zu Informationen, Forschungsergebnissen, Beratungsangeboten und Qualifizierungsmöglichkeiten zu verbessern. Das funktioniert überall dort, wo alle Beteiligten, wo alle, die mit dem Mittelstand zu tun haben, in der Region miteinander kooperieren. Dort, wo der Mittelstand in regionale Netzwerke eingebunden ist, ergeben sich Synergien, Standortvorteile und neue Möglichkeiten für den Mittelstand.
Wirtschaftsförderung aus einer Hand und regionale Anlaufstellen haben sich als Lösungsvorschläge geradezu aufgedrängt. Also hat die Enquetekommission einstimmig beschlossen: regionale Anlaufstellen, One-stop-Agencies überall in den Regionen. Im 10-Punkte-Katalog ist davon nichts mehr zu finden. Da steht dann noch, man solle die Stärken stärken; die Regionen gebe es auch, und diese seien auch wichtig. Aber zu dem, was dann gemacht werden muss, nämlich ein regionales Förderprogramm: Fehlanzeige.
Wir Grünen haben deswegen einen Katalog aufgestellt, einen abweichenden 10-Punkte-Katalog, ein Sofortprogramm von Maßnahmen, die wirklich umgesetzt werden können. Dies ist jetzt Teil des Abschlussberichts, und darin steht all das, was wir gemeinsam erarbeitet haben – zum Teil auch auf grüne Empfehlungen hin. Darin steht das, was im Land konkret gemacht werden soll. CDU und FDP/ DVP waren dort konkret, wo sich die Aussagen an die Berliner Adresse richten. Dort waren sie mutig, dort haben sie die Muskeln angespannt und kritisiert. Es ist ja auch leicht, konkret zu sein, wenn man selbst nicht zuständig ist.
Ich will auch noch eine Ausführung zu den Rahmenbedingungen machen: Während die Enquetekommission gearbeitet hat, haben sich die Rahmenbedingungen für den Mittelstand ganz deutlich verbessert. Mittlerweile wurde nämlich die Steuerreform verabschiedet.
Das, was die Betriebe am Anfang gefordert haben, nämlich Steuerentlastung, ist in großem Umfang jetzt beschlossen. 30 Milliarden DM allein für den Mittelstand: Herr Capezzuto hat es gesagt.
Die 30 Milliarden DM sind eine Nettoentlastung, und die Gegenfinanzierung ist eingerechnet. Lesen Sie es im Be
richt nach, Herr Kurz. Wir haben dort die Details aufgeführt.
Zweitens, eine wichtige Forderung: Die Gewerbesteuer ist in ihrer Kostenwirkung für die Betriebe abgeschafft. Das ist eine ganz wichtige Erleichterung für die mittelständischen Betriebe.
Sie zahlen keine Gewerbesteuer mehr, weil sie bei der Einkommensteuer angerechnet wird.
Eine Forderung, die immer wieder vorgebracht wurde und der jetzt entsprochen worden ist, ist die nach hohen Freibeträgen bei der Betriebsveräußerung. Der Mittelstand hat inzwischen die Rahmenbedingungen, die er zu Beginn der Arbeit der Enquetekommission eingefordert hat, meine Damen und Herren.
Ein weiterer Strukturvorschlag, den wir Grünen in die Enquetekommission eingebracht haben, besteht darin, effiziente Wirtschaftsförderstrukturen im Land einzuführen. Unter dem Motto „Schnittstellen statt Parallelstrukturen“ wollen wir eine grundlegende Reform des Landesgewerbeamts. Das Landesgewerbeamt soll nicht der verlängerte Arm einer Behörde sein, nicht wie eine Außenstelle des Wirtschaftsministeriums arbeiten. Es soll eine effiziente Wirtschaftsfördergesellschaft werden, vergleichbar mit der Wirtschaftsfördergesellschaft in der Region Stuttgart.
Ich denke, das wäre eine konkrete Forderung gewesen, die der Minister hätte umsetzen müssen. So bleibt die jetzt nur aufgenommene Forderung – weiterentwickeln, Servicehotlines einrichten – viel zu vage.
Noch ein abschließendes Wort zu den Regionen. Wir Grünen haben uns bestätigt gesehen in unserem Ansatz, die Wirtschaftsförderung viel stärker zu regionalisieren. Die Regionen im Land müssen dabei unterstützt werden, ihren jeweils eigenen Weg bei der Netzwerkbildung zu gehen. Es darf nicht sein, dass die Region Stuttgart ihre Stärken besonders gut entfalten kann, weil die Region verfasst ist und eine Wirtschaftsfördergesellschaft hat, während anderen Regionen die Strukturen dazu fehlen.
Diese regionalen Anlaufstellen wären eine wichtige Hilfe für die einzelnen Regionen, ihre Wirtschaftsförderstrukturen weiterzuentwickeln. Aber ich glaube, dass dieser Gedanke deswegen nicht in den Abschlusskatalog Eingang gefunden hat, weil es in der CDU eine Art Angst oder ein Zurückweichen vor dem Begriff Regionen gibt.
