Manfred Schuhmann
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Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zugrunde liegt der Antrag: Verstärkung der politischen Bildung. Den Abschlusssatz von Herrn Kollegen Odenbach, dass es offensichtlich auch bei führenden Leuten noch an politischer Bildung mangele, kann ich nur unterstreichen.
Überall gilt der Grundsatz, – auch im Juristischen –, dass außergewöhnliche Situationen außergewöhnliche Maßnahmen erfordern. Dass sich die Staatsregierung bei „außergewöhnlichen Maßnahmen“ fast immer nur auf den Justamentsstandpunkt stellt, ist an politischer Bildung auch in diesem Land einfach zu wenig.
Herr Staatssekretär, wir verkennen nicht, dass Sie hier im Hinblick auf das Recht der Schulleiter auch positiv eingewirkt haben. Aber das Eigenartige ist – wir kennen uns nun schon einige Jahre –, dass Herr Freller immer dann laut wird, wenn er selber merkt, dass er auf schwachem Boden steht. Wenn Herr Freller über das Ziel hinausging, bezichtigt er uns, wir würden praktisch die Schüler kritisieren, die außerhalb des Unterrichts protestierten.
Die Schüler, die es auf sich nehmen, außerhalb des Unterrichts zu demonstrieren – dafür gibt es in ganz Bayern einige sehr positive Beispiele –, haben meinen vollen Respekt, weil sie wirklich das Politische vom Event trennen. Ich nehme das ausgesprochen ernst.
Aber, lieber Herr Staatssekretär, so kann es nicht sein, dass wir uns nur darauf beschränken; denn unser Antrag ist der Beweis dafür, dass in neun Jahren Gymnasium ein Schüler, der nicht gerade in der Kollegstufe den Grund- oder Leistungskurs Sozialkunde belegt, nur zwei Wochenstunden politische Bildung hat. Bei mehr Sozialkunde könnte man bereits im Vorfeld über die Dinge ganz anders aufklären, was gerade in so außergewöhnlichen Situationen notwendig ist. Deshalb bitte ich um Zustimmung zur Verstärkung der politischen Bildung in Bayern.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Das Wort hat Herr Pfaffmann.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Nach dieser Vorlesung von Herrn Dr. Spaenle habe ich mich doch genötigt gesehen, zum Mikrophon zu gehen. Es wäre interessant zu wissen, wie viel Mühe er sich gegeben hat, um möglichst negative Hauptwörter und Adjektive zu finden, was Berlin und die Bundesregierung anbetrifft.
Da wird von „Fratze“ gesprochen, da wird von „irrwitzig“ gesprochen, da wird vom „Verspielen der Zukunft“ gesprochen und ähnlichem mehr, wie zum Beispiel von der „Chaostruppe“.
Sie scheinen auf dem Laufenden zu sein, was negative Ausdrücke anbelangt.
Ich bitte Sie aber, auch dorthin zu schauen, wo Sie Verantwortung tragen. Heute erfahren wir selbstverständlich aus dem Munde von CSU-Politikern und -Politikerinnen nur das, was wir schon wissen, nämlich dass Bayern Spitze sei.
So ist es also, Herr Sibler. Danke schön.
Ich empfehle Ihnen, zu Arbeitstagungen beispielsweise des Bayerischen Musikrats oder anderer Gruppierungen zu gehen. Der Bayerische Musikrat hat vor acht Tagen ein mehrtägiges Seminar über die außerschulische Musikerziehung in Bayern abgehalten, die interessanterweise deswegen so dringlich geworden ist, weil die schulische Musikerziehung von dieser Regierung so unglaublich stark abgebaut wurde, dass die außerschulische immer wichtiger wird. Die Vertreter des Bayerischen Musikrats haben mitgeteilt, dass in diesem tollen Lande Bayern eine Musikschule bereits aufgelöst worden ist und zwei weitere in großer Gefahr sind. Eine davon befindet sich im Übrigen – wie ich zu meinem Erstaunen erfuhr – im Stimmkreis des Ministerpräsidenten. Das ist hochinteressant. Hier wird also ganz anders gesprochen.
Von den nichtstaatlichen Orchestern erfahren wir, dass sie nicht wissen, ob sie in diesem Jahr die Gehälter noch auszahlen können; die Weihnachtsgratifikationen mussten ohnehin schon gestrichen werden. Gehen Sie zu den nichtstaatlichen Theatern, die, nachdem sie ihren Spielplan erstellt und das Ensemble bestellt haben, von drohenden Haushaltssperren erfahren, die dann auch noch eintreten. Wenn man weiß, wie klein der Etat eines kommunalen Theaters für die Ausstattung ist im Vergleich zu einem einzigen Bühnenbild etwa der Staatsoper, fragt man sich, wo in diesem Flächenstaat etwas zertrümmert wird, wo nachhaltige Kulturpolitik betrieben wird.
