Protokoll der Sitzung vom 09.06.2005

Hoch geschätzter Kollege Petke, könnten Sie sich vielleicht vorstellen, dass wir in diesem einen Fall von dem von Ihnen angesprochenen Prinzip absehen, weil wir ja wissen, dass in den Schubfächern des Innenministers seit Jahren ein Gesetzentwurf liegt, den man in unserer Fraktion durchaus ernst nehmen und befürworten könnte? Warum packen Sie ihn denn nicht endlich einmal aus?

Kollege Sarrach, ich weiß nicht, was in den Schubfächern des Innenministers liegt, aber wenn Sie so genau darüber Bescheid wissen, schreiben Sie es einfach ab und bringen es als eigenen Gesetzentwurf ein.

(Unruhe bei der PDS)

Dann werden wir sehen, wie sich die Koalition verhält. Wenn es so einfach ist, dann bringen Sie es als eigene Drucksache ein. Tun Sie uns den Gefallen; vielleicht haben wir noch ein bisschen Initiative nötig. Wenn „Ihre Drucksache“ aus dem Hause von Jörg Schönbohm kommt, müssten wir uns nur entscheiden, wie wir damit umgehen.

Im Antrag ist formuliert: Es ist zu novellieren. - Ich hätte mir von der PDS-Fraktion die Angabe von Gründen für die geforderte Novellierung gewünscht. Diesbezüglich steht nichts im Antrag.

Es trifft nicht zu, dass die Frage bezüglich Bundes- und EURecht abgeschlossen ist. Wir haben dazu noch keine klare Aussage. Deswegen ist der Antrag auch in der Begründung falsch. Wir streben natürlich eine Novellierung an, aber erst dann Kollege Bochow hat darauf hingewiesen -, wenn wir mit beiden Beinen fest auf dem Boden stehen. Ich glaube, es wäre nicht hilfreich, wenn wir jetzt etwas schüfen, was wir nach kurzer Zeit wieder verändern müssten. Deswegen ist dieser Antrag abzulehnen.

Vielleicht überlegen Sie sich, meine Damen und Herren von der PDS-Fraktion, beim nächsten Mal nicht nur einen Antrag einzubringen, um die Landesregierung bzw. Koalition aufzufordern, sondern unternehmen den Versuch - es war genug Zeit

und Kenntnisse sind offensichtlich vorhanden, wie auch immer beschafft -, einen eigenen Gesetzentwurf einzubringen. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Das Wort erhält die Landesregierung. Bitte, Herr Minister Schönbohm.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin dem Kollegen Bochow sehr dankbar dafür, dass er zusammenfassend dargelegt hat, warum das, was Sie fordern, nicht möglich ist.

Ich freue mich, Herr Sarrach, dass Sie trotz Datenschutz wissen, was bei mir in der Schublade liegt. Ich lade Sie einmal ein, bei mir aufzuräumen. Das können Sie gern tun. In meinem Schreibtisch findet sich einiges, PDS-Anträge aber weniger. Das zeigt mir, dass Sie wissen, dass wir an dem Thema arbeiten.

(Beifall bei der PDS)

Wir arbeiten ergebnisorientiert. Wir folgen nicht der Tonnenideologie, sondern wollen ergebnisorientierte Dinge vortragen.

Von daher geht es schlicht um die Frage, wann wir das, was wir erarbeiten, so einbringen können, dass es nicht sofort wieder geändert werden muss. Die Kollegen Bochow und Petke haben dazu Ausführungen gemacht. In dem Augenblick, in dem die EU-Vorgaben für Wettbewerbs- und Beihilferecht klar sind und auch all die anderen Fragen, die in diesem Zusammenhang zu regeln sind, beantwortet werden können, werden wir einen entsprechenden Gesetzentwurf einbringen.

Wir verfolgen die Diskussion im Einzelnen und passen unsere Überlegungen den Ergebnissen der Diskussion und den Vorgaben an. Ich hoffe, dass wir im I. Quartal des nächsten Jahres in der Lage sein werden, eine Novelle einzubringen. Dazu brauchen wir aber erst einmal die Unterlagen. Es hat keinen Zweck, jetzt etwas zu verändern, wenn vielleicht kurze Zeit später das Nein kommt.

