Gudrun Kockmann-Schadendorf

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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir betrachten zurzeit ein gesellschaftliches Phänomen. Zirka 50 Millionen Handys sind im Umlauf, sind verkauft worden. Das bedeutet, dass fast jeder zweite Deutsche Teil der modernen Kommunikationsgesellschaft geworden ist. Es ist gesellschaftsfähig geworden, mit Handy herumzulaufen, an Bahnhöfen damit zu stehen; auch in Ausschüssen des Landtages klingeln ab und zu Handys. Man will dabei sein, man hat sein Handy am Ohr und vielleicht das Ohr auch am Puls der Zeit. Vernachlässigt wurde dabei aus meiner Sicht, die gesundheitlichen und die gesellschaftlichen Folgen der Handy-Technologie mit einer umfassenden Technologiefolgenabschätzung zu unterlegen.
Dabei sind es nicht nur die Endgeräte, die auf uns Menschen wirken, sondern auch die Sendeanlagen. Wir können davon ausgehen, dass im Rahmen der Vergabe der UMTS-Lizenzen die Zahl der Sendeanlagen in der Zukunft noch zunehmen wird. Wie die Pressemeldungen der letzten Wochen zeigen, sind die Menschen in Deutschland inzwischen aufgewacht. Nicht nur in Süddeutschland, auch zum Beispiel in Lübeck gründeten sich Bürgerinitiativen gegen den weiteren, von den Menschen nicht beeinflussbaren Ausbau der Sendeanlagen vor Ort. Das darf man, Frau Kollegin Dr. Happach-Kasan, nicht einfach unter den Tisch kehren. Es ist gute sozialdemokratische Tradition, die Sorgen der Bürgerinnen und Bürger ernst zu nehmen. Auch wir als Parlamentarier haben die Pflicht, uns umfassend zu informieren, bevor wir vielleicht vorschnell eine inzwischen etablierte Technik verteufeln oder über alle Maßen loben.
Mit dem vorliegenden Antrag der Mehrheitsfraktionen wollen wir daher von der Landesregierung wissen, ob es belastbare Erkenntnisse über mögliche Gesundheitsgefährdungen durch den zunehmenden Ausbau von Mobilfunksendern gibt. Wie wir aus einer aktuell vorliegenden Studie der Landesregierung wissen, ist dies zurzeit in Schleswig-Holstein nicht der Fall, aber diese Studie ist vom Status quo ausgegangen, sodass wir die Einschätzungen im Hinblick auf veränderte Strahlungswerte und verdichtete Infrastruktur benötigen. Sind zusätzliche Genehmigungspflichten für Mobilfunksender notwendig? Das ist schon eine Sache, die auch das Land betrifft und nicht nur Bundesangelegenheit ist.
Da die Mehrzahl der Sendeanlagen nicht der Baugenehmigungspflicht unterliegt, entstehen ohne Beteiligung der Gemeinden und damit der Bürgerinnen und Bürger vor Ort neue Anlagen, die oft unsensibel von den Betreibern nur mit einer Anzeigefrist von 14 Tagen im Voraus in Betrieb genommen werden. Dies erscheint aus Sicht meiner Fraktion nicht ausreichend. Hier gibt es offensichtlich Handlungsbedarf.
In diesem Zusammenhang wird auch zu prüfen sein, ob von den Kommunen bei einer veränderten Genehmigungspraxis oder durch andere Rechtsvorschriften Schutzgebiete im Bereich von Krankenhäusern, Kindergärten, Schulen oder abgeschlossenen Wohngebieten einzuhalten sind. Wie bei jeder sich schnell ausbreitenden Technik wollen wir weiter wissen, ob und welche zusätzlichen Forschungserfordernisse bestehen. Aus meiner Sicht ist hierbei die auch vom Bundesumweltminister Trittin geforderte zentrale Datenbank mit allen Standorten von Sendeanlagen eine elementare Voraussetzung für sinnvolle Forschungsansätze. Alle Forschungsergebnisse sind später transparent und vollständig der Öffentlichkeit zu präsentieren.