Herr Minister, gestatten Sie mir, noch auf eines hinzuweisen, obwohl ich weiß, dass Ihre wohlwollende Unterstützung genauso wie die der Kollegen der CSU immer zugesagt wurde: Es gibt ein Georgisches Staatskammerorchester, das vor zehn Jahren nach Deutschland gekommen und nach einer Tournee nicht mehr zurückgekehrt ist. Es befindet sich in Ingolstadt und wird von der Stadt Ingolstadt und einer großen Autofirma gefördert. Das Orchester ist stark in die Musikerziehung in Bayern involviert. Es arbeitet mit der Münchner Hochschule für Musik und Theater zusammen, erarbeitet mit der Universität Regensburg regelmäßig Werke, arbeitet mit der Bayerischen Theaterakademie zusammen und hat in der David-Oistrach-Akademie Ingolstadt praktisch alle seine hochqualifizierten Musiker als Lehrer eingesetzt.
Nun hat dieses Orchester, das in Bayern eine Heimat gefunden hat und sich mittlerweile ausdrücklich „Georgisches Kammerorchester Ingolstadt“ nennt, einen äußerst bescheidenen Antrag in Höhe von 75000 e gestellt. Ich will niemand gegeneinander ausspielen. Wenn man aber weiß, wie viel Zuschüsse andere Orchester bekommen, sieht man das als äußerst bescheidene Forderung. Bei den Haushaltsberatungen ist es nicht einmal gelungen, den Antrag wenigstens – weil ich einsehe, dass wir momentan sparen müssen – als Merkposten in den Haushalt einzubringen – nicht einmal mit 1000 e. Das Argument, man könne den anderen nichts wegnehmen, die schon bestünden, läuft auf die Argumentation hinaus, dass sich eine Familie mit bereits zwei Kindern kein drittes leisten könne, weil dies anderen etwas wegnehmen könnte. Ich frage den Kollegen Dr. Spaenle, der weiß, dass ich ihn insgesamt als vernünftigen und schätzenswerten Kollegen betrachte, was die Reden hier sollen, wenn man vor Ort mitbekommt, wie stark man an der Härte leidet, die momentan auf die nichtstaatlichen Kulturorganisationen zukommt.
Wir kennen das Spielchen: Die Staatsregierung verkündet große Grausamkeiten, die CSU bringt den einen oder anderen Antrag, um die Grausamkeiten etwas zu erleichtern, und die Vertreter der Verbände verneigen sich artig und sagen: Danke, liebe CSU, dass ihr uns so großartig geholfen habt. Wir haben jetzt zwar weniger als vorher, aber immerhin habt ihr noch Schlimmeres verhindert.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, vor mir sitzen einige, die vom so genannten flachen Land kommen. Herr
Obermeier, Sie zum Beispiel setzen sich in Eichstätt dafür ein, dass in Eichstätt wenigstens einiges mit Privatinitiative weiterlaufen kann. Es sind dann „bloß“ 200 Musikschüler weniger als vorher. Das sind aber auch 200 Talente, die nicht gefördert werden können, weil die Situation in dem Spitzenland Bayern so schlecht ist.
Ich bitte Sie, darüber nachzudenken, ob in dem Flächenstaat Bayern nicht etwas mehr für die Grundversorgung auf dem Land – außerhalb der Landeshauptstadt München – getan werden kann. München soll weiterhin leuchten, aber etwas mehr vom Glanz Münchens dürfte auf die Flächen Bayerns fallen.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Als einer, der – das kann man so sagen – altgedienten Bildungspolitiker in diesem Hause ergreife ich doch noch das Wort und stelle mit Befriedigung fest, dass sich die Lobhudelei der CSU heute in erträglichen Grenzen gehalten hat.
Was Sie, Herr Glück, gesagt haben, das hat mich veranlasst, quasi als Schlussredner meiner Fraktion an das Rednerpult zu treten. Bei allem Nachdenkenswerten und Überlegten, was Sie gesagt haben, hat es mich schlicht und einfach sehr geärgert, dass Sie uns von der SPD abstreiten wollen, dass wir uns mit den Schülerinnen und Schülern, den Lehrerinnen und Lehrern und den Eltern über dieses Ergebnis freuen dürfen.
Und zwar aus dem ganz einfachen Grund – Frau Staatsministerin Hohlmeier, bleiben Sie noch kurz sitzen. Sie waren mit mir im Bildungsausschuss, als die Kindergartensituation noch zur Bildung gehörte. Da war Frau Hohlmeier mit ihren zwei damals noch sehr kleinen Kindern eine einsame Kämpferin dafür, dass der Kindergarten eine familienergänzende Einrichtung sei. Dieser Ausdruck war damals in der CSU fast nicht zu vermitteln.
Ich erinnere daran, wie viele Anträge die SPD-Fraktion in all diesen Jahren gestellt hat, die Sie von der CSU, reihenweise abgelehnt haben, teilweise in namentlichen
Abstimmungen. Ich nenne die Oberstufenreform am Gymnasium. Herr Nöth hat gerade gesagt, der Begriff Förderung sei uns erst jetzt eingefallen. Lesen Sie es doch in den Anträgen nach, die wir gestellt haben. Wir haben die Förderung, übrigens auch von Hochbegabten, gefordert.