Herr Kollege Theel, ich möchte jetzt nur noch eines ganz zurückhaltend sagen: Wenn Sie sich einmal anschauen, wie die wirtschaftliche Betätigung in einigen Kommunen abgelaufen ist - einige Kommunen kennen Sie ja -, werden Sie zu der Feststellung gelangen, dass schon auf der jetzigen Grundlage vieles hätte besser gemacht werden können. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und des Abgeordneten Schippel [SPD])

Das Wort erhält noch einmal die beantragende PDS-Fraktion. Es spricht der Abgeordnete Dr. Scharfenberg.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben von den Vertretern der Koalition die üblichen Argumentationsmuster

um nicht zu sagen: die alte Leier - gehört. Ich möchte daran erinnern, dass das Thema von der PDS-Fraktion wiederholt im Landtag auf die Tagesordnung gebracht worden ist. Keine andere Fraktion hat dieses Thema aufgegriffen.

Im Jahre 2000 haben wir das Thema zum ersten Mal auf die Tagesordnung gebracht. Damals war es übrigens noch möglich, einen entsprechenden Antrag an den Ausschuss für Inneres zu überweisen. Das kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen.

Ende des Jahres 2001 ist ein Referentenentwurf aus dem Innenministerium an die Fraktionen geleitet worden. Dieser Referentenentwurf ist dann aber offensichtlich in den ministerialen Gängen versackt, obwohl es mehrere Zusagen gab, ihn zu behandeln.

Daraufhin haben wir im Jahr 2002 erneut einen Antrag eingebracht, den Sie ebenfalls abgelehnt haben, und zwar mit der Begründung, die Landesregierung sei am Arbeiten. Sie brauche die Hinweise der Opposition nicht.

Herr Petke hat am 17. April 2002 hier im Landtag gesagt:

„Wir werden uns noch in diesem Jahr dem Novellierungsbedarf in der Gemeindeordnung stellen.“

Daran kann man wieder einmal erkennen, wie wenig solche Aussagen wert sind.

Herr Bochow, wenn Sie jetzt sagen, das sei ein kleines Zeitfenster, weil wichtige Voraussetzungen fehlten, und das auf die Diskussion auf europäischer Ebene verschieben wollen, dann kann ich darauf nur entgegnen, dass Letzteres ein beunruhigend großes Zeitfenster ist. Im Jahre 2002 war es wenigstens noch die Innenministerkonferenz, die als Argument herhalten musste. Unter solchen Voraussetzungen kann von „ad hoc“ wirklich nicht die Rede sein.

Herrn Petke möchte ich Folgendes mit auf den Weg geben: Ein von Ihnen geforderter Gesetzentwurf der PDS-Fraktion stünde in Widerspruch zu dem ehernen Grundsatz der CDU-Fraktion, der da lautet: keine Zustimmung zu PDS-Anträgen. - Wenn wir sicher sein könnten, dass dieser Grundsatz im vorliegenden Fall nicht gilt, dann könnte ich Ihnen fest zusagen, dass wir einen entsprechenden PDS-Antrag einbringen.

(Beifall bei der PDS)

Herr Innenminister, Sie dürfen es mir nicht übel nehmen, wenn ich Folgendes feststelle: Wenn Sie jetzt sagen, dass Sie Anfang des Jahres 2006 einen Entwurf einbringen wollen, dann ist das nach der von mir vorgetragenen Vorgeschichte wenig glaubwürdig. Es zeigt sich erneut, dass die Kommunen im Land Brandenburg, insbesondere im Innenministerium, das fünfte Rad am Wagen sind. In den Mittelpunkt werden Strukturreformen gestellt, während die inhaltliche Ausgestaltung auf der Strecke bleibt. Brandenburg hinkt beim Gemeindewirtschaftsrecht hinterher, wofür Sie die politische Verantwortung tragen. - Danke.

(Beifall bei der PDS)

Ich schließe damit die Aussprache und wir kommen zur Abstimmung.

