Protokoll der Sitzung vom 16.03.2000

Ich frage die Landesregierung; An welchen Projekten hat sich das Land Brandenburg bisher beteiligt?

Herr Minister Schelter, Sie sind heute ein gefragter Mann. Das Wort geht erneut an Sie.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Abgeordnete Richstein, unsere Hilfe für die Beitrittskandidaten hat das Ziel, dass vor altem unsere östlichen Nachbarländer die Kriterien für eine Aufnahme in die Europäische Union möglichst bald erfüllen. Grundlage für die Projekte ist das PHARE-Programm der Europäischen Union. mit dem die Europäische Kommission die Kandidatenländer bei der Übernahme des gemeinschaftlichen Besitzstandes unterstützt.

Mit dem PHARE-Zwillingsprogramm wird die Bereitstellung von Fachwissen im Rahmen von Partnerschaften zwischen Behörden bzw. Institutionen des Mitgliedstaates und des Kandidatenlandes gefördert. Prioritäten genießen dabei die Bereiche Landwirtschaft, Umwelt, Finanzen, Justiz und Inneres. Gegenwärtig ist Brandenburg als Twinning-Partner an sechs Projekten beteiligt, die in Lettland, in Slowenien, in Estland, in Polen

und in Rumänien angesiedelt sind. In drei Projekten im Bereich Landwirtschaft ist Brandenburg federführend tätig.

Ich greife aus dem Gesamtbestand der Projekte drei Projekte heraus.

Im Bereich public procurement geht es um die Anpassung des öffentlichen Vergaberechts in Lettland. Das Wirtschaftsministerium entsendet dazu Kurzzeitexperten nach Riga.

In Lettland wird ein landwirtschaftliches Projekt durchgeführt, das unter anderem aus den Komponenten Veterinärmedizin und Landnutzungsplanung besteht. Das Landwirtschaftsministerium hat einen Langzeitberater entsandt.

Ein uniweltpolitisches Projekt zielt auf die Stärkung der Leistungsfähigkeit von Umweltbehörden zur Durchsetzung einer EU-konformen Umweltpolitik in Rumänien. Das Umweltministerium entsendet Langzeitexperten.

Der Bereich der Justiz ist bisher in diesen Twinning-Projekten leider nicht vertreten. Da sich vor allem seit dem Sondergipfel von Tampere eine Vertiefung der Zusammenarbeit auf dem Feld der Justiz abzeichnet, setze ich mich für eine Ausdehnung der Beitrittspartnerschaften in diesem Bereich ein. Brandenburg wird deshalb in Zukunft Beitrittspartnerschaften im Bereich des Justizwesens anstreben.

Herzlichen Dank. - Die Frage 162 ( EU-Verordnung zur Öffnung des Marktes für Verkehrsdienstleistun gen) wird von der Abgeordneten Frau Tack gestellt. Bitte sehr!

Am 8. März 2000 sollte nach vorliegenden Informationen die EU-Kommission den Entwurf der neuen EU-Verordnung zur Öffnung des Marktes für Verkehrsdienstleistungen beschließen. Ich gehe davon aus, dass bis zur Inkraftsetzung der Verordnung noch ein längerer Zeitraum der Diskussion über diesen Entwurf in den Gremien der EU bzw. bis zur Übernahme in nationales Recht vergehen wird.

Ich frage die Landesregierung: Welche unmittelbaren Auswirkungen wird die Vorlage oder der Beschluss des Entwurfes der Verordnung für den öffentlichen Personennahverkehr im Land Brandenburg haben?

Herr Minister Meyer. bitte!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Tack, laut Auskunft des Bundesministeriums für Raumordnung, Bauwesen, Städtebau und Verkehr auf Arbeitsebene liegt noch kein Entwurfder EU-Kommission zur Änderung der oben genannten Verordnung vor.