Im Zusammenhang mit der Oberstufenreform haben wir mehr selbstständiges Lernen gefordert. – Abgelehnt. Wir haben eine schulhausinterne Fortbildung der Lehrerinnen und Lehrer gefordert. – Abgelehnt.
Die Anträge, die Sie allesamt abgelehnt haben, liegen Jahre zurück. Dann, nach einer gewissen Schamfrist, haben Sie sie, oh Wunder, fast wortgleich als Ihre eigenen Anträge eingereicht. Frau Radermacher hat das schon seinerzeit festgestellt. Darum meine ich, verehrter Herr Glück: Was Sie gesagt haben, entspricht schlicht und einfach nicht den Tatsachen.
Wir lassen uns unsere Freude an dem erfolgreichen Abschneiden unseres bayerischen Schulsystems von Ihnen nicht nehmen. Wir bieten Ihnen aber gleichzeitig die Hand weiterzuarbeiten, damit wir auch international einen Spitzenplatz erringen können.
((Beifall bei der SPD)
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Nach der schon fortgeschrittenen Debatte möchte ich mich ausdrücklich bei Kollegem Nöth und bei Kollegem Schneider bedanken, weil in deren Redebeiträgen ernsthafte Ansätze einer Auseinandersetzung mit der Pisa-Studie zu finden sind. Wir beabsichtigen mit dieser Aktuellen Stunde, dass wir gemeinsam darüber nachdenken, was die erschreckenden Ergebnisse der Pisa-Studie für uns bedeuten und wie wir darauf reagieren können.
Zum Beitrag von Kollegem Knauer brauche ich nicht viel zu sagen. Das übliche Ritual, zu sagen, wir Bayern sind die Besten – auch wenn er vorher sagt, er hat es noch gar nicht gelesen, aber er weiß das schon – funktioniert hier nicht. Er spricht von Taschenspielertricks. Das ist einfach zu billig.
Von Ihnen, Frau Staatsministerin, hätte ich mir gewünscht, dass Sie hier im Bayerischen Landtag ähnlich gesprochen hätten wie in den letzten Tagen. Ich habe zu Kollegen der Lehrerverbände jeweils gesagt: Respekt, darin sind Ansätze enthalten, die nach vorne zeigen; die Frau Ministerin ist sich nicht zu schade dafür, an die Kolleginnen und Kollegen an den Schulen zu appellieren, der Staatsregierung zu helfen, weil sie auch kein Patentrezept hat. Das waren ganz neue Töne. Die Frau Staatsministerin spricht von Autonomie und von der Eigenverantwortlichkeit der Schule. Sie sagt, wir wollen nicht alles über einen Kamm scheren. Das alles waren Dinge, die mir völlig neu waren und die ich begrüßt habe.
Sie kommen jetzt hierher und beginnen wieder mit dem Ritual, das wir zur Genüge kennen: Sie stellen sich hin – auch das ist nicht mehr neu – und sagen, sie seien amüsiert. Zum Amüsieren sind die Pisa-Studie und die Aktuelle Stunde nicht. Sie machen es sich zu einfach, verehrte Frau Ministerin.
Sie haben im Hinblick auf die Lehrerbildung Entwicklungen in Gang gebracht, die wir weiterverfolgen müssen. Alle, die wir im Parlament Verantwortung tragen, müssen irgendwann einmal etwas tun, damit nicht weiter ein falsches Lehrerbild verbreitet wird, sondern damit eine professionelle Personalgewinnung ermöglicht wird. Wir dürfen den Lehrerberuf – und hier schließe ich Politiker aus meiner eigenen Partei durchaus mit ein – nicht immer nur als den bestbezahlten Halbtagsjob mit Ferienanspruch bezeichnen. Wir müssen auch einmal ernsthaft darüber reden, welche Leistungen von unseren Lehrern verlangt werden. Einerseits sollen sie Wissenschaftler sein, weil sie sachkompetent sein müssen. Andererseits müssen sie begnadete Ver-einfacher sein, damit auch der Zehnjährige den Stoff schon verstehen kann. Dann müssen sie Entertainer sein; denn der Unterricht darf ja nicht langweilig sein. Weiter müssen sie Dompteur oder Dompteuse sein, und dann brauchen sie das nötige Sitzfleisch, um zu korrigieren. Wir sollten an dem Lehrerbild, das in der Öffentlichkeit besteht, etwas ändern. Es ist
immer ganz einfach, über die Beamten im Allgemeinen und die Lehrerinnen und Lehrer im Besonderen zu schimpfen, damit ist der Beifall immer sicher. Hier ist etwas zu tun.
Frau Staatsministerin, der scheidende Präsident des Philologenverbandes hat in Ihrem Beisein – vielleicht konnte er jetzt ein bisschen deutlicher werden, weil er nicht mehr kandidiert hat – zur Lehrerbildung Folgendes gesagt:
Mit der Verbesserung des Lehrerbildes muss an den Universitäten angefangen werden.
