Protokoll der Sitzung vom 15.12.2005

Vielen Dank, Herr Minister. Der Abgeordnete Claus hat eine Nachfrage.

Danke für die ausführliche Antwort. Ich habe eine Nachfrage. Für die Bioschlachtung von Tieren gibt es, wie Sie sagten, spezielle Schlachthäuser. Wie steht die Landesregierung zur Umrichtung von Schlachthöfen, sodass auch Schlachtungen von biologisch gehaltenen Tieren durchgeführt werden können?

Ich habe es bereits ausgeführt: Der Unternehmer trifft die Entscheidung anhand der Rahmenbedingungen und seiner Geschäftsaussichten. In den letzten Jahren gab es leider entgegengesetzte Entwicklungen, weil der größte Brandenburger Schlachtbetrieb die Ökolinie eingestellt hat. Wir werden jede mögliche Unterstützung bieten, weil wir wissen, dass die Verarbeitung landwirtschaftlicher Rohstoffe ein zusätzliches Einkommenspotenzial für den ländlichen Raum darstellt, und wir von der Stufe der reinen Rohstoffproduzenten - der Bauernverband sieht das genauso - wegkommen wollen und müssen. Danke sehr.

Vielen Dank, Herr Minister. Wir sind damit am Ende der Fragestunde angelangt und ich entlasse Sie in die Mittagspause.

(Unterbrechung der Sitzung: 12.11 Uhr)

(Fortsetzung der Sitzung 13.01 Uhr)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein, wir fahren mit der Sitzung fort.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 3 auf:

Direktwahl der Landräte

Antrag der Fraktion der Linkspartei.PDS

Drucksache 4/2221

Der erste Redner zu diesem Tagesordnungspunkt ist der Abgeordnete Theel von der Linkspartei.PDS. Während er ans Pult kommt, begrüße ich ganz herzlich Schüler des GerberstadtGymnasiums Doberlug-Kirchhain. - Herzlich willkommen!

(Allgemeiner Beifall)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! „Demokratie wagen“ - wie oft, zu wie vielen Anlässen ist dieser Aufruf durchs Land gegangen? In Wahlkampfzeiten erlebten wir die Steigerungsform dieses Aufrufs: „Mehr Demokratie wagen“. Den Glauben daran, dass diese Floskel ernst gemeint ist, kann man verlieren, wenn man den Dauerbrenner „Direktwahlen der Landräte“ verfolgt. Im Sommer dieses Jahres hat der Kollege Lunacek eine neue Runde für 2005/2006 angekündigt, nachzulesen in der „Berliner Zeitung“ vom 17. August.

In der CDU-Fraktion soll bereits ein Gesetzentwurf des Innenministeriums kursieren. Während Herr Petke - in der „MAZ“ vom 8. Oktober - fordert, dieses Thema nicht weiter auf die lange Bank zu schieben, reagiert die SPD in der Person des verehrten Kollegen Schippel prompt abwiegelnd mit den Bemerkungen darauf, der Vorstoß der CDU sei aktionistisch und die Entscheidung darüber könne bis ins Jahr 2009 vertagt werden.

Die Geschichte dieses Themas ist nun wirklich zu alt, als dass man von Aktionismus sprechen könnte. Seit im Land Brandenburg die Bürgermeister und Oberbürgermeister direkt gewählt werden - seit 1993 -, flammt die Debatte um die Direktwahl der Landräte immer wieder auf. Als die Fraktion der PDS im Jahr 2001 im Vorfeld der Neuwahlen der Landräte einen neuen Vorstoß in diese Richtung unternahm, war Kollege Petke der Meinung, wir werden darüber reden müssen. Der damalige Sprecher der Fraktion der SPD pfiff ihn zurück und drohte gleich: Sollten Sie - also die Abgeordneten der CDU-Fraktion - mit der PDS stimmen, ist die Koalition beendet. - Nachzulesen in der „BZ“ vom 8. Mai 2001.

(Minister Schönbohm: Darauf können Sie lange warten! - Klein [SPD]: Das hätten Sie sich beinahe wünschen müs- sen!)

- Nein, nein.

Mit unserem heutigen Antrag bieten wir Ihnen die Möglichkeit, erneut über dieses Thema zu reden. Wir halten es für geboten, jetzt die Voraussetzungen zu schaffen und nicht erst 2009 darüber zu debattieren, wenn die Landratswahlen längst nach dem alten Stiefel durchgezogen worden sind.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Dieses Thema ist uns zu wichtig, als dass wir Sie zu einer Überreaktionshandlung aus Koalitionszwängen verleiten wollen. Wir schlagen Ihnen daher vor, unseren Antrag heute nicht endgültig zu bescheiden, sondern in den Hauptausschuss und in den Innenausschuss zu überweisen. Es wäre der vorweihnachtlichen Stimmung angemessen und zum Nachdenken in der sitzungsfreien Zeit geeignet.

(Klein [SPD]: Seit gestern gab es schon dreimal Einstim- migkeit zwischen uns!)

Es gibt für die Koalition viele Gründe, diesem Antrag zu folgen. Die Tatsache allein, dass es in der Bundesrepublik nur noch zwei Länder – Brandenburg und Baden-Württemberg gibt, die ihre Landräte nicht direkt wählen, muss ja nichts bedeuten. Unser Land spielt im Vergleich mit anderen Ländern in der Bundesrepublik auf vielen Gebieten eine besondere Rolle leider nicht immer zu unserem Vorteil.

