Simone Huth-Haage
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Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! „Frauen im Islam werden unterdrückt. Diese Frauen sind überall. In liberalen Gesellschaften ignorieren wir sie, anstatt ihnen zu helfen.“ Meine Damen und Herren, so weit geht die in Somalia geborene niederländische Abgeordnete Hirsi Ali, von der dieses Zitat stammt.
Wir alle wissen, dass es glücklicherweise sehr viele Beispiele gelungener Integration gibt. Wir wissen natürlich auch, dass die Frauen ganz unterschiedliche Lebensentwürfe haben. Dennoch wollten wir es genauer wissen und haben die Große Anfrage mit dem Ziel formuliert, mit einer Bestandsaufnahme auf die Situation muslimischer Mädchen und Frauen in Rheinland-Pfalz aufmerksam zu machen. Wir sind sehr froh darüber, dass wir das getan haben; denn im Anschluss an diese Große Anfrage gab es eine Reihe von parlamentarischen Initiativen. Es gab Kleine Anfragen, einen Antrag der GRÜNEN. Ich finde, es ist richtig, dass die CDUFraktion dieses Thema auf die politische Tagesordnung gesetzt hat.
In neun Frageblöcken haben wir viele verschiedene Lebensbereiche einbezogen, etwa Fragen zur Erziehung und Bildung, aber auch zum Beruf und Senioren. Wir wissen, dass die erste Gastarbeitergeneration mittlerweile in Deutschland alt geworden ist. Wir haben aber auch nachgefragt zu den Themen „Ehe“ und „Familie“. Wir möchten eins vorwegschicken, wir sind mit der Beantwortung dieser Großen Anfrage sehr unzufrieden, aus dreierlei Gründen. Zum einen sind von 79 Fragen 54 nicht beantwortet worden, weil keine Erkenntnisse vorliegen, weil es kein Datenmaterial gibt, keine belastbaren empirischen Daten. Das ist ein Armutszeugnis. Die Landesregierung stochert im Nebel. Wir gestehen uns ein, dass wir über die Lebenssituation von 100.000 Menschen, die unter uns leben, so gut wir nichts wissen.
Meine Damen und Herren, wir sind uns im Klaren darüber, dass es gesetzliche Rahmenbedingungen gibt, an die sich selbstverständlich auch die Landesregierung halten muss. Wir möchten aber diesen Punkt einmal festhalten, dass wir über die Lebenssituation dieser Menschen so gut wie nichts wissen.
Auch dort, wo es möglich gewesen wäre, zu antworten, ist das sehr oberflächlich geschehen, teilweise auch widersprüchlich. Dann sind Antworten, die man durchaus hätte geben können, nicht gegeben worden. Beispielsweise haben wir nachgefragt – ich halte das für eine ganz wichtige Frage –, wie hoch die Anzahl der
Kinder aus diesem Kulturkreis im Kindergarten ist? – Wir wissen, dass Integration, wenn sie erfolgreich sein soll, doch möglichst früh beginnen muss. Die Antwort der Landesregierung lautet dann lapidar: Diese Angaben müssen beim Träger nachgefragt werden, das könne man nicht leisten. – Ich denke schon, dass die Landesregierung das hätte leisten können. Natürlich ist das Arbeit, aber es wäre doch wichtig zu wissen. Das hätte man doch tun können. Meine Damen und Herren, ich würde mir schon wünschen, dass wir das vielleicht noch nachgereicht bekommen. Ich denke, das ist wichtig.
Wenn Sie das zusammenfassen, dann bin ich auch schon bei meinem dritten, dem größten Vorwurf: Man spürte bei der Beantwortung dieser Anfrage das Unbehagen der Landesregierung, sich mit diesem Thema überhaupt auseinander setzen zu müssen.
Der Herr Minister ist jetzt leider nicht anwesend, ich hätte es ihm gern selbst gesagt. Er schreibt in dem Vorwort, er begrüße zwar die Große Anfrage, aber Integrationsprobleme muslimischer Frauen seien nicht religions- sondern migrationsbedingt. Sie gleichen überaus den Problemen anderer Migrantinnen und Migranten.
Ich möchte dazu sagen: Fremdbestimmung der Frau, Zwangsheirat, arrangierte Ehen, Gewalt in der Ehe, Ehrenmorde, all das trifft in einem ganz bestimmten Kulturkreis zu. Diese schlimmen Auswirkungen haben wir glücklicherweise nicht bei Portugiesen, bei Italienern oder bei Aussiedlern. Diese Problematik trifft auf diesen einen Kulturkreis zu. Meine Damen und Herren, das müssen wir uns doch einmal eingestehen.
Was die Landesregierung hier geschrieben hat, ist eine Verharmlosung, eine Negierung der Realität. Necla Kelek gibt in ihrem aufwühlenden Buch „Die fremde Braut“ Einblick in das türkische Leben in Deutschland. Sie schreibt: „In den muslimischen Gemeinschaften hat sich eine Trennungslinie zwischen Männern und Frauen herausgebildet. Der Mann steht in der Öffentlichkeit, die Frau ist Privatheit und Ehre des Mannes.“ Sie geißelt in ihrem Buch darüber hinaus auch den deutschen Zustand der Unschuld nach dem Motto: Wir tolerieren einfach alles.
Meine Damen und Herren, statt tolerant ein anderes kulturelles Muster zu akzeptieren, ohne sich darüber klar zu werden, was wir eigentlich akzeptieren, fände ich es wichtiger, dass wir als überzeugte Demokraten einmal darüber reden, wie wir diesen Frauen helfen, aus diesen Mustern auszubrechen, und wie wir ihnen helfen, ein selbstbestimmtes, ein eigenverantwortliches Leben zu führen. Das sollten wir tun.
Den Mut einer Frau Hirsi Ali oder einer Frau Necla Kelek, ein kleines bisschen dieses Mutes hätte ich auch der Landesregierung gewünscht, aber hier ist ein zwanghaftes Bemühen um politische Korrektheit leider der Fall gewesen.
Mein Kollege Matthias Lammert wird später noch etwas zu dem Integrationsbericht ausführen.
Lassen Sie mich ein paar ganz kurze Forderungen formulieren. Zum einen brauchen wir – auch das ist in dem Bericht deutlich geworden – mehr Sprachkurse, auch mehr verpflichtende Sprachkurse.
Wir müssen auch darüber reden, ob wir es vielleicht unter Strafe stellen sollten, wenn es einer jungen Frau von einem Ehemann oder von der Familie nicht ermöglicht wird, einen solchen Sprachkurs zu besuchen. Darüber müssen wir reden.
Wir müssen engagiert und couragiert gegen Zwangsehen und arrangierte Ehen vorgehen; denn aus arrangierten Ehen werden oft Zwangsehen, eventuell durch die Heraufsetzung des Heiratsalters.
Wir haben vorhin über die schlechte Situation bei der Datenerhebung gesprochen. Mittlerweile gibt es im niederländischen Parlament eine Mehrheit, die sich dafür ausspricht, Fälle von häuslicher Gewalt nach dem Kriterium der Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe zu erfassen. Auch darüber müsste man hier zumindest einmal sprechen dürfen.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! „Leben mit Kindern und Erwerbstätigkeit vereinbaren“, so lautet der Titel des Antrags der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Das klingt gut und gefällig; denn wer will das nicht. Wir alle wissen, dass die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ein zentrales Thema einer verantwortungsvollen und zukunftsorientierten Politik ist und sicherlich auch künftig noch wichtiger werden wird.
Beim Lesen des Antrags ist mir sehr viel bekannt vorgekommen. Vieles hat man so schon ähnlich gehört. Tatsächlich, in der Enquete-Kommission „Zukunft der Arbeit“ haben wir in der Vorlage 136 ziemlich genau das stehen, was in diesem Antrag steht. Meine Damen und Herren von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, ich möchte das an dieser Stelle sagen: Ich halte es für politisch keinen guten Stil, wenn wir wissenschaftliche Vorlagen aus der Arbeit einer Kommission herausnehmen und das als Antrag verbraten, bevor wir in der Kommission darüber gesprochen haben. Das kann man tun, aber das ist kein guter Stil.
Dadurch wird ein bisschen der Charakter dieses Antrags offenbart. Es handelt sich leider um einen Showantrag, dessen Existenz wir allein der Tatsache zu verdanken haben, dass wir in drei Tagen vorgezogene Bundestagswahlen haben.
