Alexander Schoch

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Sehr geehrte Frau Präsi dentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Einer Eurobarome ter-Umfrage zufolge gehört das Thema Abfall zu den drei wichtigsten Umweltthemen. Mit dem im Entwurf vorliegen den Gesetz zur Neuordnung des Abfallrechts übernimmt die Landesregierung Verantwortung und nutzt Gestaltungsspiel räume. Es übernimmt die Rahmenbedingungen der EU-Ab fallrahmenrichtlinie und die entsprechenden Vorgaben aus dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz. Beispielhaft möch te ich an dieser Stelle nennen, dass in der Neuordnung konse quenterweise das baden-württembergische Landesabfallge setz durch das Landes-Kreislaufwirtschaftsgesetz ersetzt wird, das Landes-Bodenschutz- und Altlastengesetz nachhaltig ge ändert wird und auch auf Wunsch der kommunalen Landes verbände das Kommunalabgabengesetz geändert wird. Das Gesetz ist insgesamt kommunalfreundlich.
Sehr geehrte Damen und Herren, mit dieser Neuordnung nimmt die Landesregierung konsequent die Bereiche in den Blick, die dazu führen, die Kreislaufwirtschaft in unserem Land wei ter zu modernisieren und für die zukünftigen Herausforderun gen fit zu machen. Diese neuen Regelungen tragen dazu bei, Abfälle noch besser zu vermeiden, sie konsequent zu sam meln und wiederzuverwerten, damit wir unsere Ressourcen schonend einsetzen können. Wir machen unser Land zukunfts fähig.
Ich möchte jedoch an dieser Stelle einen kleinen Schwenk auf die Bundespolitik machen und kritisieren, dass es leider Got tes nicht gelungen ist, das Kreislaufwirtschaftsgesetz so zu gestalten, dass es ressourcenleichte, klimaneutrale und gift freie Kreislaufwirtschaft begünstigt. Dringend benötigte Im pulse für die Vermeidung von Abfall und die Kreislaufführung von Wertstoffen fehlen in diesem Bundesgesetz. Wir nutzen seitens des Landes die Chancen aus und füllen entsprechend dort die Möglichkeiten, wo Landesregelungen möglich sind. Ich halte es für dringend erforderlich, zur notwendigen Trans formation unseres wirtschaftlichen Handelns vor dem Hinter grund des Klimawandels dem zukünftigen Umgang mit unse ren Abfällen eine zentrale Rolle zukommen zu lassen.
Nun noch einmal zurück zum Abfallrecht. Den Schwerpunkt des Gesetzes zur Neuordnung des Abfallrechts bildet Arti kel 1. Hier übernimmt das Land die Vorbildfunktion der öf fentlichen Hand. Der Einsatz z. B. von Recyclingbaustoffen wird beschrieben, die Ausdehnung des Abfallverwertungskon zepts auf Bodenaushub wird geregelt, und mit den Vorgaben zur Vermeidung und Verwertung von Bau- und Abbruchabfäl len greift die Landesregierung die Vorgaben der EU-Baupro duktenverordnung auf.
Wir begrüßen, dass der Erdmassenausgleich bei der Auswei tung von Baugebieten aufgenommen wurde und auch die kon
sequente Änderung des Landes-Bodenschutz- und Altlasten gesetzes erfolgt ist.
Die Pflicht zu einem Bodenschutzkonzept wurde aufgenom men. Ich möchte an dieser Stelle auch noch besonders hervor heben, dass die bodenkundliche Baubegleitung eingeführt werden soll – ein Punkt, bei dem insbesondere mein Kollege Bernd Murschel sehr intensiv immer wieder nachgehakt hat. Daher: Bernd, noch einmal herzlichen Dank für deine Hart näckigkeit.
Sinnvoll ist auch, dass die Sonderabfallverordnung des Lan des geringfügig aktualisiert worden ist, wobei es meiner Mei nung nach auch gut ist, dass weiterhin eine Andienungspflicht für gefährliche Abfälle zur Beseitigung vorgesehen ist.
