Protokoll der Sitzung vom 13.04.2005

Ich frage die Landesregierung und insbesondere den Ministerpräsidenten, der an Sachaufklärung besonders interessiert ist: Was wird getan, um diesen Sachverhalt zügig zu klären und Akteneinsicht zu gewähren?

Danke. - Die Antwort gibt der Chef der Staatskanzlei, Herr Staatssekretär Appel.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Abgeordneter Vietze, ein Termin zur Akteneinsicht ist der PDS-Fraktion bisher nicht mitgeteilt worden. Die Behandlung eines Akteneinsichtsgesuchs von Landtagsabgeordneten richtet sich nach Artikel 56 der Landesverfassung und darüber hinaus innerhalb der Landesverwaltung nach den Verfahrensregelungen der GGO. Nach diesen Vorschriften sind wegen der Betroffenheit aller Ressorts sämtliche Ministerien zu beteiligen. In diesem Verfahren wird zu entscheiden sein, ob und in welchem Umfang die Landesregierung Einsicht in die Akten gewähren kann. Erst danach kann gegebenenfalls der Zeitpunkt für die zu gewährende Akteneinsicht bestimmt werden. Dabei ist bereits jetzt vorbehaltlich der Prüfung im weiteren Verfahren darauf hinzuweisen, dass das Recht der Abgeordneten auf Akteneinsicht lediglich bereits abgeschlossene Vorgänge umfasst.

Zu der von Ihnen, Herr Vietze, beantragten Einsichtnahme in den von Herrn Wolfhart Schulz erstellten Bericht über die Prüfung der Trennungsgeldgewährung in der Landesverwaltung

Brandenburg von 1991 bis 2004 liegen mir noch nicht die Einverständniserklärungen aller Ressorts vor.

Darüber hinaus hat Herr Sarrach aus Ihrer Fraktion Einsicht in die Trennungsgeld-Verfahrensakte des MdJ - die genaue Bezeichnung ist hier „Trennungsgeld - Arbeitsgruppe zur Überprüfung von Trennungsgeld im MdJ - Trennungsgeldüberprüfung allgemein“ - beantragt. Diese Akteneinsicht ist bereits genehmigt. Ausgenommen sind einzelne Bedienstete betreffende Prüfungsfeststellungen. Von der gewährten Akteneinsicht ist allerdings bisher kein Gebrauch gemacht worden. - Schönen Dank.

Herr Vietze hat Zusatzfragen.

Ich hatte Gelegenheit mitzuerleben, wie die vom Chef der Staatskanzlei gegebenen Auskünfte auf heftige Kritik vonseiten der Justizministerin stießen. Ich frage deshalb den Ministerpräsidenten, ob das, was jetzt vom Chef der Staatskanzlei gesagt wurde - er ist nicht Mitglied der Regierung; der Ministerpräsident hat Richtlinienkompetenz -, die Auffassung dieser Regierung und dieses Ministerpräsidenten ist, der vor einem Jahr, im Januar 2004, die schonungslose Aufklärung auch von Einzelfällen in diesem Parlament angekündigt hat. Wird dies mit dem dargestellten Verfahren gewährleistet? - Herr Appel, Sie müssen mir diese Frage nicht beantworten. Ich würde mich freuen, wenn der Ministerpräsident diese Aufgabe übernähme.

Ich möchte trotzdem etwas dazu sagen. Darf ich, Herr Präsident?

Herr Vietze, wer für die Landesregierung antwortet, können wir leider nicht festlegen. Sie können sich gern mit dem Ministerpräsidenten zum Essen treffen, wenn Sie eine persönliche Antwort haben wollen.

Nein, Herr Präsident, ich mache auf die Geschäftsordnung aufmerksam. Danach antworten auf Fragen von Abgeordneten Mitglieder der Regierung. Wir sind damit einverstanden, dass bei Nichtanwesenheit eines Ministers der Chef der Staatskanzlei oder ein Staatssekretär antwortet. Da der Ministerpräsident anwesend ist und in dieser Frage dem Parlament und der Öffentlichkeit auch schon Auskünfte erteilt hat, ist es durchaus angemessen, ihn zu bitten, an das Rednerpult zu gehen und Rede und Antwort zu stehen.

(Beifall bei der PDS)

Da kann ich nur zurückfragen: Geht es um die Beantwortung der Frage, die Sie gestellt haben, oder geht es um die Person? Ich bin mit der Justizministerin darin einig, dass wir Einsicht in

die Schulz-Akte gewähren. Wir müssen nur noch die anderen Ressorts abfragen. In dieser Frage gibt es keinen Dissens zwischen Frau Ministerin Blechinger und mir. - Das beantwortet die Frage aus meiner Sicht.

Herr Sarrach hat Nachfragebedarf.