Meine Damen und Herren, zum Inhalt: Da sind wir ganz nah beieinander. Wir brauchen sicherlich eine bedarfsgerechte Betreuung und – das ist uns ganz besonders wichtig – eine qualitativ hochwertige Betreuung. Mich stört, wenn Sie an einem Punkt schreiben, die Betreuungszeiten sollen den Belangen der Erwerbstätigen entsprechen. Das ist richtig. Da fehlt aber etwas. Es fehlt, dass sie auch den Belangen der Kinder entsprechen müssen. Da zeigt sich wieder, dass Sie kein Fingerspitzengefühl haben. Selbstverständlich müssen auch die Belange der Kinder berücksichtigt werden.
Sie fordern in einem zweiten Punkt, dass sich in diesem Bereich der öffentliche Dienst stärker engagieren soll. Der öffentliche Dienst soll eine Vorreiterrolle übernehmen. Es ist richtig, dass der öffentliche Dienst das kann. Er kann das sicherlich einfacher tun, als das viele Unternehmen in der freien Wirtschaft tun können.
Sie gehen sehr stark – auch das begrüße ich – auf die Impulse für die Wirtschaft ein, wobei man fairerweise auch dazu sagen muss, dass viele Unternehmen, insbesondere viele mittelständische Unternehmen, schon vor vielen Jahren, teilweise schon vor Jahrzehnten, erkannt haben, wie wichtig familienfreundliche Rahmenbedingungen für die Familien, aber auch für das Unternehmen sind.
Ich bin der Meinung, da ist keine Nachhilfe von der Politik notwendig. Natürlich gibt es Dinge, die wir unterstützen und die wir auch als CDU-Fraktion ausdrücklich begrüßen. Das ist beispielsweise das Audit „Familie und Beruf“ der Hertie-Stiftung. Natürlich müssen wir auch weiter aufklärerisch tätig sein, indem wir sagen, dass familienfreundliche Rahmenbedingungen für die Familien, aber auch für die Betriebe wichtig sind, weil die Mitarbeiter motivierter, engagierter und innovativer sind und auch der Krankenstand geringer ist. Ebenfalls ist die Fluktuation in einem solchen Unternehmen geringer. All das ist wichtig. Da sind sicherlich von uns gemeinsam noch ein paar Aufgaben zu bewältigen.
Es hat mich gefreut, dass Sie offenbar an einer Stelle von der CDU gelernt haben. Sie haben geschrieben – das finde ich sehr gut –: „Frauen und Männer, die Kinder haben, müssen frei wählen können, ob und in welchen Anteilen sie Erwerbstätigkeit und Kindererziehung miteinander verbinden wollen.“
Ich werte das als ein ganz klares Bekenntnis zur Wahlfreiheit. Das ist eine zentrale Position der CDU.
Wir haben schon immer gesagt, wir müssen alles dafür tun, um Eltern zu unterstützen, die beide berufstätig sein wollen oder sein müssen. Immer mehr müssen es sein. Aber wir haben auch gesagt, wir müssen für die Famili
en, in denen sich ein Elternteil bewusst dafür entscheidet, zu Hause zu bleiben und die Kinder zu erziehen, dafür sorgen, dass auch für diese Familien vernünftige Rahmenbedingungen entstehen und für sie vor allem auch eine gesellschaftliche Akzeptanz vorhanden ist. Wir haben immer gesagt, wir können nicht die Berufstätigkeit beider Elternteile als alleinigen Königsweg propagieren. Deshalb begrüßen wir diesen Part außerordentlich.
Meine Damen und Herren, ich habe mir überlegt, was Familien heutzutage tatsächlich bewegt. Ich sage Ihnen, das ist vor allen Dingen die wirtschaftliche Situation; das ist vor allem auch die Situation auf dem Arbeitsmarkt.
Gerade im ländlichen Raum ist die Situation schwierig. Zwei Kinder von mir besuchen den Kindergarten. Wenn ich einmal schaue, wer von den anderen Müttern berufstätig ist – sei es auch nur in Teilzeit –, stelle ich fest, dass Sie diese Mütter an einer Hand abzählen können. Ursache dafür ist bei uns vor Ort nicht so sehr die Betreuungssituation
das ist in der Tat wahr –, sondern das ist auf die Situation zurückzuführen, dass keine Arbeitsplätze vorhanden sind. Natürlich ist in dem einen oder anderen Fall auch der persönliche Lebensentwurf der Grund dafür – das bleibt jedem unbenommen –, aber es gibt einen Mangel an Arbeitsplätzen. Auch da müssen wir etwas tun.
Wenn die Menschen verunsichert sind, keine Zuversicht in die Zukunft und Angst um ihren Arbeitsplatz haben, werden keine Familien gegründet, oder man begnügt sich mit maximal einem Kind. Leider haben wir diese Situation. Deshalb ist es eine familienfreundliche Politik, wenn wir eine gute Wirtschaftspolitik machen. Deshalb müssen wir dafür sorgen, dass wieder Wachstum entsteht und wir wieder mehr sozialversicherungspflichtige Beschäftigung bekommen; denn dann geht es auch den Familien im Land wieder besser.
Meine Damen und Herren, Sie haben einen ganz wichtigen Punkt außen vor gelassen. Ein Problem ist, dass sich viele wichtige Ereignisse im Leben auf wenige Jahre konzentrieren, wie zum Beispiel der Schulabschluss, die Berufsausbildung, der Berufseinstieg und die Familiengründung. Deshalb wäre es wünschenswert und wichtig, wenn wir eine Entzerrung der Lebensphasen erreichen würden.
In Frankreich – das ist das Land, in das wir so gern schauen, wenn es um Familien- und Bevölkerungspolitik geht – starten junge Akademiker und insbesondere junge Akademikerinnen im Schnitt vier Jahre früher in das Berufsleben, als dies in der Bundesrepublik der Fall ist. Das heißt, die jungen Menschen haben vier Jahre mehr Zeit, sich beruflich zu etablieren und die ersten
Karriereschritte zu machen. Es liegt auf der Hand, dass sie sich mit Ende 20 oder Anfang 30 viel leichter für Kinder entscheiden, als dies in Deutschland der Fall ist. Die jungen Frauen in Deutschland steigen dann erst in den Beruf ein.
Frau Ministerin Ahnen, aus dem genannten Grund wäre es wichtig, an dieser Stelle durch eine frühere Einschulung etwas Lebenszeit einzusparen und endlich auch in Rheinland-Pfalz zu dem Abitur nach zwölf Jahren zu kommen und nicht diese eigenartige Konstruktion mit zwölfeinhalb Jahren haben.
Wir gehen mit der Lebenszeit von jungen Menschen zu verschwenderisch um. Das rächt sich in späteren Jahren.
Meine Damen und Herren, natürlich muss man auch an anderen Stellschrauben drehen und es möglich sein, in einem späteren Lebensalter, und zwar dann, wenn die Kinder flügge geworden sind und das Haus verlassen haben, im Beruf wieder Gas zu geben. Wir müssen es in der Gesellschaft schaffen, dass man auch jenseits der 40 Jahre und 50 Jahre noch Karriere machen kann. Das müssen wir schaffen. Das können wir auch bewältigen.
Meine Damen und Herren, warum ist das alles in Deutschland so schwierig? Es ist deshalb schwierig, weil Deutschland leider ein Land geworden ist, das arm an Kindern ist. Es liegt auf der Hand, dass dort, wo viele Menschen keinen Kontakt mehr zu Kindern haben, das Verständnis für die Belange von Kindern und Familien fehlt.
Eine Allensbach-Studie spricht gar von einer Entfremdung von Kindern in Deutschland. Das ist erschreckend.
Herr Pörksen, Ihre dummen Zwischenrufe!
Man denkt immer, diese sind nicht zu toppen. Sie schaffen es wirklich immer wieder. Glückwunsch!
Die „Rheinpfalz“ vom 7. September 2005 schreibt, die Zahl der pfälzischen Familen mit Kindern schrumpfe weiter. Im Jahr 1991 habe es noch 241.000 Familien mit 394.000 Kindern in der Pfalz gegeben. Im letzten Jahr seien es lediglich noch 220.000 Familien mit 369.000 Sprösslingen gewesen. Die „FAZ“ vom gleichen Tag schreibt, der Trend, der sich in Deutschland abzeichne,
gehe in Richtung Kinderlosigkeit. Er sei zu einem relativ verbreiteten und zunehmend sozial verfestigten Verhaltensmuster geworden.
Um dieses Verhaltensmuster aufzubrechen, brauchen wir ein Bündel voller Maßnahmen. Es genügt nicht nur, die Betreuung oder die Unternehmen in die Pflicht zu nehmen. Wir müssen einen ganzen Strauß von Maßnahmen ergreifen. Ich habe versucht, ein paar Dinge anzusprechen.