Sehr geehrte Damen und Herren, für die Transformation un seres wirtschaftlichen Handelns hat der zukünftige Umgang mit unseren Abfällen eine zentrale Bedeutung. Dabei ist die ses Gesetz eine gute Grundlage für eine nachhaltige Entwick lung der Daseinsvorsorge in unserem Land.
Danke schön.
Sehr geehrte Frau Präsi dentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren! Wir beraten heute in der zweiten Lesung den von der FDP/DVP-Fraktion vorgelegten Entwurf des Ge setzes zum Bürokratieabbau für die Unternehmen in BadenWürttemberg – deutlicher gesagt: zur Abschaffung des Bil dungszeitgesetzes und des LTMG, des Landestariftreue- und Mindestlohngesetzes.
Allein der Titel dieses Gesetzentwurfs ist schon etwas irrefüh rend, da man den Eindruck bekommt, es finde damit tatsäch lich Bürokratieabbau statt. Aber das ist erst einmal nicht der Fall.
Die zugrunde liegenden Gesetze wurden geschaffen, da es Handlungsbedarf gab, Handlungsbedarf in wirtschaftlicher Hinsicht und Handlungsbedarf, um auf gesellschaftliche Ent wicklungen reagieren zu können. Es entstanden zwei schlan ke Gesetze, die auch eine Evaluation beinhalten. Diese Eva luationen wurden entsprechend durchgeführt, und mit den Er gebnissen dieser Evaluationen beschäftigen wir uns auch.
Das Bildungszeitgesetz steht dafür, die berufliche Weiterbil dung, die politische Weiterbildung und die Weiterbildung im Bereich des Ehrenamts zu fördern. Das Gesetz dient damit dem Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg, dem gesell schaftlichen Zusammenhalt und dem Gemeinwesen.
Das Tariftreue- und Mindestlohngesetz hat seinen Ursprung in der Frage, ob der Wettbewerb noch funktioniert und ob er auf dem Rücken der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer stattfindet.
Die Bewertung kam zu dem Ergebnis, dass wir das LTMG da mals gebraucht haben, und wir brauchen es auch heute noch. Denn es gibt entsprechende Fehlentwicklungen; darauf hat auch schon Frau Lindlohr hingewiesen. Insbesondere bei der Vergabe von Verkehrsdienstleistungen besteht hier weiterhin dringender Handlungsbedarf.
Wir haben leider Gottes in der Vergangenheit auch Fehler ge macht, indem wir ein solches Gesetz viel zu spät verabschie det haben, da es Entwicklungen gab wie in der Entsorgungs wirtschaft, in der heute viele Kommunen darum kämpfen, ver
nünftige Ausschreibungen zu bekommen, und oftmals nur noch ein Bewerber da ist, da die Konzentrationsprozesse in diesem Bereich sehr groß waren und dies im Endeffekt zulas ten der Kommunen geht.
Interessant sind in diesem Zusammenhang die Stellungnah men des Normenkontrollrats. Der Normenkontrollrat hat in seinem Bericht klipp und klar deutlich gemacht, dass keine Abschaffung des Landestariftreue- und Mindestlohngesetzes und auch keine Abschaffung des Bildungszeitgesetzes gefor dert wird.
Daher lehnt die Landtagsfraktion GRÜNE den Gesetzentwurf der FDP/DVP ab.
Danke schön.
Sehr geehrte Frau Präsi dentin, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich war natürlich schon etwas erstaunt, liebe Kollegen und liebe Kollegin von der FDP/DVP, über diesen Antrag. Denn dieser kommt zu einem Zeitpunkt, da uns die Evaluation gerade auf dem Tisch liegt. In dieser Evaluation werden im Übrigen nicht unbedingt die von Ihnen angeführ ten Konsequenzen gezogen.
Herr Dr. Schweickert, Bürokratieabbau muss natürlich auch Sinn machen. Zum Bürokratieabbau gehört Aufgabenkritik, und dazu gehört natürlich auch ein Abwägungsprozess. Dies werden wir in vernünftiger Weise diskutieren.
Wir hatten die Diskussion um das Tariftreue- und Mindest lohngesetz unter Berücksichtigung der Tariftreuegesetze der anderen Bundesländer sehr intensiv geführt. Wir haben das LTMG eingeführt, um den Wettbewerb nicht zulasten der Ar beitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu betreiben. Gerade vor dem Hintergrund der Möglichkeit, dass wir nun tatsächlich mit einem Abschwung in der Wirtschaft zu rechnen haben, ist es wichtig, dass solche Leitplanken geschaffen werden und dass die vorhandenen Leitplanken auch in der Zukunft Be stand haben, wie eben das Tariftreue- und Mindestlohngesetz.
Interessant in diesem Zusammenhang: Wenn man sich einmal die Stellungnahme des BDA zum Thema Bürokratieabbau an schaut, dann sieht man: Diese enthält 60 Vorschläge zum Bü rokratieabbau. Aber in keinem einzigen dieser 60 Vorschläge, die der BDA gemacht hat, kommt zum Ausdruck, dass das Ta riftreue- und Mindestlohngesetz oder auch das Bildungszeit gesetz entsprechend Probleme bereiten bzw. abgeschafft ge hören.
Wir, eine der die grün-schwarze Landesregierung tragenden Fraktionen, haben den Auftrag, in Baden-Württemberg gleich wertige Lebens- und Arbeitsbedingungen zu schaffen. Grüne und CDU haben 2016 den Koalitionsvertrag mit dem Titel „Baden-Württemberg gestalten: Verlässlich. Nachhaltig. In novativ.“ geschlossen. Hierzu gehört auch, Baden-Württem berg zu einem Musterland der guten Arbeit weiterzuentwi ckeln.
Stets haben wir die Verlässlichkeit nachhaltig und innovativ in den Mittelpunkt unserer Politik gestellt und wollen sie auch weiterhin in den Mittelpunkt stellen. Wir leben in einer Zeit gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Veränderungen. Die Globalisierung und die digitale Revolution, der demografi sche Wandel und der Fachkräftemangel haben großen Einfluss auf die Arbeitswelt. Diese Transformation benötigt Stabilität und Verlässlichkeit, die wir u. a. mit den Instrumenten des Ta riftreue- und Mindestlohngesetzes sowie mit dem Bildungs zeitgesetz geschaffen haben. Das haben sowohl Baden-Würt temberg als auch 13 andere Bundesländer, die ebenfalls sol che Gesetze haben, so gesehen. Daher kann das eigentlich gar nicht so schlecht sein, Herr Dr. Schweickert.
Die Schaffung solcher Rahmenbedingungen kann auch dazu beitragen – das habe ich vorhin schon verdeutlicht –, dass der gesellschaftliche Zusammenhalt gestärkt wird, insbesondere auch hinsichtlich der Problematik „Unternehmenswettbewerb und Arbeitnehmerrechte“.
Sehr geehrte Damen und Herren, auch die Evaluation des Ta riftreue- und Mindestlohngesetzes kommt zu dem Ergebnis, dass die Umsetzung des Gesetzes zur Tariftreue und zum Min destlohn weder den ausschreibenden Stellen noch den Betrie ben und Unternehmen Schwierigkeiten bereitet; die Anwen dung wird als verständlich und gut bewertet. Weiter wird fest gestellt, dass lediglich 10 % der Befragten Schwierigkeiten bei der Umsetzung des Landestariftreue- und Mindestlohnge setzes haben.
Zudem wird von den Vergabestellen ein geringer bis mittlerer Mehraufwand in der Umsetzung des Landestariftreue- und Mindestlohngesetzes festgestellt. Rund die Hälfte der Unter nehmen beurteilen die Verständlichkeit und Anwendbarkeit des Landestariftreue- und Mindestlohngesetzes als „sehr gut“. Lediglich 4 % der befragten Unternehmen bekundeten Schwie rigkeiten im Bereich der Bereitstellung von Ressourcen und der Bearbeitung der neuen Anforderungen oder Berichte von Informationslücken.
Meine Damen und Herren, es ließen sich weitere positive Eva luationsergebnisse aufzählen. Im Ausschuss werden wir be stimmt noch sehr intensiv darüber diskutieren. Zusammenfas send kann jedoch festgestellt werden, dass das Gesetz insge
samt dazu beiträgt, gerade in der schriftlichen Festlegung und Verpflichtung, dass Mindest- und Tariflöhne von Auftragneh mern eingehalten werden. Daher haben wir es mit einem wich tigen Gesetz zu tun.
Ich denke also, die Diskussion im Ausschuss wird deutlich machen, dass wir dieses Gesetz – vielleicht mit der einen oder anderen Novellierung – für die Zukunft brauchen.
Danke schön.
Vielen Dank, Herr Staats sekretär Baumann. – Es ist ja bekannt, dass wir in den Regi onen inzwischen sehr starke Belastungen insbesondere durch zu viel Bauschutt haben. Diese Bauschutt- oder auch Boden aushubabfälle können oftmals nicht mehr in Deponien ver füllt werden. Daher ist gerade auch ein solcher Recyclingpro zess mit dem RC-Beton sehr wichtig.
Mich würde schon interessieren, da das Thema auch bei mir vor Ort relevant ist: Welche Anreize könnte man – das wurde vorhin schon einmal angesprochen – vonseiten der öffentli chen Hand bieten, mehr RC-Beton einzusetzen?
Ich habe bei solchen Diskussionen vor Ort oftmals auch das Gefühl, dass eine gewisse Angst besteht – Sie haben ja gera de auf den Leitfaden hingewiesen –, dass die Qualität dieses Betons nicht so gut ist wie die des konventionellen Betons. Dem muss ja auch entgegengewirkt werden.
Aber, wie gesagt, es besteht oftmals das Problem, dass man die Leute nicht so einfach dazu bringt, entsprechend umzu
stellen. Vielmehr braucht man einen gewissen Anreiz. Diesen Anreiz sehe ich momentan nicht unbedingt.
Sehr geehrter Herr Präsi dent, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Antrag der CDU ist schon 2016 gestellt worden. Deshalb habe ich einmal nach geschaut, was die Presse geschrieben hat, als dieses Thema sehr stark im Vordergrund stand. So titulierte der SPIEGEL:
Deutschland diskutiert voller Angst über die digitale Re volution
Daher, denke ich, ist es richtig, den Antrag der Fraktion der CDU und dieses Thema entsprechend aufzugreifen.
Die Digitalisierung stellt eine große gesellschaftliche Heraus forderung dar und hat daher einen hohen, zentralen Stellen wert im Koalitionsvertrag bekommen. Uns Grünen ist es wich tig, den Prozess der Digitalisierung aktiv und human zu ge stalten.
Wir leben in einer Zeit, in der wir uns eine Kommunikation ohne Internet, Smartphone, Apps oder auch Social Media kaum noch vorstellen können. Die Art und Weise, wie wir heute kommunizieren, produzieren, uns vernetzen, uns mobil fort bewegen und konsumieren, hat sich bereits elementar verän dert. Wir sind in einem tief greifenden Wandel namens Digi talisierung. Die Digitalisierung wird einen einschneidenden Veränderungsprozess in der gesamten Kommunikationswei se mit sich bringen, dem wir uns in allen Branchen stellen müssen.
Bei den Arbeitsplätzen werden neben dem Arbeitsort und der Arbeitszeit auch Selbstbestimmung und Selbstverwirklichung stärker zum Thema werden. Das schafft neue Freiräume und birgt auch die Chancen für eine humanere, familienfreundli chere und ökologischere Arbeitswelt.
Digitalisierung beinhaltet aber natürlich auch Risiken. Digi tale Anwendungen und die fortschreitende Digitalisierung bringen vielfältige Änderungen mit sich wie ein hohes Poten zial für ökologische und digitale Transformation der Wirt schaft – sei es z. B. in der Gesundheitsbranche, der Kultur- und Kreativwirtschaft, bei der Energie- und Ressourceneffi zienz, in der industriellen Produktion, sei es in der Automo bilbranche, der Elektronikbranche, der Sensortechnik oder eben auch im Handwerk und bei den Dienstleistungen.
Sehr geehrte Damen und Herren, das Potenzial ist enorm. Da rum arbeitet die Landesregierung aktuell die landesweite Di gitalisierungsstrategie Baden-Württembergs aus, die wir als Fraktion gern konstruktiv begleiten. Denn wir wollen, dass die mittelständischen Betriebe gerade im ländlichen Raum weiterhin spitze bleiben, dass Arbeitsplätze gesichert und neue geschaffen werden.
Wir sehen die Digitalisierung als Innovations- und Nachhal tigkeitsmotor. Daher gilt für uns: Der Dreiklang aus Ökono mie, Ökologie und Teilhabe als Teil sozialer Gerechtigkeit ist der zentrale Treiber der Prosperität von morgen.
Forschung und Entwicklung gerade im Bereich der Digitali sierung sind für uns eine Herzensangelegenheit. Wir begrü ßen es, dass die Landesregierung – neben dem flächendecken den Ausbau der Breitband- und Glasfasertechnologie für ein leistungsstarkes Internet – mit einer wissenschaftlichen Stu die der Universität Hohenheim die Auswirkungen dieses Di gitalisierungsprozesses begleitet.
International genießt unser Land einen exzellenten Ruf im IKT-Sektor. Daher ist es unser Anspruch, dass in Baden-Würt temberg innovative Lösungen für das digitale Zeitalter weiter fortentwickelt werden. Es ist uns auch wichtig, dass bei uns im Land neue Technologien eingesetzt und Geschäftsideen sowie Geschäftsgründungen im Hochtechnologiebereich rea lisiert werden.
Wir haben die besten Voraussetzungen dafür, den Standort Ba den-Württemberg zur innovativsten Leitregion im Bereich der Digitalisierung zu machen. Diese Chance wollen wir nutzen, um Arbeitsplätze und Wertschöpfung im Ländle zu sichern.
Insbesondere mittelständische Unternehmen, aber auch Fami lienunternehmen – gerade im ländlichen Raum – und eben auch das Handwerk bilden das Rückgrat der Wirtschaft in un
serem Land. Das müssen wir entsprechend unterstützen. Ge rade in diesem Bereich wurden zwischen 2010 und 2015 310 000 zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen. Darauf können wir zu Recht stolz sein, und wir können dankbar für die Stär ken des Mittelstands und die gut ausgebildeten Fachkräfte sein.
Wie bereits erwähnt, stellt uns die Digitalisierung ohne Zwei fel vor neue Herausforderungen. Die Grenzen zwischen Ar beit und Freizeit, zwischen abhängiger und selbstständiger Tä tigkeit, zwischen Selbstbestimmung und Selbstausbeutung können verschwimmen. Darum ist es wichtig, entsprechende vernünftige Rahmenbedingungen zu schaffen. Die geltenden sozialen Arbeitsstandards für die digitale Arbeitswelt müssen weiterentwickelt werden, und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung mit einem effektiven Beschäftigungsda tenschutz muss ausgebaut werden.
Wir benötigen Regelungen für Leiharbeit und befristete Be schäftigungsverhältnisse. Doch Flexibilität hat eben auch ih ren Preis. Sie muss sich zum einen für die Unternehmen, aber auch z. B. für die Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitneh mer entsprechend rentieren. Wir brauchen eine faire Balance zwischen den Flexibilitätsinteressen der Wirtschaft und dem Schutzbedürfnis der Beschäftigten.
Sehr geehrte Damen und Herren, zum Schluss möchte ich noch daran erinnern, dass wir als Fraktion dieses Thema sehr intensiv bearbeiten und auch entsprechend im Rahmen einer Anhörung „Arbeitswelt und Digitalisierung“ aufnehmen wer den. Daher ist das Thema Digitalisierung bei uns in guten Händen.
Danke schön.