Schließlich zielt unsere letzte Frage auf einen eventuellen Handlungsbedarf bei der Herabsetzung der Strahlengrenzwerte. Gerade Kinder und Jugendliche setzen sich wegen der unvermeidlichen Strahlung von Sendemasten oft gedankenlos der Strahlung von Handys aus. Für beide Strahlungsbereiche, die der Sendeanlagen und die der Endgeräte am Ohr, sind Grenzwerte gegebenenfalls neu festzusetzen. Wie Umweltminister Klaus Müller schon ausführte, gibt es Vorbilder in der Schweiz, die um das Zehnfache geringere Grenzwerte hat, als sie in Deutschland zugelassen sind.
Ein modernes Verständnis von Verbraucherschutz sollte Risiken frühzeitig erkennen und auf einer umfassenden Informationsbasis zu vorausschauendem Handeln führen. Dies ist - so denke ich - nicht nur eine sozialdemokratische Sichtweise, sondern - so hoffe ich - gemeinsame Auffassung dieses Parlaments.
Wir stimmen der Überweisung an den Ausschuss für Umwelt und Energie zu.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mit unserem Antrag zur Kraft-Wärme-Kopplung leisten wir einen Beitrag zur Erreichung des Klimaschutzziels, wir stärken die innovative Technik und die Wirtschaftskraft in diesem Land.
Wie wichtig es ist, immer wieder an diese Ziele zu erinnern, erleben wir gerade dieser Tage. Der Kollege Harms hat das vorhin erwähnt. Kein geringerer als der amerikanische Präsident, George W. Bush, hat, und zwar kurz nach seiner Wahl, erklärt, dass er von dem gemeinsam vereinbarten Ziel zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes Abstand nehme wolle.
Zugunsten kurzfristiger ökonomischer Vorteile soll hier offenbar das Klima unseres Planeten geopfert werden. Ich kann mich den Protesten gegen diesen Verstoß gegen internationale Abmachungen nur anschließen.
Klimapolitik lässt sich nun einmal nur global gestalten und umsetzen und da kann die größte Industrienation nicht einfach ausscheren.
Wir wollen lokal unseren Beitrag leisten und unser Antrag ist ein weiterer Baustein dazu. Die KraftWärme-Kopplung ermöglicht eine hoch effiziente Bereitstellung von Strom und Wärme. Sie trägt sowohl zur Schonung der Ressourcen als auch zur Minderung der CO2-Emissionen bei.
Ich darf an dieser Stelle das auf Bundesebene vereinbarte Ziel in Erinnerung rufen. Am 18. Oktober 2000 hatte das Bundeskabinett beschlossen, den Anteil von Strom aus Kraft-Wärme-Kopplung bis 2010 zu verdoppeln, um so eine CO2-Minderung von 10 Millionen t bis 2005 und 23 Millionen t bis 2010 zu be
wirken. Dieser Beitrag zum Klimaschutz ist unverzichtbar.
Auch wirtschaftlich rechnet sich dieser Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung. Nach Berechnungen der Prognos-Studie „Klimaschutz schafft Arbeitsplätze“ bewirkt die Verdopplung der KWK-Quote einen Beschäftigungseffekt von 10.000 Arbeitsplätzen.
Sicherung und Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung sind unverzichtbare Bestandteile einer modernen und am Prinzip der Nachhaltigkeit ausgerichteten Energieund Umweltpolitik.
Maßgebliche Rahmenbedingungen für die Klimaschutzpolitik des Landes werden auf Bundesebene gesetzt. Beispiele dafür sind das Energierecht, das Erneuerbare-Energien-Gesetz, die Förderprogramme für Altbausanierung und erneuerbare Energien, die Energieeinsparverordnung nach dem Kraft-WärmeKopplungsgesetz sowie die Energiebesteuerung im Rahmen der ökologischen Steuerreform.