Da klingt Strukturreform mit. Das wäre eine Innovation, die tatsächlich an den Strukturen im Land etwas ändern würde.
Diesen Schritt sind Sie einfach nicht gegangen. Es soll alles so bleiben, wie es ist. Ansonsten haben Sie in Sachen Rahmenbedingungen aus Berlin einfach Parteipolitik pur gemacht. Deswegen gab es keinen gemeinsamen Abschlusskatalog.
Herr Döring, es ging darum, einen Teil der Privatisierungserlöse in der Zukunftsoffensive für Projekte mit dem Handwerk – zur Anwendungsforschung und zur Begleitforschung für die Markteinführung der Produkte – zu reservieren. Das haben wir in Übereinstimmung mit dem Handwerk in der Enquetekommission gefordert. Im Moment sieht es so aus, als würde die nächste Zukunftsoffensive in dieser Frage am Handwerk vorbeigehen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das Mittelstandsförderungsgesetz setzt den Rahmen, der dann durch konkrete Wirtschaftspolitik ausgefüllt werden muss. Da jetzt am Ende der Legislaturperiode erst der Rahmen neu abgesteckt wird, steht fest: Aus dem in der Koalitionsvereinbarung stehenden ursprünglichen Ziel, die Mittelstandsförderung neu zu ordnen, wird in dieser Legislaturperiode nichts mehr werden. Schade eigentlich. Ein besserer Service für den Mittelstand und eine Konzentration der Wirtschaftsförderung auf die Regionen wären ein spannendes und lohnendes Ziel gewesen.
Jetzt müssen wir uns mit der Anpassung des Mittelstandsförderungsgesetzes aus dem Jahr 1975 begnügen.
Fazit vorweg: Wir stimmen dem Gesetzentwurf zu, trotz der Kritikpunkte, die wir daran haben.
Wir bedauern, dass unsere Änderungsvorschläge in den Ausschussberatungen nichts mehr bewirken konnten, aber insgesamt ist das Gesetz von der Tendenz her für uns zustimmungsfähig.
Die wichtigste Bestimmung im neuen Gesetz ist die Änderung des Vergaberechts. Die VOB gilt künftig auch für öffentliche Auftraggeber, wenn sie in privater Rechtsform organisiert sind. Wir haben uns in der Enquete auch ausdrücklich für diese Regelung eingesetzt.
Nach Auffassung der Grünen-Fraktion soll die VOB auch bei Investorenmodellen so geregelt werden, dass sie nicht das gewollte Schlupfloch aus den Vergaberegelungen werden kann. Leider möchte sich das Land für seine eigenen Bauvorhaben diese Hintertür offen lassen. Warum eigentlich, Herr Wirtschaftsminister, konnten Sie, wenn Sie so von der Sinnhaftigkeit der VOB überzeugt sind, nicht auch Ihren Finanzminister davon überzeugen, dass die Vergaberegelungen bei den Investorenmodellen grundsätzlich angewendet werden sollen?
Nun noch ein Wort zu den von den Regierungsfraktionen so gescholtenen sozialen Vergabekriterien:
Es ist bedauerlich, dass wir Grünen nicht erreichen konnten, dass zum Beispiel eine Tariftreueerklärung zur Vergabevoraussetzung wird. Das wäre eine unbürokratische
Möglichkeit gewesen, die Bauunternehmen vor der Konkurrenz mit Dumpinglöhnen zu schützen.
Wer marktwirtschaftliche Anreize für erwünschtes unternehmerisches Verhalten setzen kann, sollte darauf nicht verzichten.
Wir aber schon. – Ich will jetzt noch einmal auf § 1 Abs. 2 eingehen, zu dem ich schon in der ersten Lesung einiges gesagt habe. Dort heißt es – Zitat – , „die Vermeidung, erforderlichenfalls der Abbau von Vorschriften, die Investitionen.. hemmen“, sollte eine vordringliche Aufgabe sein. Dieser Satz ist so allgemein formuliert, dass er zwar keinen Schaden anrichtet, aber solche undifferenzierte Plattheiten sollten nicht in einem Gesetz stehen.
Wenn es, Herr Wirtschaftsminister, in Baden-Württemberg Regeln und Vorschriften gibt, die ausschließlich den Zweck verfolgen, Investitionen zu hemmen, dann frage ich mich, wieso wir erst auf ein Mittelstandsförderungsgesetz warten müssen, um solche Vorschriften abzuschaffen. Machen Sie es; wir sind dabei!
Wenn die Regeln aber wichtige Schutzfunktionen für Mensch und Umwelt wie Wasserschutz, Lärmschutz und Naturschutz haben, dann können sie nicht einfach abgeschafft werden, auch dann nicht, wenn sie im einen oder anderen Fall investitionshemmend sind.