Meine Damen und Herren, ich bin überzeugt zu wissen, an was es uns in Deutschland fehlt. Wir brauchen positive Vorbilder und mehr Menschen, die vorleben, dass es gelingen kann, die Erwerbstätigkeit erfolgreich auszuleben und gleichzeitig eine glückliche Familie mit Kindern zu haben. Diese Vorbilder brauchen wir in den Medien, in der Kultur, in der Wirtschaft und in der Politik. Deswegen freue ich mich nicht nur, wenn wir eine Kanzlerin Angela Merkel, sondern auch eine Sozialministerin Ursula von der Leyen haben, die mit sieben Kindern weiß, worauf es ankommt.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! In RheinlandPfalz beenden in diesem Sommer über 47.000 junge Menschen – das sind 5 % mehr als 2004 – eine allgemein bildende Schule.
Wie die Regionaldirektion der Agentur für Arbeit Rheinland-Pfalz und Saarland mitteilt, stehen den Bewerbern für den Zeitraum Oktober 2004 bis Mai 2005 derzeit 21.028 gemeldete offene Ausbildungsplätze zur Verfügung. Das sind 2.600 oder 11 % weniger als im Vorjahr.
Geht man davon aus, dass ein Teil der Jugendlichen weiterführende Schulen besuchen wird und ein anderer Teil ein Studium beginnt, und hält man sich an die Faustregel der Bundesagentur, die besagt, dass von der
Gesamtheit eines Jahrgangs ca. 60 % bis 65 % als Nachfrager auf dem Ausbildungsmarkt verbleiben, so ist im Sommer mit ca. 28.000 bis 30.000 neuen Lehrstellensuchenden zu rechnen.
Die Schere zwischen Angebot und Nachfrage hat sich auf dem Ausbildungsmarkt 2005 vergrößert.
Die Initiativen von Wirtschaftsverbänden, Kammern und der Landesregierung sind richtig und begrüßenswert. Viele von uns sind vor Ort in diesen Initiativen engagiert.
Es darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Lage nach wie vor sehr schwierig und angespannt ist.
Der rheinland-pfälzische Ausbildungsmarkt ist ein Spiegelbild der allgemeinen Wirtschaftslage. Deutlich wird die wirtschaftliche Situation unseres Bundeslandes bei der Betrachtung von zwei maßgeblichen Indikatoren, nämlich bei der Betrachtung des Bruttoinlandsproduktes je Einwohner: Hierbei sind wir zweitletztes Bundesland im Westen.
Bei der Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten je 1.000 Einwohner liegt Rheinland-Pfalz lediglich bei 289 Arbeitsplätzen und damit auf dem drittletzten Platz in ganz Deutschland.
Wir dürfen nicht vergessen, dass wir eine große Bugwelle vor uns herschieben. 40.000 junge Menschen unter 25 Jahren sind bei der Agentur arbeitslos gemeldet. 120.000 in derselben Altersklasse parken wir derzeit in Qualifizierungs- und Weiterbildungsmaßnahmen.
Um es ganz klar zu sagen, die Gründe für die Ausbildungsmisere haben nichts mit der fehlenden Motivation der Betriebe zu tun oder mit der nicht ausreichenden Bereitschaft.
Herr Wiechmann, ich kann es Ihnen ganz klar sagen. Ich komme aus einem mittelständischen Betrieb. Wir bilden seit Jahrzehnten aus. Wir bilden über Bedarf aus.
Wir bieten den jungen Menschen nach der Prüfung einen festen Arbeitsvertrag.
Wir haben diese Woche eine Initiative mit dem Internationalen Bund (IB) gemacht, in der es darum geht, dass wir Jugendlichen – die zum Teil ein schwieriges Klientel sind –, konkret zwei jungen Menschen, die praktische Ausbildung zum Maschinen- und Anlagenführer ermöglichen und sie beim IB den theoretischen Teil der Ausbildung mitbekommen.
Bei all diesen Initiativen – ich weiß es, dass es nicht nur bei uns so ist, sondern bei vielen mittelständischen Betrieben in Rheinland-Pfalz so läuft – ist es unredlich, wenn Sie sagen, die Unternehmen kommen ihrer Verantwortung nicht nach. Das können Sie nicht machen.
Meine Damen und Herren, wenn die Lehrstellenlücke in diesem Jahr größer ist als im letzten Jahr, so ist dies nicht auf das Scheitern des Ausbildungspakts zurückzuführen, sondern auf das Scheitern rotgrüner Wirtschaftspolitik.
Herr Schwarz, überlegen Sie doch einmal, welche Botschaften wir den Unternehmen in den letzten Monaten gesendet haben. Es geht immer wieder um die Diskussion über die Ausbildungsplatzabgabe. Wir wissen, das bremst doch eher die Bereitschaft auszubilden, da die Betriebe verunsichert sind. Als weiteres Stichwort nenne ich die unsägliche „Heuschreckendebatte“.
Ich habe in der letzten Debatte schon einmal die Frage in den Raum gestellt: Wie vielen Mittelständlern, wie vielen inhabergeführten Betrieben tut man damit bitter Unrecht, die sich im besten Einvernehmen mit ihren Arbeitnehmern tagtäglich in einem harten Kampf der globalisierten Wirtschaft stellen müssen? – In diese Kerbe schlägt auch das Antidiskriminierungsgesetz,
das in Wahrheit ein Antiaufschwungs-, ein Antiausbildungsplatz- und ein Antiarbeitsplatzgesetz ist. So ist es.
Ich frage Sie im Ernst: Wie viele Mühlsteine wollen Sie dem Standort Deutschland und seinen Unternehmen noch umhängen?
Meine Damen und Herren, die eigentlichen Gründe für die Probleme auf dem Ausbildungsmarkt liegen in der schwierigen wirtschaftlichen Lage, in ungelösten strukturellen Problemen, aber auch in der mangelnden Ausbildungsreife vieler Schulabgänger.
Herr Beck, seien Sie bitte einmal ruhig! Gehen Sie auf Ihren Abgeordnetenplatz! Können wir bitte einmal Ruhe haben?
Kümmern Sie sich um die Bildungspolitik! Das ist eine primäre landespolitische Aufgabe. Da könnten wir etwas tun.
Viele Betriebe bilden auch nicht aus aufgrund der erschreckenden Kostensituation. Ich rede nicht nur von der Kostensituation bei der Ausbildung, sondern die Kosten sind in allen Bereichen explodiert, etwa im Bereich der Energiekosten. Dazu könnte ich einiges sagen.
Unternehmen bilden nur dann aus, wenn es die ökonomische Lage irgendwie ermöglicht.
Meine Damen und Herren, man muss sagen, nach sieben Jahren Rotgrün sind Jugendliche in unserem Land nicht nur materiell ärmer geworden, sie sind auch ärmer an Chancen und ärmer an Perspektiven.
Meine Damen und Herren! Frau Grosse, Sie haben Eltern als Berufswahlbegleiter angesprochen. Nun könnte man meinen, dass es eigentlich eine Selbstverständlichkeit ist, dass Eltern ihre Kinder bei der Berufswahl und auf dem Lebensweg insgesamt begleiten. Aber sei es drum, es ist sicherlich kein Fehler, das zu unterstützen. Man muss jedoch auch sagen, durch das Projekt allein wird kein einziger zusätzlicher Ausbildungsplatz geschaffen.
Ach, Herr Schwarz.
Gute und gut gemeinte Projekte – – –
Herr Schwarz, es ist gut, dass es die Projekte gibt, aber es ist schlecht, dass es sie geben muss. Ich bitte Sie ganz ehrlich, hören Sie auf, solche Projekte als
Monstranz vor sich herzutragen. Das ist einfach schlecht.
Herr Minister, eine Anregung an Sie, bitte kümmern Sie sich um den Abgleich der Daten Ihres Ministeriums und des Statistischen Landesamts. Das wäre hilfreich.
Noch ein anderer Aspekt: 40 % der arbeitslosen Jugendlichen sind ohne Schulabschluss oder ohne berufliche Ausbildung. Das zeigt deutlich den Zusammenhang zwischen Bildung und Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Ausbildung ist und bleibt der beste Schutz vor Arbeitslosigkeit. Dennoch haben wir das Problem, dass ein großer Teil der Jugendlichen, nämlich knapp 19 %, die Ausbildungsverhältnisse vorzeitig beendet.