Unmittelbare Auswirkungen auf den ÖPNV sind durch die Vor

lage eines Entwurfes zur Novellierung der Verordnung nicht zu erwarten. Die Landesregierung geht davon aus, dass der Entwurf wie üblich zunächst in den zuständigen Gremien abgestimmt wird. Sie wird sich insbesondere für angemessene Übergangsfristen bis zur zu erwartenden Marktöffnung einsetzen.

Die Landesregierung hat die für Verkehrsleistungen zuständigen kommunalen Aufgabenträger im Land Brandenburg frühzeitig aufgefordert, die verbleibende Zeit für eine angemessene Vorbereitung auf den Wettbewerb zu nutzen, um z. B. über die Fortschreibung von Nahverkehrsplänen die Qualität des ÖPNV aktiv mitzugestalten.

Die Landesregierung wird im Übrigen ihre Position zum Wettbewerb im ÖPNV und zu den Gestaltungsmöglichkeiten der kommunalen Aufgabenträger im Rahmen des ÖPNV-Gesetzes in der Antwort auf die Kleine Anfrage 288 erläutern. - Schönen Dank.

Herzlichen Dank. - Da die Frage 163 (Verkehrswegefinanzie- rung) schriftlich beantwortet wird, sind wir bei der Frage 164 (Inhalte und Konsequenzen der geplanten Forstreform) , gestellt von der Abgeordneten Frau Dr. Enkelmann.

Der Ausschuss für Landwirtschaft, Umweltschutz und Raumordnung beschäfti gte sich in einer öffentlichen Anhörung am 1. März 2000 mit Inhalten und Konsequenzen der von der Landesregierung geplanten Forstreform. Weder der Minister noch einer seiner Staatssekretäre nahmen an dieser Anhörung teil.

Ich frage die Landesregierung: Warum hat der Minister nicht die Chance genutzt, um an diesem seit längerem geplanten Ausschusstermin das Gespräch mit Vertreterinnen und Vertretern der wichtigen betroffenen Organisationen zu suchen?

Herr Minister Birthler, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Enkelmann, die Anhörung von Sachverständigen und Verbänden zu wichtigen Gegenständen der Landespolitik durch das Parlament oder den Ausschuss dient zuallererst dem Dialog und der unmittelbaren Vermittlung von Informationen an die Mit glieder des Parlaments. Die Beratung des Parlaments mit der Landesregierung wird außerhalb der Anhörung durchgeführt. Die Beratung der Landesregierung mit Sachverständigen und Verbänden ist nicht im Rahmen einer parlamentarischen Anhörung zu führen, sondern findet regelmäßig im Vorfeld statt.

Um keinen Zweifel aufkommen zu lassen: Jede parlamentarische Anhörung von Sachverständi gen und Verbänden ist für die Landesregierung von außerordentlicher Bedeutung. Es ist deshalb selbstverständlich, dass Mitarbeiter diese Anhörung verfolgen und gegebenenfalls zur Sachaufklärung - sofern das vonseiten der Abgeordneten gewünscht wird - verfügbar sind.

In der öffentlichen Anhörung am 1. März 2000 zur Forstreform waren deshalb neben dem Landesforstchef der Vorsitzende und die Mitglieder des Projektteams, das sich gegenwärtig mit der Erarbeitung des Forstkonzeptes befasst, anwesend. Ihre Anwesenheit war auch deshalb geboten, damit die Ergebnisse der Anhörun g, umgehend und vor Abfassung des Protokolls der Anhörung in die laufende Projektarbeit einbezogen werden konnten.

Ich bitte deshalb um Verständnis, dass ich - vor allen Dingen aus Respekt vor dem Anhörungsrecht des Parlamentes - davon abgesehen habe, bei der Anhörung anwesend zu sein. Das Gleiche gilt für die Staatssekretäre.

Herr Minister, es gibt Klärungsbedarf. Bitte sehr, Frau Enkelmann!

