Protokoll der Sitzung vom 01.09.2005

Es tut mir Leid, dass ich Sie gerade bei dem Zitat unterbreche. Es geht mir nur darum, ob Sie verstanden haben, dass wir an der Stelle, die Sie benannt haben, nämlich was die Verwendung der Bundesergänzungszuweisungen und die Regelung im FAG betrifft, überhaupt kein Problem miteinander haben, sondern da sehr genau übereinstimmen? Es geht nur um die Art der Verteilung, die so bleiben soll, wie sie festgelegt ist. Mehr wollen wir mit unserem Antrag nicht.

Frau Osten, Sie erlauben, dass ich in meinem Redetext fortfahre, weil ich dann auch zu der Stelle komme, die Sie ansprechen.

Ich finde, es gehört zur Wahrheit, auch zu sagen, was diese investiven Schlüsselzuweisungen überhaupt sind. Sie fallen nicht

einfach so vom Himmel herab, sind nicht gottgegeben - leider, kann man hinzufügen - und müssen natürlich ordnungsgemäß verwendet werden. Sie werden aus den alten Bundesländern gespeist. Das gehört zur Wahrheit hinzu.

Professor Seitz schreibt also in seinem Gutachten vom Frühjahr 2003, dass das Land und seine Kommunen zur zweckkonformen Verwendung der Solidarpaktmittel verpflichtet sind, und welche finanzielle Normalausstattung - das heißt, ohne Solidarpakt-II-Mittel - das Land ab dem Jahre 2020 erwarten kann. Das bedeutet in Zahlen - dies nur zur Erinnerung -: Wir haben jetzt das Jahr 2005 und etwa 1,5 Milliarden Euro zur Verfügung. Bereits im Jahre 2013 sinken die Mittel unter 1 Milliarde Euro und im Jahre 2020 werden sie bei null sein. Das ist die Wahrheit und das müssen vor allem auch die Kommunen wissen; denn bis dahin sollen sie laut Solidarpakt II - dafür ist er gemacht und verabredet - bezüglich ihres infrastrukturellen Bedarfs aufgeholt und die jetzt noch fehlende eigene Finanzkraft haben.

Das wird im Übrigen - ich sagte es bereits - scharf beobachtet. Ich verweise hier nur auf einen Artikel in der „Märkischen Oderzeitung“ vom 29. August dieses Jahres, in dem man das nachlesen kann.

Nun zur Verteilung; damit komme ich auch zu Ihrer Frage, Frau Osten. Wir sind jetzt bei 70 : 30. Das heißt, 70 % gehen direkt an die Städte und Gemeinden, 30 % an die Landkreise. Anstatt uns nun Gedanken zu machen, wie wir die kurze verbleibende Zeit, nämlich bis zum Jahre 2013 bzw. 2020, sinnvoll nutzen, um unsere Lücken zu schließen und hier einen großen Schritt nach vorn zu kommen, streiten wir uns über die prozentuale Verteilung.

Es klingt erst einmal schön - Herr Theel hat es auch sehr schön ausgeführt -, wenn hier gesagt wird, die Gemeinden wüssten am besten, wie und wo sie ihr Geld ausgeben. Aber wie sieht denn die Situation in den Gemeinden aus? Ich brauche nur einmal in die Runde zu schauen. Wir sitzen fast alle auch in kommunalen Vertretungen und wissen, wie die Situation in den Gemeinden ist. Viele pumpen die Mittel aus dem Vermögens- in den Verwaltungshaushalt, um überhaupt einen Ausgleich hinzubekommen. Ansparen über mehrere Jahre scheitert, wenn Haushaltssicherungskonzepte auf der Tagesordnung stehen.

Wie sieht es denn aus, wenn kleine Summen direkt ankommen, aber für das Notwendige nicht ausreichen? Was ist denn, wenn der Lückenschluss eines Radweges mit der Nachbargemeinde zusammen finanziert werden müsste, die Nachbargemeinde jedoch weder Geld noch Lust dazu hat? Fällt er dann ganz weg? Was geschieht, wenn ein Bahnübergang neu hergerichtet werden muss und nach Eisenbahnkreuzungsgesetz Kosten in Höhe von 1 Million Euro auf die Gemeinde zukommen, die eigene investive Schlüsselzuweisung aber im Höchstfall 500 000 bis 600 000 Euro beträgt?

Frau Abgeordnete, was geschieht, wenn Ihre Redezeit abgelaufen ist?

Dann weise ich darauf hin, dass wir in der SPD eine Arbeits

gruppe eingerichtet haben, die sich dem Thema intensiv widmen wird.