Die Formulierung im Gesetz konstruiert hier einen Gegensatz zwischen Standards auf der einen Seite und Investitionen auf der anderen Seite. Es ist aber doch längst belegt, meine Damen und Herren, dass Standards auch Anreize für Investitionen sind, für neue Produkte, für neue Technologien, für neue Dienstleistungen. Es gibt keinen Gegensatz „entweder Vorschriften oder Investitionen“, und die Wirtschaft ist hier auch schon viel weiter. In vielen konkreten Entwicklungen hat sie diesen Gegensatz doch vielfach schon überwunden. Sie macht uns längst vor, wie Ökonomie und Ökologie gemeinsam buchstabiert werden können. Längst gibt es in allen Branchen konkrete Ansätze, und es wäre Ihre Aufgabe, Herr Minister, mit Ihrer Wirtschaftspolitik in Baden-Württemberg die politischen Rahmenbedingungen dafür zu setzen, dass diese innovativen Unternehmen in unserem Land auch erfolgreich sein können.
Wir Grünen fordern deshalb, einen neuen § 6 in das Gesetz aufzunehmen, der lautet:
Bei den Fördermaßnahmen aufgrund dieses Gesetzes wird der integrierte und vorsorgende Umweltschutz besonders berücksichtigt....
Mit einem solchen Passus wäre das Gesetz wirklich auf der Höhe der Zeit, denn wir müssen bei der Wirtschaftspolitik die Umwelt immer und von Anfang an mitbedenken.
Das würde das Land zukunftsfähig machen, jedenfalls mehr als jede undifferenzierte Deregulierungsrhetorik.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Im Betreff der Aktuellen Debatte weisen Sie, meine Damen und Herren von der CDU, ausdrücklich auf die Bedeutung der aktiven Arbeitsmarktpolitik hin. Wir haben darüber einen erfreulichen Konsens. Wenn Sie das auch immer dann tun, wenn die Wirtschaft gegen den so genannten zweiten Arbeitsmarkt polemisiert
und wenn Arbeitgeberverbände wie gerade Anfang dieser Woche wieder fordern, bei der aktiven Arbeitsmarktpolitik zu kürzen, wenn Sie dann mit uns zusammen hinstehen, dann haben wir eine erfreuliche Gemeinsamkeit.
Ich möchte aber aus Ihrer Begründung einen Satz vorlesen, der nicht unwidersprochen stehen bleiben kann:
Die tief greifende Trendumkehr im Südwesten ist trotz der Verschlechterung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen durch die Bundesregierung erfolgt; weitere Verschlechterungen stehen akut an.
Ich habe auf das Datum geschaut, ob das vom 11. 11., 11:11 Uhr stammt. Es war aber ernst gemeint. Dieser Satz kam zur gleichen Zeit auf mein Pult, zu der das Jahresgutachten des Sachverständigenrates herauskam. Herr Haas, Sie sagen, der Aufschwung liege in Ketten. Ich sage Ihnen jetzt einmal die Überschrift des Sachverständigenratsgutachtens: „Chancen auf einen höheren Wachstumspfad“.
Wann wurden in den letzten zehn Jahren die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen so gut bewertet wie in diesem
Sachverständigenratsgutachten? Es muss Sie einfach wurmen, dass die CDU für Reformstau steht, während die rotgrüne Bundesregierung für das Ende dieses Reformstaus und für gute Rahmenbedingungen steht.
Ich weiß ja, dass Sie es mir nicht glauben und dass Sie es sich von mir auch nicht gerne sagen lassen. Deswegen trage ich Ihnen jetzt einmal
ich muss ja richtig gegen Sie anreden, Frau Blank – einen Blick aus dem Ausland auf unseren Wirtschaftsstandort vor. Am 17. November heißt es bei dpa:
Deutschland wird durch die Steuerreform in den Augen französischer Unternehmer auf einen Schlag zum attraktivsten Wirtschaftsraum in Europa.
Während Deutschland bislang den vorletzten Platz belegt habe, werde es bis zum Jahr 2003 sprunghaft nach vorne rücken und Großbritannien vom Spitzenplatz verdrängen, sagt der Präsident des französischen Arbeitgeberverbandes MEDEF.
Dieser Arbeitgeberverband hat seiner Studie alle europäischen Länder und jeweils die Unternehmensteuern, die Mehrwertsteuer, das Erbrecht und die Besteuerung der Kapitalerträge zugrunde gelegt. Was wollen Sie mehr als in Sachen Rahmenbedingungen auf Platz 1 sein?
Sie behaupten, die Wirtschaft sitze seit zwei Jahren auf gepackten Koffern und könne es kaum erwarten, dieses Land zu verlassen. Ich sage Ihnen, dass das einströmende Investivkapital größer ist als je zuvor in den letzten zehn Jahren.
Sie müssen sich ein Weiteres anhören. Sie sagen immer, die Berliner Politik lege der Wirtschaft nur Steine in den Weg. Die Steine aus Berlin sind Bausteine einer erfolgreichen Wirtschaftspolitik.