Wir stimmen über den Antrag der PDS-Fraktion zum Gemeindewirtschaftsrecht, Drucksache 4/1314, ab. Wer diesem Antrag zustimmt, den bitte ich um sein Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Gibt es Stimmenthaltungen? - Damit ist der Antrag mehrheitlich abgelehnt.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 6 und rufe Tagesordnungspunkt 7 auf:

Erklärung des Landtages zur Verlängerung der Pachtverträge für ostdeutsche Agrarbetriebe

Antrag der Fraktion der PDS

Drucksache 4/1315

Außerdem liegt in der Drucksache 4/1373 ein Entschließungsantrag der Fraktionen der SPD und der CDU vor.

Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der beantragenden Fraktion. Bitte, Frau Wehlan.

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der vorliegende Antrag reflektiert ein Problemfeld, das seit nunmehr 15 Jahren im Zentrum der agrarpolitischen Diskussion und Auseinandersetzung steht. Es geht um die Art und Weise der Privatisierung ehemals volkseigener Agrarflächen, die von der bundeseigenen BVVG an Landwirtschaftsbetriebe aller Eigentumsformen langfristig verpachtet worden sind und letztendlich entsprechend dem gesetzlich fixierten Auftrag verkauft werden sollen. Sie wissen um die Besonderheit in Ostdeutschland, wo ein beträchtlicher Pool an ehemals volkseigenen Agrarflächen besteht, darunter allein in Brandenburg von rund 185 000 ha.

Auch der Landtag Brandenburg hat sich zu diesem Thema schon mehrmals verständigt. Bereits im November 1999 stellte meine Fraktion den Antrag auf eine Bundesratsinitiative zur Änderung des Gesetzes zur Privatisierung und Reorganisation des volkseigenen Vermögens, sprich: des Treuhandgesetzes.

Wir wollen, dass künftig über den Verkauf der ehemals volkseigenen landwirtschaftlichen Flächen hinaus auch deren privatwirtschaftliche Nutzung durch eine langfristige Verpachtung und Bestellung von Erbbaurechten als gleichberechtigte Verwertungsform ermöglicht wird. Bereits 1999 war Ostdeutschland die Region, in der die Menschen den geringsten Anteil am wirtschaftlichen Vermögen hatten, und zwar als Ergebnis der Privatisierung der volkseigenen Industrie. Das sollte nicht auch noch beim Grundeigentum passieren.

Die Eigenkapitalschwäche unserer Agrarbetriebe ist Ihnen spätestens bzw. erneut mit dem aktuellen Agrarbericht vor Augen geführt worden. Auch deshalb halten wir die Privatisierung des im Eigentum des Bundes befindlichen Bodens durch Verkauf für kontraproduktiv; denn sie verunsichert die Pächter hinsichtlich langfristiger Investitionen und bindet Kapital, das im laufenden landwirtschaftlichen Reproduktionsprozess dringend benötigt wird und effektiver eingesetzt werden könnte.

(Beifall bei der PDS)

Übrigens ist Verpachten auch ein Element kluger Haushaltskonsolidierung. Kurzfristig fehlenden Verkaufseinnahmen stünden dauerhaft fließende Pachteinnahmen gegenüber. Damit könnten öffentliche Haushalte gestärkt und Regionalpolitik handlungsfähiger gemacht werden. Das käme insbesondere strukturschwachen Regionen zugute.

Der Landtag lehnte damals den Antrag ab, das Treuhandgesetz ist nicht geändert worden und das Bundesfinanzministerium hat sich grundsätzlich gegen eine nochmalige langfristige Verpachtung landwirtschaftlich genutzter Flächen ausgesprochen und das, obwohl die Stimmen Brandenburgs beim Beschluss zum Haushaltsstrukturgesetz im Bundesrat und der insbesondere für Ostdeutschland unsäglichen Kürzung beim Agrardiesel genau mit dieser Option eingekauft worden sind.

Unsere Maximalforderung hatte also keine Chance auf Umsetzung. Deshalb unterstützen wir die von der Landesregierung unterbreiteten Vorschläge und fordern mit unserem Antrag die Bundesregierung auf, sich zu diesen Vorschlägen umgehend und im Einvernehmen mit den neuen Ländern zu verhalten.

Aktueller Anlass für unseren Antrag sind also mindestens drei Dinge: