Oguzhan Yazici

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Frau Präsidentin, meine
sehr geehrten Damen und Herren! Etwa fünf Prozent der über 65-jährigenn im Land Bremen leben heute von der Grundsicherung im Alter, diese Menschen sind arm. Arm bedeutet für diese Menschen nicht nur, dass sie wenig Geld haben, um ihren Alltag zu bestreiten, sie sind auch aus vielen gesellschaftlichen Aktivitäten ausgeschlossen, es fehlt ihnen oftmals an Mobilität, und im schlimmsten Fall leben sie in Einsamkeit. Das wirkt sich natürlich auch auf das Selbstwertgefühl aus. Deswegen halten wir als CDUFraktion es für die Pflicht der Politik, dafür Sorge zu tragen, dass Menschen, die 40 lang Jahre arbeiten, auch von ihrer Rente leben können.
Es ist auch die Pflicht der Politik, dafür Sorge zu
tragen, dass der Generationenvertrag eingehalten wird, damit Menschen, die irgendwann einmal im Rentenalter sind, angemessen versorgt werden. Das bedeutet, dass wir aber auch heute keine Ren tengeschenke verteilen, die die junge Generation übermäßig belasten.
Ein ganz wichtiger Punkt ist – ich denke, da sind
wir fraktionsübergreifend einer Meinung –, dass
Altersarmut nicht im Alter entsteht. Deswegen ist die beste Prävention vor Altersarmut eine wirksa me Arbeitsmarkt- und Wirtschaftspolitik und reelle Bildungschancen. Genau daran scheitert es hier in unserem Bundesland, meine Damen und Herren!
Auch wenn Anstrengungen spürbar sind, ist es nach
wie vor so, dass die Verknüpfung zwischen sozialer Herkunft und Bildungserfolg in unserem Bundesland eklatant ist. Es fehlen zentrale Bausteine, um eine Entkopplung zu erreichen. So produzieren wir nach wie vor Bildungsverlierer und somit Menschen, die früher oder später in Armut kommen.
Der 2. Armuts- und Reichtumsbericht, den der
Senat kürzlich vorgelegt hat, gibt leider auch keine Hoffnung, keinen Anlass zu Optimismus. Im Ge genteil, die Ergebnisse sind eigentlich erschütternd. Fast ein Viertel der Bremerinnen und Bremer ist von Armut betroffen. Das ist ein Spitzenplatz im Bundes vergleich. Die Zahlen zu betroffenen Kindern und Jugendlichen sind geradezu skandalös. 34 Prozent der Kinder und Jugendlichen in Bremen leben in Armut. Das ist eine Schande für unser Bundesland.
6 000 dieser Kinder leben bei alleinerziehenden
Eltern. Die Wahrscheinlichkeit, dass alleinerziehende Eltern in Armut abdriften, ist wiederum in keinem anderen Bundesland so hoch wie in Bremen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möch
te Ihnen an dieser Stelle weitere Zahlen nennen, weil sie für diesen Diskurs wichtig sind. 78 000 Bre merinnen und Bremer leben in einer kritischen Überschuldungssituation. Die Arbeitslosenquote ist im Bundesvergleich „top“. Die verfestigte Langzeit arbeitslosigkeit ist ein zentrales Problem; das hat Herr Reinken schon richtig gesagt. Dass allerdings die Joboffensive das richtige Instrument dagegen sein soll, möchten wir als CDU-Fraktion bezweifeln. Die Tatsachen, die nackten Zahlen sprechen eine andere Sprache. Wir vermissen eine tatsächliche Integration in den Arbeitsmarkt durch die Joboffensive. Hier muss dringend nachgebessert werden.
Ferner hat sich in den letzten Jahren die soziale
Schere zwischen den Quartieren in den Stadtgemein den weiter geöffnet. Es ist ein deutliches NordostSüdwest-Gefälle erkennbar. Herr Möhle hat schon auf den Armutsatlas des PARITÄTISCHEN verwiesen, in dem dieses Thema ebenfalls angesprochen wird. Bremen wird erwartungsgemäß wieder ein katast rophales Zeugnis ausgestellt. Um beim Thema zu bleiben: Seit 2006 hat sich die Armutsquote unter den Rentnerinnen und Rentnern in Bremen verdoppelt.
All das sind weitere Belege und für uns klare Indi
katoren dafür, dass es in Bremen an einer wirksamen Arbeitsmarkt- und Wirtschaftspolitik mangelt.
Deshalb, sehr geehrte Frau Vogt, denke ich, dass
die zu starke Verengung auf das Rentenniveau zu kurz greift. Wir sollten nicht darüber sprechen, wie wir Menschen im Alter alimentieren, sondern dar über, wie wir es schaffen, dass die Menschen gar nicht in Armut kommen. Der Senat ist angehalten, die richtigen Weichen zu stellen, insbesondere in der Arbeitsmarkt- und Wirtschaftspolitik, damit wir die Menschen erst gar nicht in Armut sehen. Insoweit haben wir ein zentrales Problem. Deshalb fordern wir den Senat abermals auf, aus dem Winterschlaf aufzuwachen und die richtigen Weichen zu stellen. Heute sind 34 Prozent der Kinder arm. Wir möchten nicht, dass daraus arme Rentner werden. – Danke schön, meine Damen und Herren!
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie Frau Vogt eben schon deutlich gemacht hat, ist der ungehinderte Zugang zum Gesundheitswesen ein Grundrecht. Auch wenn einige Personen einen nach wie vor erschwerten Zugang haben, wird in Bremen doch in dieser Hinsicht einiges Gutes getan, und das freut mich.
Bedanken möchte ich mich an dieser Stelle vor allem bei den vielen Ärztinnen und Ärzten, die ihre Arbeit auch kostenlos anbieten! Ohne sie würde dieses System der humanitären Sprechstunde nicht aufrechterhalten werden können.
Auch im Bereich der psychologischen und therapeutischen Beratung der Flüchtlinge sind wir auf viele ehrenamtliche Helferinnen und Helfer angewiesen und vor allem auch auf die Spenden, die sie eintreiben, um dieses System aufrechtzuerhalten. Wie wir wissen, ist Refugio die einzige Anlaufstelle in ganz Nordwestdeutschland, und sie ist vor allem die einzige kostenlose Stelle, um eine therapeutische Behandlung für Flüchtlinge zu bekommen. Ich denke, über Refugio müssen wir keine zwei Sätze verlieren, Refugio ist ein unverzichtbarer Teil Bremens.
Der Senat muss daher gerade den Menschen, die im Ehrenamt dieses ganze System aufopferungsvoll am Leben erhalten, unter die Arme greifen. Bei Ihrer Antwort ist mir diesbezüglich Folgendes aufge
fallen: Gleich unter Frage 1 wird nach den Besucherzahlen gefragt, dort fällt vor allem auf, dass die Zahlen in Bremerhaven für das Jahr 2013 doppelt so hoch wie in Bremen waren. Wir haben in der Deputation für Gesundheit den Leistungsbericht des Gesundheitsamtes Bremerhaven bekommen, darin steht: Eine vom Amt gewünschte und bedarfsorientierte personelle Anpassung konnte nicht umgesetzt werden. Im Vergleich dazu wurden aber in Bremen die personellen Mittel bewilligt. Für mich deutet das darauf hin, dass wir in Bremerhaven beim Gesundheitsamt enorme Schwierigkeiten haben, wir kennen das ja auch schon aus einem anderen Bereich, nämlich dem Kinder- und Jugenddienst. Ich denke, dass wir uns nicht einfach hinstellen und sagen können, das sei Bremerhaven. Wir sind ein Bundesland, und die gesundheitliche Versorgung Bremerhavens ist auch unsere Aufgabe, meine Damen und Herren!
Dann darf man aber die beiden Städte nicht ungleich behandeln!
Ich habe noch eine Verständnisfrage zu Punkt 10. Auf die Frage nach den Kapazitäten bei den ärztlichen Sprechstunden in der ZASt antwortet der Senat: „Angesichts der weiter steigenden Flüchtlingszahlen werden die Kapazitäten der ärztlichen Sprechstunden bedarfsgerecht erweitert.“ Mehr steht dort nicht. Wenn wir uns die aktuelle Senatsvorlage vom 9. Dezember anschauen, Gesamtkonzept zur Aufnahme und Integration von Flüchtlingen, dann steht dort aber, dass man sowohl kompensatorische als auch personelle Aufstockungen machen möchte, nämlich in Form von zwei befristeten Arztstellen und einer medizinischen Fachangestellten.
Vier sogar! In Ordnung, im Senatsbericht stehen nur zwei! Das sind jedenfalls Informationen, die in der aktuellen Vorlage so nicht enthalten sind. Das verwundert, deswegen möchte ich vor diesem Hintergrund gern wissen, ob und wie viele Menschen nun beim Gesundheitsamt eingestellt werden und wie die Kapazitäten beim Gesundheitsamt aktuell aussehen, ob sie an ihre Grenzen stoßen oder diese bereits überschritten worden sind. – Danke für die Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir diskutieren hier heute im Kern über eine mögliche Neuausrichtung in der Drogenpolitik. Frau Vogt hat gesagt: endlich! Ich erinnere daran, dass wir schon vor einigen Jahren eine solche Neuausrichtung gefordert haben, etwa mit dem Antrag zur Einsetzung einer Enquetekommission, weil wir der Meinung sind, dass es, wie es momentan läuft, nicht gut ist. Darüber scheinen wir uns einig zu sein. Wir werden uns aber sicherlich darüber streiten, wie eine solche Ausrichtung auszusehen hat. Wir verfolgen insbesondere einen substanzübergreifenden Ansatz und keine Konzentration auf populäre Drogen. Ich habe festgestellt, die hier gerade geführte Diskussion ist eine Verengung auf Cannabis und Marihuana.
Um die zentralen Probleme der gegenwärtigen Drogenpolitik hier in Bremen anzugehen, bedarf es keiner – das möchte ich an dieser Stelle erwähnen – Reform des Betäubungsmittelgesetzes, meine Damen und Herren. Darauf kommt es zum Beispiel bei der Verbes
serung der Kindeswohlsicherung von Kindern und Jugendlichen drogenabhängiger beziehungsweise substituierter Eltern nicht an. Das ist ein hausgemachtes bremisches Problem. Das lösen wir nicht, indem wir das Betäubungsmittelgesetz reformieren.
Es ist nämlich für uns nach wie vor nicht hinnehmbar, dass in Bremen und Bremerhaven etwa 70 bis 80 Prozent aller Kinder, die in einem Drogenumfeld aufwachsen, direkten Kontakt zu Drogen haben. Das ist für uns absolut nicht hinnehmbar.
Natürlich gehören die Kinder in die Familien. Eine Inobhutnahme ist für uns das allerletzte Mittel. Aber wenn die Kinder bei den Eltern verbleiben, ist es eine Verpflichtung des Staates, diese Familien engmaschig zu begleiten, damit die Kinder eben nicht in Kontakt mit den Drogen kommen.
Drogenrückstände haben in dem Körper eines Kindes nichts zu suchen.
Wir reden hier über eine Neuausrichtung der bremischen Drogenpolitik. Wir finden, dass eine Verengung auf das Thema Cannabis und Marihuana nicht dienlich ist. Auch darauf werde ich selbstverständlich zu sprechen kommen.
Deshalb fordern wir auch eine obligatorische Haaruntersuchung bei allen Kindern, die in einem Drogenumfeld aufwachsen. Wir brauchen vor allem eine personell bessere Ausstattung bei Case Managern, die zum Teil völlig überlastet sind. Wir brauchen mehr Kontinuität in der Arbeit der Case Manager. Wir brauchen keine, die das Amt nach einigen Jahren verlassen – wir wissen, aus welchen Gründen. Insofern begrüßen wir in diesem Zusammenhang, dass die Ausweitung des EU-Projekts dazu geführt hat, dass 38,5 neue Case Manager eingestellt werden sollen. Das macht im Übrigen ein Viertel der Belegschaft aus, was deutlich macht, dass das Amt jahrelang auf Sparflamme gefahren ist.
Insgesamt gilt es für uns, das Problem in seiner Gesamtheit zu betrachten. In einem stringenten und klar strukturierten und fest ineinandergreifenden Prozess müssen alle Akteure, die hier beteiligt sind, an einen Tisch gebracht werden. Deswegen fordern wir auch seit Jahren ein Netzwerk, ein Netzwerk zwischen Jugendamt, Pädiatrie, gynäkologischen und sustitutionierenden Ärzten, um sie zu einem funktionsfähigen Netzwerk zusammenbringen.
Der Senat darf sich an dieser Stelle nicht weiter hinter dem Datenschutz verstecken. Notfalls muss bei der Datenschutzbeauftragten eine Verordnung erlassen werden, die einerseits dem Kindeswohl dient und andererseits den datenschutzrechtlichen Anforderungen Genüge tut.
Ein weiterer zentraler Baustein ist für uns natürlich eine Aufklärungs- und Präventionsarbeit, um vor den Gefahren des Suchtpotenzials jeder Droge zu warnen. Wir als CDU-Fraktion machen keinen Unterschied, ob es sich um illegale Drogen handelt oder etwa um Alkohol oder Tabak. Es muss darum gehen, die Bekämpfung des Nikotin- und Alkoholkonsums gleichermaßen anzugehen wie die Pönalisierung illegaler Drogen.
Ich denke, da sind wir einer Meinung. Dass man Alkohol und Nikotin nicht so einfach verbieten kann, liegt auf der Hand.
Wir sprechen hier von einer seit Jahrhunderten weit verankerten Tradition. Wenn Sie mich persönlich fragen, können wir das gern machen, Herr Kuhn. Dann müsste Herr Saxe sein Geschäft schließen. Ich weiß nicht, ob Sie das auch befürworten.
Wir auch nicht. – Deswegen geht es vielmehr darum, auch die legalen Substanzen durch eine vernünftige Präventions- und Aufklärungsarbeit schrittweise zurückzudrängen. Das gelingt uns in Deutschland auch sehr gut, was zum Beispiel den Tabakkonsum bei jungen Menschen angeht. Wir als CDU-Fraktion sagen: All die Erfolge in diesem Bereich würden zunichte gemacht, wenn wir jetzt ohne Not Cannabis oder Marihuana legalisierten. Das wäre ein falsches Signal.
Jedenfalls ist für uns der Blick auf Tabak und Alkohol kein Argument, nun auch die Legalisierung von Cannabis und Marihuana zu fordern. Es muss vielmehr darum gehen, alle Drogen in unserer Gesellschaft zu bekämpfen,
wobei je nach Substanz unterschiedliche Strategien gefahren werden müssen, um erfolgreich zu arbeiten. – Danke für das Zuhören!
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn wir bei „Wünsch dir was“ wären, würde ich mir wünschen, dass niemand illegale Drogen zu sich nimmt. Aber diesen Zustand werden wir leider nicht erreichen, Herr Kuhn. Deswegen bedarf es eines abgestimmten Konzeptes aus Aufklärung, Prävention und Repression. Zum letzten Punkt möchte ich mit Blick auf den Antrag der LINKEN genauer eingehen. DIE LINKE fordert, wie Sie, Frau Vogt, eben ausgeführt haben, die geringe Menge bei Cannabisprodukten von 6 auf 15 Gramm zu erhöhen. Ich muss zunächst erst einmal sagen, das finde ich einmal ziemlich sportlich. Wieso wollen Sie eigentlich gleich von 6 auf 15 Gramm gehen? Sie fragen sich, wieso sie von 30 auf 6 Gramm kommen, aber jetzt springen Sie plötzlich auf 15 Gramm, das erscheint mir ein bisschen willkürlich.
Wenn Sie über andere Bundesländer sprechen, kann ich auch dazu vielleicht etwas zur Klarstellung beitragen: Einzig Berlin hat eine 15-Gramm-Grenze, und sie diskutieren momentan auch über eine Absenkung wegen der aktuellen Vorkommnisse im Park. Bis auf Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz haben alle anderen Bundesländer wie Bremen auch die 6-Gramm-Grenze, und ich denke, das ist eine sehr vernünftige Lösung.
Es gibt darüber hinaus aber auch starke inhaltliche Gründe, weshalb wir eine solche Toleranzgren
ze nicht erhöhen sollten, nämlich – das wurde hier auch des Öfteren schon vorgetragen – es ist nicht zu bestreiten, auch wenn es teilweise konträre Studien darüber gibt, dass der regelmäßige Konsum von Cannabis erhebliche gesundheitliche Schäden beim Menschen hervorruft. Gerade bei Kindern und Jugendlichen, bei denen die neurologische Entwicklung noch nicht abgeschlossen ist, kann es zu schwerwiegenden Psychosen und auch zu einer Abhängigkeit führen, deswegen ist an diesem Punkt aber auch noch einmal von Bedeutung, das wurde auch schon erwähnt, dass das Cannabis von heute nicht mit dem Cannabis aus der Zeit der Hippies zu vergleichen ist. Heute haben wir aufgrund einer neuen Gewächshausmethode einen THC-Gehalt, der mindestens zehnfach stärker ist. Allein schon dieser Grund, Cannabis oder Marihuana als sogenannte weiche Droge zu verharmlosen, wird der Sache nicht gerecht, meine Damen und Herren.
Vor dem Hintergrund des steigenden Wirkungsgrads dieser Pflanze sehen wir eine Heraufsetzung der Eigenbedarfsgrenze äußerst kritisch. Von einer entsprechenden Anhebung der Eigenbedarfsgrenze würde auch ein falsches Signal an die Bevölkerung ausgehen, nämlich im Sinne der Verharmlosung einer illegalen Droge, und das können wir nicht mittragen.
Zu Ihrem zweiten Punkt! Sie fordern im Rahmen eines Modellprojekts die Einrichtung einer staatlich kontrollierten Abgabestelle, um wirksamen Jugendund Verbraucherschutz zu gewährleisten. Verehrte Frau Vogt, Sie möchten also Jugend- und Verbraucherschutz gewährleisten, indem Sie über eine staatlich kontrollierte Abgabestelle illegale Drogen verteilen. Wir haben große Schwierigkeiten, einem solchen Verständnis zu folgen. Für uns bedeutet Jugendverbraucherschutz eine vernünftige Aufklärung über die Gefahren dieser illegalen Droge und nicht das Verteilen der Droge über staatliche Abgabestellen.
Freilich, eine Pönale allein ist kein Allheilmittel, darüber, denke ich, besteht hier Einigkeit. Wir haben angesprochen, dass wir eine vernünftige Aufklärungs- und Präventionsarbeit brauchen, aber es muss auch darum gehen, Cannabis gesamtgesellschaftlich zu ächten, das ist unsere Überzeugung, denn daran fehlt es meines Erachtens allein schon. Etwa seit den Neunzigerjahren können wir gerade über die Massenmedien eine Verharmlosung dieser Droge verzeichnen, und wir sind der Auffassung, dass das zum Teil auch mit einem falschen Verständnis des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 1994 zusammenhängt, der Kollege hat darauf hingewiesen. Im ersten Leitsatz des Gerichtsurteils steht, dass es in Deutschland kein Recht auf Rausch gibt.
Ja! Weil viele Legalisierungsbefürworter sich immer wieder auf dieses Urteil stützen!
Der Gleichheitsgrundsatz, so die Verfassungsrichter, verpflichtet den Staat auch nicht, potenziell gleiche Drogen auch gleich zu behandeln; potenziell deshalb, weil bestimmte Seiten immer wieder argumentieren, dass Alkohol genauso so gefährlich oder noch gefährlicher sei. Jedenfalls verstößt es nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz, Alkohol zuzulassen und Cannabis und Marihuana zu verbieten. Das ist eine verfassungskonforme Praxis, an der wir als CDU festhalten werden, meine Damen und Herren.
Letztlich möchte ich auf Ihren dritten Punkt eingehen, die staatliche Kontrolle illegaler Drogen, das sogenannte Drug-Checking. Hier bin ich ganz bei Frau Dr. Kappert-Gonther: Wer wohl wissend illegale Drogen zu sich nimmt, trägt auch die Verantwortung für die gesundheitlichen Schäden, die daraus resultieren! Die Verpflichtung des Staates erschöpft sich darin, Menschen darüber aufzuklären, wie gefährlich diese illegalen Drogen sind. Eine darüber hinausgehende Aufgabe des Staates, eine Qualitätskontrolle für illegale Drogen zu organisieren, sehen wir nicht.
Deswegen, meine Damen und Herren, lehnen wir Ihren Antrag in Gänze ab. – Danke schön!
Bitte!
Ich meinte in Bezug auf die Selbstverantwortung von volljährigen Menschen.
Okay, aber ich habe mich mit dem gleichen Argument gegen Drug-Checking ausgesprochen!
Entschuldigung, alles klar!
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich denke, die Argumente in Bezug auf den Antrag der LINKEN sind ausgetauscht. Ich möchte noch ganz kurz Stellung zum Antrag der Grünen nehmen, nur ganz kurz!
Wir als CDU-Fraktion machen einen Unterschied zwischen Cannabis als Genussmittel und Cannabis als Medizin. Wenn es schwerstkranke Schmerzpatienten gibt, die austherapiert sind und bei denen kein anderes Mittel mehr hilft, um ihre Schmerzen zu lindern, als cannabishaltige Fertigarzneimittel, dann ist es eine Pflicht des Staates, diesen Menschen auch solche Arzneimittel zur Verfügung zu stellen, damit die Schmerzen dieser Menschen gelindert werden. Das ist unsere Überzeugung.
Das einzige Problem, das wir damit haben – und das hatte das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln ja in die Wege geleitet –, ist, wenn es dazu führt, dass dieses Medikament zu Hause angebaut wird. Das würde schließlich auch dem zuwiderlaufen, was wir uns alle wünschen, nämlich der Kontrolle des Marktes: Wenn Menschen privat bei sich auf dem Balkon Cannabis anbauen würden, hätten wir die Kontrolle verloren. Die Lösung, die Sie in Ihrem Antrag vorgeschlagen haben – da ist es sehr ausführlich dargestellt, darauf möchte ich nicht weiter eingehen –, dass die Medikamente in die Regelleistungen der Krankenkasse aufgenommen werden, halten wir für eine vernünftige Lösung, und vor dem Hintergrund der etwa 270 bis 280 Patienten, die momentan beim Bundesinstitut gemeldet sind, sind die Kosten noch überschaubar, sodass wir das den Krankenkassen auch sehr gut zumuten könnten. Insofern möchten wir Ihrem Antrag auch zustimmen. – Danke schön!
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Ihnen vorliegende Antrag sieht die
Schaffung eines Präventionsnetzwerks vor, um die Radikalisierung junger Muslime in Bremen zu verhindern. Auch wenn der Verfassungsschutz nicht einmal von einem Prozent der etwa vier Millionen in Deutschland lebenden Muslimen als radikalextremistisch einstuft, müssen wir doch konstatieren, dass von dieser kleinen Gruppe seit einigen Jahren eine konstant hohe Terrorbedrohung ausgeht. Auch in nicht wenigen Internetvideos wurden bereits Anschläge auf deutschem Boden angedroht. Nicht wenige sind auch konvertierte deutsche Muslime. Das macht noch einmal deutlich, dass wir es hier nicht ausschließlich mit Muslimen zu tun haben, die einen Migrationshintergrund haben. Hier müssen die Sicherheitsbehörden sehr wachsam sein, und wir müssen hier vor allem eine deutliche Botschaft mit dem Inhalt an diese Extremisten senden, wer unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung nicht respektiert und das friedliche Miteinander aller Religionen in Deutschland gefährdet, der wird auch die volle Härte unserer Gesetze zu spüren bekommen.
Im Bereich der Repressionen wurden auch schon richtige Schritte eingeleitet. Sie haben das in der Presse verfolgt, Bundesjustizminister Maas möchte bis Ende des Jahres weitere Änderungen unter anderem im Strafgesetzbuch einführen. Mit der Stärkung der Sicherheitsbehörden und mit dem Strafrecht allein werden wir das Problem nicht lösen können. Wir brauchen daneben ein ganzheitliches Konzept, um überhaupt zu verhindern, dass weitere junge Menschen in diese radikale Szene abdriften. Deswegen gilt es, diese Szene zu isolieren, indem wir die jungen Menschen, die bisher nur lose Verbindungen haben, die sich in einer Entscheidungsphase befinden, abfangen, bevor sie in diese Szene kommen und eine Bedrohung für die innere Sicherheit darstellen.
Meines Erachtens erreichen wir das am besten, indem wir unsere Vertragspartner, die Islamischen Religionsgemeinschaften im Lande Bremen in eine konzeptionelle Erarbeitung eines Präventionsprogramms einbinden, um diese jungen Menschen an dem Abdriften in Radikalität zu hindern. Ich möchte an dieser Stelle die Sache auch nicht noch spannender machen, als sie ist. Wir haben im Vorfeld einige Gespräche geführt. Wir freuen uns, dass dieser Antrag auf ein sehr positives Echo gestoßen ist. Wir hätten uns noch mehr gefreut, wenn Sie dem Antrag zugestimmt hätten. Wir werden Ihren Antrag auf Überweisung in die Deputation für Inneres und Soziales zustimmen und uns an der weiteren Feinjustierung unseres Antrags beteiligen.
Ich möchte an dieser Stelle noch einmal eine Sache erwähnen, die mir dann doch Bauchschmerzen
bereiten würde, und sie betrifft eine mögliche Federführung durch die Deputation für Inneres. Wir wissen aus der Erfahrung, dass gerade junge Menschen eine hohe Hemmschwelle haben, wenn es darum geht, sich präventiven Netzwerken zu öffnen. Wir kennen hier auch die Empfindlichkeiten der Islamischen Religionsgemeinschaften. Ich denke, wir würden hier unnötig in eine Erklärungssituation kommen und uns noch mehr um Vertrauen bemühen müssen, wenn wir hier die Federführung an das Ressort für Inneres/Verfassungsschutz abgeben.
Ich denke auch, dass es dafür keine zwingenden inhaltlichen Gründe gibt, weil es hier ein, ohne dem Bericht der Sozialdeputation vorgreifen zu wollen, ganz klar präventiver Antrag ist.
Wenn es um das Aussteigerprogramm gehen sollte, können wir auch in den folgenden Gesprächen darüber sprechen. Der Kreis, der dafür infrage kommt, ist in Bremen ohnehin gering.
Ich denke, hier würde Bremen auch eine Vorreiterrolle in Deutschland einnehmen, denn die entsprechenden Präventionsnetzwerke in Hessen, NordrheinWestfalen und Hamburg haben auch aus diesen besagten Gründen und auf Anraten anderer Experten hier ganz klar die Federführung an das Sozialressort abgegeben. Das, denke ich, wäre auch hier, und das möchte ich schon jetzt im Vorfeld ausdrücken, der richtige Schritt.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Güldner, eigentlich hatte ich gedacht, wir machen jetzt einen Deckel darauf. Da Sie hier krampfhaft versuchen, uns irgendeinen Zwist mit den Religionsgemeinschaften zu unterstellen,
möchte ich hier noch einmal etwas sagen. Wir haben in diesem Antrag an exponierter Stelle die islamischen Religionsgemeinschaften
als Kooperationspartner mit eingebunden. Ich lasse mir allenfalls gefallen, dass die Formulierung ein bisschen unglücklich ist und das bei einigen Menschen vielleicht falsch herüberkommen könnte. Wenn Sie hier sagen, sie möchten mit den Religionsgemeinschaften zusammenarbeiten, sage ich Ihnen: Genau das ist auch unsere Intention. Wir haben nie etwas anderes vorgehabt.
Herr Güngör, ich weiß nicht, wieso Sie jetzt auch darauf einschlagen. Ich denke, es gibt hier überhaupt keinen Konflikt. Deswegen wollte ich das klarstellen. So, wie Sie das eben dargestellt haben, ist es absolut nicht. – Danke schön!
Sehr geehrter Herr Präsi
dent, meine Damen und Herren! Frau Mohammadz adeh rückt mir ihrer Großen Anfrage die Bedeutung der Migrantenorganisationen in den Fokus der Öf fentlichkeit, und dafür möchte ich ihr ausdrücklich danken! Es ist ein, wie ich finde, sehr zentrales Thema im Bereich der Integrationspolitik, eines, das leider zu oft vernachlässigt wird, vor allem und insbesondere vom Bremer Senat.
Ich denke, dass die Vorlage hier ein weiteres Zeug
nis dieser Vernachlässigungspolitik ist, und insofern
möchte ich hier auch ein gänzlich anderes Lied an stimmen als meine Vorrednerinnen und Vorredner. Ich möchte das vor allem an zwei Punkten deutlich machen: Auf die Frage, wie wir die Kooperationen und die Vernetzung mit den Migrantenorganisatio nen intensivieren können, schreibt der Senat, dass es dort Verbesserungspotenzial gäbe. Gerade im Zusammenhang mit der Kooperation mit den soge nannten etablierten Trägern und Vereinen, die sich der interkulturellen Öffnung zu stellen haben, gäbe es Verbesserungspotenzial.
Meine Damen und Herren, ich möchte ein Beispiel
nennen: Das Landesinstitut für Schule hat im März 2013 eine große Tagung durchgeführt zu dem Thema „Muslimisches Leben von Kindern und Jugendlichen in Bremen“. So weit, so gut, es ist äußerst zu begrü ßen, dass es dieses Thema aufgreift und Pädagogen dafür sensibilisieren möchte. Wie unsensibel und geradezu ignorant das LIS selbst ist, sehen wir an dem Tagungsprogramm, denn für das LIS gibt es für das Thema „Muslimisches Leben in Bremen“ scheinbar keine anderen Kooperations- und Ansprechpartner als das Landesamt für Verfassungsschutz oder das Beratungsnetzwerk Kitab für Angehörige von in Islamismus abgedrifteten Jugendlichen!
Folglich wurden zwei der drei Vorträge, die dort
gehalten wurden, von einem Mitarbeiter des Verfas sungsschutzes gehalten, und die folgenden Work shops werden dominiert von den Themen Islamis mus, Salafismus und religiös begründete Hürden im Schulalltag. Ausgeklammert wird also der Alltag, die Normalität im Leben von Muslimen hier in Bre men. Ausgeklammert werden aber vor allem die Religionsgemeinschaften, die dieses Thema genuin interessiert, sowie Jugend-, Eltern- und Sportvereine, muslimische Wissenschaftler und Theologen. Da frage ich mich, welche Art von interkultureller Öffnung ist hier festzustellen, meine Damen und Herren?
Sie sprechen hier von Verbesserungspotenzialen,
und da frage ich den Bremer Senat: Was ist ein Vertrag mit dem Bremer Senat überhaupt wert, wenn Sie sich schon am nächsten Tag nicht mehr daran gebunden fühlen, und wie wollen Sie die Kooperationen mit den Migrantenorganisationen vorantreiben, wenn Sie noch nicht einmal Ihr eigenes Haus im Griff haben? So, meine Damen und Herren, verspielen Sie Vertrauen!
Zweiter Punkt: Sie schreiben in der Vorlage, dass
eine der zentrale Forderungen der Migrantenorgani sationen die nach einer finanziellen Förderung sei. In der Tat, wie wir wissen, arbeiten sie hauptsäch lich ehrenamtlich, und um das soziale Kapital auch gewinnbringend einsetzen zu können, bedarf es
gefestigter Strukturen und einer Professionalisierung ihres Engagements. So weit, so gut, sagt der Senat, aber er habe leider kein Geld dafür. Ich sage, nicht das Geld ist das Problem, sondern es ist wie so oft beim Bremer Senat eine falsche Schwerpunktsetzung, das ist das Problem, meine Damen und Herren!
Ich habe mir in Vorbereitung auf den heutigen Tag
einmal die Mühe gemacht, die Zuwendungsberichte der letzten vier Jahre anzuschauen, und dabei etwas sehr Interessantes festgestellt: Es fließen allein 56 Prozent des Gesamthaushalts für diesen Bereich – das sind in Zahlen 102 000 Euro – Jahr für Jahr als institutionelle Förderung an eine einzige Adresse in Bremen, hinzu kommen noch Projektförderungen. Der Rest des Geldes fließt an eine Handvoll anderer Häuser hier in Bremen.
Man möge mich an dieser Stelle bitte nicht falsch
verstehen! Mir geht es nicht darum, Häuser gegen einander auszuspielen oder die Arbeiten, die dort verrichtet werden, zu bewerten, aber wir müssen doch einmal nüchtern feststellen, dass es in Bre men Vereine gibt, die seit Jahren, tagein, tagaus, in ihren Stadtteilen großartige Arbeit leisten, Arbeit, die genuin eigentlich Arbeit des Bremer Senats ist oder von Vereinen, die dafür Geld erhalten, aber diese Vereine sind völlig am Ende ihrer Möglich keiten, haben nicht die Infrastruktur, um überhaupt Wissen über die Fördermöglichkeiten in Bremen zu erlangen, geschweige denn überhaupt von diesen Fördermöglichkeiten zu profitieren!
Auf der anderen Seite werden eine Handvoll Häuser
in Bremen institutionell mit Hunderttausend Euro gefördert, ein normal denkender Mensch muss doch bemerken, dass dort irgendetwas verkehrt läuft!
Das müssen wir auch in dieser Deutlichkeit an
sprechen! Da können Sie noch so oft in Ihre Vorlage schreiben, dass der Bremer Senat für alle Migran tenorganisationen gleichermaßen da sei und sich für einen gleichberechtigten Zugang zu Förderstrukturen einsetze. Mit Verlaub, Bremer Senat, das ist so weit von der gelebten Realität entfernt, das glauben noch nicht einmal mehr die Grünen und ich erst recht nicht, meine Damen und Herren!
Ihre Förderpolitik führt nicht dazu, die Kooperatio
nen und die Vernetzung der Migrantenorganisationen zu fördern. Ihre verfehlte Förderpolitik führt vielmehr zu einer Spaltung der Migrantenorganisationen, zu einer Missgunst untereinander, und seit Jahren wird offen darüber gesprochen, dass der Senat einseitig bestimmte Häuser bevorteilt und andere übergeht.
Wenn Sie diesem Gerede ein Ende setzen wollen, dann ändern Sie etwas an dieser ungerechten För derpolitik, und werden Sie Ihrem eigenen Anspruch gerecht!
Führen Sie zu gerechteren Fördermöglichkeiten,
meine Damen und Herren!
Soviel erst einmal, danke für Ihr Zuhören!
Herr Präsident, meine
Damen und Herren! Dass ich irgendwann einmal als CDU-Abgeordneter von Frau Mohammadzadeh höre, dass wir zum Thema Integration den Bogen nicht überspannen sollen, hätte ich mir nicht er träumen lassen.
Frau Tuchel, Ihnen kann ich nur sagen, dass Sie
mich nicht kennen, wenn Sie glauben, dass ich nur stumpf austeile, ohne vernünftige Vorschläge zu machen. Ich sehe Ihnen das aber nach, denn Sie hören mich heute zum ersten Mal. Ich werde das hier aber gleich nachholen, meine Damen und Herren.
Ich möchte gern noch auf einen Punkt zu sprechen
kommen, den der Senat auch in seinem Papier er wähnt, nämlich den Bremer Rat für Integration. Der Senat schreibt, dass der Bremer Rat für Integration seit dem Jahr 2005 einen wichtigen Beitrag für die Kooperation und Vernetzung der Migrantenorga nisationen in Bremen leistet und deren politische Teilhabe fördert. Ich weiß ja nicht, in welcher Welt der Bremer Senat lebt, aber in der Welt, in der ich lebe, und bei den Migrantenorganisationen, die ich kenne, kommt der Bremer Rat für Integration so gut wie gar nicht vor.
Die Themen, die dort behandelt werden, gehen
weit an den Interessen und Bedürfnissen der Mig ranten vorbei und sind in keiner Weise repräsentativ für die meisten Migrantenorganisationen in Bremen.
Insofern ist der Bremer Rat für Integration kein
taugliches Gremium, um die Kooperation mit den Migrantenorganisationen in Bremen zu fördern, meine Damen und Herren!
Dafür gibt es auch eine einfache Erklärung: Schau
en Sie sich die Zusammensetzung des Bremer Rates für Integration an!
Schauen Sie sich einmal die Satzung des Bremer
Rates für Integration an! Schauen Sie, welche An forderungen an Menschen gestellt werden, die sich engagieren wollen! Man muss verschiedene Gut achten vorlegen, um sich überhaupt beteiligen zu können. Hat man sich dann endlich durchgerungen und die verschiedensten Referenzen eingeholt, wie es in der Satzung steht, dann entscheidet ein poli tisch zusammengesetzter Ausschuss darüber, wer im Bremer Rat für Integration arbeiten darf.
Frau Tuchel, hören Sie einfach einmal zu, was ich
zu sagen habe!
Finden Sie nicht auch, dass es gerechter wäre,
wenn Sie den Bürgerinnen und Bürgern in Bremen die Möglichkeit geben würden, darüber zu entscheiden, wer sie in diesem Gremium vertritt, und nicht einem politisch zusammengesetzten Ausschuss?
Schauen Sie sich die Beispiele in den anderen
Bundesländern an! Schauen Sie nach NordrheinWestfalen! In vielen Bundesländern gibt es einen Rat für Migranten, der von den Bürgerinnen und Bürgern selbst gewählt wird.
Nordrhein-Westfalen als eines der größten Bun
desländer zum Beispiel! Lassen Sie mich aber bitte noch fortfahren!
Meine Damen und Herren, ich habe noch ein
Beispiel. Wenn es um das Thema Integration geht, erwähnen Sie jedes Mal quasi reflexartig den Bremer Rat für Integration als höchste Legitimationsinstanz für Migranten hier in Bremen, wie Sie selbst aber mit dem Bremer Rat für Integration umgehen, sehen wir zum Beispiel an folgendem Projekt. Es geht um das Konzept zur Erhöhung des Anteils von Kindern mit Migrationshintergrund im Elementarbereich und insbesondere im U3-Bereich. Meine Kolleginnen und Kollegen aus der Sozialdeputation und dem Jugendhilfeausschuss wissen, wovon ich rede. Der Bremer Rat für Integration schrieb Frau Senatorin Stahmann an, weil er kurzfristig erfahren hatte, dass das oben genannte Konzept auf der Sitzung der Sozi aldeputation am 3. Juli behandelt werden soll. Dabei stellte er mit Befremden fest, dass in der Vorlage die Beteiligung des Bremer Rats für Integration an prominenter Stelle hervorgehoben erwähnt wurde, obwohl die der Deputation vorgelegte Fassung nicht mit dem Bremer Rat abgestimmt worden war.
