Herr Minister, Sie haben keine Zahlen genannt, trotzdem meine Frage: Zu wie viel Prozent, dann eben geschätzt, sind denn zurzeit im Land Brandenburg die Gewerbegebiete ausgelastet? Davon muss es bei Ihnen doch eine Vorstellung geben.
Zweite Frage: Sie haben gesagt, dass die Bedarfswirkungen überschätzt wurden. Wo liegen denn nach Ihrer Auffassung die Ursachen für die Fehlbedarfsplanungen seitens der Wirtschaftsförderung?
Ich habe mit Hinweis auf die aktuelle Überarbeitung auf eine Zahlendarstellung verzichtet, möchte aber zur Kenntnis geben, dass wir gegenwärtig von 191 geförderten Gewerbegebieten im Land ausgehen, die durchschnittlich zu 57 % belegt sind; also 2 600 ha sind belegt und 1 962 ha sind frei. 81 Gewerbegebiete haben eine Belegung von unter 50 %. Das wird sich in den einzelnen Kreisen sehr unterschiedlich darstellen.
Frau Dr. Schröder, es ist sehr schwer, im Rückblick zu analysieren, wo das gut Gemeinte über das gut Gemachte hinausgeschossen ist. Sie werden sich vielleicht erinnern, dass im Hinblick auf die zum Teil sehr umstrittene Rechtslage im innerstädtischen Bereich und auf den Entwicklungsdrang in den Kommunen und Landkreisen der Bedarf auch sehr schnell und sehr nachhaltig formuliert worden ist, ausreichende Entwick
lungsgebiete am Rand oder auf verfügbaren Flächen zu schaffen. Das ging bis hin zu Konversionsanliegen, bei denen es darum ging, ehemalige Militärliegenschaften in eine bessere Situation zu bringen.
Man kann auch kritisch rückblickend sagen: Vielleicht war die Förderung zu günstig, als dass man ausreichend Vernunft hat walten lassen. Aber das ist für mich jetzt so etwas wie Kaffeesatzleserei. Mir ist viel wichtiger, mit dem Blick nach vorn sicherzustellen, dass diese Einschätzungen der Vergangenheit angehören und dass man, wie ich meine, heute im Lande einen sehr realen Blick für Wollen und Können entwickelt hat. Diesen unterstütze ich, auch in Korrektur bisheriger Disproportionalitäten im Umgang mit diesem Potenzial.
Herzlichen Dank. - Wir kommen damit zu de Frage 1915 und 1916, die thematisch nahe beieinander liegen, gestellt von den Abgeordneten Dombrowski und Görke, die, wenn die Fragesteller einverstanden sind, gemeinsam beantwortet werden. Dann erhält zunächst der Abgeordnete Dombrowski Gelegenheit, die Frage 1915 (Jahrhunderthochwasser im Jahre 2002) zu formulieren.
Beim Jahrhunderthochwasser im Sommer 2002 wurde eine Brücke über die Gülper Havel zerstört. Die Landesregierung Brandenburg, insbesondere der Ministerpräsident, hatte den Geschädigten zugesagt, dass die Schäden zügig und unbürokratisch beseitigt werden. Die Agrargenossenschaft Stölln und eine Vogelschutzstation der Uni Potsdam sind seit Zerstörung der Brücke von ca. 360 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche abgeschnitten. Die oberste Naturschutzbehörde hat mit Schreiben vom 14.01.2004 mitgeteilt, dass der Bau einer Ersatzbrücke wegen der im Verfahren befindlichen Naturschutzgebietsausweisung nicht zulässig ist.
Bitte sehr, Herr Görke, formulieren Sie Ihre Frage 1916 (Er- richtung eines Ersatzneubaus der Brücke über die Havel bei Gülpe).
Nachdem aus dem Hochwasserhilfsfonds finanzielle Mittel bereitgestellt wurden, stellte das Amt Rhinow am 21. Oktober 2003 unter Berücksichtigung der gesetzlichen Forderungen des Hochwasserschutzes den Antrag auf Errichtung eines Ersatzneubaus der Brücke über die Havel bei Gülpe. Das zuständige Ministerium hat, wie mein Kollege eben schon ausführte, am 14.01.2004 diesen Antrag auf Ersatzneubau abgelehnt.