Ich darf zunächst richtig stellen: Es hat von mir damals noch einen bei Frau Ministerin Richstein gestellten Antrag auf allgemeine Akteneinsicht im Ministerium der Justiz und für Europaangelegenheiten gegeben; ein übriges zusammen mit Herrn Vietze gestelltes Akteneinsichtsbegehren ist bislang so beantwortet worden wie festgestellt.

Ich darf auch darauf hinweisen, dass nach Artikel 56 der Landesverfassung die Vorlage von Akten nur abgelehnt werden darf, wenn überwiegende öffentliche und private Interessen an der Geheimhaltung dies zwingend erfordern. Mit dem Begriff der privaten Interessen an der Geheimhaltung nimmt der Landtag die Grundrechtsverbürgung des Artikel 11 der Landesverfassung zum Datenschutz in Bezug. Danach hat jeder das Recht, auch über die Preisgabe seiner persönlichen Daten selbst zu bestimmen.

(Zuruf von der [CDU]: Wie lautet nun die Frage?)

Insgesamt geht es darum - so das Landesverfassungsgericht in einer Entscheidung; dann komme ich auch zu meiner Frage -, dem informationellen Ungleichgewicht zwischen Regierung und Parlament durch umfassende Informationsrechte entgegenzuwirken.

Meine erste Frage: Hat der Herr Ministerpräsident Platzeck von Herrn Präsidenten des Landesverfassungsgerichtes a. D. und Präsidenten des OLG a. D. Dr. Macke, von Herrn Generalstaatsanwalt Dr. Rautenberg und von Herrn Präsidenten des OVG Liebert das Einverständnis nach Artikel 11 Abs. 1 Satz 1 der Landesverfassung eingeholt, bevor er 2004 persönliche Daten in Trennungsgeldvorgängen öffentlich machte?

Meine zweite Frage: Wird die Landesregierung die von Herrn Vietze und mir beantragte Akteneinsicht in diese Prüfvorgänge vielleicht dadurch ermöglichen können, dass die betreffenden Personen um ihr Einverständnis zur Preisgabe ihrer persönlichen Daten - ebenfalls nach Artikel 11 Abs. 1 Satz 1 der Landesverfassung - gebeten werden?

Mir ist nicht bekannt, dass der Ministerpräsident persönliche Daten der von Ihnen bezeichneten Personen...

(Sarrach [PDS]: Hier im Landtag am 28. Januar 2004!)

- Nein, nein, das sind keine persönlichen Daten gewesen, sondern allgemein die Frage, ob Trennungsgeld gewährt worden ist oder nicht. Das sind keine persönlichen Daten.

Dann zu der zweiten Frage - ich sage es noch einmal -: Bei der Schulz-Kommission sind wir uns einig. Da gibt es nur noch ein

Verfahren, das innerhalb der Landesregierung durchgeführt werden muss. Ich sehe keine Hindernisse dafür, dass da Akteneinsicht genommen wird, weil dort keine persönlichen Daten enthalten sind.

Zum anderen - auch nach Rücksprache mit Herrn Dr. Dix - zu den Schwarz-Vorgängen, die hier offensichtlich gemeint sind: Erstens sind dort höchstpersönliche Umstände dargelegt, bis zu beabsichtigten Scheidungen und Ähnlichem; zweitens - ich sage es noch einmal - sind die Vorgänge zum Teil noch nicht abgeschlossen. Es ist unstreitig zwischen allen Verfassungsexperten, dass ein Akteneinsichtsrecht für Abgeordnete erst dann besteht, wenn die Vorgänge abgeschlossen sind. Sie sind es nicht.

Danke sehr. - Anhand des Protokolls wird sich klären lassen, ob persönliche oder nichtpersönliche Daten gemeint waren.

Die Dringliche Anfrage 11 (Geheimnisverrat im Innenmini- sterium?) wird vom Abgeordneten Dr. Scharfenberg gestellt. Bitte sehr.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Den „Potsdamer Neuesten Nachrichten“ vom 11. April 2005 war zu entnehmen, das dem innenpolitischen Sprecher der CDU-Fraktion im September 2004 geheime Erkenntnisse aus dem brandenburgischen Verfassungsschutz über Aktivitäten in einer Potsdamer Moschee verraten worden seien. Herr Petke hatte den Imam der Moschee am 7. September 2004 unter anderem als „Hassprediger gegen den Westen“ bezeichnet und will diese Informationen aus anderen Quellen - also nicht vom Verfassungsschutz oder aus dem Innenministerium - erhalten haben.

Ich frage die Landesregierung: Welche Anstrengungen sind unternommen worden, um diesen Vorgang eines möglichen Geheimnisverrats aufzuklären?