Sehr geehrte Frau Präsi dentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen
und Herren! Es ist sehr schön, Herr Born, dass Sie sich über unsere Gefühlslage Gedanken machen.
Ich glaube, wir haben klare und deutliche Positionen zum The ma Arbeitszeit und natürlich auch zum Arbeits- und Gesund heitsschutz.
Sie haben diese Aktuelle Debatte beantragt. Gemäß Ihren Aus führungen war interessanterweise der Cannstatter Wasen Hin tergrund und Auslöser – eine sehr interessante Positionierung.
Ich denke, in der heutigen Aktuellen Debatte sollte es natür lich darum gehen, die Aktualität hervorzuheben. Eine solche Aktualität dieser Debatte sehe ich momentan nicht unbedingt.
Momentan ist es so, dass das Weißbuch vorliegt,
das Weißbuch „Arbeiten 4.0“. In diesem Weißbuch werden die Auswirkungen der Arbeit dargelegt. Ich möchte nun ver suchen, das Thema so aufzunehmen, dass zum einen die ge sellschaftspolitische Bedeutung dieses Themas deutlich wird und zum anderen der betriebliche Aspekt aufgezeigt wird.
Die Arbeitszeit ist ein zentraler Bestandteil des Arbeitslebens mit direkten Auswirkungen auf das Privatleben der Beschäf tigten. Die Gestaltung der Arbeitszeit bestimmt zu großen Tei len, welche Zeit zur Erholung und für private Verpflichtungen zur Verfügung steht. Aufgrund der sich verändernden Anfor derungen in der Arbeitswelt steht auch die Regulation und Ge staltung der Arbeitszeit im Fokus politischer, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Diskussionen.
Sehr geehrte Damen und Herren, wir haben in Deutschland ein Arbeitszeitgesetz, das auf der Grundlage der EU-Arbeits zeitrichtlinie entstanden ist und ein hohes Maß an Flexibilität bietet. Es gibt inzwischen eine Vielzahl von Arbeitszeitmo dellen, die schon aktuell den Alltag in Betrieben in BadenWürttemberg und Deutschland prägen: Ganztags- und Teil zeitmodelle, auch Sabbatjahre, Kern-/Gleitzeitmodelle, Home office und Telearbeit. Die Arbeitswelt ist schon heute bunt und flexibel, und wir wollen, dass sie auch in der Zukunft bunt und flexibel ist; dafür werden wir uns einsetzen.
Mit dem geltenden Arbeitszeitgesetz haben wir einen guten Rahmen – hören Sie zu! –, aber wie bei allen Gesetzen ist es auch hier sinnvoll, dies in gewissen Zeitabständen zu über prüfen. Passen die Rahmenbedingungen des Gesetzes noch in die Arbeitswelt? Das geltende Arbeitszeitgesetz ist zum einen sehr flexibel und bietet viele Möglichkeiten für Sonderrege lungen und Ausnahmen bzw. tarifliche Öffnungsklauseln. Auch die der SPD angehörende Bundesarbeitsministerin hat dies deutlich gemacht. Es legt eine Wochenarbeitszeit von bis zu 48 Stunden fest, es ermöglicht die Verlängerung der tägli
chen Arbeitszeit von acht auf zehn Stunden und – über tarif vertragliche Regelungen – über zehn Stunden hinaus. Ich den ke, das sind flexible Möglichkeiten, die hier geboten werden.
An diesen drei Punkten zeigt sich zum einen, dass dieses Ge setz flexibel ist, und zum anderen, dass überprüft werden muss, wo vielleicht entsprechende Veränderungen durchge führt werden müssen. Die Durchführung solcher Veränderun gen erfolgt natürlich vor dem Hintergrund dessen, was aktu ell in der Arbeitswelt passiert.
In dem Arbeitszeitreport „Deutschland 2016“ der Bundesan stalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin wird deutlich ge macht, dass die durchschnittliche Arbeitszeit der Beschäftig ten in Deutschland 43,5 Wochenstunden beträgt, obwohl durchschnittlich nur 38,6 Stunden vertraglich vereinbart sind. Darüber hinaus geht aus dem Bericht hervor, dass ein Drittel der Beschäftigten unentgeltlich Überstunden macht. Längere Arbeitszeiten und Überstunden – so heißt es in dem Bericht – gehen häufig auf Termin- oder Leistungsdruck zurück.
Mit zunehmender Länge der Arbeitszeit sinkt der Anteil der Beschäftigten mit einer ausgeglichenen Work-Life-Balance und steigt der Anteil der Beschäftigten mit gesundheitlichen Beschwerden. Hingegen haben jetzt schon etwa vier von zehn Beschäftigten nach eigener Aussage einen relativ hohen An teil an der Gestaltung ihrer eigenen Arbeitszeit. 22 % der Be schäftigten sagen, dass ihr Arbeitsumfeld sich problematisch darstellt und sie manchmal auch unter dem Druck stehen, dienstliche Belange mit ins Private zu nehmen.
Das zeigt: Hier besteht Novellierungsbedarf. Dies ist auch in dem Weißbuch „Arbeiten 4.0“ zum Ausdruck gekommen.
Diese Aussagen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern machen doch deutlich, dass es eine schwierige Gratwande rung ist, einen Ausgleich zwischen höherer Flexibilität und einem Höchstmaß an Schutz zu schaffen. Hier sind gute tarif liche Regelungen, betriebliche Regelungen und betriebliche Übungen gefragt, die auch hohe Anforderungen an Personal abteilungen und Betriebsräte stellen. Die Gestaltung der Ar beitszeit stellt immer ein Auspendeln zwischen betrieblichen Interessen und dem Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer dar.
Sehr geehrte Damen und Herren, es ist festzustellen – das mer ken wir, wenn wir in die Betriebe gehen –, dass sich die Ar beitswelt durch die Digitalisierung verändert. Wir haben im grün-schwarzen Koalitionsvertrag festgeschrieben – ich darf zitieren –:
Die Digitalisierung wird Baden-Württemberg entschei dend prägen. Wir verstehen die Digitalisierung als Ge staltungsaufgabe, die Wirtschaft, Politik und Gesellschaft gleichermaßen fordert.
Dabei stellen wir die Chancen des digitalen Wandels in den Vordergrund, ohne die Risiken auszublenden.... Di gitalisierung soll zum Innovations- und Nachhaltigkeits motor werden.
Wenn das nicht eine klare Aussage bezüglich unseres Verant wortungsbewusstseins, auch gegenüber den Unternehmern, ist, was dann, meine Damen und Herren?
Weiter heißt es – –
Das habe ich doch gerade deutlich gesagt. Sie müssen nur einmal vernünftig zuhören. Ich habe mich auf die Position der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin bezogen.
Weiter heißt es im Koali tionsvertrag:
Wir stehen dafür, dass den Wünschen der Beschäftigten nach mehr Arbeitszeitsouveränität und den Flexibili tätsanforderungen der Arbeitgeber Rechnung getragen und vorhandene Hürden abgebaut werden. Wir befürwor ten passgenaue Arbeitszeitregelungen,... Dabei haben Lösungen auf betrieblicher und überbetrieblicher Ebene für uns Vorrang vor gesetzlichen Regelungen.
So steht es im Koalitionsvertrag.
Sie sehen, meine Damen und Herren von der SPD: Wir sind nahe an der Praxis.
Wir sind an den Menschen in den Betrieben und bei den So zialpartnern, die für uns in erster Linie diejenigen sind, die Lösungen finden müssen, und die für unsere Fraktion die kom petenten Ansprechpartner sind.
Wir sprechen mit den Sozialpartnern.
Das haben Sie schon gemerkt, und das haben wir momentan auch in Gesprächen zum Autogipfel noch einmal deutlich ge macht.
Wir unterstützen die Sozialpartner.
Wir engagieren uns dort, wo wir Einfluss nehmen können, und wir stehen in der Pflicht, die Digitalisierung der Landesver waltung vorbildlich umzusetzen.