Ich frage daher die Landesregierung: Wie kann aus ihrer Sicht der Agrargenossenschaft Gülpe und anderen Betroffenen geholfen werden, damit die Erreichbarkeit und die Bewirtschaftung der landwirtschaftlichen Flächen zeitnah und dauerhaft erfolgen kann?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die bereits sehr alte Brücke über die Gülper Havel, eine Holzkonstruktion, wurde durch das Hochwasser 2002 unbrauchbar gemacht. Dennoch war die Agrargenossenschaft Gülpe bisher nicht von ihren Nutzflächen abgeschnitten, da eine Behelfsbrücke den Zugang zu diesen Flächen sicherte.
Zur Beantwortung Ihrer eigentlichen Frage: Ende Oktober 2003 hat das Amt Rhinow einen Antrag auf Befreiung von der gesetzlichen Veränderungssperre im FFH-Gebiet und dem im Verfahren befindlichen Naturschutzgebiet „Untere Havel Nord“ bei meinem Ministerium gestellt. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Landesregierung bereits umfangreiche Fördermittel zur Verfügung gestellt, die einen Ersatzneubau der Brücke über die Gülper Havel ohne Eigenanteil der Kommune ermöglichen. Am 13. November letzten Jahres wurde dem Amt und dem Landkreis erläutert, dass die vorliegende Planung nicht geeignet sei, eine Vereinbarkeit mit den Erhaltungszielen des Schutzgebiets zu erreichen. Das Amt wurde gebeten, eine entsprechende Umplanung vorzunehmen, die auf die Belange des Schutzgebietes Rücksicht nimmt.
Vor dem Hintergrund, dass die ausgereichten Mittel für den Neubau der Brücke über die Gülper Havel aus Strukturfonds der Europäischen Union in einem FFH-Gebiet eingesetzt werden sollen, ist hier nur eine Bauweise zulassungsfähig, die den Schutzerfordernissen des FFH-Gebiets gerecht wird. Die hierfür entscheidenden Parameter kennt der Vorhabenträger seit längerem. Stattdessen wurde das Bauwerk, wie ich der Tagespresse entnehmen konnte, ohne naturschutzrechtliche Befreiung meines Hauses bereits ausgeschrieben und der Auftrag vergeben. Das konnte natürlich nicht akzeptiert werden.
Um zu einer tragfähigen Lösung zu gelangen, habe ich dem Amt Rhinow in einem Schreiben vom 23. Januar dieses Jahres nochmals die erforderlichen Planungsänderungen mitgeteilt. Ausgehend von dem beim Bau der Wehrgruppe Quitzöbel festgelegten Wasserstand von 26,40 NHN lässt sich entgegen der Ausgangsplanung die Brücke rund einen halben Meter niedriger bauen, ohne im Fall eines größten Hochwasserereignisses beschädigt zu werden.
Begleitend hierzu müssten die Rampen deutlich verkürzt und die Brücke an dem ursprünglichen Standort errichtet werden, um die Inanspruchnahme von zusätzlichen Flächen im FFHund Naturschutzgebiet deutlich zu minimieren. Nach einer Planungsänderung durch das Amt Rhinow unter den genannten Parametern kann kurzfristig eine Befreiung erteilt und die Brücke gebaut werden.
Herr Minister, es gibt noch Klärungsbedarf. Wir beginnen bei den Fragestellern. Herr Görke ist dran; er hat es vorhin so schön gemacht.
Herr Minister, ist Ihnen erstens bekannt, dass eine Mitarbeiterin Ihres Ministeriums bzw. des Landesumweltamts die Konstruktionshöhe festgelegt hat, nach der die Brücke im NSG- bzw. im FFH-Gebiet gebaut werden sollte?
Meine zweite Frage: Wann ergeht ein positiver Bescheid an das Amt und damit verbunden natürlich eine Entschuldigung?