So wird uns auch der frisch von der Bundesregierung zur parlamentarischen Debatte vorgelegte Entwurf der Biomasse-Verordnung ein Stück voranbringen. Durch die Nutzung von Biomasse in Blockheizkraftwerken können die Bereiche Wohnen und Arbeiten mit Umweltschutz und Landwirtschaft zu aller Nutzen verbunden werden. Vor Ort konnte ich mich in der letzten Woche überzeugen, wie so etwas in der Realisierung aussehen kann. Das Biomasseheizkraftwerk Domsland, das in Eckernförde mit Holzschnitzelwerk betrieben wird, ist ein Musterbeispiel dafür und zeigt, wie die verschiedenen Bereiche positiv zusammenwirken können.
Dies bietet neue Chancen, insbesondere für kleine Energieversorger wie die Stadtwerke vor Ort, die nach wie vor eine wichtige Funktion für die regionale Grundversorgung übernehmen. Diese Funktion wollen wir erhalten und sehen dazu eine Quotenregelung für die Kraft-Wärme-Kopplung als sinnvoll und erforderlich an.
Kommt die Kraft-Wärme-Kopplungsquote nicht, werden viele Stadtwerke - derzeit haben wir im Land 41 davon - und kleinere Akteure ihre Anlagen abschalten müssen, selbst solche, die erst vor einigen Jahren in Betrieb genommen worden sind. Zurzeit profitieren diese Stadtwerke von dem Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz, das allerdings degressiv gestaltet ist und 2004 auslaufen wird. Ohne eine nachfolgende Quoten
regelung wäre bis dahin die kommunale Kraft-WärmeKopplung abgeschaltet. Daher sind gerade die Stadtwerke auf eine Nachfolgeregelung angewiesen.
Wir erhalten aus Berlin Signale, dass die Bundesregierung, statt eine Quote zu KWK zu erlassen, mit Verbänden und Gewerkschaften auch über ein auf Freiwilligkeit der Stromindustrie basierendes Modell spricht, das die gleiche Wirkung erzielen soll. Meine Fraktion und ich haben erhebliche Bedenken und Zweifel an der Überprüfbarkeit derartiger Selbstverpflichtungen und wir könnten uns eher ein Bonussystem vorstellen. Dennoch führt aus meiner Sicht zurzeit kein Weg an der Kraft-Wärme-Kopplungsquote vorbei.
Normalerweise wird bei Kraft-Wärme-Kopplung nur an Blockheizkraftwerke gedacht. Viel wahrscheinlicher aber ist, dass ganz neue Technologien zum Zuge kommen. Kleinen und dezentralen Energieversorgern, die untereinander zum virtuellen Kraftwerk verknüpft werden, gehört die Zukunft. Besonders die stationäre Brennstoffzolle bietet interessante Innovationsfelder. Hier ergibt sich ein neues Betätigungsfeld für Stadtwerke auf dem Energiemarkt.
Die Kraft-Wärme-Kopplungsquote ist eine Chance für die Stadtwerke, an der Umsetzung dieser Zukunftstechnologien teilzuhaben und federführend beteiligt zu sein.
Für innovative Energietechnik vor Ort brauchen wir Unternehmen, die Menschen mitnehmen und in die Projekte einbinden.
Mit unserem Antrag geben wir dieser Idee neuen Schwung.
Lassen Sie uns durch die Stärkung der Kraft-WärmeKopplung auch den Stadtwerken die richtigen Zeichen für die Zukunft geben! Stimmen Sie unserem Antrag zu!
Man muss sich immer etwas aufsparen. Man weiß ja nie, was kommt.