Dazu gehört ausdrücklich auch – ich will dies betonen –, die Interessen der Beschäftigten zu berücksichtigen. Schutz vor Scheinselbstständigkeit, Kündigungsschutz, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und Mitbestimmung
sind nicht die Knüppel aus dem Sack für die Wirtschaft, sondern Bestandteile der sozialen Marktwirtschaft, für die Sie auch einmal gestanden sind, meine Damen und Herren von der CDU.
Ich will jetzt noch auf einen Punkt der aktiven Arbeitsmarktpolitik hinweisen, die in Baden-Württemberg durchaus betrieben wird und auch ihre Erfolge hat; dies wollen wir auch anerkennen. Es gibt hier bundesweit noch viel zu tun. Es gibt auch landesweit noch etwas zu tun, aber ich will einmal einen Punkt nennen, wo wir schlechter sind als der Bundesdurchschnitt, weil wir ja immer so gern vergleichen.
Im Bundesdurchschnitt beträgt der Anteil der ausländischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zwischen 18 und 25 Jahren an der Gesamtarbeitslosigkeit 24 %, bei uns sind es 34 %. Wir haben ein Integrationsdefizit. Diese Gruppe tut sich schwer am Arbeitsmarkt. Hier können wir noch etwas tun.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir anerkennen, Herr Keitel, dass die Landesregierung in den nächsten Jahren ihre selbst gesteckten Ziele im Bereich der ÜBA erreichen will. Wir müssen aber feststellen, dass sie in den letzten fünf Jahren weit, weit unter der selbst aufgelegten Messlatte durchgelaufen ist. Der Wirtschaftsminister hat immer gesagt, dass wir pro Jahr etwa 10 Millionen DM bräuchten.
Wenn wir Jahre hatten, in denen es 2 Millionen DM, 5 Millionen DM oder auch einmal 7 Millionen DM waren, dann bedeutet das, dass wir jetzt eine Zeit hinter uns haben, in der wir quasi eine Art Modernisierungsstau haben auflaufen lassen. Im regulären Haushalt sind noch Mittel in der Größenordnung von 1 Million DM enthalten. Das heißt, wenn es je eine Panne mit den Privatisierungserlösen geben sollte, dann wird das für die Modernisierung der überbetrieblichen Ausbildungsstätten eine Katastrophe.
Das bedeutet: Stellen Sie doch einen soliden Teil in den regulären Haushalt ein, und dokumentieren Sie damit, dass Sie eine Grundfinanzierung, ein Minimum aus dem regulären Haushalt leisten wollen; denn die überbetrieblichen Einrichtungen sind ja nicht dazu da, die Auszubildenden aus den Betrieben abzuziehen oder den Betrieben zu unterstellen, dass sie das nicht richtig könnten oder nicht modern ausgestattet seien. Für kleine Betriebe mit zwei oder drei Leuten wäre es aber ein Unsinn, wenn sie die ganze Palette an modernen Geräten und Betriebsmitteln vorhalten müssten. Es ist schon ein Vorteil, wenn jemand, der in einem kleinen Betrieb ausgebildet wird, in den überbetrieblichen Einrichtungen alles lernt, was man in dem Beruf können muss.
Deswegen sind die überbetrieblichen Ausbildungen ganz wichtig, um die kleinen Betriebe ausbildungsfähig und ausbildungswillig zu halten; sonst sind sie nämlich überfordert, und dann hören sie auf damit. Dann hätten wir allesamt nichts davon.
Wir hatten in den letzten Jahren zwei Probleme hier im Land zu verzeichnen: Die ausgewiesenen Mittel waren durchweg zu wenig, und sie waren nicht mehr im regulären Haushalt und sind von daher nicht genügend abgesichert.
Wir fordern daher die Landesregierung auf, die überbetriebliche Ausbildung im Land wichtig zu nehmen, ihren Beitrag für die Ausbildung junger Menschen anzuerkennen und sie entsprechend finanziell abzusichern.
Herr Justizminister, was ist nach Ihrem Sprachgebrauch ein Schwulengesetz?
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist unbestritten: Ein Mittelstandsförderungsgesetz, das aus dem Jahr 1975 stammt, muss aktualisiert werden. Es muss neueren Entwicklungen und neuen Herausforderungen angepasst werden. In groben Zügen wird der vorgelegte Entwurf zum neuen Mittelstandsförderungsgesetz dieser Anforderung gerecht. In Einzelpunkten haben wir allerdings Kritik.
Gleich vorweg: Ein Mittelstandsförderungsgesetz schafft aber nur den Rahmen für bedarfsgerechte Förderstrukturen. Es kann nur der Anfang und nicht das Ende der notwendigen Reformen der Mittelstandspolitik in Baden-Württemberg sein. Das Ziel einer möglichst effektiven und zielgenauen Mittelstandsförderung ist damit noch lange nicht erreicht.