(Unruhe bei CDU und der Linkspartei.PDS)

Verehrte Kollegen von der linken Seite, Sie können versichert sein: Wir werden das mit dem Koalitionspartner beraten und abstimmen und dann sinnvolle Vorschläge unterbreiten. Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Melior. - Wir setzen mit dem Beitrag der DVU-Fraktion fort. Frau Abgeordnete Hesselbarth spricht.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Investitionen gehen rapide zurück. Dies gilt landauf, landab im Übrigen nicht nur für die Investitionen des Landes, sondern erst recht für die Investitionen der Kommunen. Die meisten Kommunen in Brandenburg sind schlicht und ergreifend pleite. Besonders die Bautätigkeit in Brandenburg ist auch in diesem Jahr rapide rückläufig. Der baugewerbliche Umsatz ist in Brandenburg in den ersten sechs Monaten dieses Jahres insgesamt um 25 % zurückgegangen. So standen Ende Juni in der Region BerlinBrandenburg 51 800 Bauarbeitern 41 600 arbeitslose Bauarbeiter gegenüber. Nach Angaben des Hauptgeschäftsführers des Bauindustrieverbandes Berlin-Brandenburg, Axel Wunschel, zeigt diese Entwicklung in aller Deutlichkeit, dass nach wie vor Impulse aus der Wirtschaft und von der öffentlichen Hand für einen Bauaufschwung fehlen. Herr Wunschel sagte wörtlich:

„Wir gehen nunmehr sicher davon aus, dass 2005 das zehnte Jahr der Krise am Bau ist.“

Die DVU-Fraktion hat sich schon seit 1999 immer wieder für eine Erhöhung statt einer Absenkung der investiven Zuweisungen an die Kommunen ausgesprochen. Dass diese mit dem Finanzausgleichsgesetz nunmehr zumindest bis 2006 verstetigt zu sein scheinen, wird von unserer DVU-Fraktion ausdrücklich begrüßt. Wir warnen allerdings wie auch in der Vergangenheit davor, dass die derzeitige Praxis der kommunalen Investitionspauschalen dazu führt - die Praxis scheint uns Recht zu geben -, dass die Kommunen diese Pauschalen in Wirklichkeit nicht für Investitionen, sondern zum Stopfen finanzieller Löcher ausgeben. Daher halten wir die derzeitige Praxis auch nicht für ideal.

Völlig absurd wäre es jedoch, wenn, wie von Teilen der SPDFraktion zu hören, die kommunalen Investitionspauschalen an die Landkreise gegeben und erst über diese an die Kommunen weitergereicht würden. Diese Praxis führte nicht nur zu zusätzlicher Bürokratie, sondern brächte im Gefolge dessen ein weiteres Absinken der Investitionstätigkeit der Gemeinden mit sich.

Wir werden deshalb den vorliegenden Antrag auf Beibehaltung der derzeitigen gesetzlichen Regelung nach dem Finanzausgleichsgesetz zustimmen. Wir fordern die Landesregierung aber gleichzeitig auf, als Kommunalaufsicht dafür zu sorgen,

dass die Mittel auch wirklich für investive Zweck ausgegeben werden. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der DVU)

Bevor die CDU-Fraktion die Abgeordnete Funck ans Pult entsendet, begrüße ich die Vertreter des Oberstufenzentrums II Barnim. Herzlich willkommen bei uns! Ich wünsche Ihnen einen interessanten Nachmittag.

(Allgemeiner Beifall)

Verehrter Herr Präsident! Sehr verehrte Kollegen!

„Der Landtag möge beschließen: Die mit dem Finanzausgleichsgesetz eingeführte Praxis wird als positiv bewertet und soll beibehalten werden.“

Über diese Worte freue ich mich natürlich sehr, weil auch ein spätes Lob der Opposition ein Lob ist. Gelobt wird, dass der Landtag vor einem Jahr ordentlich gearbeitet und die Landesregierung einen entsprechend guten Gesetzentwurf vorgelegt hat. Nichtdestotrotz müssen wir Dinge, die bestehen - Herr Theel, Sie hatten von kleinen Schritten gesprochen; ein solcher Schritt ist schon längst erfolgt -, nicht noch einmal bekräftigen. Dieses Gesetz existiert. Es ist erst seit Anfang des Jahres in der Praxis. Ich weiß nicht, warum wir hier über mögliche Investitionspauschalen reden, die die Gemeinden nicht zweckentsprechend einsetzen könnten oder sollten. Darüber mache ich mir im Hinblick auf das Land mehr Gedanken als im Hinblick auf die Kommunen.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Sie wissen sehr wohl, wie sie damit umzugehen haben. Die jetzt eingeführte Praxis ist seit Jahren gefordert worden und wird sich auch als gut erweisen.

Ich habe Verständnis dafür, wenn bei unserem Koalitionspartner angesichts der Zahl von Landräten, die die SPD stellt, die Forderung aufkommt, das Geld wieder anders zu verteilen und zu verwalten.