Kollege Kerssenbrock, als bockiges Kind wollte ich mich doch noch einmal zu Wort melden. Ich weiß nicht, ob Sie vorhin mich persönlich oder meine Fraktion meinten; ich stehe aber gern für das gerade, wobei es dabei ging. Ich habe den Eindruck - Sie mögen mich, da Sie auch noch eine Minute Redezeit haben, gegebenenfalls davon überzeugen, dass ich das falsch sehe -, entweder Sie haben mir nicht zugehört oder Ihre Rede war vorher fertig und Sie waren nicht schnell genug, um sie nach meinen Ausführungen zu ändern. Ich habe darauf hingewiesen, dass die Gesetzgebung auf Bundesebene erfolgt. Ich habe auch darauf hingewiesen, dass auf Bundesebene andere Modelle diskutiert werden. Ich habe auch gesagt: Wenn es etwas gibt, was genauso nachhaltig und effizient ist und nicht an Freiwilligkeit gebunden ist, sollte man durchaus in der Lage sein, darüber nachzudenken, ob man solch ein Modell mittragen kann.
Graf Kerssenbrock, gestatten Sie mir noch eine Anmerkung. In Ihren Beiträgen zur Energiepolitik landen Sie fast jedes Mal bei Ihrem Hohelied auf die Kernenergie.
Ich hoffe, dass Sie irgendwann einsehen, dass dies ein Auslaufmodell ist. Ich hoffe, dass Sie umdenken.
Ich sehe, Sie schreiben etwas auf. Ich bin gespannt, was Sie dazu sagen werden. Es wäre schön, wenn wir gemeinsam an einer Energiepolitik für SchleswigHolstein arbeiten könnten, die zukunftweisend ist. Von daher hoffe ich, dass Sie in Ihrer Fraktion noch einmal in sich gehen und gemeinschaftlich mit uns an einer solchen Energiepolitik arbeiten.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich danke der Landesregierung für den ausführlichen Bericht zu Einzelbereichen, die durch Offshore-Anlagen betroffen sind. Wie bereits in meinen letzten Reden dargestellt, möchte ich noch einmal betonen, dass die SPD-Landtagsfraktion den Ausstieg aus der Nutzung der Atomenergie begrüßt.
Damit befinden wir uns im Einklang mit einer breiten Mehrheit in der Bevölkerung. Die Menschen wollen diese Technologie nicht mehr. Darum spricht alles für regenerative Energien.
Die Windenergie ist ein Beispiel dafür. Die SPDgeführten Regierungen der vergangenen Jahre in Schleswig-Holstein haben den Ausbau der Windenergieanlagen vorangetrieben, sodass Schleswig-Holstein heute mit circa 17 % Strom aus alternativen Energiequellen als ein Vorzeigeland angesehen werden kann.
Da die Zahl der Windmühlen an Land nicht beliebig erhöht werden kann und weil wir die Akzeptanz bei den Bürgerinnen und Bürgern und bei unseren Gästen erhalten wollen, müssen wir nach neuen Wegen su
chen. Einer dieser Wege ist mit Sicherheit die Nutzung der konstanten Meereswinde, die mit den so genannten Offshore-Anlagen erfolgen soll. Wir freuen uns, dass für solche Projekte bereits Anträge auf Raumordnungsverfahren für die Nord- und Ostsee vorliegen.
Die vorliegende Antwort der Landesregierung auf die Anfrage der Opposition führt die erforderlichen Schritte detailliert aus. Wir erkennen daran, dass die zugesagte sorgfältige Prüfung in die Wege geleitet wird und alle Betroffenen - wie zum Beispiel die Schifffahrt, der Tourismus, die Fischerei und die Belange des Umweltschutzes - ausführlich Gehör finden werden. Die Entscheidung über das Ob und - falls ja das Wie würde erst ganz am Ende des Verfahrens stehen.
Wir wollen aber nicht außer Acht lassen, welche großen Chancen diese Projekte für unser Land bieten. Die geplanten Großanlagen auf See sind ein internationales Schaufenster für Windenergietechnik made in Schleswig-Holstein.
Welche Chancen für Wissenschaft und Forschung, Arbeitsplätze und Umwelt in einer umweltschonenden Energiewirtschaft liegen, machen uns die Schweden und Dänen bereits vor. Auch in den Niederlanden und in England wird dieses Thema intensiv diskutiert. Den schleswig-holsteinischen Unternehmen dieser Branche bieten sich mit dieser Technologie ein interessantes Feld und zahlreiche Exportchancen.
Uns ist daher daran gelegen, dass das Raumordnungsverfahren zügig durchgeführt wird, um im Fall eines positiven Ausgangs die Möglichkeiten zu schaffen, die Chancen schnell zu ergreifen. Wir wollen diesen Unternehmen - im Gegensatz zur CDU und F.D.P. - Unterstützung geben.
Lassen Sie mich die grundsätzlichen Positionen, die hier aufeinander treffen, abschließend in einem Satz zusammenfassen: Wenn der Wind der Veränderung weht, bauen die einen Mauern, die anderen Windmühlen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Freund Dr. Graf Kerssenbrock!
Zunächst danke ich der Landesregierung für die ausführliche und grundlegende Auskunft auf unsere Anfrage vom Sommer dieses Jahres. Aus gegebenem Anlass möchte ich eingangs noch einmal betonen, dass wir als SPD den Ausstieg aus der Nutzung der Kernenergie weiterhin für unabdingbar halten, weil wir die möglichen Auswirkungen eines Schadensfalles für nicht hinnehmbar halten.
Gerade erleben wir bei dem schrecklichen Unglück in Österreich, dass es bei technischen Anlagen trotz aller Ingenieurleistungen immer wieder zu Ereignissen kommt, die nicht vorhersehbar sind. Was passieren kann, passiert - das sagt Murphy’s Gesetz; es findet hier in Österreich auf tragische Weise eine Bestätigung. Was bei einem solchen Unfall als schlimmes, aber letztlich lokales Ereignis stattfindet, hätte im Falle der Kernenergie unabschätzbare Folgen.
Hoffen wird gemeinsam, dass so etwas während der vereinbarten Restlaufzeiten in unserem Land nicht geschieht.
Unser Ziel muss es sein, dass auch andere Länder von diesem Weg überzeugt werden. Das Ans-Netz-Gehen so umstrittener Anlagen wie der in Tschechien kann nicht der richtige Weg sein.
Wir Sozialdemokraten wollen so etwas gegenüber den Menschen nicht verantworten.
Für die Zeit bis zum endgültigen Ausstieg zeigt uns die Antwort der Landesregierung den Weg auf, den wir als Sozialdemokraten unterstützen. Die für diesen Ausstieg notwendigen Schritte werden wir nicht nur positiv begleiten, sondern vorantreiben. Der Bau von Zwischenlagern gehört genauso dazu wie die Notwendigkeit, das Problem der Endlagerung zu lösen. Wir wissen, dass dies nicht ohne Diskussionen an den je
weiligen Standorten abgehen wird; trotzdem - oder besser gesagt: wegen des damit verbundenen Zieles, dem Ausstieg aus der Atomenergie - stellen wir uns diesen Diskussionen und werden sie auch ausführlich führen. An den jetzigen AKW-Standorten werden wir, wie von mir schon im Juli an dieser Stelle gesagt, für Ersatzarbeitsplätze sorgen, damit den betroffenen Mitarbeitern eine Perspektive gegeben wird.