Mittelstandsförderung, meine Damen und Herren, brauchen wir ja nicht deshalb, weil der Mittelstand im Land schwächelt oder aufgepäppelt werden muss. Im Gegenteil, wir brauchen ein Mittelstandsförderungsgesetz, um den Mittelstand in seinen Stärken zu stärken.
Es geht darum, den fairen Wettbewerb für den Mittelstand zu sichern, damit er seine Innovationskraft erhalten kann. Es gibt größenbedingte Nachteile dieser kleinen und mittelständischen Betriebe im Wettbewerb, die durch geeignete Instrumente der Mittelstandspolitik ausgeglichen werden müssen. Der unregulierte Markt ist eben nicht automatisch ein fairer Markt.
Mittelständische Betriebe haben zum Beispiel keine eigenen Forschungseinrichtungen. Sie brauchen deshalb Unterstützung beim Technologietransfer und bei der Anwendungsforschung. Sie haben keine eigene Exportabteilung und brauchen deswegen Unterstützung beim Zugang zu Auslandsmessen. Sie können die Anforderung „Alles aus einer Hand“ in der Regel schlechter erfüllen und brauchen deswegen geeignete Unterstützung bei der Kooperation.
Diesen Anforderungen trägt der vorliegende Entwurf des Mittelstandsförderungsgesetzes Rechnung.
Eine wichtige Neuerung und eine von uns oft gestellte Forderung ist es, dass die freien Berufe im sozialen Bereich und im Gesundheitsbereich mit aufgenommen werden sollen. Damit wird für Baden-Württemberg endlich das Potenzial anerkannt, das in den freien Berufen im Gesundheitsbereich und im sozialen Bereich steckt.
Die zentrale Aussage des Gesetzentwurfs bezieht sich auf die Änderung des Vergaberechts. Hierzu wurden in der Mittelstandsenquete die entsprechenden Empfehlungen verabschiedet, die nun im Gesetz umgesetzt werden sollen.
Die Anwendung der VOB auch bei kommunalen Unternehmen in privater Rechtsform ist gut für den Mittelstand und – das betone ich – gut für die Kommunen. Sie sichert faire Wettbewerbschancen für den Mittelstand durch Vergabe in Fach- und Teillosen. Sie wirkt Günstlingswirtschaft entgegen, ist transparent und in aller Regel nicht teurer. Es ist auch für die Kommunen von Vorteil, wenn es nicht nur einige wenige große Bauunternehmen gibt, sondern eine Vielzahl kleiner, miteinander im Wettbewerb stehender Unternehmen.
Allerdings hat die vorgesehene Form des Vergaberechts aus unserer Sicht den entscheidenden Makel, dass Ausbildungsbereitschaft, Frauenförderung und Tariftreue bei der Vergabe in Baden-Württemberg auch künftig nicht positiv bewertet werden dürfen.
Nun möchte ich eine Anmerkung zu § 1 Abs. 2 machen. Herr Mehrländer hat dies als Programmsatz bezeichnet. Ich würde es eher als platte Ideologie bezeichnen. Ich bin der Meinung, dass diese Aussage so wenig komplex und so undifferenziert ist, dass ich mich frage, wie sie in den Entwurf eines sonst guten Mittelstandsförderungsgesetzes hineingeraten ist.
Es geht um die Rahmenbedingungen für die mittelständische Wirtschaft. Wir teilen die Auffassung, dass sie ein wichtiger Aspekt sind. Aber die gesamte Standortdebatte wird hier auf die beiden Begriffe Deregulierung und Privatisierung verengt. Es gibt aber weit mehr wichtige Standortfaktoren, zum Beispiel Qualifizierung oder Infrastruktur. Darüber wird kein Wort verloren. Außerdem ist längst klar: Es gibt gute und schlechte Regelungen; es gibt sinnvolle wirtschaftliche Betätigungen der Kommunen, und es gibt Auswüchse. Falls es in Baden-Württemberg Vorschriften gibt, die keinen anderen Sinn haben, als Investitionen zu hemmen, dann schaffen Sie sie ab. Wir sind dabei.
Aber so einfach liegen die Dinge in der Regel eben nicht. Es ist zum Beispiel längst belegt, dass es sinnvolle Umweltstandards gibt, obwohl sie an der einen oder anderen Stelle eine Investition hemmen. Zugleich provozieren sie aber das Beschreiten neuer technologischer Pfade, und es werden wiederum neue Dienstleistungen entwickelt. In manchen Regulierungen steckt also gerade auch ein Innovationspotenzial.
Gewässerschutz ist beides: innovationsfördernd und innovationshemmend. Lärmschutz in Wohngebieten ist natürlich eine Regulierung, aber sie dient der Gesundheit. Wir Grünen sind sofort dabei, unsinnige Vorschriften abzubauen und zu vermeiden. Aber wir wollen sinnvolle Standards erhalten. Das müsste auch im Gesetz seinen Niederschlag finden.
Ich will es ganz deutlich sagen: Die Deregulierungs- und Privatisierungsfahne, die Sie in diesem Gesetzentwurf hissen, ist eine ideologische Duftmarke, die für die Praxis untauglich ist. Trotz dieses Ausrutschers in § 1 Abs. 2 bewerten wir Grünen den Gesetzentwurf insgesamt als positiv.
Der heute vorgelegte Entwurf muss jedoch der Anfang einer sinnvollen Neustrukturierung der Mittelstandsförderung sein. Die Enquetekommission wird dazu weit reichende Vorschläge machen. Als Ausblick darauf, was nun im Land folgen muss, möchte ich einen Aspekt nennen: Wir Grünen werden unser Augenmerk ganz besonders darauf richten, dass die Eigenarten der unterschiedlichen Wirtschaftsregionen im Land gestärkt und die regionalen Netzwerke gefördert werden.
Eine Stärkung der Regionen und der regionalen Kooperationen nützt vor allem dem Mittelstand. Hier sehen wir noch eine ausgesprochene Zögerlichkeit, vor allem bei der CDU. Wir fordern, diese Zögerlichkeit abzulegen und die Regionen als bedeutende Ebene stärker in den Blick zu nehmen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Anwendung der VOB immer dann, wenn öffentliche Aufgaben wahrgenommen werden, ist gut für den Mittelstand und gut für die Kommunen. Die Anwendung der VOB unabhängig von der Rechtsform bietet Rechtssicherheit, sichert faire Chancen für den Mittelstand, wirkt Günstlingswirtschaft entgegen, fördert die Vergabe in Teil- und Fachlosen, und diese Transparenz und Sicherheit wirken nicht preissteigernd, denn Qualität zahlt sich aus.
Die Empfehlungen stellen klar: Der wirtschaftliche Druck, dem die Kommunen aufgrund veränderter wettbewerblicher Rahmenbedingungen ausgesetzt sind, darf nicht auf den Mittelstand abgewälzt werden. Die Spielregeln sollen künftig so gestaltet sein, dass kleinere und mittlere Unternehmen gegenüber großen nicht benachteiligt sind. In der Langfristperspektive ist es auch im Interesse der Kommunen und des Landes, anstelle einiger großer Bauunternehmen eine Vielzahl qualifizierter Betriebe zu haben. Alle Erfahrung zeigt: Der Beitrag der kleinen und mittleren Unternehmen zur Schaffung von Arbeitsplätzen ist überproportional hoch. Das Gleiche gilt für die Ausbildungsplätze. Zudem werden im Mittelstand in Krisenzeiten die Arbeitsplätze weniger schnell abgebaut. Wir wissen also: Mittelstandsförderung ist damit gleichzeitig aktive Beschäftigungspolitik.
Deshalb sind wir Grünen auch über die gemeinsamen Empfehlungen hinausgegangen und fordern, dass die VOB-Bindung auch auf Investorenmodelle ausgedehnt wird. Es war unverständlich, dass hierbei die Regierungsfraktionen nicht mitgegangen sind. Unserer Meinung nach heißt es: Investorenmodelle sollen nicht das vom Land gewollte Schlupfloch aus der VOB-Bindung werden.
Nun eine Bemerkung zu den gemeinsam empfohlenen Ausnahmen von der Regel. Die Regelungen sollen nämlich nicht über das Ziel hinausschießen und nicht härter und damit unter Umständen komplizierter und unpraktikabler werden als bei Großaufträgen oberhalb des EU-Schwellenwerts. Die Befreiungen, die uns wichtig waren, betreffen die Dienstleistungen, insbesondere im Energiebereich und bei Verkehrsleistungen. Damit ist klar: Ein Stadtwerk kann ohne die öffentlichen Vergaberegeln Strom einkaufen, der Bau von Anlagen und von Verwaltungsgebäuden muss aber der VOB unterliegen. Wer Ausnahmen schafft, muss allerdings auch dafür sorgen, dass diese nicht zementiert werden und an der Praxis vorbeigehen. Deshalb müssen sie in regelmäßigen Abständen überprüft werden. In dem neuen Mittelstandsförderungsgesetz sollte auch ein Verfahren der Gesetzesfolgenabschätzung und der Mittelstandsverträglichkeit verankert werden.
Nun zu den grünen Zielen, die keine Mehrheit fanden. Mit den Überlegungen zu sozialen Vergabekriterien blieben wir zusammen mit der SPD leider in der Minderheit. Bei öffentlich vergebenen Aufträgen muss unserer Meinung nach die Firma nicht nur billig, sondern auch gut sein. Gut heißt zum einen fachlich leistungsfähig. Gut heißt zum an
deren auch, sich an geltendes Tarifrecht zu halten, junge Menschen auszubilden und Frauen angemessene Berufschancen zu bieten.