Kollege Nöth hat schon das unterprivilegierte Dasein der Lehramtsstudentinnen und -studenten an den Universitäten angesprochen. Wörtlich hat der Präsident des Philologenverbandes damals gesagt:
Didaktiklehrstühle wurden vielfach einfach umgewidmet. Vorlesungsfolgen orientieren sich thematisch mehr an den individuellen Bedürfnissen des Professors als an den Erfordernissen der Prüfungsordnung. Der Praxisbezug mancher Didaktiker liegt Jahrzehnte zurück.
Dies hat Herr Rupp öffentlich erklärt, und hieraus bitte ich die nötigen Konsequenzen zu ziehen. Darüber hinaus hat er auch das allgemeine Problem angesprochen, dass wir für die Kinder im Kindergartenalter in der letzten Zeit wirklich viel getan haben, dass aber bei der Altersgruppe, auf welche die Pisa-Studie hauptsächlich zutrifft, das große Defizit besteht. Wörtlich hat Herr Rupp dazu gesagt:
Vor allem in der Pädagogik werden Fragen der Adoleszenz, die für uns Gymnasiallehrer und für das berufliche Schulwesen so wichtig sind, konsequent zugunsten der eingehend erforschten Frühkindlichkeit ausgeblendet.
Auch hier besteht Handlungsbedarf. Ich darf Sie darum bitten, über diese Probleme ernsthaft nachzudenken.
Als ein Mitglied des Hochschulausschusses darf ich sagen, dass es aus der Sicht des Gymnasiums äußerst kontraproduktiv ist, wenn ausgerechnet jetzt – beim Philologenverband haben Sie ganz anders gesprochen – von den Kollegen der CSU die Einführung von Hochschuleingangsprüfungen gefordert wird. Man weigert sich sogar, dafür einen allgemeinen Kriterienkatalog aufzustellen, damit eine gewisse Chancengerechtigkeit gegeben ist. Ich prophezeie Ihnen, dass es mit der vertieften Allgemeinbildung an der Kollegstufe dann vorbei sein wird, denn unter dem Druck Ihrer Forderungen wird die Kollegstufe zum Vorbereitungskurs für einen erfolgreichen Abschluss von Hochschuleingangsprüfungen. Das kann nicht Sinn einer Schulbildungspolitik in Bayern sein.
Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Es wäre jetzt reizvoll, sich mit den Ausführungen von Herrn Thätter auseinanderzusetzen.
Ich habe Herrn Thätter immer sehr ernst genommen und seinen Impetus geschätzt. Aber das, was Sie jetzt wieder geboten haben, Herr Thätter, ist typisch für die CSU. Das ist auch der Grund dafür, warum wir für heute wieder eine Aktuelle Stunde beantragt haben. Das machen wir nicht aus Jux und Tollerei. Es ist in der Tat so, dass die
CSU fast Jahrzehnte braucht, bis sie sich in eine Richtung bewegt. Sie sagten gerade, 1998 haben Sie den richtungweisenden Beschluss gefasst, dass behinderte Kinder endlich auch an Regelschulen unterrichtet werden können, dass Flexibilität geschaffen wurde. Das sind Dinge, die wir 20 Jahre lang gefordert haben.
Seit 20 Jahren fordern wir die Errichtung der Ganztagsschule. Jetzt ist die Ministerin endlich so weit, dass sie das zumindest auch laut andenkt, dass zumindest das Schlagwort G 8 entsteht. Bei dem Schlagwort bleibt es leider. Es gibt keine Konzeption.
Herr Thätter, wir waren 1999 gemeinsam Teilnehmer an einer Podiumsdiskussion an einem Dachauer Gymnasium. Dort haben wir mit den Schülerinnen und Schülern über die Oberstufenreform diskutiert, die damals – 1999 – angekündigt war. Jetzt haben wir das Jahr 2001. Ich frage Sie, ich frage die Kolleginnen und Kollegen von der CSU-Fraktion: Was hat sich seitdem außer den Ankündigungen verändert? Null Komma null, das ist leider die Tatsache.
Lieber Herr Bernhard, Sie haben vorhin davon gesprochen, auf welchem Niveau wir diskutieren. Sie haben gesagt, wir hätten gar keine Stunden wegrationalisiert. Vor der letzten Landtagswahl sind in Bayern nachweislich 8000 Planstellen eingespart worden.
Ihre Ministerin spricht im Hohen Haus davon, dass sie Planstellen zurückgeben wolle. Wenn selbst die Ministerin davon spricht, dass sie etwas zurückgeben will, dann weiß doch jeder Mensch, dass sie vorher etwas eingespart hat. Also brauchen wir darüber nicht mehr lange zu diskutieren.
Verehrter Herr Kollege, allein beim Sport sind nachweislich 900 – –
Darüber brauchen wir jetzt im Rahmen der Aktuellen Stunde nicht zu diskutieren.