Hierauf antwortet der Innenminister.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Scharfenberg, Ihre Anfrage gibt mir Gelegenheit, etwas Grundsätzliches zu dieser Frage zu sagen. Zunächst: Der Staatsanwaltschaft ist der Sachverhalt der Vorwürfe bekannt. Sie ist die nach dem Gesetz für die weiteren strafrechtlichen Veranlassungen zuständige Behörde. Dem Innenministerium liegen keine Erkenntnisse über einen Geheimnisverrat, wie behauptet, vor. Mehr kann ich dazu derzeit nicht sagen.

Ich habe das Vertrauen, dass die Staatsanwaltschaft ihre Pflicht tut und den Fall aufklärt und hierbei auch die Frage beantwortet, ob die Äußerung von Herrn Petke, eine bestimmte Person sei Hassprediger, eine Tatsachenbehauptung oder eine Meinungsäußerung ist.

Aber ich möchte auf etwas anderes hinweisen, was mir viel wichtiger ist. Der Verfassungsschutz unseres Landes hat in den vergangenen Jahren sichere Erkenntnisse darüber gewonnen,

dass in Brandenburg von geistlicher Seite Hasspredigten in öffentlichen Gebetsstunden gehalten wurden. Ich möchte hier einige Zitate bringen, damit wir wissen, wovon wir sprechen. Ich bringe diese wörtlichen Zitate bewusst ohne Ortsangabe: „Dass die Muslime über allem anderen stehen mögen und die Mudshaheddin vornehmlich in Palästina, Kaschmir und Tschetschenien Siege davontragen mögen.“ Oder „dass durch starke Erdbeben die Kreuzzügler und alle Ungläubigen zerstört werden sollen“, „dass alle Ungläubigen an einen Ort verdammt werden sollten, um sie in einem Zug zu vernichten.“ Dann ein ganz perfides Zitat: „In Deutschland wurden die Vernichtung aller Juden und der Tod Israels gefordert. Allah soll die Juden als leichte Beute den Palästinensern vorwerfen.“ - Das stammt aus Predigten und nach dem, was dort ausgesagt wird, sind es Hasspredigten.

Da wir versucht haben und weiter versuchen, dagegen vorzugehen, habe ich das Justizministerium um Prüfung gebeten, inwieweit hier der Tatbestand der Volksverhetzung nach § 130 StGB vorliegt. Ich will auszugsweise vortragen, was darin steht. § 130 Abs. 1 lautet:

„Wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, zum Hass gegen Teile der Bevölkerung aufstachelt oder zu Gewalt- und Willkürmaßnahmen gegen sie auffordert oder die Menschenwürde anderer dadurch angreift, dass er Teile der Bevölkerung beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet, wird mit Freiheitsstrafe von 3 Monaten bis zu 5 Jahren bestraft.“

(Zurufe von der PDS)

- Ich trage das deswegen vor, weil das in diesen Zusammenhang gehört.

(Frau Dr. Enkelmann [PDS]: Wir haben doch eine ganz konkrete Frage gestellt!)

- Ja, die Frage habe ich schon beantwortet.

Nun füge ich die Ausführung des Justizministeriums zu dieser Angelegenheit hinzu, die da lautet, dass dies nicht strafbewehrt ist. Ich finde, es ist nicht hinnehmbar, dass in Deutschland zu Mord an Juden aufgerufen wird. Das ist doch das Problem. Damit müssen wir uns doch auseinander setzen und dagegen möchte ich etwas unternehmen.

(Beifall bei CDU und SPD sowie vereinzelt bei der DVU)

Dafür stehe ich hier als Innenminister. Wenn Sie sich dazu nicht bekennen, dann reden Sie anschließend nicht über Rechtsextremismus! Wir müssen doch einmal sagen, wo eigentlich die Probleme liegen.

(Hammer [PDS]: Diese Ablenkungsmanöver nehmen wir Ihnen nicht ab!)

- Das habe ich nicht verstanden.

(Heiterkeit bei der SPD)

Es kann nicht sein, dass wir dies hinnehmen. Deswegen werden wir uns damit auseinander setzen. Ich halte diese Rechtsauffassung für falsch, werde mich dagegen wehren und versuchen,

eine solche Rechtsauffassung und auch Gesetzesänderung zu erreichen, die gewährleisten, dass sich solche Hasspredigten in Deutschland nicht wiederholen. Dass wir es nicht hinnehmen, dass der Tod aller Juden gefordert wird, sollten wir, meine ich, gemeinsam deutlich machen.

Zu den von Ihnen aufgeworfenen Fragen habe ich in der PKK am 2. Dezember in aller Ausführlichkeit vorgetragen. Ich denke, dass da die Fragen beantwortet und die notwendigen Dinge abgearbeitet wurden.