Meine Damen und Herren, nicht nur der Sicherheitsaspekt ist Grund für uns Sozialdemokraten, der Kernenergienutzung den Rücken zu kehren. Während wir hier tagen, ist in Den Haag die Klimaschutzkonferenz zusammengetreten, um die nächsten Schritte zum Abbau der CO2-Emissionen zu beschließen. Ich freue mich, dass die Landesregierung in ihrer Antwort auf diesen Aspekt hingewiesen hat. Wegen der Aktualität des Themas CO2 und weil von der Opposition wiederholt behauptet wurde, dass Kernenergienutzung die bessere Alternative für das Erdklima sei, lassen Sie mich aus der Antwort einen Satz zitieren. Basierend auf Modellrechnungen über die volkswirtschaftlichen Gesamtkosten heißt es:
„Danach hat eine Versorgungsstruktur, die die Nachfrage nach Wärme und Strom durch eine Kombination von Atomkraftwerken und Heizungsanlagen auf Öloder Gasbasis deckt, eine deutlich negativere Umwelt- und CO2-Bilanz als eine, die dies durch Systeme mit Kraft-Wärme-Kopplung auf der Basis von Erdgas und Biogas bewerkstelligt.“
Ausstieg aus der Kernenergie heißt also nicht nur Abkehr von einer hoch gefährlichen Technologie, sondern ist auch ein Beitrag zum Klimaschutz auf dieser Erde.
Die Landesregierung ist daher auf dem richtigen Weg, wenn sie sich ehrgeizige Ziele setzt: Verzicht auf die Nutzung der Kernenergie und im Sinne der Weltklimakonferenzen von Rio und Kyoto Reduzierung der CO2-Emissionen in Schleswig-Holstein. Dafür sind weitere Schritte erforderlich wie der in der Ihnen vorliegenden Drucksache erwähnte Ausbau der KraftWärme-Kopplung, die Nutzung nachwachsender Rohstoffe und die weitere Steigerung der Energiegewinnung aus Windkraftanlagen.
Das europäische Verbundsystem insbesondere mit den skandinavischen Ländern wird zur Bereitstellung der
Grundlasten beitragen. Wir sind willens, dieses Netz an geeigneten Standorten zu ergänzen. Wir werden uns auch intensiv mit dem Thema der Offshore-Anlagen auseinander setzen.
Daneben - und wahrlich nicht zweitrangig - muss der sparsame Umgang mit Energie auf der Tagesordnung bleiben. Die Förderung entsprechender Bauweisen im Hochbau und Technologien hat an Wichtigkeit nicht verloren.
Die Antwort der Landesregierung zeigt, dass die Energiepolitik in diesem Land in der Sache und mit Rücksicht auf die Menschen betrieben wird und daher zukunftweisend ist.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe den Präsidenten so verstanden, dass wir uns kurz fas
sen sollen. Ich werde einmal vormachen, wie man das macht.
Wenn man im Stoff ist, kann man auch kürzen.
Das Thema „Zwischenlagerung von Brennelementen“ ist an Aktualität kaum zu übertreffen. Wenn vor diesem hohen Hause Demonstranten aufziehen, um gegen steigende Ölpreise zu protestieren, dann zeigt das nicht nur die Betroffenheit der Bürger, sondern es macht auch deutlich, wie wichtig eine zukunftsorientierte Energiepolitik ist.
Im Rahmen des Ausstiegs aus der zivilen Nutzung der Atomenergie zur Stromerzeugung wird daher ein neuer nationaler Entsorgungsplan für radioaktive Abfälle erarbeitet. Unser Ziel ist es, dass etwa bis zum Jahr 2030 ein nationales Endlager in tiefen geologischen Formationen für alle Arten von radioaktiven Abfällen zur Verfügung stehen soll.
Bis zur Inbetriebnahme eines geeigneten Endlagers sollen die abgebrannten Brennelemente in standortnahen Zwischenlagern aufbewahrt werden, um so die Zahl der Transporte von hochradioaktivem Abfall zu reduzieren. Zwischenlager werden nicht - ich betone „nicht“, bevor das zu Irrtümern führt - als Endlager bezeichnet. Betreiber nahe beieinander liegender Kraftwerke können gemeinsame Zwischenlager in der Nähe ihrer Kernkraftwerksstandorte errichten und diese Lager gemeinsam nutzen.
Derzeit besteht keine gesetzliche oder sonstige Pflicht zur Errichtung von standortnahen Zwischenlagern. Die meisten Betreiber von Kernkraftwerken haben mit Blick auf die tatsächliche Situation der Abfall- und Brennelementetransporte aber bereits von ihrem Recht Gebrauch gemacht.
Ich meine, wir sollten diese Aktivitäten in SchleswigHolstein unterstützen, denn wer zuerst Know-how auf diesem Gebiet besitzt und auf dem Gebiet der weltweit notwendigen Rückbautechnik für AKWs, wird dieses Know-how auch vermarkten könnten. Damit geht die Schaffung entsprechender Arbeitsplätze einher. Die Rückbauten in Greifswald weisen hier einen deutlichen Weg.
Wir sehen also in der Energiewende und in den sie begleitenden technischen Anforderungen eine riesige Chance für unsere Wirtschaft und für unsere Bürger.
Die notwendigen Grundsatzentscheidungen für standortnahe Zwischenlager und die entsprechenden Atomrechtsänderungen hat die Bundesregierung schon getroffen. Für die Genehmigung der im Einzelnen beantragten Zwischenlager ist - wie Sie wissen, meine Damen und Herren - das Bundesamt für Strahlenschutz in Salzgitter zuständig.
Wenn das Konzept standortnaher Zwischenlager erst umgesetzt ist, werden die Atomtransporte minimiert werden können. Die Verbote von Castor-Transporten durch die frühere Umweltministerin Angela Merkel zeigen, dass vor kurzem nicht alle Teile der CDU die bestehenden Sicherheitsbedenken vom Tisch wischen wollten.
Die vorliegenden Anträge der AKW-Betreiber sprechen dafür, dass auch die Industrie bereit ist, standortnahe Zwischenlager als Bausteine des Entsorgungskonzeptes zu errichten und zu betreiben.
Bis wir ein Endlager haben, sind zeitlich begrenzte Standortzwischenlager einfach die einzige Alternative zu Atomtransporten. Sie sind ein Element, um das Jahrhundertproblem des Atommülls anzugehen und nicht, um es weiterhin zu leugnen, wie es die alte Bundesregierung beharrlich getan hat.
Der Schriftsteller Rolf Hochhuth gibt in einem seiner Bücher eine bekannte Lebensweisheit wieder, die lautet: „Einsichten sind das eine, Konsequenzen selten ihre Folge.“
Meine Damen und Herren, das ist weise gesprochen, doch diese Denkweise können wir uns bei der Energiewende und bei dem Atomausstieg nicht leisten.
Es fällt in diesen Tagen wahrlich nicht schwer, die Einsicht einer dringend notwendigen Energiewende auch wirklich zu verinnerlichen. Nun lassen Sie uns gemeinsam konsequent daran arbeiten!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir am Anfang ein paar persönliche Worte! Ich möchte die CDU-Fraktion bitten, meinem Kollegen, Dr. Graf Kerssenbrock, meine herzlichen Grüße und Genesungswünsche zu übermitteln, in der Hoffnung,
dass er bald wieder an den Landtagssitzungen teilnimmt.
Der Konsens zum Ausstieg aus der Atomenergienutzung wird von meiner Fraktion ausdrücklich begrüßt. Natürlich ist es nur ein Kompromiss,
aber dass sich die Bundesregierung und die Stromversorgungsunternehmen darauf geeinigt haben, die künftige Nutzung der Kernenergie einzuschränken beziehungsweise die Nutzung der Kernkraftwerke zu befristen, ist ein richtungsweisendes Signal.
Erste Umfrageergebnisse von „Infratest“ haben gezeigt, dass auch die große Mehrheit der Bevölkerung dies so sieht: 61 % der Bevölkerung bewerten den Konsens als Erfolg. Selbst in den Reihen der CDUWähler sind es immerhin 46 %, die dem Konsens zustimmen. Das kann man nicht einfach unter den Tisch kehren.