Die öffentlichen Auftraggeber sind nicht nur dem Mittelstand verpflichtet, sondern können auch dazu beitragen, Ausbildungsbereitschaft und Frauenförderung zu erhöhen. Wir sind der Meinung, dass der, der marktkonform Unternehmenspolitik beeinflussen kann, dies auch tun sollte, zumal Frauenförderung und Ausbildung von Lehrlingen auch den Unternehmen zugute kommen. Deshalb wollen wir Grünen folgende Regelung im Vergaberecht sehen – dafür werden wir weiter streiten –: Betriebe, die gegen die Tariftreue verstoßen, sollen eine Zeit lang von der Vergabe öffentlicher Aufträge ausgeschlossen werden, und Betriebe, die sich durch hohe Ausbildungsbereitschaft und Frauenförderung auszeichnen, sollen – ich bitte das zu beachten – bei gleichem Gebot, wenn sie also gleich teuer sind, bevorzugt werden; denn wenn sie gleich teuer sind, sind sie für die Wirtschaft, für die Gesellschaft und für die Kommunen besser.
Unter dem Vorwand, diese Regelung sei kompliziert – dieser Vorwand trifft überhaupt nicht zu; das sind Scheinargumente –, haben Sie dies abgelehnt, und nun können sich im Land weiterhin Firmen, die Dumpinglöhne zahlen und nicht ausbilden, Vorteile bei öffentlichen Ausschreibungen verschaffen. Wir wollen umgekehrt, dass vorbildliche Betriebe auch zusätzliche Vorteile bei der Vergabe bekommen, wenn sie gleich teuer sind. Deshalb wollen wir ein Landesvergabegesetz, welches die Spielräume auch für soziale Kriterien nutzt.
Noch zu einem nahe liegenden Gedanken, der leider keine Mehrheit fand, nämlich dem verbesserten Rechtsschutz. Der Mittelstand will nicht gefördert, sondern fair behandelt werden. Er braucht Rechtsklarheit und Sicherheit und möchte auch im Konfliktfall seine Interessen durchsetzen können. Deswegen haben wir uns dafür eingesetzt, zu prüfen, wie der Rechtsschutz, der derzeit oberhalb der Schwellenwerte gültig ist, auch unterhalb der Schwellenwerte wirksam werden kann. Besserer Rechtsschutz stärkt die Position der Betriebe gegenüber den Auftraggebern.
So weit unsere abweichenden Voten.
Abschließend möchte ich hervorheben, meine Damen und Herren: Die Empfehlungen der Enquetekommission müssen nun so in Gesetzesform gegossen werden, dass auch die Vergabepraxis mittelstandsfreundlich wird. Deshalb werden wir Grünen kritisch verfolgen, wie der Gesetzestext genau lautet und ob die Intention der Empfehlungen damit auch umgesetzt wird.
Abschließend möchte ich mich ausdrücklich dem Dank an die Verwaltung und an Frau Dr. Buschmann anschließen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Stimmung im Einzelhandel ist nach wie vor angespannt. Das hat handfeste Ursachen. Meine Vorrednerin und meine Vorredner haben es schon aufgezählt, deswegen sage ich es stichwortartig: schwache Renditen, geringes Umsatzwachstum, anhaltender Beschäftigungsabbau, harter Preiswettbewerb und vor allem die Expansion in die Fläche. Was auf der grünen Wiese passiert, ist genau das, was dem Einzelhandel die großen Schwierigkeiten bringt. Der Einzelhandel braucht bessere Rahmenbedingungen.
Auf der steuerpolitischen Seite ist das Nötige jetzt passiert. Der Wirtschaftsminister, der sich ja immer eher die Haare darüber gerauft hat,
was in Berlin alles Schreckliches für die Wirtschaft passiert,
hat sich sehr schnell damit abgefunden oder – wie ich sagen möchte – damit angefreundet, was jetzt in Berlin als Steuerreform verabschiedet worden ist.
Der Handel wird das zu spüren bekommen. Ich denke, jetzt, wo die Schlacht geschlagen ist und die Debatten, wie die steuerlichen Rahmenbedingungen aussehen werden, zu Ende sind, ist Zeit und Kraft vorhanden, Herr Minister, die landespolitischen Hausaufgaben zu machen. Denn die Rahmenbedingungen, die für den Handel wichtig sind, sind auch planerische Vorgaben.
Herr Schmiedel hat es angesprochen: Der Landesentwicklungsplan muss endlich verabschiedet werden, um den Druck von der Fläche zu nehmen und um den Regionen die Möglichkeit zu geben, die Entwicklung mit Einzelhandelskonzepten zu kanalisieren. Die Region Stuttgart ist hierbei wegweisend vorangegangen. Ich habe heute Morgen in der Zeitung gelesen, dass sich die Regierungskoalition daranmachen will, jetzt auch anderen Regionen die nötigen planerischen Kompetenzen zu geben –
spät, aber dennoch, möchte ich sagen. Denn für uns Grüne heißt die Devise schon lange – was auch für den Einzelhandel wichtig ist –: mehr Region wagen, mehr Kompetenzen in die Regionen, damit dort die Flächenentwicklung für den Einzelhandel mit regionaler Kompetenz und in regionaler Zusammenarbeit sinnvoll kanalisiert werden kann.