Herr Sackmann, einen Fortschritt sehe ich immerhin. Unsere Aktuellen Stunden laufen normalerweise immer
nach demselben Ritual ab. Die Ministerin oder die CSUMitglieder sagen, wir in Bayern sind trotzdem die besten oder bleiben zumindest die besten. Heute haben Sie sich wenigstens etwas zurückgenommen und gesagt, wir können uns sehen lassen. Sie beziehen sich dabei auf den „Focus“. Herr Sackmann, ich war letzten Freitag wieder einmal an meinem früheren Gymnasium. Lesen Sie doch nicht den „Focus“, gehen Sie an die Schulen vor Ort. Sprechen Sie mit den Eltern, den Lehrern und den Schülern vor Ort. Es ist doch bezeichnend, wenn mir dort gesagt wird, sei froh, dass du mittlerweile Landtagsabgeordneter bist, denn das, was sich am Gymnasium abspielt, ist ein Wahnsinn. Die Halbwertszeit eines KMS wird immer kürzer. Ein Oberstudiendirektor aus Ingolstadt erzählte mir kürzlich, dass er per Fax den Widerruf eines KMS früher erhalten hat als das Original.
Mit Ankündigungen wird nur Hektik erzeugt, außer Ankündigungen tut sich aber nichts weiter. Draußen vor Ort herrschen nur mehr Verunsicherung und Ängste. Keiner weiß, was das G 8 bringt. Werden die Hochschulzugangsbedingungen anders? Wird das Abitur dann entwertet? Werden Eingangsprüfungen verlangt? Momentan herrscht an den Schulen der reine Frust.
Wir waren vor kurzem in Indien an einer SpringdalesSchool. Dort schaut man nach vorne und dort wird Optimismus ausgestrahlt. Was herrscht an unseren Schulen? Verängstigung. Was hat denn die Budgetierung an den Gymnasien ausgelöst? Ratlosigkeit bei den Oberstudiendirektoren und beim Schulforum, weil keiner weiß, wie es weitergehen soll. Deshalb haben wir wieder einmal eine Aktuelle Stunde beantragt.
Momentan vollführt das Ministerium wieder einmal nur Hektik. Am meisten ärgert es mich, wenn man etwas ohne Not macht. Es gibt an unseren Gymnasien den wirtschaftswissenschaftlichen Zweig und den sozialwissenschaftlichen Zweig. Diese beiden Zweige haben sich bewährt. Schülerinnen und Schüler, welche diese Zweige besucht haben, haben anerkanntermaßen gute Anstellungschancen in der Wirtschaft. Was macht das Ministerium? Es will die beiden Zweige fusionieren. Es gibt einen Stundenplan heraus, welcher absolut unakzeptabel ist. Es wird von Profilierung gesprochen, in Wirklichkeit aber nimmt man den Schulen das Profil weg.
Nachdem bei mir das Signal für das Ende der Redezeit aufleuchtet, darf ich nur hoffen, dass diese Aktuelle Stunde wenigstens einen weiteren Tropfen bildet, welcher den Stein der CSU etwas aushöhlt. Ich hoffe, dass sich für die Schulbildung in Bayern endlich etwas tut.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN hat diese Anträge, die in den zuständigen Ausschüssen ausführlich diskutiert worden sind, im Plenum noch einmal hoch
gezogen. Sehr geehrte Frau Paulig, bei aller Wertschätzung muss ich dazu doch noch einiges sagen, was Ihnen möglicherweise nicht gefällt.
Ich zitiere aus Ihrer heutigen Rede. Sie haben die Anstrengungen des Landes vermisst. Sie haben gesagt, es würde Bayern sehr gut anstehen, es wäre eines Freistaates Bayern wahrhaftig würdig. Sie fordern, dass Bayern begreifen möge, und Sie fordern dann dazu auf, eine Friedensoffensive zu starten.
Verehrte Frau Paulig, ich bin stolz darauf, dass die Bayerische Verfassung eine Friedensoffensive gestartet hat, mit eindringlichen, mit einprägsamen Worten, wie sie wahrscheinlich keine andere Verfassung in ganz Europa kennt. Die Verfassung des Freistaates Bayern beginnt mit den Worten „Angesichts des Trümmerfeldes...“ und fährt dann fort: „... in dem festen Entschluss, den kommenden deutschen Geschlechtern die Segnungen des Friedens, der Menschlichkeit und des Rechts dauernd zu sichern,...“. Das war der Beginn einer Friedensoffensive, wie Sie sie heute fordern.
Sie haben dann mit Erstaunen die Ablehnung bzw. die Enthaltung der SPD festgestellt. Schon die alten Römer haben gesagt: „Si tacuisses.“ Und ich kann nur sagen: Weniger wäre wesentlich mehr gewesen.
Manche haben jetzt wahrscheinlich anderes zu tun als zuzuhören.
Trotzdem.
Im Protokoll steht: „Dr. Schuhmann zeigt sich über den vorliegenden Antrag verärgert.“ Diesen Ärger werde ich jetzt auch verbalisieren, –
und zwar einfach deswegen, weil ich mich über manche Schaufensteranträge ärgere. Dies ist ein Schaufensterantrag – ich rede jetzt speziell zum Antrag auf der Drucksache 14/2452 –, der nicht nur schlecht, sondern absolut falsch recherchiert ist und der allen Bemühungen im Freistaat Bayern, sich für Friedensarbeit vor Ort sowohl staatlich als auch privat einzusetzen, wirklich Hohn spricht.