Gestatten Sie mir eine Vorbemerkung. Seit einer Woche liegt das Protokoll der Anhörung vor. Ich möchte die Gelegenheit nutzen, um den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Hauses recht herzlich zu danken, dass sie so schnell gearbeitet und wir eine Grundlage für die weiteren Beratungen haben.

ich habe eine Nachfrage an den Herrn Minister. Ich gehe davon aus, dass Sie das Protokoll, das seit einer Woche vorliegt, inzwischen ausgiebig studiert haben. Welche Konsequenzen ziehen Sie aus der Beratung für Ihre Überlegungen zum Fortgang der Forstreform?

Frau Enkelmann, das Projektteam ist bei der Erarbeitung des Konzeptes. Die Anhörung spielte dabei eine wichtige Rolle. Im Rahmen der Fragestunde werde ich nicht versuchen, die Grundlinien des Forstkonzeptes darzulegen. Das machen wir gemeinsam im Ausschuss.

Danke sehr. - Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, begrüßen wir die zweite Hälfte der Stadt Guben, die in Form von Jugendlichen an unserer Sitzung teilnimmt. Herzlich willkommen!

(Allgemeiner Beifall)

Die Frage 165 (Strausberg-Pass ab I. April 2000) stellt die Abgeordnete Frau Hesselbarth. Bitte!

Meine Frage bezieht sich auf den Strausberg-Pass ab 1. April 2000. Bekanntlich hatte die DVU-Fraktion in der 4. Sitzung des Landtages Brandenburg am 25. November 1999 den Antrag „Einführung eines Kinderpasses" - Drucksache 3/126 - eingebracht, welcher jedoch von den anderen Fraktionen abgelehnt worden ist. Die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Strausberg beschloss laut Pressemeldungen die Einführung eines so genannten Strausberg-Passes ab 1. April 2000, welcher Bürgern mit geringerem Einkommen die Möglichkeit eröffnen soll,

Angebote der Stadt auf kulturellem, sportlichem oder sonstigem Gebiet zu ermäßigten Gebühren und Preisen oder kostenlos in Anspruch zu nehmen.

Ich frage die Landesregierung, welche Maßnahmen sie ergreifen will, um einen landesweiten Sozialpass nach dem in der Vorbemerkung genannten Beispiel zu schaffen oder die Kommunen des Landes zur Ausstellung von kommunalen Sozialpässen nach dem Vorbild der Stadt Strausberg zu ermuntern und dabei finanziell zu unterstützen.

Herr Minister Ziel, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wie wir alle wissen, gilt in der Bundesrepublik Deutschland für die Kommunen das Prinzip der kommunalen Selbstverwaltung. Das Land hat keine Allzuständigkeit und kann nicht nach Gutdünken Aufgaben an sich ziehen, die den Kommunen obliegen. So verhält es sich auch mit der seit 1991 immer wieder vorgebrachten Aufforderung an die Landesregierung, so genannte Sozialpässe der Kommunen zu unterstützen bzw. landesweit zu schaffen.

Die von Strausberg und anderen Orten eingeführten Sozialpässe sind eine gute Sache, weil die Kommunen auf diese Weise demonstrieren, dass sie Verantwortung für die schwächsten Glieder der Gesellschaft übernehmen. Ich betrachte das mit Sympathie. Vielen Dank.

(Beifall bei SPD und CDU)

Ich danke auch. - Da auch die Frage 166 (Medienbeauftragter) schriftlich beantwortet wird, kommen wir zur Frage 167 (Un- gleichbehandlung durch Mehrwertsteuer-Sonderbelastung), gestellt vom Abgeordneten Dobberstein.