Ich glaube nicht, dass es zu einer Entschuldigung kommen wird, allenfalls zu einer Entschuldigung aller Beteiligten gegenüber den Bürgern. Das Amt macht es sich sehr leicht, wenn es nur an die Wasserabteilung des Landesumweltamtes eine Anfrage richtet, um darauf eine Antwort zu bekommen. Ich erwarte von einem Dienstleister gegenüber Agrargenossenschaften und Bürgern so viel Sensibilität, dass bezüglich eines Naturschutzgebietes auch naturschutzfachliche Fragen bedacht werden und nicht nur eine 08/15-Anfrage an die Wasserabteilung erfolgt. Wäre dies so geschehen, hätte die Absenkung dieser Brücke schon sehr viel zeitiger erfolgen können. Der Beginn wäre bereits im Herbst möglich gewesen. Wer sich wo entschuldigen muss, lieber Herr Abgeordneter, wollen wir also in Ruhe abwarten. Mir kommt es darauf an, dass die Brücke so schnell wie möglich gebaut wird. Die Kriterien dazu habe ich Ihnen genannt.
Herr Minister, welche Behörde ist konkret dafür zuständig, dem Planungsträger, aber auch der Kreisbauordnungsbehörde mitzuteilen, welcher Höchstpegelstand als Grundlage für die Planung und Genehmigung aus baurechtlicher Sicht dient?
Zuständig ist der Vorhabenträger - also das Amt -, der allen Behörden die entsprechenden Unterlagen bezüglich der Planung übergeben muss. Wenn die Planer nur einzelne Behörden anschreiben, ohne die auf diesem sensiblen Gebiet bestehenden sonstigen Erfordernisse zu beachten, dann muss man fragen, ob es wirklich der qualifizierte Planer war, den das Amt Rhinow beschäftigt hat. Die neue Höhe durch das Wehr Quitzöbel, denke ich, müsste inzwischen überall bekannt sein.
Herr Minister, lieber Jubilar, ist Ihnen erstens bekannt, ob dem Vorhabenträger eine Baugenehmigung oder eine ähnlich geartete Genehmigung, die Grundlage für einen Baubeginn bzw. die Durchführung einer Ausschreibung ist, vorliegt?
Zweitens: Teilen Sie die Auffassung, dass durch ein ordnungsgemäßes Arbeiten des Vorhabenträgers, eine ordnungsgemäße Abstimmung der Planung, die zeitlichen Verzögerungen, die jetzt dem Naturschutz in die Schuhe geschoben werden, zu verhindern gewesen wären?
Die Frage nach der Wasserhöhe an die Wasserabteilung allein ist keine ausreichende Grundlage für Planungsunterlagen. Erst wenn der Vorhabenträger und die Naturschutzbehörde die konkreten Planungsunterlagen vor sich haben, können die Auswirkungen auf das Schutzgebiet, auf die Höhe, die Länge der Rampen usw. ermessen werden. Das haben wir durch die jetzt vorliegende Planung ermöglicht. Insofern glaube ich, dass wir nun die Kriterien dafür haben, im Interesse des Amtes, im Interesse der Bürger die Planung so schnell wie möglich umzusetzen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eine Reform mit Sparvorgaben - so charakterisierte der Vorsitzende des Gemeinsamen Ausschusses kürzlich die Veränderungen, die seit Jahresbeginn die Versicherten verunsichern und die Artzpraxen zu Krämerläden machen. Ich finde, damit hat er den Kern der Gesundheitsreform getroffen. Diese Gesundheitsreform, meine Damen und Herren, ist das Produkt einer ganz großen Koalition von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und CDU/CSU. Die FDP ist nur deshalb ausgestiegen, weil ihr der Systemwechsel noch nicht weit genug ging. Auch die Landesregierung hat zugestimmt.
Die Gesundheitsreform war von Anfang an als eine Reform der Entsolidarisierung, der Leistungseinschränkungen und der Privatisierung gesundheitlicher Risiken gewollt und genau so wird sie auch umgesetzt. Dass die Politik durch das Ausmaß der Verärgerung ein Stück zum Zurückrudern gezwungen worden ist, ist nun wahrlich nicht das Verdienst der beteiligten Politiker und Politikerinnen und es ändert auch nichts an dieser
Grundrichtung. Es war eine knallharte Sparvorgabe der Politik, dass die Zuzahlungen auch für chronisch Kranke einzuführen sind und dass die Definition einer chronischen Erkrankung möglichst eng gefasst sein sollte.