Ich weiß nicht, wo Sie leben und welche Erfahrungen Sie gemacht haben. Es gibt auch eine Vertreterin Ihrer Fraktion etwa in der Bayerischen Landeszentrale für politi
sche Bildungsarbeit. Dort sind in den letzten Jahren Millionen eingesetzt worden, um – ich betone es noch einmal – angesichts des Trümmerfeldes, all das, was Wilkürherrschaft, was Gewaltherrschaft bewirkt hat, ins Bewusstsein der Bevölkerung, ins Bewusstsein auch der Schulen, ins Bewusstsein der Jugend zu bringen. Dafür sind Millionen ausgegeben worden und werden Millionen ausgegeben, in Dachau, in Kaufering, in Flossenbürg, obwohl so manche aus dieser Gedenkstätte eine beschauliche Parklandschaft machen wollten. Diesbezüglich hat sich, und zwar übereinstimmend in allen Fraktionen, ein Umdenkungsprozess vollzogen. Man darf ruhig auch einmal einen Staatsminister loben, der sich beispielsweise im Hinblick auf die Begegnungsstätte Dachau gegen seine eigenen Parteifreunde vor Ort durchgesetzt hat, um diese Friedensarbeit – ich bezeichne dies als Friedensarbeit – durchführen zu können.
Sie haben Koordination gefordert. Das Sozialministerium hat beispielsweise im Zusammenhang mit dem Kosovo-Konflikt 10 Millionen DM zur Verfügung gestellt und einen Koordinationsausschuss gegründet, zu dem alle Wohlfahrtsverbände eingeladen wurden. Sie sagen, Sie vermissten die Anstrengungen des Landes, obwohl diesbezüglich wirklich einiges getan wird und obwohl beispielsweise jetzt das Reichsparteitagsgelände in Nürnberg zu einer Friedensveranstaltung unter dem Titel „Faszination und Gewalt“ genutzt wird. Das ist ein Beweis dafür, dass man an friedenstiftende Maßnahmen denkt.
Wenn Sie in der Begründung Ihres Antrags schreiben, dass in regelmäßigen Abständen Wehrkundetagungen abgehalten würden, ist Ihnen wahrscheinlich entgangen, dass es diese Wehrkundetagungen längst nicht mehr gibt, dass sie in privater Trägerschaft abgehalten wurden und dass dies heute Tagungen für Sicherheitspolitik sind. Und selbst bei den früheren Wehrkundetagungen wäre wohl niemand ernsthaft auf den Gedanken gekommen, dass es sich dabei nicht um friedensfördernde Maßnahmen handele. Wir konnten das in den Medien nachlesen. Dort ist es doch nicht um Kriegshetze oder um Kriegsführung gegangen, sondern um die Vermeidung von Konflikten und um die Vermeidung von Kriegen.
Ihr Antrag lautet, im Jahr 2000 und danach in möglichst regelmäßigem Abstand eine große Friedenskundgebung in Bayern zu veranstalten. Ich bin beispielsweise Vorsitzender des Evangelischen Bildungswerks in Ingolstadt. Dort haben wir eine Vortragsreihe „Staat und Kirche im 20. Jahrhundert“ durchgeführt. Allein dafür haben wir einen Vorlauf von einem drei viertel Jahr gehabt, um das ordnungsgemäß über die Bühne zu bringen. Sie ziehen Ihren Antrag jetzt noch einmal hoch ins Plenum. Mittlerweile haben wir aber Ende Juni, und Sie fordern die Staatsregierung dazu auf, im Jahr 2000 eine große Friedenskundgebung in Bayern zu veranstalten.
Seien Sie mir nicht böse, aber das ist einfach total unrealistisch.
Sie sagen überhaupt nichts darüber, wie so eine große Friedenskundetagung inhaltlich ausgestaltet werden soll, fordern aber von uns eine Zustimmung. Im Gegensatz dazu habe ich meine Fraktion gebeten, den Antrag sogar abzulehnen. Die Fraktion hat gemeint, man solle eine gute Absicht nicht generell ablehnen. Aber die gute Absicht wird durch diese schaufensterhafte und sehr schlecht recherchierte Art und Weise eher ins Gegenteil verkehrt.
Ihnen ist entgangen, dass es in Bayern bereits Friedensmuseen gibt.
Warum fordern Sie dann die Einrichtung von Friedensmuseen im Wissen, dass es diese schon gibt?
Ich habe ihn sehr genau gelesen und mich deswegen heute noch einmal geärgert, weil ich das noch einmal durchlesen musste.
Ich ärgere mich deswegen, liebe Frau Paulig, weil dies die vielen Bemühungen, die in diesem Freistaat – ich sage es noch einmal – sowohl amtlicherseits als auch ehrenamtlicherseits stattfinden, wirklich konterkariert.