Meine Damen und Herren, das duale Ausbildungssystem ist nach wie vor ein großer Standortvorteil Deutschlands. Vielleicht haben Sie es verfolgt, zurzeit finden in Finnland die World Skill Championships statt. Das sind die Weltmeisterschaften in den Ausbildungsberufen. Da treten gegeneinander an junge Friseure, junge Tischler, junge Handwerker aus vielen verschiedenen Nationen. Was uns im Sport seit geraumer Zeit nicht mehr gelingt, nämlich Spitzenplätze und Medaillenränge einzunehmen, das ist uns bei diesen World Skill Championships in der Vergangenheit und auch diesmal wieder ganz stark gelungen. Gestern haben zwei junge deutsche Auszubildende erstmals im wichtigen Bereich der Mechatronik die Silbermedaille gewonnen. Es ist kein Zufall, dass diese beiden Mechatroniker Auszubildende der Festo AG in Baden-Württemberg sind, einem sehr innovativen Unternehmen, das sich auch stark um die Ausbildung kümmert. Das ist ein toller Erfolg. Das zeigt auch, dass wir uns stärker und weiterhin um die Zukunft der dualen Ausbildung bemühen müssen.
Die Bundesregierung muss sich auf der europäischen Ebene dafür einsetzen, dass die geplanten EURichtlinien nicht zur Schwächung der dualen Ausbildung führen werden. Dass das in Zukunft eine CDU-geführte Bundesregierung tun wird, daran haben wir keinen Zweifel. Dann gelingt das auch.
Meine Damen und Herren, auf dem Arbeitsmarkt hat Rotgrün die Vertrauensfrage längst verloren.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die gewaltigen Zahlen von bundesweit 5 Millionen und von landesweit 185.000 Arbeitslosen erschrecken – und dennoch, diese Zahlen zeigen nur die halbe Wahrheit. Viele Menschen ohne Job tauchen als stille Reserve in keiner Statistik mehr auf. Nach Ansicht von Ökonomen ist die Situation auf dem Arbeitsmarkt deutlich schlechter, als es die offiziell vorgelegten Zahlen suggerieren.
Das Ausmaß der Unterbeschäftigung geht in Deutschland eher in Richtung 9 Millionen als 5 Millionen Arbeitslose.
Für eine rasche Wende am Arbeitsmarkt gibt es auch wenig Hoffnung. Die Wachstumsprognosen wurden gerade erst nach unten korrigiert, von 1,6 % auf 0,8 % halbiert.
Der eigentliche Skandal ist, wie der Minister den Nachkriegsrekord der Arbeitslosigkeit zu rechtfertigen versucht. Er beschwichtigt lapidar, das ohnehin Erwartete sei nun eingetreten, kein Grund also zur Panik. Herr Müntefering tut mit seiner undifferenzierten Kritik all den mittelständischen Unternehmen und all den inhabergeführten Betrieben bitter Unrecht, denjenigen nämlich, die sich tagtäglich in bestem Einvernehmen mit ihrer Belegschaft auf globalisierten Weltmärkten behaupten. Welche Botschaft geben Sie diesen Menschen?
Meine Damen und Herren, bei der Regierung herrscht in Worte gefasste Ratlosigkeit, und es sind doch nicht nur die Auswirkungen von Hartz IV. Wir erleben doch seit Jahren einen Anstieg der Arbeitslosigkeit. Herr Schröder und Herr Hartz sind doch gerade angetreten, um diese Arbeitslosigkeit zu halbieren.
Meine Damen und Herren, die Arbeitslosigkeit hat viele Gesichter, und diese Gesichter werden immer jünger, auch in Rheinland-Pfalz. Die Zahl der unter 25-jährigen Arbeitslosen stieg Ende des Winters um 16 %. 31.600 junge Menschen sind in der Statistik als arbeitslos erfasst. Hinzu kommen die unter 20-Jährigen, deren Zahl sogar um 16,1 % auf 7.280 stieg.
Meine Damen und Herren, fast 40.000 junge Menschen sind in unserem Land arbeitslos. Das ist halb Worms, das ist ganz Landau, und das ist 20-mal Steinfeld, Herr Ministerpräsident.
Das ist keine Ideologie, wenn wir 40.000 junge Menschen haben, die keine Arbeit haben.
Das ist das Eingeständnis einer verfehlten Bildungspolitik, wenn wir rund 120.000 Jugendliche haben, die in der Statistik nicht berücksichtigt werden. Sie befanden sich im Februar in irgendwelchen Fortbildungsmaßnahmen, in Grundausbildungslehrgängen, in Lehrgängen zur Verbesserung der beruflichen Bildung und Eingliederung oder Maßnahmen zur Qualifizierung.
Meine Damen und Herren, als Grund dafür, keinen Job zu bekommen, galt früher: „Qualifiziert, aber zu alt“. Heute kommt immer mehr die Alternative „Jung und ohne Ausbildung“ zum Tragen. 37 % der jungen Arbeitslosen haben keine Lehre oder kein Studium absolviert, so die BA. Das ist mehr als ihr Anteil an der erwerbsfähigen Bevölkerung. Besonders ausgeprägt ist dieses Phänomen übrigens im Westen des Landes. Die Schuld an der Misere ist mehr denn je dort zu suchen, wo eigentlich die Grundfeste gelegt werden sollten, nämlich in der Schule: Nicht nur PISA, auch die Praxis zeigt, dass die Kenntnisse der Absolventen in den letzten Jahren permanent abgenommen haben. Ich kann Ihnen aus einem Bericht über ein Programm aus der „Rheinpfalz“ zitieren, an dem ich selbst beteiligt war. Darin haben wir Praktikumsplätze für Jugendliche organisiert, die keine Ausbildungsstelle bekommen haben. Ich zitiere:
„Bewerber, in deren Zeugnissen Vieren und Fünfen stehen, die nicht ausrechnen können, wie viele Dosen Wurst zu 1,60 Euro man für 16 Euro bekommt, und Anwärter, die gleich am ersten Tag nach einem Vorschuss fragen – wer das hört, muss kein Stammtischpolitiker sein, um zu dem Schluss zu kommen, was muss es uns noch gut gehen, dass wir uns das leisten können?“
Wir alle wissen, dass wir uns dies eben nicht mehr leisten können. Wir müssen die Schulen – die Grundschulen, die weiterführenden Schulen und insbesondere die
berufsbildenden Schulen – stärken. Nur so können wir letztendlich auch die duale Ausbildung stärken. Sie ist nach wie vor ein Standortvorteil unseres Landes; denn sie hat eine starke Integrationskraft in die Arbeitswelt hinein.
Wir können dies aber nur schaffen, wenn wir die Rahmenbedingungen für mittelständische Unternehmen verbessern. Ohne mittelständische Unternehmen gibt es auch keine sinnvolle Ausbildung. Wenn nicht endlich die Überregulierung am Arbeitsmarkt gelöst wird, wird es auch keine Arbeit und keine Aussicht auf ausreichende Ausbildung für unsere Jugendlichen geben.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ein Land ohne Kinder hat keine Zukunft. Dass in unserem Land viel zu wenig Kinder leben, wissen wir alle. Deshalb müssen wir Paaren die Entscheidung für Kinder erleichtern. Wir müssen sie bei der Wahrnehmung von Erziehungsaufgaben stärken, auch finanziell. Natürlich müssen wir die Vereinbarkeit von Beruf und Familie fördern.
Es ist vollkommen klar, dass wir sowohl eine quantitative als auch eine qualitative Verbesserung der Betreuung für die unter Dreijährigen benötigen. Kernpunkt unserer Familienpolitik ist die Wahlfreiheit. Diese soll organisatorisch und finanziell gewährleistet sein, organisatorisch in Form der Krippe, des Kindergartens oder der Tagespflege durch Tagesmütter oder Tagesväter. Hier zeigt sich gerade in der Praxis ein Lösungsweg, den wir in der Vergangenheit oftmals aus politischen Gründen vernachlässigt haben.
Meine Damen und Herren, echte Wahlfreiheit bedeutet auch, dass diejenigen, die einer Erwerbstätigkeit nachgehen wollen oder müssen, dazu die Gelegenheit haben. Wir wollen, dass für diejenigen, die sich bewusst dafür entscheiden, eine bestimmte Zeit zu Hause zu bleiben, die Rahmenbedingungen stimmen. Wir brauchen hier eine bessere finanzielle Förderung.
Meine Damen und Herren, ich selbst kann heute nur hier stehen, weil ich weiß, dass meine beiden Kinder, die noch klein sind, zu Hause liebevoll und gut betreut und versorgt sind.
Deshalb sage ich zu dem Antrag der GRÜNEN Folgendes: Mich stört, Sie schreiben, frühe Kinderbetreuung schafft bessere Startchancen für alle. Sie suggerieren damit, dass Kleinkinder generell besser in einer Krippe aufgehoben sind. Hören Sie auf, den Eltern die Erziehungskompetenz abzusprechen. Lassen Sie den Eltern die Entscheidungsfreiheit.
Herr Wiechmann, ich weiß, Sie lachen, Sie haben mehr Erfahrung mit Kindern als ein zehnfacher Familienvater. Das ist alles klar. Hören Sie trotzdem zu.