Wenn der Bremer Senat schon so mit dem Bremer
Rat für Integration umgeht, wie viel Engagement und Elansteckt dann in so einem Bremer Senat, die außenstehenden Migrantenorganisationen in die konzeptionelle Erarbeitung von Integrationsarbeit mit einzubeziehen, meine Damen und Herren?
Jeder kann die Vorlage auf seine Art und Weise inter pretieren. Ich habe Ihnen zugehört, und ich finde es respektlos von Ihnen, wenn Sie mich vor der ganzen Menge einfach so darstellen, als hätte ich das Thema verfehlt. Warum können Sie mir nicht einfach zuhören?
Zu Ihren Handlungsempfehlungen möchte ich kurz
Folgendes zusammenfassen, erstens: Ich denke, dem Senat fehlt eine Strategie, um die Migrantenorga nisationen hier in Bremen bei der Integration und Partizipation und damit auch systematisch in die
Integrationsarbeit einzubinden. Konzepte entstehen meistens am Schreibtisch, und erst wenn es um die Vermarktung geht, tritt man an die Migrantenorga nisationen heran. Dass so etwas nicht zielführend ist, sehen wir zum Beispiel an dem Projekt Kitab, das schon tot war, bevor es auflebte, meine Damen und Herren.
Zweitens: Die Migrantenorganisationen sind in
keiner Weise ausreichend vernetzt, weder unterein ander noch mit den Trägern. Ich habe ja das Beispiel LIS angeführt. Der Bremer Rat für Integration müsste hier eigentlich Abhilfe schaffen und für Vernetzung sorgen. Dies hätte ja auch der Bremer Senat gern. Er kann dies aber wegen der Zusammensetzung nicht leisten.
Deswegen benötigen wir einen weiteren oder
anderen Bremer Rat oder eine neue Stelle, eine Querschnittstelle, die alle Interessen in Bremen angemessen reflektieren kann.
Drittens, und das ist einer der zentralen Punkte für
mich: Es gibt in Bremen keinen gleichberechtigten Zugang zu Fördermöglichkeiten. Auf der einen Seite pfeifen Vereine aus dem letzten Loch, auf der anderen Seite werden bestimmte Häuser institutionell mit viel Geld gefördert. Hier muss unbedingt umgesteuert und der eigene Anspruch auf Gleichberechtigungs zugang gewährleistet werden.
Damit eng zusammenhängend bedarf eines über geordneten Evaluationskonzepts, um Integrations arbeit in Bremen auch abbilden zu können. Gibt es ein Integrationsmonitoring in Bremen, dass man kontrolliert, wie sinnvoll die Gelder überhaupt ein gesetzt werden?
Ein solches Monitoring führt zu mehr Transparenz, Gerechtigkeit und vor allem auch zu mehr Wettbe werb unter den Antragstellern.
Ja, es ist nicht alles grausam hier in der Stadt, ja,
es ist nicht die Hölle, in Bremen zu leben, aber es gehört vor allem auch für einen Oppositionspolitiker dazu, den Finger in die Wunde zu legen. Ich habe hier kein politisches Getöse vorgetragen, sondern meine eigenen Erfahrungen, die ich in zahlreichen Gesprächen mit Menschen gesammelt habe, die seit zehn oder 20 Jahren in dieser Stadt Integrationsarbeit leisten. Das habe ich Ihnen hier vorgetragen. Wenn Sie eine gänzlich andere Auffassung haben, dann respektiere ich das und hoffe, dass wenigstens die Staatsrätin ein bisschen mitnimmt. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit!
Wir fragen den Senat:
Wie bewertet der Senat die integrationspolitische Arbeit der Jungen Islamkonferenz?
Warum wurde in Bremen im Gegensatz zu anderen Bundesländern bisher nicht geplant, ein Dialogforum der Jungen Islamkonferenz einzurichten?
Wie und bis wann plant der Senat, den Aufbau eines Dialogforums der Jungen Islamkonferenz in Bremen zu unterstützen?
Sie sprachen von vielfältigen Projekten und haben sie aufgezählt. Meiner Meinung nach sind sie nicht mit der Jungen Islamkonferenz zu vergleichen.
Ich würde gern das Projekt Stadtplan der Religionen aufgreifen, weil Sie das noch einmal herausgestellt haben. Das Projekt Stadtplan der Religionen wird durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert, und wenn ich mich recht entsinne, läuft das Projekt diesen Sommer aus, das heißt, in einigen Wochen. Wie soll es mit Ihrem Flaggschiff weitergehen?
Herr Bürgermeister, wird das Projekt nun weitergeführt oder nicht, wissen Sie etwas darüber?
Eine letzte Frage zum Inhalt! Sie haben ausgeführt, dass die Junge Islamkonferenz ein Dialogforum ist, das die Beteiligten mit Grundlagenforschung füttert. Haben Sie auch zur Kenntnis genommen, dass diese Junge Islamkonferenz vor allem auf Länderebene Kooperationen mit Schulen eingeht, dort Schüler vor den Gefahren der Radikalisierung des Islamismus warnt und die Lehrerschaft für die Andersartigkeit sensibilisiert? Glauben Sie nicht, dass gerade vor dem Hintergrund der Ereignisse im Schulzentrum Lange Reihe und im Kulturzentrum Gröpelingen solch eine Kooperation mit Schulen für Bremen sehr gewinnbringend wäre, die wir in anderen Bereichen leider nicht haben?