Die Menschen, die sich seit Jahren oder gar seit Jahrzehnten für diese Friedensarbeit einsetzen, werden so dargestellt, als hätten sie noch nie etwas in diesem Freistaat getan. Darum ärgere ich mich und diesen Ärger bringe ich hier auch zum Ausdruck.
Ja, bitte.
Mir ist nur bekannt, dass sich jetzt im Zusammenhang mit dem Museum auf dem Reichsparteitagsgelände –
eine hervorragende Konzeption, nebenbei bemerkt – sehr wohl die CSU mit ihrem Oberbürgermeister eingebracht hat und sich gemeinsam mit dem Freistaat auch finanziell in hohem Ausmaß beteiligen wird. Was da früher war, weiß ich nicht. Das ist mir nicht bekannt.
Sie, Frau Paulig, scheinen auch Folgendes vergessen oder übersehen zu haben: Ich kann hier wirklich guten Gewissens reden, weil ich einer derjenigen war, der die Ausdehnungsbestrebungen des bayerischen Armeemuseums vehement bekämpft hat. In diesem bayerischen Armeemuseum ist unter Einbeziehung des MPZ, also der Museumspädagogischen Zentrale, eine Dauerausstellung über den Ersten Weltkrieg entstanden, die mit einer Verherrlichung, die mit einer Glorifizierung überhaupt nichts zu tun hat, sondern wo Sie von Station zu Station geführt werden, wobei man heute aufgeklärt wird, welche Spielzeuge damals die Kinder bekamen, welche Bekleidung die Kinder und Jugendlichen bekamen, um sie an das Militaristische heranzuführen. Diese Ausstellung ist eine Antikriegsausstellung. Es handelt sich also um friedensstiftende Arbeit, die vom Freistaat Bayern gefördert, finanziert und auch begleitet wird.
Ich nehme das auch gar nicht so ernst. Aber, Frau Paulig, auch hierbei ist es doch nicht so, dass im Freistaat an modernen Dingen nichts geschehen würde. Ich denke beispielsweise daran, dass es Lehrstühle für Wirtschaftsethik gibt, die sich dafür aussprechen, dass eben nicht das Kapital regiert, was dann sogar zu gewalttätigen Auseinandersetzungen führt. Ich bin Gefängnisberater in Neuburg/Herrenwörth. Dort wird zum Beispiel ein Anti-Gewalt-Training mit jungen Leuten durchgeführt, das auch der Freistaat finanziert.
An den Schulen wird Anti-Gewalt-Training betrieben.
Aber Sie fordern das so, als ob wir das Rad erst erfinden müssten,
und dadurch – das sage ich noch einmal, und darum ärgere ich mich auch so –, dass die, die jetzt schon – –
Das ist nett, Frau Paulig. Sie haben das dadurch provoziert, dass Sie gemeint haben, das trotz der ernsthaften Diskussionen in den Ausschüssen noch einmal in das Plenum hochziehen zu müssen.
Es gibt in Bayern Preise: Es gibt in Augsburg einen Friedenspreis, es gibt in Nürnberg einen Menschenrechtspreis, den man sicher auch als Friedensarbeit ansehen kann. Es gibt verschiedene andere Dinge in den Kommunen, die im Übrigen auch vom Freistaat finanziert werden: die Erwachsenenbildung, die VHS mit ihren ganzen Reihen. Da stecken auch Gelder vom Freistaat drin. Das sage ich nur, weil Sie behauptet haben, Sie vermissten die Anstrengungen des Landes. Da sehe ich mich wirklich herausgefordert, weil wir das alles gefordert haben, weil wir es mittragen und mittragen werden. Solche pauschalen, wirklich schlecht recherchierten Anträge konterkarieren diese Bemühungen, die wir alle miteinander unternehmen.
Ich darf Sie wirklich bitten, wenn in dieser Richtung wieder eine Initiative gestartet wird – – Sie haben geglaubt, nachdem sowohl die SPD als auch die GRÜNEN in Berlin verschiedenste Anträge gestellt haben, dass wir jetzt auch in Bayern ganz schnell nachziehen und etwas produzieren müssten. Da wäre wie gesagt weniger mehr gewesen.
Ich kann nur guten Gewissens sagen, Frau Paulig, auch wenn Sie enttäuscht sind: Diesen Anträgen zuzustimmen würde eher negativ für die vielfältige Friedensarbeit sein. Deshalb habe ich mich verpflichtet gefühlt, hier im Plenum noch einmal in Erinnerung zu rufen, auch für Sie, dass wir im Freistaat Bayern in Richtung Friedensarbeit wirklich eine Menge tun und auch weiter tun werden, und das fraktionsübergreifend.
Wir fahren zum Beispiel – weil ich gerade Herrn Kränzle sehe – in unserer Freizeit nach Landsberg, um zu verhindern, dass dort eine private Gedenkstätte entsteht, und zu erreichen, dass das in der staatlichen Verwaltung bleibt und auch unter der staatlichen pädagogischen
Ausstrahlung. Das sind Dinge, die wir gemeinsam machen. Wenn Sie sich jetzt hier herstellen und den Start einer Friedensinitiative fordern, dann ist das wenig hilfreich.