Es geht nicht nur um den Landesentwicklungsplan und darum, den Regionen mehr Kompetenzen zu geben. Es gibt noch weitere Möglichkeiten, die das Land hat. Der Wirtschaftsminister sollte die Vorschläge des Weißbuchs Handel der EU-Kommission aufgreifen und dafür sorgen, dass er mit innovativen Projekten Strukturfondsmittel für den Handel einsetzen kann.
Das gilt beispielsweise für einen Best-Practice-Katalog über flexible Arbeitszeitkonzepte – etwas, bei dem der Handel noch mehr Möglichkeiten ausschöpfen kann und bei dem es immer sinnvoll ist, wenn die Politik Anschubhilfen und -möglichkeiten gibt. Es ist ja auch sinnvoll, wenn für gute Projekte EU-Gelder ins Land geholt werden. Unserer Meinung nach fehlt ein Konzept für die Verwendung der EU-Fördermittel.
Nicht zu vergessen sind die zahlreichen kleinen Betriebe mit ausländischen Inhabern, die mithilfe ihrer Familien oftmals die Versorgung in den Stadtteilen übernehmen, in denen sonst gar keine Läden, gar keine Nahversorgung mehr vorhanden wären.
Sie können Unterstützung brauchen: im Bereich ungeklärter Unternehmensnachfolge, bei der Bewältigung der EuroUmstellung, mehr betriebswirtschaftliches Know-how. Das alles sind Ansatzpunkte für gezielte Coaching-Projekte für gerade diese Betriebe, die eine wichtige Sparte im Einzelhandel sind.
Ich möchte zum Schluss die Punkte zusammenfassen, die jetzt landespolitisch anstehen: erstens die Novellierung des Landesentwicklungsplans, zweitens die Erweiterung regionaler planerischer Kompetenzen und drittens – was ich
noch nicht erwähnt habe – die Nachbesserung des Einzelhandelserlasses, damit er kein Beruhigungsplacebo wird. So können Anregungen, zum Beispiel die in der Region Stuttgart umgesetzten, aufgegriffen werden. Gesetze müssen so sein, dass sie nicht eine Ansammlung von Hintertürchen bieten, sondern klare Vorgaben für die Betroffenen darstellen. Diesen Einzelhandelserlass, Herr Minister, sollten Sie zügig auf den Weg bringen.
Diese Dinge, die ich jetzt aufgezählt habe, nützen dem Handel mehr als so manche vollmundige Forderung nach einer Verlängerung der Ladenöffnungszeiten.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Angeblich macht die Bundesregierung gegenüber dem Mittelstand alles falsch, nur der Mittelstand merkt es nicht und entwickelt sich prächtig.
Frau Berroth, hatten Sie in der Mittelstandsenquete keinen Zugang zu Unterlagen über die Steuerreform?
Wir haben die Steuerreform der Bundesregierung vom Institut der Deutschen Wirtschaft, das sicher nicht in dem Ruf steht, das Ganze durch die rosarote Brille zu sehen, sehr genau untersuchen lassen.
Ich habe Ihnen hier in einer Grafik das Ergebnis mitgebracht. 17 Milliarden DM Entlastung für den Mittelstand, 1 Milliarde DM Entlastung für die großen Betriebe, das ist die Bilanz unter dem Strich. Ja, das ist eine Schieflage, aber eine Schieflage zugunsten des Mittelstands.
Ich kann mich einfach nicht beruhigen über solch ein empörendes Verhalten, dass Sie sich hier hinstellen und sagen, der Mittelstand werde gerupft,
wenn er um 17 Milliarden DM entlastet wird und wenn die Großbetriebe im Vergleich eine 17-mal geringere Entlastung bekommen.
Es ist die größte Steuerreform in der Geschichte der Bundesrepublik, und es ist die mittelstandsfreundlichste Steuerreform in der Geschichte der Bundesrepublik.
Zuerst sage ich noch, wie das Handwerk diese Strukturreform bewertet.
Zitat aus dem schriftlichen Bericht des Zentralverbands des Deutschen Handwerks:
Die Handwerksorganisation – und dies wird in den Medien oft falsch dargestellt – ist somit gerade kein Gegner dieses Steuerreformkonzepts.
Wenn das Handwerk, wenn die Handwerksvertreter, die über Jahre so eng mit der CDU verbandelt sind,
sagen, sie seien keine Gegner, muss man sagen: Net kritisiert isch scho globt.
Ich möchte jetzt die Zwischenfrage zulassen. – Möchten Sie sie stellen?
Jetzt beleidigen Sie auch noch das Institut der Deutschen Wirtschaft, das eine sehr seriöse Untersuchung vorgelegt hat. Die Daten sind identisch mit allen Untersuchungen, die es dazu gibt. Die Zahlen sind identisch mit den Zahlen des Wirtschaftsministeriums.