Aber was will uns die SPD mit dieser Aktuellen Debatte ei gentlich mitteilen? Eine Botschaft aus Baden-Württemberg mit der Bitte an Frau Nahles, das Arbeitszeitrecht nicht zu än dern, oder was soll diese Aktuelle Debatte?
Meines Wissens hat die Bundesregierung bisher keine Geset zesvorhaben zur Umsetzung der Vorschläge zur Flexibilisie rung der Arbeitszeitregelungen aus dem Weißbuch „Arbei ten 4.0“ eingebracht. Zur Verdeutlichung: Im Weißbuch heißt es zum Thema Arbeitszeit:
Grundlegend ist der auch gesetzlich verankerte Schutz vor Entgrenzung und Überforderung. Hinzu kommt das wachsende Bedürfnis nach Selbstbestimmung und Zeitsou veränität.
In dieser Aussage sehe ich doch keine Tendenzen zur Auswei tung der Arbeitszeit. Vielmehr haben wir genau das auch in unserem Koalitionsvertrag deutlich gemacht.
Weiter heißt es in dem Weißbuch:
Immer wichtiger werden ausgehandelte Arbeitszeitmodel le und Flexibilitätskompromisse.
Das haben Sie, Herr Born, gerade auch noch einmal ver deutlicht. Da sind wir zusammen.
Die Gestaltung der Arbeitszeit ist nicht zu trennen von be trieblichen Personalkonzepten, den Kriterien der Leis tungsbewertung und Führungskulturen.
Auch im Weißbuch wird auf die Gestaltungskraft der Sozial partner verwiesen, wo wir einen ganz besonderen Stellenwert sehen.
Dies bestätigt die Haltung der grünen Landtagsfraktion, die sich auch, wie bereits dargelegt, im Koalitionsvertrag wider spiegelt.
Wenn die Bundesregierung nun ankündigt, ein Gesetz zur Um setzung der Vorschläge zur Flexibilisierung der Arbeitszeitre gelungen aus dem Weißbuch „Arbeiten 4.0“ einzubringen, dann heißt das für uns: Im Rahmen dieses Gesetzesvorhabens wird ebenso wie die Landesregierung auch der Landtag Ge legenheit haben, seine Vorstellungen zur Arbeitszeitflexibili sierung einzubringen. Das werden wir natürlich auch kompe tent machen.
Ich denke, das ist dann der richtige Weg, um dieses wichtige und weitreichende Thema auch nachhaltig zu behandeln. Die Debatte sollte dann auch zu diesem Zeitpunkt geführt werden.
Ich komme zum Schluss. – Für uns Grüne ist selbstverständlich, dass wir nicht über die Ausweitung der Arbeitszeit sprechen, sondern über Flexibili
tät, Work-Life-Balance, Vereinbarkeit von Beruf und Familie, Gesundheitsschutz und Arbeitsintensität. Dies entspricht auch unserer im grün-schwarzen Koalitionsvertrag ausgeführten Position zur nachhaltigen...
... Stärkung des Arbeits- und Gesundheitsschutzes.
Danke.
Sehr geehrte Frau Staats sekretärin Mielich, ich möchte an das anschließen, was Herr Hinderer gerade gesagt hat. Ich hatte ein Gespräch mit ver schiedenen Hebammen bei uns im Landkreis, und dabei ist genau die Problematik Kaiserschnittgeburten noch einmal auf geschlagen. Bei uns hat die Zahl der Kaiserschnittgeburten in den letzten Jahren im Vergleich zu anderen Kreiskliniken überproportional zugenommen. Deshalb kam aus dem Kreis der Hebammen die Frage auf, ob es nicht intensiviert eine ent sprechende Beratung hin zur natürlichen Geburt und Geburts hilfe geben muss, um das Verhältnis wieder zu verbessern. Denn viele Frauen sind einfach verunsichert bezüglich der Frage: Wie bringe ich mein Kind auf die Welt?
Vor diesem Hintergrund könnte ich mir schon vorstellen, dass es sinnvoll sein könnte, dass die Beratung im Zusammenhang mit einer Schwangerschaft ein höheres Gewicht als derzeit be kommt.