Es ist allgemein bekannt: Weder in Brandenburg noch in Berlin unterliegt die Abwasserentsorgung als hoheitliche Aufgabe der Mehrwertsteuer. Allerdings besteht ein Sonderfall: Die Gemeinden und Zweckverbände im Land Brandenburg müssen für die Reinigung ihrer Abwässer in den fünf Klärwerken der Berliner Wasserbetriebe, die sich in ihrem Territorium befinden und dort wirtschaftlich tätig werden, Mehrwertsteuer entrichten. Begründet wird das damit, dass die Berliner Wasserbetriebe im Land Brandenburg außerhalb ihres Hoheitsgebietes aufder Grundlage zivil rechtlicher Verträge bzw. Vereinbarungen tätig werden. Sie werden deshalb infolge des Fehlens öffentlich-rechtlicher Verträge bzw. Vereinbarungen umsatzsteuerrechtlich als „Wirtschaftsbetrieb" eingestuft. Das führt zu einer wesentlichen Gebührenerhöhung und damit zur Ungleichbehandlung der Bürger dieser Zweckverbände und Gemeinden gegenüber den Brandenburger Bürgern, deren Abwässer in Einrichtungen des Landes Brandenburg fließen.

Ich frage daher die Landesregierung: Wie und wann gedenkt sie,

das Problem der Ungleichbehandlung bezüglich der Mehrwertsteuer bei der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit der Länder Brandenburg und Berlin auf dem Gebiet der Abwasserentsorgung zu lösen?

Zur Beantwortung der Frage erteile ich dem Staatssekretär Mentrup das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Dobberstein, auf den ersten Blick könnte man vermuten, dass man es wirklich nur mit einem Nebenproblem zu tun hat, das möglicherweise gar keine Bedeutun g hat. Leider haben Sie aber mit Ihrer Darstellung Recht. Die Berliner Wasserbetriebe nutzen im Land Brandenburg zwar keine Rieselfelder mehr, sie sind aber Eigentümer von Klärwerken, die nicht nur die Berliner Abwässer reinigen, sondern in erheblichem Umfang auch Brandenburger Abwässer. So ist beispielsweise das in Stahnsdorf ansässige Klärwerk nicht nur für die Berliner Randbezirke zuständig, sondern auch für die Stadt Potsdam und das Umland tätig.

Im Rahmen des Ausbaus dieser Klärwerke nach der Wende ab 1991 waren erhebliche Investitionen notwendig. Die Berliner Wasserbetriebe haben damals die Auffassung vertreten, dass die Leistungen an die Brandenburger Abwasserzweckverbände umsatzsteuerpflichtige Leistungen darstellen. Dadurch konnten sie damals die auf diesen Investitionen lastende Umsatzsteuer zumindest teilweise erstattet bekommen.

Die Klärun g der Berliner Abwässer stellt sich hingegen als hoheitliche Tätigkeit dieser Berliner Anstalt des öffentlichen Rechts dar, die dann konsequenterweise auch nicht umsatzsteuerpflichtig ist und somit nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt. Nach dieser Auffassung berechnen die Berliner Wasserbetriebe derzeit den Brandenburger Zweckverbänden Umsatzsteuern, wenn Abwässer der Zweckverbände in den in Brandenburg gelegenen Klärwerken behandelt werden. Die Berliner Wasserbetriebe berufen sich dabei - Herr Dobberstein, Sie haben das gesagt - auf vertragliche Vereinbarungen, aber nicht nur auf vertragliche Vereinbarungen, sondern inzwischen auch auf ein Urteil des Landgerichtes Berlin gegen einen Zweckverband. Sie werden dabei - das ist der entscheidende Punkt - von der für die Berliner Wasserbetriebe zuständigen Berliner Finanzverwaltung - dort ist zu versteuern - unterstützt.

Die brandenburgische Landesregierung hat diese Auffassung zu keinem Zeitpunkt geteilt. Die Berliner Auffassung widerspricht unserer Meinung nach der langjährigen Praxis, dass sich Zweckverbände und andere Träger hoheitlicher Aufgaben gegenseitig auch entgeltlich - ohne Umsatzsteuerbelastung unterstützen können. Deshalb hat sich das Ministerium der Finanzen genau wie das Innenministerium mehrere Male gegen die Berliner Forderung aufzusätzliche Bezahlung der Umsatzsteuer ausgesprochen.

dass alle Gebühren mit Umsatzsteuer belastet werden, was diese Gebühren natürlich für die Bürger erhöht.