Beide Seiten, die Bundesregierung und die Versorgungsunternehmen, müssen daran arbeiten und dazu beitragen, dass der Inhalt der Vereinbarung konsequent und nachhaltig umgesetzt wird. Die erzielte Verständigung ist ein wichtiger Beitrag zu einem umfassenden Energiekonsens, der dazu beitragen wird, dass eine umweltverträgliche und wettbewerbsfähige Energieversorgung weiterentwickelt wird. Damit wird ein wesentlicher Beitrag geleistet, um in der Energiewirtschaft eine möglichst große Zahl von Arbeitsplätzen zu sichern.
Kommen wir zu Schleswig-Holstein! Wir haben Verständnis - wie von Herrn Sager schon angesprochen -, dass sich Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an den Standorten der Kernkraftwerke in Brokdorf, Krümmel und Brunsbüttel Sorgen und Gedanken machen. Nach Alternativen muss gesucht werden, daran werden wir mitarbeiten, und zwar vorrangig.
Zum Beispiel wird das Kernkraftwerk Brunsbüttel als eine der ältesten Anlagen in der Bundesrepublik sicherlich zu einem der ersten Atomkraftwerke gehören, die stillgelegt werden. Nach unserem Willen sollen Brunsbüttel und die Umgebung weiterhin Energiestandort bleiben.
Dementsprechend sollen Arbeitsplätze neu geschaffen beziehungsweise bestehende Arbeitsplätze gesichert werden.
- Das werde ich Ihnen jetzt sagen. Seien Sie doch nicht so ungeduldig, meine Damen und Herren der CDU!
Als eine Alternative könnte man sich durchaus vorstellen - die planerischen Möglichkeiten dafür sind gegeben -, dort ein modernes Kraftwerk mit hohem Energieausnutzungsgrad zu bauen.
Die zweite Position, die Brunsbüttel betrifft, ist der Bau einer Einbindungsstation für das Seekabel zwischen Deutschland und Norwegen, das so genannte Viking-cable.
Drittens wäre es möglich, dass die technische Betreuung des stillgelegten Kernkraftwerkes weiter Arbeitsplätze in diesem Bereich sichert.
Natürlich wird es bei einigen Beschäftigten Umstrukturierungsprobleme geben. Aber schon heute arbeiten in Schleswig-Holstein mehr Menschen in der Windkraftbranche als für Atomkraftwerke.
Wir halten dies für zukunftsträchtig. Daher werden wir unseren Weg fortsetzen, alternative Energien auszubauen. Nach allem, was wir heute wissen, liegt die Zukunft in den Bereichen Wasserstofftechnologie, Solarenergie, Biomassenutzung und Windkraft,
bei Letzterer insbesondere in umweltverträglichen Offshore-Parks. Der Bau dieser Anlagen stellt eine große Herausforderung und Chance für die Schiff
bauindustrie in Schleswig-Holstein sowie in den benachbarten Bundesländern dar.
Die SPD unterstützt weiterhin den Ausbau leistungsfähiger Netze in Schleswig-Holstein, damit die dezentrale Einspeisung alternativer Energien gewährleistet ist. Das Ziel ist eindeutig und klar umrissen: eine sichere, umweltverträgliche, effiziente und damit zukunftsfähige Energieversorgung ohne Atomkraft.
Durch einen berechenbaren und entschädigungsfreien Ausstieg beginnen wir, die nicht zu verantwortenden Risiken der Atomenergie so schnell wie möglich zu beseitigen.
Für uns gehören Ausstieg und Neuordnung eng zusammen.
Meine Damen und Herren von der Opposition, beteiligen Sie sich an unserem Einsatz für die Gesundheit und das Wohlergehen der Bürger in SchleswigHolstein!