Frau Staatssekretärin, welche Maßnahmen sind für die dringend notwendige Sanierung des Betriebsgeländes der ehemaligen Glasfabrik „Phönix GmbH“ in Wellheim vorgesehen, nachdem das Sanierungsgutachten nun vorliegt, welcher Zeitraum ist hierfür vorgesehen, zumal das Gutachten erneut festgestellt hat, dass erhebliche Verunreinigungen des Bodens mit Blei, Arsen und PAKs etc. vorliegen und zum Schutz der Menschen dringend eine Sanierung des Grundstücks vorzunehmen ist, und welche Möglichkeiten einer Kostenübernahme bzw. finanziellen Beteiligung durch den Freistaat über die Gesellschaft für Altlastenbeseitigung an den geschätzten Sanierungskosten von 5,9 bis 9,8 Millionen DM wurden angedacht?
Frau Staatssekretärin, ich darf mich bei Ihnen bedanken, zumal ich weiß, dass Sie sich der Sache ernsthaft annehmen und auch vor Ort waren und wissen, dass man den früheren Besitzer wohl nicht mehr belangen kann.
Nachdem Sie bei der GSB eine wichtige Rolle spielen, frage ich Sie, ob es denkbar wäre, den kontaminierten Boden im Zusammenhang mit der GSB kostengünstiger zu entsorgen, als es das Gutachten vorgibt.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Angesichts der drohenden namentlichen Abstimmung ist das Plenum so gut gefüllt, dass man es sich nicht nehmen lassen darf,
der gut bestückten rechten Seite des Hauses etwas Demokratieverständnis nahe zu bringen.
Angesichts eines einstimmig beschlossenen Dringlichkeitsantrags ist die heutige Debatte eigentlich beschämend. Denn sie ist nur nötig geworden, weil sich Mehrheitsfraktion und Staatsregierung nicht an diesen einstimmigen Parlamentsbeschluss gehalten haben.
Wer wie Kollege Spaenle den Versuch wagt, uns das Wort „Chuzpe“ auf Hebräisch zu erklären, ist offenbar ein Meister auf diesem Gebiet.
Tatsache ist: Wenn wir Diskussionen zum Volksbegehren organisieren, sitzen selbstverständlich ein Vertreter der CSU und ein Rektor einer sechsstufige Realschule mit auf dem Podium. Die Unterstützer des Volksbegehrens halten sich also an die Regeln der Fairness, die im Übrigen für alle gelten sollten.
Von Ihnen, Herr Kollege Dr. Eykmann, habe ich auch nichts anderes erwartet. Nun aber zum Vertreter der Staatsregierung, zu Herrn Freller, der heute wieder einen „echten Freller“ gegeben hat, also eine Mischung aus Ablesen dessen, was ihm Juristen aufgeschrieben haben, und Bierzeltrede.
Lieber Herr Kollege Freller, wir beide waren lange genug gemeinsam im Fachausschuss, und ich habe Sie dort erlebt, teilweise auch geschätzt. Was Sie aber heute hier geboten haben, ist schlicht und einfach beschämend.
So sagten Sie zum Beispiel, die in der Landeshauptstadt München für Bildungspolitik Verantwortlichen hätten keine Kompetenz. Das mag Ihre Meinung sein. Sie können aber dessen versichert sein, dass auch wir Zweifel an der Kompetenz so mancher Leute bis hinauf in die Spitze des Kultusministeriums haben.
Wenn Sie sagen, ein Inserat in der Zeitung sei „unglaublich“, eine unmögliche Beeinflussung sozusagen, und als Lehrer, der Sie selbst einmal waren, nicht den qualitativen Unterschied erkennen, der zwischen der Information durch ein Zeitungsinserat und der Verteilung einer Sonderausgabe durch Lehrerinnen und Lehrer als Amtspersonen via Kinder an die Eltern liegt, dann tun Sie mir schlicht und einfach Leid.
Aus meinem Stimmkreis weiß ich, dass Schulleiter Elternrundbriefe herausgeben, mit denen die Eltern dazu aufgefordert werden, sich nicht für das Volksbegehren einzutragen, im Gegenteil: Sie sollen mit Unterschrift dokumentieren, gegen das Volksbegehren zu sein, und Kinder, die nach vier Tagen die unterschriebene Rückmeldung der Eltern nicht vorgelegt haben, werden von Lehrern gefragt, wann denn die Erklärung der Eltern gegen das Schulvolksbegehren endlich komme. Und
deshalb sage ich: Da ist irgendetwas faul im Staate Bayern, und zwar ganz gewaltig, Herr Kollege Freller.
Wenn Sie, Herr Freller, es als Vertreter der Staatsregierung und Mitglied der Mehrheitspartei in diesem Lande nötig haben, anders als vom Parlament vorgegeben Sonderausgaben gegen das Volksbegehren drucken zu lassen,
dann, lieber Herr Freller und vor allen Dingen die Ministerin – sie ist nicht da –, ist das auch ein eklatanter Verstoß gegen das Verständnis, das wir hoffentlich noch alle miteinander vom Parlamentarismus haben.