Natürlich muss man auch an dieser Stelle das vollkommen unseriöse Finanzierungskonzept ansprechen. Sie sagen, das Geld kommt vom Bund. Sie machen es sich damit so einfach, wie es sich die Frau Schmitt gemacht hat. Frau Schmitt sagte, das Geld ist bereits in den Kassen hinterlegt, das ist schon da, wohlwissend, dass es sich dabei nicht um Bargeld, sondern um abstrakte Verrechnungseinheiten handelt. Wie das mit den Einsparungen von Hartz IV tatsächlich ist, wissen wir. Das haben Experten im Herbst letzten Jahres schon gesagt. Das war alles vorherzusehen.
Wie man solche Maßnahmen, solche eigentlich richtigen Maßnahmen gut finanziert, haben wir bei dem Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz gezeigt.
Wir haben das Ganze seriös finanziert. Wir haben den Länderanteil der Umsatzsteuer um 7 Prozentpunkte erhöht. Das war eine konkrete Finanzierungshilfe. Wir haben uns nicht aus der Verantwortung gestohlen, wie es Rotgrün gemacht hat.
Gerade für diese Dinge, was Kinder betrifft, braucht man eine seriöse und ehrliche Finanzierung; denn Kinder sind doch die wichtigste und nachhaltigste Zukunftsinvestition überhaupt.
Meine Damen und Herren, ich habe jetzt von Finanziellem gesprochen. Ich möchte noch etwas zu den Inhalten sagen. „Die Grenzen meiner Sprache sind die Grenzen meiner Welt“. Das Wittgenstein-Zitat steht in der Präambel der Richtlinie zur Sprachförderung im Kindergarten. Wir wissen, wie wichtig die Sprachförderung ist. Frau Ministerin, es ist gut und richtig, dass es ein solches Projekt gibt. Ich bin schockiert, dass sich beispielsweise im Donnersbergkreis nur zwei von 47 Kindergärten an einem so wichtigen Projekt beteiligen. Man redet mit den Leiterinnen und Leitern und bekommt gesagt, die Dokumentation ist viel zu aufwändig. Dieses Projekt sieht 90 Zeitstunden vor. Die Leiterinnen und Leiter sagen, ein Großteil dieser 90 Zeitstunden wird für die Dokumentation verwendet.
Frau Ministerin, fahren Sie die Dokumentationspflicht herunter, lassen Sie mehr Zeit für die Arbeit mit und an den Kindern.
Meine Damen und Herren, ich habe in den letzten Wochen eine Umfrage im Kreis zur Situation der Familien und Kinder gemacht. Dabei kamen viele interessante Dinge heraus. Das waren Dinge, bei denen wir gut sind, und auch solche, wo wir nicht so gut sind. Ein Ergebnis des Familienchecks war Folgendes: Die Menschen sehen eine enge Verknüpfung zwischen der Situation in der Wirtschaft und in der Familie. Unter allen Umfrageteilnehmern waren Kinderlose und Familien. 95 % gaben an, dass die derzeitige Arbeitsmarktsituation Familiengründungen wenig oder gar nicht begünstigt. Kinder sind, so Bundespräsident Horst Köhler, ein direkter Ausdruck von Zukunftsglaube. Eltern brauchen Zuversicht und ein Mindestmaß an wirtschaftlicher Sicherheit. Dass diese wirtschaftliche Sicherheit angesichts von Millionen Arbeitslosen momentan nicht gegeben ist, spüren die Eltern. Das ist der größte Vorwurf, den man Rotgrün machen kann, sie haben den Menschen die Zuversicht genommen. Das werden wir im nächsten Jahr ändern.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir beschäftigen uns heute mit der Situation von Frauen in der kommunalen Verwaltung. Vor kurzem titelte „Die Welt“ in einem Artikel „Frauen sind die Zukunft“. Ist das so? Wie stehen die Chancen für Frauen in den rheinlandpfälzischen Gebietskörperschaften? Positiv ist zunächst zu vermerken, dass überall ein Anstieg des Frauenanteils zu verzeichnen ist, obwohl die Quote bereits 2001 über 50 % lag.
Im Jahr 2003 waren von den rund 62.000 Gesamtbeschäftigten 34.400 Frauen. Damit betrug der Frauenanteil 55,4 %. Im Vergleich zum Jahr 2001 ist der Frauenanteil um 1,6 % gestiegen und setzt damit auch den Trend des vorhergehenden Berichtszeitraums von 1998 bis 2001 fort. Das ist umso bemerkenswerter, als die Gesamtbeschäftigtenzahl in der kommunalen Verwaltung gesunken ist.
Frauen sind also in der öffentlichen Verwaltung zahlenmäßig gut vertreten. Interessant und wichtig ist allerdings die Frage, wie sich dieser Frauenanteil in den einzelnen Laufbahngruppen darstellt. Siehe da, mit steigender Hierarchieebene sinkt der Frauenanteil deutlich.
Im gehobenen Dienst haben wir einen Frauenanteil von 38 %, im höheren Dienst lag der Anteil gar bei lediglich 21 %. Der höhere Dienst ist somit von einer paritätischen Verteilung zwischen Mann und Frau weit entfernt, und, so heißt es im Bericht, je höher die Position, desto geringer ist der Frauenanteil. Meine Damen und Herren, hier treten wir seit Jahren auf der Stelle.
Meine Damen und Herren, es gibt noch weitere interessante Gesichtspunkte. Schlüsselt man den Frauenanteil nach Beamtinnen und Angestellten auf, so kann man feststellen, dass der Frauenanteil in beiden Bereichen des Berichtszeitraums leicht gestiegen ist. Im Beamtenbereich von 25 % auf 27 %, und im Angestelltenbereich von 68 % auf 69 %. Der Angestelltenbereich ist also eine Frauendomäne. Das ist insofern problematisch, als hier zuallererst Personaleinsparungen vorgenommen werden und Frauen im besonderen Maß betroffen sind.
Im Beamtenbereich sieht es anders aus. Hier sind Frauen nach wie vor stark unterrepräsentiert. Auch hier können wir nicht zufrieden sein.
Ein dritter Bereich, den man kritisch betrachten muss, ist der Bereich der Teilzeit. Hier kommt der Bericht allerdings zu der eigenartigen Schlussfolgerung – ich zitiere –: „Auch 2003 sind immer noch 64 % der Beschäftigten, die einer Teilzeittätigkeit nachgehen, Frauen. Unter den Teilzeitbeschäftigten sind lediglich 10 % Männer zu finden. – Also 64 % der Teilzeitbeschäftigten sind Frauen, 10 % Männer. Ich habe jetzt nicht verstanden, wo das Delta von 26 % herkommt. Vielleicht kann das Ministerium das erklären. Dafür wäre ich dankbar.
Ich glaube, man kann festhalten, fast ausschließlich Frauen nutzen die Möglichkeit der Teilzeit. Frauenlebensarbeitszeiten werden tendenziell kürzer, Männerlebensarbeitszeiten werden tendenziell länger. Das ist insofern problematisch, wenn man später an die Rente denkt.
Meine Damen und Herren, was in dem geschützten Raum des öffentlichen Dienstes nur bescheidene Erfolge bringt, das funktioniert in der Wirtschaft und in der übrigen Gesellschaft so gut wir gar nicht. Vor dem Hintergrund des nunmehr zehnjährigen Jubiläums des Landesgleichstellungsgesetzes und des ebenfalls zehnjährigen Jubiläums der Neufassung des Artikels 3 des Grundgesetzes muss man sich kritisch eingestehen, dass die tatsächliche Gleichberechtigung von Männern und Frauen in vielen Bereichen längst nicht verwirklicht ist. Zwar wurde rechtlich für die Frauen viel bewegt, aber es hapert eben allzu oft an der Umsetzung. Während die unions-geführte Bundesregierung unter anderem das zweite Gleichberechtigungsgesetz und den Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz durchgesetzt hat, stagniert die tatsächliche Umsetzung der Gleichberechtigung seit der Regierungsübernahme von Rotgrün im Jahr 1998.
Meine Damen und Herren, angekündigte Aktionsprogramme laufen ins Leere. Die Folgen sind: Frauen verdienen im Durchschnitt immer noch 30 % weniger als ihre männlichen Kollegen. Obwohl prozentual mehr Frauen als Männer einen Hochschulabschluss haben, sind sie in Wissenschaft und Forschung weit unterrepräsentiert. Deshalb dürfen wir das Thema „Gleichberechtigung“ nicht als erledigt ans ehen.
Notwendig und sinnvoll ist eine Reihe von begleitenden Maßnahmen im Bereich von Coaching und Mentoring, wie es auch im Bericht geschildert wird, beispielsweise in dem Projekt der Stadtverwaltung – – –
Notwendig und sinnvoll ist eine Reihe von begleitenden Maßnahmen im Bereich Coaching und Mentoring, wie es beispielsweise die Stadt Speyer in dem Projekt „Frauen fit für die Spitze machen“ betreibt. Aber darüber hinaus gibt es noch viel zu tun.
Wir müssen die gesellschaftliche Repräsentanz und die Berücksichtigung von Frauen bei der Besetzung von Gremien weiter fördern, und wir müssen uns dafür einsetzen, dass Frauen bei gleicher und gleichwertiger Arbeit ein gleiches Entgelt wie ihre männlichen Kollegen erhalten. Wir brauchen auch mehr Frauen im Bereich Wissenschaft und Forschung. Wir brauchen eine verbesserte Absicherung von Frauen in den sozialen Sicherungssystemen. Dabei müssen wir natürlich insbesondere die Berücksichtigung von Erziehungszeiten einbeziehen.
Es ist auch wichtig, die Wahlfreiheit von Männern und Frauen zwischen Familie und Beruf durch geeignete Maßnahmen zu fördern.
Wenn wir ganz ehrlich sind, in der Familienpolitik wurde in den letzten Jahren genauso wenig getan wie in der Frauenpolitik. Wie sonst kann man die Schlagzeilen der letzten Tage interpretieren, „Pirmasenser Zeitung“ vom 12. Januar: „Familien haben ein Imageproblem“, „Trierischer Volksfreund“ vom gleichen Tag: „Familie als Horrorvorstellung“, „DIE WELT“: „Deutsche Eltern wollen mehr Hilfe vom Staat, drei Viertel der Befragten beklagen Kinderfeindlichkeit“. Es ist in der Tat so: Gehen Sie einmal in irgendeine rheinland-pfälzische Kommune, schauen Sie sich um und suchen Sie einmal vor dem Schwimmbad oder vor einem Rathaus, vor der Kreisverwaltung einen Mutter- und Kind-Parkplatz. Daran scheitert es. Das sind oftmals die Dinge im Kleinen. Gleichberechtigung setzt auch eine ernst gemeinte Familienpolitik voraus.
Meine Damen und Herren, die Lebenswirklichkeit zeigt, dass es keine starren Lebensphasen mehr gibt. In vielen Ländern ist das Bildungssystem so angelegt, dass es den Menschen ermöglicht, zwischen den einzelnen Stufen der Aus- und Fortbildung ein- und auszusteigen. Das deutsche System ist zu starr auf die Erstausbildung ausgelegt. Wenn wir mehr Zeit für die Familiengründungsphase wollen und wenn wir es schaffen wollen, dass mehr Frauen erwerbstätig sein können, dann brauchen wir ein stärker modularisiertes Bildungssystem, das einen Wechsel zwischen Familien- und Ausbildungszeiten leichter ermöglicht, als dies bisher der Fall ist.
Meine Damen und Herren, das wäre wichtiger als alle Aktions- und PR-Programme der Regierungen. Gesetze zu verabschieden, ist das eine. Zielführender wäre es, geeignete Rahmenbedingungen für Familien und somit auch für Frauen zu schaffen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir einige kurze Anmerkungen zum Frauenhaushalt. Mit einem Volumen von 4,3 Millionen Euro aufgeteilt in viele kleine Beträge bietet er konzeptionell sehr wenig.
Bei konkreten Projekten, wie Frauenhäusern oder Notrufen, wurde der Status quo gehalten. Wir wissen, dass ohne die unglaublich engagierte und umfangreiche Arbeit von vielen Ehrenamtlichen vor Ort nichts mehr laufen würde.
Präventionsarbeit, die wichtig und wünschenswert wäre, findet leider nicht mehr statt oder kommt viel zu kurz.
Der größte Haushaltsposten sind die Zuschüsse für die Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt mit 943.700 Euro. Das klingt gut, und man denkt, das ist sinnvoll, wenn man an die Betroffenheit insbesondere von Frauen im Hinblick auf Hartz IV denkt. Dahinter verbirgt sich aber unter anderem die Schaffung eines Kompetenzzentrums für innovative Arbeitszeitmodelle. Davon abgesehen, dass nirgendwo ersichtlich ist, wo dieses Zentrum angesiedelt sein soll, wie nachhaltig es ist und wie viel Geld es letztlich kostet, bin ich ganz ehrlich der Meinung, dass wir in diesem Bereich keine Grundlagenforschung benötigen.
Frau Ministerin, gehen Sie einmal zur BASF. Die haben über 100 verschiedene Arbeitszeitmodelle. Das ist ein Kompetenzzentrum, von dessen Erfahrung man profitieren kann. Sparen Sie das Geld und geben Sie es den Frauenhäusern oder den Notrufen. Dort ist es besser angelegt.
Meine Damen und Herren, ein weiteres Beispiel für die Unsinnigkeit und für die in der rheinland-pfälzischen Politik so typische Nabelschau ist auch der Titel „Modellprojekte zur Ausbildung und Qualifizierung von Frauen im öffentlichen Dienst“. Auch das klingt prima und erscheint sinnvoll, sodass man eigentlich nichts dagegen haben kann. Wenn man aber hinschaut, ist geplant, den Löwenanteil unter diesem Titel, nämlich 16.000 Euro, für die Weiterentwicklung der Software zur Erstellung des LGG-Berichts zu verwenden. Das ist ein Bericht, der alle vier Jahre erstellt wird. Das steht meiner Meinung nach in keinem Verhältnis mehr zueinander. Das ist nicht sinnvoll und mit Sicherheit auch nicht wirtschaftlich.
Meine Damen und Herren, ich finde das alles sehr traurig. Ich habe mir wirklich gedacht, wo wäre die rheinlandpfälzische Familien- und Frauenpolitik ohne die Meilensteine, die die CDU gesetzt hat.
Ich nenne als Beispiel das rheinland-pfälzische Interventionsprogramm gegen Gewalt (RIGG), das hervorragend läuft.
Selbstverständlich.
Oder nehmen Sie den von uns initiierten und auch umgesetzten Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz. Im Unterschied zu Rotgrün haben wir eben nicht die Finanzierung außen vor gelassen. Wir haben es uns nicht so einfach gemacht. Wir haben damals den Länderanteil an der Umsatzsteuer um 7 Prozentpunkte erhöht. Das war eine konkrete Finanzierungshilfe für die Länder. Wir haben die Finanzierung nicht ausgeblendet.
Meine Damen und Herren, mit der stümperhaften Kostenberechnung und der lückenhaften Finanzierung dieses Gesetzes treffen Sie nicht uns, sondern Sie lassen die Eltern, die Alleinerziehenden und die ohnehin schon gebeutelten Kommunen mit diesem Gesetz im Regen stehen. So ist das doch.
Meine Damen und Herren, noch ein Wort zu den GRÜNEN. In Ihren Anträgen zur Betreuung steht immer, eine Kinderbetreuung schaffe gerechtere und bessere Startchancen für alle. Wir haben immer wieder betont, wie wichtig für uns gerade die frühkindliche Bildung ist. Das ist ganz klar. Wir wissen von den Nöten Alleinerziehender. Wir wissen von den jungen Familien, die mit einem Einkommen nicht mehr auskommen. Wir kennen auch den berechtigten Wunsch vieler junger Frauen, möglichst schnell nach der Geburt wieder ins Berufsleben zurückzukehren.
Dennoch ist für uns Wahlfreiheit das zentrale Thema. Wir möchten es nicht zur Tugend erklären, wenn man die Fremdversorgung in der Krippe als das Nonplusultra und die Erwerbsarbeit für Eltern als den Königsweg zur Selbstverwirklichung propagiert.
Frau Ministerin, zu den Aufgaben Ihres Ministeriums gehört es, sich um die Probleme aller in Rheinland-Pfalz lebenden Frauen zu kümmern. Das gilt auch für muslimische Frauen. Ich muss jetzt ein bisschen abkürzen. Auch in Rheinland-Pfalz wurde hier zu wenig getan. Sie haben nach dem Motto „Nichts hören, nichts sehen und schon gar nichts sagen“ gehandelt.
Frau Ministerin, bitte setzen Sie die Mittel zur Verwirklichung der Gleichstellung von Mann und Frau mit Blick auf diesen Personenkreis ein. Einen eigenen Haushaltstitel zur Integration von Migrantinnen gibt es leider nicht.
Darüber hinaus lautet meine Bitte an die Landesregierung: Machen Sie weiter so mit Ihrer Frauen- und mit
Ihrer Familienpolitik. Dann können wir spätestens 2006 zeigen, wie das richtig geht.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir müssen uns nicht wundern, wenn sich in diesem Land immer weniger Menschen für Kinder entscheiden, wenn sie erleben, wie wir hier über Kinder sprechen. Wir sprechen ausschließlich über Belastungen. Wir sprechen über Schwierigkeiten. Wir sprechen über Kosten.
Kein Wort davon, dass Kinder Spaß und Freude machen, dass wir keine Zukunft ohne Kinder haben.
Meine Damen und Herren, um Familie und Erwerbsleben besser miteinander zu harmonisieren, brauchen wir ein bedarfsgerechtes und ein flexibles Betreuungsangebot, das auch bezahlbar ist. Das steht im Familienkonzept der CDU, das wir zu Beginn des Jahres hier im Land verabschiedet haben.
Dabei ist uns ganz besonders der Bildungs- und der Erziehungsaspekt wichtig, wissen wir doch, wie bedeutsam gerade die frühkindliche Förderung ist.
Daher ist neben dem quantitativen Ausbau auch ein qualifizierter Ausbau der Angebote notwendig.
Auch an dieser Stelle möchte ich ausdrücklich den Erzieherinnen und Erziehern danken. Ich habe zu Hause zwei Kinder im Kindergartenalter, und ich erlebe es wirklich hautnah, wie engagiert, wie motiviert und wie liebevoll sich die Erzieherinnen um jedes einzelne Kind bemühen, so schwierig das heute auch ist.
Meine Damen und Herren, wir wollen Paaren die Entscheidung für Kinder erleichtern. Deshalb müssen wir die Eltern bei der Wahrnehmung von Erziehungsaufgaben unterstützen und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf fördern, was schon gesagt worden ist. Das ist auch eine Forderung der Wirtschaft und auch eine Forderung an die Wirtschaft.
Kernpunkt unserer Familienpolitik ist die Wahlfreiheit. Wir gehen von der Wahlfreiheit für alle Familien aus.
Das bedeutet, diejenigen, die einer Erwerbstätigkeit nachgehen wollen oder es müssen, müssen dazu die
Möglichkeit haben. Deshalb setzen wir uns für eine erweiterte Betreuung ein. Aber wir wollen auch, dass diejenigen, die sich bewusst dafür entscheiden, eine gewisse Zeit zu Hause zu bleiben, ähnliche Möglichkeiten haben. Wir brauchen also neben der Erweiterung der Kinderbetreuung auch eine finanzielle Förderung der Familien.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch etwas zu dem angeblichen Zusammenhang zwischen Kinderbetreuung und Geburtenrate sagen. Kinderbetreuung ist nicht das alleinige, es ist noch nicht einmal das entscheidende Kriterium, wenn es um die Frage geht, ob ein Kinderwunsch letztendlich realisiert wird. Wir dürfen es uns hier nicht zu einfach machen.
Eine aktuelle Studie von Allensbach belegt, die Hälfte der Kinderlosen gibt die hohen Kosten als Grund für den Verzicht auf Kinder an.
Genauso viele haben das Gefühl, den Anforderungen als Vater oder Mutter nicht gewachsen zu sein. Wir kennen die Beispiele in Ostdeutschland, und wir kennen genauso gut die Beispiele von Cloppenburg, wo wir die bundesweit höchste Geburtenrate haben, es dort aber keine besonders guten Betreuungsangebote gibt. Wir dürfen es uns hier nicht zu einfach machen. Wir brauchen nicht einen alleinigen Ausbau von Betreuungsangeboten, sondern wir brauchen weitere flankierende Maßnahmen.
Meine Damen und Herren, wir brauchen bei all dem aber auch seriöse Finanzierungskonzepte. Frau Ministerin Schmidt macht es sich schon sehr einfach, wenn sie sagt, das Geld – rund 1,5 Milliarden Euro jährlich – sei bereits in der Kasse hinterlegt, wohl wissend, dass es sich nicht um Bares, sondern um abstrakte Verrechungseinheiten handelt.
Ich möchte an dieser Stelle einmal den Präsidenten des Landkreistages Rheinland-Pfalz zitieren:
„Wenn Frau Schmidt sagt, die Finanzierung sei aufgrund der kommunalen Entlastung aus Hartz IV gesichert, so geht das an der Realität vorbei. Einsparungen aus Hartz IV, unterstellt, sie kommen noch, werden dringend benötigt, damit die Kommunen die ihnen schon jetzt obliegenden Aufgaben erfüllen können.“ So weit der Präsident des Landkreistages.
Meine Damen und Herren, wir fürchten, dass dieses Finanzierungskonzept letztendlich zulasten der Eltern geht, dass sie die Zeche in Form von höheren Beiträgen zahlen müssen. Wir wollen eine erweiterte Betreuung, aber wir wollen keine Betreuung, die sich nur die sehr
gut Betuchten leisten können. Das wollen wir mit Sicherheit nicht.
Wir brauchen eine solide und ehrliche Finanzierung; denn Kinder sind die nachhaltigste und wichtigste Zukunftsinvestition.
Danke schön.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach dem frühen EM-Aus für Deutschland gibt es endlich wieder eine gute Nachricht. Die unsinnige Ausbildungsplatzabgabe ist endlich vom Tisch.
Endlich hat auch der SPD-Vorsitzende verstanden, dass das Angebot von Ausbildungsplätzen stark von der konjunkturellen Entwicklung abhängt und sich nicht durch staatliche Zwangsabgaben oder Zwangsakte vorgeben lässt. Die CDU-Fraktion begrüßt, dass die rheinlandpfälzische Landesregierung das Zustandekommen des nationalen Pakts für Ausbildung und Fachkräftenachwuchs in Deutschland unterstützt hat, vor allem auch vor dem Hintergrund des Gezerres um den unsinnigen Gesetzentwurf zwischen den verschiedenen SPD-Flügeln. Aber die Erwartungen an den Pakt dürfen nicht zu hoch gehängt werden. Er garantiert nicht die in Aussicht gestellten 30.000 Ausbildungsplätze. Wir müssen jetzt konsequent die eigentlichen Ursachen der Ausbildungsplatzmisere angehen. Ich will kurz vier Punkte nennen, die uns wichtig sind.
1. Wir brauchen wieder eine berechenbare Politik. Unternehmen investieren und bilden nur dann mehr aus, wenn sie wieder Vertrauen in das Umfeld und in die Politik fassen.
Die „Süddeutsche Zeitung“ hat unlängst geschrieben: „Die im Vergleich zum Vorjahr um etwa 23.000 geringere Zahl angebotener Ausbildungsplätze sei vor allem auch eine Folge des Vertrauensverlustes der Unternehmen in die rotgrüne Regierung.“ – So ist es.
2. Die Stabilisierung der Wirtschaftslage ist eine wesentliche Voraussetzung für eine Entspannung auf dem Ausbildungsmarkt. Wir brauchen, wie schon mehrfach in diesem Zusammenhang gefordert, eine andere, eine bessere Wirtschaftspolitik.
Herr Schwarz, hören Sie doch einmal zu.
3. Wir brauchen – das ist ein ganz wichtiger Punkt – eine bessere Bildungspolitik.
Wir – da können wir in Rheinland-Pfalz die Hebel ansetzen, und das verhindern Sie auch in der EnqueteKommission – müssen die offensichtlichen Bildungsdefizite vieler Bewerber angehen. Das zieht sich durch die Arbeit der Kommission wie ein roter Faden. Es kann doch nicht sein, dass zahlreiche Betriebe trotz bester Absichten nicht ausbilden können, nur weil sie keine geeigneten Bewerber finden.
Gute Fähigkeiten in Rechnen, Schreiben und Lesen brauchen auch Bäcker, Schreiner und Metzger.
Es ist durchaus begrüßenswert, wenn sich die Regierung in Pakte und ovale Tische einbringt, aber noch wichtiger ist, dass sich die Regierung in den Bereichen Schule und berufliche Bildung engagiert. Hier treten wir seit Jahren auf der Stelle.
4. Meine Damen und Herren, der letzte Punkt, den ich ansprechen will, ist die oftmals große Lücke zwischen Anspruch und Potenzial der Bewerber. Auch darüber muss man sprechen. Als wir vor einigen Wochen eine Schülergruppe aus dem Berufsgrundschuljahr in der Enquete-Kommission zu Gast hatten, war ich persönlich von deren Einstellung schockiert. Ich denke, der Frau Kollegin Grosse, die bei dem Gespräch auch dabei war, ging es ähnlich. Wir haben versucht, den Jugendlichen – allesamt ohne Lehrstelle – aufzuzeigen, wo es noch Ausbildungsmöglichkeiten gibt. Dabei ist auch der Beruf genannt worden, den Sie, Herr Minister Bauckhage, und, ich denke, auch Sie, Herr Mertes, gelernt haben. Die Reaktion der Jugendlichen war schockierend. Da wurde
gesagt: „Das lernt man doch nicht. Bäcker ist doch kein Beruf. Da verdient man doch nichts“. – Wir müssen uns schon fragen: Warum haben so viele Handwerksberufe einen so schlechten Stand? – Wir fordern hier immer modulare Ausbildung. Ich stehe auch dazu. Ich denke auch, das ist richtig. Aber ich fürchte, dass wir viele Jugendliche, die wir ansprechen wollen, gar nicht erreichen. Wir müssten hier dringend gegensteuern.
Immerhin verlangt der Ausbildungspakt künftig auch von den Jugendlichen etwas. Ich begrüße etwa den Kompetenzcheck für Bewerber, die im September noch keine Lehrstelle gefunden haben. Die Übersicht über Interessen und Talente wird auch eine Nachvermittlung sicher erleichtern. Die Erfahrung zeigt jedoch auch ein großes Desinteresse vieler Jugendlicher, wenn Kammern und Agenturen für Arbeit einladen. Diese Kandidaten werden zukünftig aus der Statistik fallen. Allein dadurch wird die Lehrstellenlücke schon kleiner werden, wenngleich auch das Problem der Jugendarbeitslosigkeit natürlich bestehen bleibt.
Umso wichtiger ist, dass der Ausbildungspakt auch vorsieht, dass alle, die nach einer bundesweiten Nachvermittlungsaktion noch keinen Ausbildungsplatz gefunden haben, ein Praktikum bekommen und somit zumindest eine berufliche Einstiegsqualifikation haben.
Meine Damen und Herren, was bringt der Pakt? Der Pakt verhindert zuallererst größeren Schaden für die Wirtschaft und damit auch für die Lehrstellensuchenden. Aber die eigentlichen Aufgaben liegen noch vor uns.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Ausbildung der Jugend ist eine wichtige Aufgabe. Das stammt nicht von uns oder einem Politiker, sondern das sagte schon Diogenes rund 400 vor Christus.
Wenn wir schon die große Einigkeit feiern, möchte ich dennoch darauf hinweisen, dass die Haltung des Ministerpräsidenten nicht so ganz eindeutig war. Er favorisierte das Fondsmodell, das glücklicherweise genauso beerdigt wurde wie die Ausbildungsplatzabgabe.
Herr Minister Bauckhage, wir sitzen mit Ihnen im gleichen Boot, wenn Sie sagen, dass die Berufsschulen eine wichtige Rolle spielen. In dieser Hinsicht unterstützen wir Sie gern; denn das fordern wir schon lange.
Herr Wiechmann, Sie haben gesagt, das Druckmittel habe Wirkung gezeigt. Es hat wirklich Wirkung gezeigt. Es hat die Wirkung gezeigt, dass rund 23.000 Ausbildungsplätze weniger zur Verfügung stehen, weil die Unternehmen verunsichert worden sind. Das war die Wirkung.
Meine Damen und Herren, wir müssen uns davor hüten, schon heute die 30.000 zugesagten zusätzlichen Ausbildungsplätze zu feiern; denn diese 30.000 zusätzlichen Ausbildungsplätze zu schaffen, wird harte Arbeit sein. Wenn wir es richtig machen wollen, dann schaffen wir es nur, wenn wir in Rheinland-Pfalz eine vernünftige Bildungspolitik betreiben und in Berlin eine andere Wirtschaftspolitik.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Sonne scheint derzeit überall in Rheinland-Pfalz. Der FCK schafft den Klassenerhalt und Mainz 05 den Aufstieg in die 1. Liga. Märchenhaft werden alle Fußballträume wahr.
Märchenhaft, zumindest in Teilen, erscheint mir das Gutachten der Landesregierung „Regionen und Branchen im Wandel“, das uns eine herausragende Stellung von Rheinland-Pfalz im Wettbewerb der Wirtschaftsstandorte suggeriert.
Ein wesentlicher Teil des Gutachtens stellt die Zusammenfassung der Geschäftspotenziale der rheinlandpfälzischen IT- und Medienindustrie nach Regionen und Branchen dar. Diese Marktinformation, die für gut organisierte und strategisch denkende Player der „New Economy“ ohnehin nichts Neues ist, bildet die Grundlage für die gezielte Entwicklung von Clustern, die wir grundsätz
lich für richtig und gut halten. Doch der stark durch die IT- und Medienlandschaft geprägte Ansatz scheint auch im Blick auf erfolgreiche Clustermodelle in verschiedenen Ländern zu einseitig. So sind es sicherlich noch viele andere Faktoren als nur IT-Infrastruktur und Kompetenz, die Dresden zum Innovationszentrum für die Chipindustrie oder Graz zum Kompetenzzentrum für die Automobilindustrie gemacht haben.
Wenn Rheinland-Pfalz mit einer Innovationsstrategie erfolgreich sein will, braucht es Konzepte und Handlungsempfehlungen mit mehr Tiefgang.
Das Gutachten bescheinigt Rheinland-Pfalz und damit zugleich auch seinem Auftraggeber eine hohe Attraktivität im Bundesvergleich. Nach einer Studie der Unternehmensberatung Capgemini belegt Rheinland-Pfalz Platz 1 in puncto Lebensqualität und Platz 2 in puncto staatliche Verwaltung. Es ist sicherlich erfreulich, wenn die Unternehmen im Land die Lebensqualität hoch bewerten und die Verwaltung als schlank und effizient einschätzen. Gleichzeitig bewegen wir uns aber bei Steuern und Abgaben nur im Mittelfeld. Wir belegen hintere Plätze bei den Standortfaktoren Verkehrsanbindung, Arbeitskräfte sowie Forschung und Bildung.
Meine Damen und Herren, mir ist schleierhaft, wie man aus dieser Bewertung ernsthaft ableiten kann, dass Rheinland-Pfalz einen dritten Platz im Länderranking bekommt.
Bei den aus der Sicht der Wirtschaft entscheidenden Faktoren wie Verkehrsanbindung, Forschung und Bildung sowie der Möglichkeit der Akquirierung von Arbeitskräften wird Rheinland-Pfalz schlecht bewertet. Man kann natürlich hingehen und den Faktor Lebensqualität viel stärker gewichten und dadurch das Ranking verschieben. Ist das aber seriös? Bringt uns das wirklich weiter?
Die Schlussfolgerung im Gutachten, Rheinland-Pfalz habe eine ausgezeichnete Ausgangsposition im Länderwettbewerb, ist schlichtweg falsch. Es müsste vielmehr heißen: Auf den entscheidenden Feldern hat Rheinland-Pfalz noch viele Hausaufgaben zu machen. – Das wäre die richtige Schlussfolgerung.
Meine Damen und Herren, wir können vor dem Hintergrund der anstehenden Kommunal- und Europawahlen verstehen,
dass sich die Landesregierung gern mit Gutachten schmückt. Die Zeit der Nabelschau ist aber vorbei. Defizite bei den Wettbewerbsfaktoren Arbeitskräfte, Forschung und Bildung können wir nicht ausschließlich, wie im Gutachten vorgeschlagen, mit Maßnahmen im Bereich Hochschule und IT-Aus- und Weiterbildung beheben. Wir brauchen ein gutes Ausbildungs- und Bildungsniveau in der Breite.
Ich kenne viele mittelständische Betriebe – das ist nun einmal die Mehrzahl der Struktur der Betriebe in Rheinland-Pfalz –, in denen sich Mitarbeiter auch noch in einem Alter von weit über 50 Jahren in komplexe ITStrukturen einarbeiten können. Entscheidend ist das, was sie an Grundkenntnissen mitbringen, wenn sie aus der Schule kommen.
Daran hängt das. Das ist doch das Problem, das wir haben.
Wir warnen davor, in IT-Aus- und Weiterbildung das alleinige Heilmittel zu sehen.
Meine Damen und Herren, wir haben bereits im Januar von der CDU-Fraktion einen Antrag „Zukunft der Ausbildung“ eingereicht. Wir haben konkrete Vorschläge auf der Basis der Anhörung der Experten in der EnqueteKommission unterbreitet. Ich appelliere an die Landesregierung, diese Vorschläge endlich aufzugreifen und umzusetzen. Dann schaffen wir auch in Rheinland-Pfalz eine wichtige Grundlage für eine positive Entwicklung von Clustern und letztlich auch von Beschäftigung.
Danke.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir besprechen heute den zweiten Bericht zum Landesgleichstellungsgesetz. Aus diesem 260 Seiten starken Werk das Wichtigste und für uns politisch Relevante in wenigen Minuten zu präsentieren und herauszuziehen, ist nicht ganz einfach. Der Bericht ist nicht nur sehr umfangreich, sondern auch sehr vielschichtig.