Die Gründe sind folgende: Landräte bekleiden ein wichtiges Amt, sie sind in der Öffentlichkeit präsent und genießen ein hohes Maß an Autorität. Für die Oberbürgermeister, die seit 1993 direkt gewählt werden, gilt dasselbe. Bis heute hat niemand einen Grund gefunden, das Prinzip der Direktwahl der Oberbürgermeister infrage zu stellen.

Eine Direktwahl der Landräte hätte eine Stärkung der direktdemokratischen Elemente zur Folge und könnte eine positive Wirkung auf das so oft beklagte Phänomen der Politikverdrossenheit im Land entfalten. Wir sollten den Wählerinnen und Wählern die direkte Mitwirkung an der Auswahl des politischen Personals ermöglichen, denn auf lokaler Ebene sind die Themen und Personen überschaubar bzw. beurteilbar.

Direktwahlen bergen in gewisser Hinsicht auch ein Risiko in sich; darüber werden wir in der Diskussion einiges erfahren.

Die Wahl einer Persönlichkeit, die lokal verwurzelt ist und hohes Ansehen genießt, steht über der Frage nach der Parteizugehörigkeit und über der Suche nach Mehrheiten in den jeweiligen Vertretungen. Sichere Landratsposten - aus Sicht der Parteien - sind nicht mehr mit taktischen Spielen zwischen den Fraktionen zu gewinnen.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Es kann aber die Chance gewonnen werden, Personen für ein wichtiges Amt zu finden, die kompetent, qualifiziert und relativ unabhängig von Partei- und Gruppenzwängen sind.

(Zuruf des Abgeordneten Klein [SPD])

- Dazu können Sie gleich etwas sagen. Sie werden doch nicht behaupten wollen, dass ein Kandidat für den Landratsposten nicht in Hinterzimmern der Fraktionen ausgewählt wird, bevor seine Präsentation erfolgt.

Mein Vorschlag: Stimmen Sie der Überweisung des Antrages zu! Geben Sie dem Wahlvolk das Signal: Wir wagen mehr Demokratie. - Danke

Herzlichen Dank, Herr Abgeordneter Theel. - Für die SPDFraktion spricht die Abgeordnete Stark.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Theel, Die Linkspartei.PDS- und die DVU-Fraktion erwecken mit diesem Antrag den Eindruck,

(Oh! bei der Linkspartei.PDS)

Sie müssten das Thema „Direktwahl der Landräte“ neu erfinden.

(Dr. Scharfenberg [Die Linkspartei.PDS]: Das ist übel!)

Sie wissen, dass wir dieses Thema in unserer Koalitionsvereinbarung längst festgehalten haben. Darin ist formuliert, dass wir in dieser Legislaturperiode die Rahmenbedingungen für die gesetzliche Regelung schaffen werden.

(Zuruf der Abgeordneten Tack [Die Linkspartei.PDS])

Die Steigerungsstufe vom Ausspruch „Demokratie wagen“ ist „mehr Demokratie wagen“. Davon die Steigerungsstufe ist unser Koalitionsvertrag; denn darin steht bereits alles.

(Sarrach [Die Linkspartei.PDS]: Oh! - Zustimmung des Abgeordneten Bochow [SPD])

Es gibt keinen Grund. Insofern lehnen wir das, was Sie niedergeschrieben haben, nicht ab.

(Sarrach [Die Linkspartei.PDS]: Papier war schon immer sehr geduldig!)

Darum geht es auch nicht. Sondern wir haben ein Gesamtwerk im Blick.

(Sarrach [Die Linkspartei.PDS]: Davon reden wir auch schon seit sechs Jahren! - Zuruf von der Linkspartei.PDS: Ach so! - Lachen bei der Linkspartei.PDS - Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Ja, wir unterscheiden uns von Ihrer Fraktion in der Herangehensweise.

(Jürgens [Die Linkspartei.PDS]: Stückwerk wäre das richtige Wort!)

Das Zusammenfügen vom Stückwerk ergibt eine Gesamtnovellierung der Kommunalverfassung; denn es bewegt uns nicht nur die Frage der Direktwahl der Landräte.

(Sarrach [Die Linkspartei.PDS]: Dann haben wir es in zehn Jahren noch nicht!)

Es sind andere Grundsatzentscheidungen zu treffen. Wollen wir zum Beispiel hauptamtliche Bürgermeister oder Amtsdirektoren in den Kreistagen wiederfinden? Sollen die Hauptverwaltungsbeamten gestärkt werden? Welche Rolle sollen zukünftig die Vorsitzenden der Gemeindevertretung, der Hauptausschüsse spielen?

Wir müssen uns mit der Einführung von Doppik, also Rechnungswesen, der Umstellung der Verwaltung und Verwaltungsmodernisierung befassen. Wir haben in Bezug auf die Kommunalverfassung nach 15 Jahren viele Dinge neu zu entscheiden. Deshalb die klare Ansage: Gesamtwerk, Gesamtnovelle. Eingebettet in diese Überlegung wird dann auch über die Möglichkeit der Direktwahl der Landräte entschieden werden.