Wenn alle neuen Zuzahlungen und Leistungsausgrenzungen einschließlich Krankengeld und Zahnersatz - wirksam geworden sind, werden den Versicherten und Patienten Mehrkosten im Umfang von 12,5 Milliarden Euro pro Jahr aufgebürdet. Das ist mehr als die Höhe des Landeshaushalts Brandenburgs. Allein die Praxisgebühr bei Arzt und Zahnarzt belastet die Patienten mit 5 Milliarden Euro. Das haben alle, die zugestimmt haben, gewusst. Das ganze Gerede über eine schlechte Umsetzung ist doch pure Heuchelei.
Es geht bei weitem nicht um Details, die nachgebessert werden müssten, oder um fehlende Ausführungsbestimmungen. Wir reden über ein Gesetzeswerk, dessen soziale Schieflage offenkundig ist. Die Bundesgesundheitsministerin meint zum Beispiel, es führe nicht weiter, wenn wir darüber reden, dass ein alter Mensch im Pflegeheim von 88 Euro Taschengeld auch 3 Euro pro Monat an Zuzahlungen leisten soll. Ich finde, darüber muss man ganz einfach reden; denn es ist ein Skandal.
In der letzten Woche hat die Bundesregierung noch eiligst eine Kampagne mit ganzseitigen Anzeigen in den Tageszeitungen gestartet, die über die Praxisgebühren informieren soll. Abgesehen davon, dass der Informationswert sehr begrenzt ist, hat diese Kampagne - so ist es im Bundestag gesagt worden 1,9 Millionen Euro verschlungen. „Die Wahrheit über die Praxisgebühr“ - so steht es geschrieben. Die Wahrheit über die Praxisgebühr, meine Damen und Herren, ist im Grunde genommen ganz einfach. Die Praxisgebühr ist wie jede Zuzahlung ein Stück Preisgabe des Solidarprinzips, ein Stück Privatisierung gesundheitlicher Risiken, ein Stück Umbau des Gesundheitswesens nach Marktprinzipien.
Die gesundheitliche Versorgung der Bürgerinnen und Bürger muss auch bezahlbar sein; das ist richtig. Dazu gehört auf der einen Seite, dass vernünftig und wirtschaftlich mit den Mitteln umgegangen wird, dass unnötige Ausgaben und Kosten - sei es durch Medikamente, die auf dem Müll landen, sei es durch Doppel- und Mehrfachuntersuchungen oder sei es die Preistreiberei der Pharmaindustrie - vermieden werden. Es stimmt doch etwas nicht, wenn wir mehr Geld für Arzneimittel ausgeben als für ambulante ärztliche Leistungen.
Im Sinne eines wirtschaftlichen Mitteleinsatzes ist es deshalb auch legitim, wenn Bemühungen der Bürger bei der Vorsorge anerkannt und Anreize dafür gegeben werden. Wir kennen das seit langem bei der Zahnvorsorge. Wer hier die entsprechenden Bemühungen, die niemanden überfordern, unterlässt, muss sich an den Kosten für die „Dritten“ stärker beteiligen. Darüber regt sich niemand auf. Aber, meine Damen und Herren, beantworten Sie mir doch bitte eine Frage: Welche Anstrengungen für ein gesundheitsbewusstes Verhalten und welche Vorsorge erwarten Sie von der 80-jährigen Dame im Altenpflegeheim, dass Sie ihr aus Prinzip von ihren 88 Euro Taschengeld auch noch 3 Euro für medizinische Behandlungen abknöpfen müssen? Welche Steuerungswirkung soll damit verbunden sein?
Beim Thema Vorsorge kann sich übrigens auch die Landesregierung an die eigene Nase fassen. Sie hat um eines vermeintlichen Spareffektes willen die Reihenuntersuchungen für Schülerinnen und Schüler zusammengestrichen. Die Landesregierung will bei der Gesundheitsberichterstattung, die eine wichtige Voraussetzung für Prävention ist, sparen. Das alles sind Dinge, die nicht nur für die Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger oder für die Chancengleichheit von Kindern und Jugendlichen wichtig sind,