Protokoll der Sitzung vom 05.04.2001

Zum Zweiten: Herr Minister, wenn nach Ihrer Analyse das in Berlin höhere Gehaltsniveau eine der wesentlichen Ursachen dafür ist, dass brandenburgische Lehrkräfte abwandern - was unternimmt dann die Landesregierung zur Erhöhung der Bezüge

der brandenburgischen Lehrer und damit zum Wegfall des BAT Ost?

(Vereinzelt Beifall bei der PDS)

Auf schwierige Fragen einfache Antworten zu geben, das versucht mit wenig Erfolg die PDS. Ich habe mich Ihrem Erfolgsrezept deshalb ungern angeschlossen.

(Frau Osten [PDS]: Ja, hätten Sie es doch einmal getan!)

Die Berufswahlfreiheit, die durch das Grundgesetz und natürlich in gleicher Weise durch die Brandenburger Landesverfassung gesichert ist, ist damit in keiner Weise eingeschränkt. Sondern wer einen Vertrag abschließt, der muss ihn auch erfüllen. Nur darum geht es. Ein Vertrag, der mit dem Land zur Schulbetreuung von Kindern im Land Brandenburg abgeschlossen worden ist, muss bis zum Schuljahresende erfüllt werden. Dann besteht wieder die volle Berufswahlfreiheit für jeden Lehrer im Land Brandenburg. Deshalb werden wir im Sommer dieses Jahres eine Situation haben, wo aller Voraussicht nach zwischen 200 und 400 Lehrer die Berufswahlfreiheit so wahrnehmen, dass sie in anderen Ländern ihren Dienst beginnen.

Wir sind bei der Frage 674 (Förderung regionaler Koordinie- rungsstellen für Arbeitsmarktpolitik), die von der Abgeordneten Birkholz formuliert wird. Bitte sehr, Frau Birkholz!

In einigen Landkreisen werden aufgrund der prekären Arbeitsmarktsituation regionale Strukturförderprogramme entwickelt, die das Ziel haben, die Verantwortung der regionalen Entscheidungsträger bei der Realisierung arbeitsmarktpolitischer Initiativen zu stärken, regionale Beschäftigungsprogramme zu entwickeln und die Arbeitsmarktpolitik mit strukturbildenden Vorhaben in der Region zu verzahnen. Diese Programme wurden in den letzten Jahren regelmäßig fortgeschrieben und vom Land durch Zuwendungen zur Regionalisierung der Arbeitsmarktpolitik unterstützt. Obwohl die Regionalisierung der Arbeitsmarktpolitik offiziell ein Schwerpunkt der Landespolitik geblieben ist, drohen die Stellen für kreisliche Koordinatoren wegzubrechen, weil die Landesregierung über die weitere Förderung noch nicht entschieden hat.

Ich frage die Landesregierung: Wann trifft sie die Entscheidung über die Förderung kreislicher Koordinierungsstellen, um die erfolgreich entwickelten Strukturen in den Kreisen zu erhalten?

Werte Kolleginnen und Kollegen, ich bitte auch Sie, komprimiert zu fragen, damit wir darauf bestehen können, komprimierte Antworten zu bekommen.

(Beifall bei CDU und DVU)

Herr Minister, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin sehr für Regionalisierung der Arbeitsmarktpolitik und grundsätzlich werden wir auch weiterhin das Bemühen um eine verstärkte Regionalisierung unterstützen. Regionalisierung der Arbeitsmarktpolitik hat dabei mehrere Aspekte. Zum einen geht es darum, die arbeitsmarktpolitischen Instrumente in die Verwirklichung eines Leitbildes der Region oder etwa in die Umsetzung einer Kreisentwicklungskonzeption einzubinden. Ich lege großen Wert darauf, dass die Regionen Leitbilder haben bzw. die Kreise Kreisentwicklungskonzeptionen vorlegen können.

Strukturförderprogramme stehen vor allem dann zur Verfügung, wenn es eigene Anstrengungen gibt und Konzeptionen vorgelegt werden. Es geht um die Initiierung spezifischer regionaler und lokaler Initiativen. Ich denke hier zum Beispiel an die speziellen, zum Teil auch aus europäischen Mitteln geförderten Programme der Oderregion. Nicht zuletzt kann Regionalisierung auch durch die Einbindung von regionalen Partnern in die Bewilligung von Fördermitteln erfolgen.

Diese verschiedenen Facetten sind im partnerschaftlichen Abstimmungsprozess der Planungsperiode der Europäischen Strukturfonds - sie läuft bis 2006 - ausführlich diskutiert worden. Klar ist, dass beide Ansätze zukünftig vom Land unterstützt und gegebenenfalls ausgebaut werden sollen. Aber Sie werden mir gewiss zustimmen, wenn ich sage, dass sich dies in die bereits vorhandenen Förderstrukturen einpassen muss und nur auf der Grundlage eines schlüssigen Gesamtkonzepts erfolgen kann.

Nach meiner Einschätzung erfordert das noch weitere Diskussionen auch in den Landkreisen. Ich halte es nicht für effizient, vorab einzelne Fördertatbestände, wie etwa die Förderung von Koordinierungsstellen, herauszulösen. Dennoch würde ich Ihnen zustimmen, wenn Sie auf eine rasche Entscheidung drängen. Ich gehe davon aus, dass wir die Entscheidung noch vor der Sommerpause treffen können und dann auch Klarheit bezüglich der Förderung von Koordinierungsstellen haben. - Danke schön.

Ich danke auch. - Da es keine Nachfragen gibt, ist Tagesordnungspunkt 1 geschlossen und ich rufe Tagesordnungspunkt 2 auf:

Aktuelle Stunde

Thema: Tourismusentwicklung in Brandenburg - Chancen für neue Arbeitsplätze

Antrag der Fraktion der CDU

Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der beantragenden Fraktion. Herr Abgeordneter Bartsch, bitte sehr.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Jahr 2000 war für die Tourismuswirtschaft im Land Brandenburg das erfolgreichste Jahr seit 1990. Angesichts eines Zu

wachses von 6,3 % bei den Mehrtagesgästen, von 6,7 % bei den Übernachtungen und einer Umsatzsteigerung von rund 12 % können wir stolz auf das Ergebnis der Tourismuswirtschaft im Jahr 2000 blicken. Die Kapazitätsauslastung ist - gemessen an der Bettenauslastung in allen Monaten dieses Jahres - höher als im Jahr zuvor gewesen und erreichte im Monat Juni mit 45,2 % sowie im August mit 45,1 % die höchsten Werte seit 1995. Mit diesem Jahresergebnis bleibt die Tourismusbranche eine der wichtigsten Wachstumsbranchen des Landes.

Die Potenziale dieses Wirtschaftszweiges zu nutzen heißt, die Chancen für die Schaffung neuer Arbeitsplätze anzunehmen. Wir wollen die uns gebotenen Chancen annehmen und jeder von uns weiß, dass Brandenburg gute Ausgangsbedingungen hat. Die landschaftlichen Gegebenheiten und Ressourcen, das kulturelle Erbe, die sympathischen und weltoffenen Menschen unserer Region sowie die Berlinnähe vieler Regionen Brandenburgs sind Ausgangsbedingungen, die weitere erfolgreiche Entwicklungen in der Tourismusbranche versprechen. Wir alle wissen aber, dass die positive Entwicklung der Tourismusbranche eng mit den politischen Rahmensetzungen auf Landes-, aber auch auf Bundesebene verbunden ist und weiterhin sein wird. Dass viele Entscheidungen in den letzten beiden Jahren auf Bundesebene nicht gerade zur positiven Entwicklung unserer Tourismusbranche beigetragen haben, wissen wir. Meine Meinung zu den einzelnen Gesetzesinitiativen der Bundesregierung kennen Sie. Ich möchte mich dazu heute nicht äußern.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch bei der Landesgesetzgebung sollten wir in Zukunft verstärkt darauf achten, dass unsere Gesetze nicht negativ auf die Attraktivität des Landes wirken.

(Beifall bei der CDU)

Ich denke hier speziell an unser Naturschutzgesetz. Die natürlichen Gegebenheiten sind für viele Besucher der Grund, Brandenburg zu bereisen. Jedoch können wir mehr naturverbundene Menschen für den Urlaubsort Brandenburg begeistern, wenn wir es schaffen, ein Naturschutzgesetz zu verabschieden, welches mit dem Ziel verbunden ist, nicht den Menschen aus der Natur zu vertreiben, sondern ein friedliches Miteinander von Mensch und Natur zu organisieren.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der DVU)

Tourismuspolitik ist nur zum Teil Aufgabe der Wirtschaftspolitik. Touristen des 21. Jahrhunderts stellen hohe Anforderungen an die Region ihres Urlaubsortes. Nun kann die Landesregierung nicht für schönes Wetter sorgen - das verlangt höchstens die Opposition. Sie kann jedoch durch gezielte Maßnahmen im Infrastrukturbereich auf die Erhöhung der Attraktivität des Landes Brandenburg als Urlaubs-, Erlebnis- und Erholungsort hinwirken. Wir müssen unseren Besuchern Angebote machen, sicherlich angefangen damit, dass das Land gezielt das Entstehen touristischer Erlebniszentren wie Spaßbäder - zum Beispiel die Naturtherme Templin - finanziell unterstützt. Unsere Aufgabe ist aber weitreichender. Besondere Anziehungspunkte, touristische Angebote mit Eventcharakter, zum Beispiel die Veranstaltung „Kulturland Brandenburg”, die Potsdamer Schlössernacht, der Brandenburg-Tag in Frankfurt (Oder) oder touristische Einrichtungen wie der Lausitzring und der Filmpark Babelsberg machen Ansatzpunkte für tourismuspolitische Auf

gaben deutlich. Diese Bereiche zu stärken und mit neuen Ideen zur Ausweitung der Angebote beizutragen wird sich positiv auf die Tourismusbilanz der nächsten Jahre auswirken.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie mich in diesem Zusammenhang noch einige Worte zum Lausitzring verlieren. Das Land hat mit über 240 Millionen DM dieses Projekt gefördert. Die in Aussicht gestellten Arbeitsplätze für die Lausitzregion sollten das Landesengagement rechtfertigen. Wenn ich sehe, wie die Betreiber die Aufgabe, deren Lösung wir durch unser landespolitisches Engagement einfordern können, für die Region wahrnehmen, weiß ich nicht, ob zukünftige Unterstützung nicht besser beim sächsischen Wirtschaftsministerium beantragt werden sollte.

(Beifall des Abgeordneten Claus [DVU])

Als Erstes denke ich hier an den Versuch, die Bezeichnung „Lausitz” aus dem Namen der Rennstrecke zu entfernen, als Zweites an die Streichung von Hotelreservierungen in Cottbus und die Neubuchung in Dresden.

Angesichts dieser Problematik halte ich es für dringend erforderlich, dass wir uns im Wirtschaftsausschuss über geeignete Maßnahmen unterhalten, um diesem Verhalten der Betreiber etwas entgegenzusetzen, zumal noch weiteres landespolitisches Engagement im Bereich der Infrastruktur von den Betreibern eingefordert wird.

Meine Damen und Herren, in diesem Jahr richtet Potsdam die BUGA aus. Zudem begehen wir das Preußenjahr. Die Angebote, die das Land, die Kommunen, die Tourismuswirtschaft in diesem Zusammenhang machen, werden Hunderttausende Besucher zusätzlich nach Brandenburg locken. BUGA und Preußenjahr sind die Chancen der Tourismuswirtschaft für das Jahr 2001. Dass in diesem Zusammenhang viele Arbeitsplätze entstehen, steht für uns außer Frage. Die Frage, die wir aber beantworten müssen, ist: Wie kann es uns gelingen, die in der Tourismuswirtschaft neu entstandenen Arbeitsplätze auch in den kommenden Jahren zu sichern? Was kommt nach dem Jahr 2001?

Sicherlich werden viele Besucher der BUGA oder der Veranstaltungen des Preußenjahres auch in den nächsten Jahren Gäste in Brandenburg sein. Denn wer die Schönheit und die Angebote Brandenburgs kennen gelernt hat, wird gern wiederkommen. Um die Zahl der Besucher, die wir langfristig an Brandenburg binden können, zu erhöhen, müssen wir weitere überregionale Highlights für die kommenden Jahre vorbereiten. Für die Organisation dieser Highlights müssen das Land und die Kommunen mit Unterstützung des Landes die Verantwortung übernehmen.

Meine Damen und Herren, ein weiterer Schwerpunkt der Tourismuspolitik des Landes sollte es sein, die Herausbildung des Thementourismus zu unterstützen. Durch die Kur- und Bäderplanung, bei der wir jetzt verantwortlich sind, die Bäderkonzeption konsequent durchzusetzen, wird vonseiten des Landes das Segment Gesundheits- und Wellnesstourismus konsequent unterstützt. Angesichts der Entwicklungsprognosen für dieses Segment des Tourismus verspricht sich unser Engagement künftig in steigenden Tourismuszahlen und zusätzlichen Arbeitsplätzen auszuzahlen.

Ein weiteres Segment, in dem Brandenburg erhebliche Poten

ziale zur Weiterentwicklung besitzt, ist der Rad-, Reit-, Wasserund Sporttourismus. Auf Sportreisen entfallen bundesweit rund 13,8 Millionen Übernachtungen. Das entspricht rund 3,4 % aller Übernachtungen. Für Brandenburg haben Sportreisen eine noch höhere Bedeutung als bundesweit. Rund 8,8 % der Übernachtungen entfallen hier auf Sportreisende. Besonderheiten wie die größte Skaterstrecke in Teltow-Fläming sind Angebote, wie sie Sporttouristen wünschen. Aber auch unsere Radwege, die im Einzelfall mit dem europaweiten Radstreckennetz verbunden sind, erhöhen die Attraktivität Brandenburgs als Urlaubsort.

Als weitere Säule der Entwicklung des Sporttourismus in Brandenburg muss sich der Wassertourismus stetig weiterentwickeln. Wir haben hier natürliche Voraussetzungen, um die uns viele Bundesländer beneiden. Die Tourismuswirtschaft bei der Erarbeitung und Vermarktung von attraktiven Gesamtangeboten in diesem Bereich zu unterstützen ist eine Aufgabe der Landesund Kommunalpolitik sowie der TMB.

Meine Damen und Herren, wir können hier die Tourismuspolitik nicht abschließend bereden. Von der Aktuellen Stunde sollte jedoch das Signal ausgehen, dass wir in Brandenburg erkannt haben, welche Chancen die Tourismuswirtschaft für das Land und die hier lebenden Menschen hat. Wir wollen ein Signal dafür geben, dass wir ständig bemüht sind, Qualitätsverbesserungen herbeizuführen, und dass Brandenburg mit neuen Ideen und Angeboten in Zukunft verstärkt um neue Touristen werben wird. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Ich danke Ihnen, Herr Abgeordneter Bartsch. - Das Wort erhält die Fraktion der PDS, Herr Abgeordneter Domres.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Anlass für diese Aktuelle Stunde ist die Präsentation der Tourismusbilanz 2000 auf der ITB im letzten Monat. Aus Sicht der PDS-Fraktion hätten Arbeit und Leistung der Tourismusverbände mehr Wertschätzung verdient, als dies bei der Verleihung des Tourismuspreises 2001 auf der ITB durch den Staatssekretär und am Brandenburg-Abend durch den Chef der Staatskanzlei zum Ausdruck gebracht wurde. Die Anwesenheit des Ministerpräsidenten und des zuständigen Ministers wäre sicher bei der Brandenburger Tourismuswirtschaft und den Tourismusverbänden gut angekommen und hätte die Bedeutung des Wirtschaftsfaktors Tourismus für unser Land unterstrichen.

In diesem Land hat Tourismuspolitik bisher eher eine untergeordnete Rolle gespielt. So darf es nicht bleiben, meine Damen und Herren. Deshalb möchte ich im Namen der PDS-Fraktion anregen, einen Tourismusausschuss einzusetzen. Der Landesregierung empfehlen wir, mit klugen Personalentscheidungen den Tourismus als politische Aufgabe aufzuwerten und zu stärken.

(Beifall bei der PDS)

Da die Arbeit der Landesregierung in Mecklenburg-Vorpommern von der Koalition immer ganz besonders gern bemüht

wird, möchte ich Ihnen sagen: Dort wird es so gemacht und die Tourismuspolitik von SPD und PDS ist sehr erfolgreich.

(Beifall bei der PDS)

In einer Umfrage, die von der PDS-Bundestagsfraktion in Auftrag gegeben wurde, haben die Tourismusverbände und -vereine folgende Probleme benannt, die auch für Brandenburg gelten:

Erstens zu geringe Finanzausstattung: Warum, frage ich, werden die Vereine und Verbände von den Finanzämtern nicht als gemeinnützig anerkannt und müssen sogar Zuschüsse der Kommunen versteuern? Dies ist ebenso wie die Steuergesetzgebung arbeitsplatzverhindernd. So sehen Vertreterinnen und Vertreter der Tourismuswirtschaft den gegenwärtigen Mehrwertsteuersatz als Belastung für das Hotel- und Gaststättengewerbe an.