(Heiterkeit und Beifall bei der Linkspartei.PDS und Bei- fall der Abgeordneten Geywitz [SPD])

Für mich ist aber interessant, was die brandenburgischen Gemeinden dazu sagen. Wir haben sie angeschrieben und sie angehört. Die brandenburgischen Gemeinden sehen das anders. Insofern wird es dazu sicherlich noch eine Diskussion geben. Selbstverständlich können wir darüber reden, wenn Sie eine Arbeitsgruppe eingerichtet haben.

Es ist auch vereinbart worden, dass wir den Synergiebericht abwarten und erst danach entscheiden, wie wir mit dessen Aussagen verfahren. Nach dem demokratischen Prinzip werden wir - die Opposition streitet es ja ab und zu ab, dass wir so vorgingen - großes Gewicht auf die Meinung der brandenburgischen Gemeinden legen. An dieser Stelle, liebe Susanne Melior, noch einmal herzlichen Glückwunsch zum heutigen Ge

burtstag! Wir sollten auch auf die Bürgermeister in unseren Wahlkreisen hören. Was einem von dort entgegenkommt, ist eindeutig: Man ist mit der jetzigen Verfahrensweise zufrieden. Insofern sehe ich keinen Handlungsbedarf. Ich sehe auch keinen Bedarf, diesem Antrag zuzustimmen. Schließlich verfügen wir über eine entsprechende Regelung.

(Zuruf von der Linkspartei.PDS)

- Ja, das ist auch gut so. - Ich gehe davon aus, dass wir dies im Sinne der brandenburgischen Gemeinden beibehalten werden. - Danke schön.

(Beifall bei CDU und SPD)

Herzlichen Dank. - Für die Landesregierung spricht Finanzminister Speer.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine sehr verehrten Damen und Herren von der PDS, ich halte Ihren Antrag für so überflüssig wie einen Kropf. Sie verlangen, der Landtag solle beschließen, dass ein von ihm verabschiedetes Gesetz gilt. Das ist absurd und in der Tat völlig überflüssig.

(Zuruf von der Linkspartei.PDS: Und was soll dann die Arbeitsgruppe?)

Wir haben vom Verfassungsgericht die Verpflichtung aufgegeben bekommen, die Wirkungen des Finanzausgleichs in Brandenburg regelmäßig zu überprüfen. Herr Theel, Sie wissen, dass wir daran arbeiten und Mitte 2006 in der Lage sein werden, die Verteilwirkung zu beurteilen, die dieses Gesetz in Brandenburg mit sich bringt. Weil Sie der Landesregierung misstrauen, legen Sie sonst immer allergrößten Wert darauf, dass man bestimmte Dinge durch externe Experten beurteilen lässt, bevor man Entscheidungen trifft. In diesem Fall gehen sie andersherum vor und sagen, es sei zwar verabredet, dies zu untersuchen, aber man solle vorher schon das Ergebnis beschließen, weil man die möglicherweise aus den Untersuchungen resultierenden Veränderungen nicht mag.

Wir werden neben der Frage, ob die Verteilwirkung, die jetzt mit dem Gesetz erreicht wird, richtig ist, natürlich auch zu untersuchen haben, ob die Koppelung von investiven Mitteln an sonstige Ausgleichsmittel, die die Gemeinden bekommen, richtig ist. Fakt ist nämlich, dass prosperierende Gemeinden, die über ausreichend Einnahmen verfügen, keinen Anspruch auf Ausgleich aus dem Gesamttopf haben und demzufolge auch keine investiven Mittel bekommen. Dies widerspricht aber meines Erachtens der beabsichtigten Konzentration von öffentlichen Mitteln an den Punkten, an denen sie möglichst große Wirkung erzielen, wie wir es momentan im Hinblick auf die Wirtschaftsförderung und die Neuausrichtung der landesplanerischen Grundlagen diskutieren. Vor diesem Hintergrund, Herr Theel, sind Äußerungen aus meinem Hause zu werten. Das ist nicht subjektiv, sondern anhand der Frage zu beurteilen, ob die Verteilwirkungen, die wir mit dem Gesetz erreichen, darauf gerichtet sind, mit diesen Geldern einen größtmöglichen Output zu erlangen.

In diesem Kontext werden wir für 2007 eine Novelle des Gesetzes vorbereiten. Sie wird im Vorfeld mit den kommunalen Gebietskörperschaften und deren Vertretungen sehr ausführlich diskutiert werden. Anschließend wird ausreichend Gelegenheit bestehen, in diesem Haus die Diskussion weiterzuführen.

Zum Schluss sage ich noch einmal: Für Ihren Antrag gibt es überhaupt keinen Grund. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, ich bin wiederum am Ende meiner Rednerliste. Bin ich auch am Ende der Beiträge?

(Abgeordneter Theel [Die Linkspartei.PDS] meldet sich zu Wort.)

- Zwei Minuten.

(Widerspruch bei der SPD)