Viertens - was ebenfalls ärgerlich ist -: Anfang der 90er Jahre wurde das Hochschulsystem in den neuen Bundesländern über Kommissionen usw. aufgebaut und auf politischer Ebene wurden vernünftigerweise Spezialisierungen vorgenommen - das muss in den nächsten Jahren fortgeführt werden; denn es kann nicht überall die ganze Breite der Fächer angeboten werden etwa durch eine Abstimmung mit Berlin. Bei der Konzeption unseres gesamten Hochschulsystems hat der Wissenschaftsrat die Konkurrenzsituation - das, was in den alten Bundesländern vorhanden ist - berücksichtigt. Wir haben hierzu eine klare Ansage: An der Universität Potsdam etwa können wir zum Beispiel nicht mehr als 30 Chemiker ausbilden, auch wenn uns das immer noch sehr stört. - Jedenfalls wurde hier mit Blick auf die alten Bundesländer ein bestimmter Aufbau vorgenommen.
Jetzt sollen wir praktisch dafür bestraft werden, dass uns Dinge verboten wurden, die für uns attraktiv gewesen wären. Auch andere Länder wie Thüringen und Sachsen-Anhalt würden bei dem Vorteilsausgleich wegen der strengen Regeln Nachteile erleiden. Gerade aus diesen politischen Gründen - das ist nicht nur meine Meinung - ist das Modell - das Modell des Kollegen Zöllner bringt vielleicht aus rheinland-pfälzischer Sicht einen Vorteil - für den Wissenschaftsstandort Deutschland insgesamt nicht von Vorteil. Von der Mehrheit der Länder, auch der Länder, die ein Plus hätten, wird dieses Modell deshalb abgelehnt.
Frau Ministerin, Sie haben viele Gründe aufgezählt, warum Sie dieses Modell kritisieren. Würden Sie mir erstens zustimmen, dass das Modell Länder, die besonders unter Abwanderung leiden - Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Thüringen, Sachsen-Anhalt -, zusätzlich benachteiligt?
Dieses Modell beabsichtigt Zahlungen nur bis zur Regelstudienzeit plus x Semester, wahrscheinlich vier Semester. Würden Sie mir zweitens zustimmen, dass dadurch ein erhöhter
Druck auf die Studierenden ausgeübt wird, den Abschluss in einer begrenzten Studienzeit zu erreichen?
Zur zweiten Frage: Ich bin sehr dafür, dass man studiert und in einer bestimmten Zeit den Abschluss erreicht. Deshalb haben wir bei uns im Land auch Mechanismen, Hochschulen zu belohnen - und nicht Studenten zu bestrafen -, wenn sie es ermöglichen, dass die Studenten ihren Abschluss in der Regelstudienzeit erreichen. Das darf aber nicht zulasten der Studenten gehen, sondern muss durch Schaffung der entsprechenden Bedingungen geschehen.
Zur ersten Frage: Es ist klar, dass sie benachteiligt werden; ein kleines Land wie das Saarland wird massiv benachteiligt. Wir können unmöglich alles anbieten; das ist ganz normal. Im Sinne von Komplementarität ist es wirklich widersinnig, zu erwarten, dass jedes Bundesland das gesamte Spektrum anbietet, damit alle Studenten im Land bleiben können, und das zu honorieren.
Vielen Dank, Frau Ministerin. - Die Frage 642 (Einsatz von Saisonerntehelfern in Hessen) des Abgeordneten Schippel wird vom Abgeordneten Bischoff gestellt.
Pressemeldungen war zu entnehmen, dass die Arbeitsagentur Eberswalde Saisonarbeiter nach Hessen vermittelt hat, obwohl gleichzeitig die Arbeitsagenturen in Potsdam und Cottbus noch dringend nach Erntehelfern für Brandenburgs Landwirte suchen.
Ich frage die Landesregierung: Wie ist das Vorgehen der Arbeitsagentur Eberswalde vor dem Hintergrund der noch ungenügenden Zahl von Saisonerntehelfern in Brandenburg und der Notwendigkeit des effektiven Einsatzes finanzieller Mittel zu erklären?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Bischoff, für die Vermittlung von Arbeitslosen in Saisonarbeit sowie für den dazu erforderlichen Mitteleinsatz sind die Arbeitsagenturen zuständig. Deshalb habe ich für die Beantwortung der Frage des Abgeordneten Schippel die Regionaldirektion Berlin-Brandenburg der Bundesagentur für Arbeit um Zuarbeit gebeten und werde deshalb auch wortgetreu zitieren:
„Um den bundesweiten Bedarf an Erntehelfern mit möglichst vielen Langzeitarbeitslosen zu decken, werden die Agenturen für Arbeit neben ihrer regionalen Vermittlungsarbeit auch überregional tätig. Dies geschieht unter der Prämisse, möglichst viele arbeitslose Menschen möglichst lange in Arbeit zu bringen und dabei so viele Ar
In diesem Zusammenhang wurden auch Vermittlungsbemühungen zwischen der Agentur Eberswalde und den Agenturen Potsdam und Cottbus aufgenommen. Diese scheiterten an den fehlenden zumutbaren Unterkünften für die Arbeitskräfte, da eine tägliche Rückkehr an den Wohnort aufgrund der Entfernung nicht möglich und auch nicht zumutbar im Sinne der Zumutbarkeitsvorschriften wäre.
Die hessischen Bauern bieten vernünftige Unterkünfte für ihre Erntekräfte an. Zudem sind die Arbeitsangebote beim Ernteeinsatz in Hessen, die hier angesprochen sind, nur bedingt mit denen in Brandenburg vergleichbar. In Hessen werden Arbeitsverträge über sechs Monate geschlossen, während der Ernteeinsatz zum Beispiel in Beelitz am 24. Juni 2006 beendet sein soll. Der Bauernverband in Hessen bemüht sich darüber hinaus darum, Dauerarbeitsverhältnisse für Erntehelfer in Aussicht zu stellen bzw. jugendliche Kräfte bei der Suche nach Ausbildungsplätzen zu unterstützen, sodass für die Arbeitskräfte in Hessen eine gewisse berufliche Perspektive mit der befristeten Beschäftigung als Erntehelfer verbunden ist.
Den so genannten Tageszuschuss legt jede Agentur für Arbeit im Rahmen ihrer vom Gesetzgeber gewollten dezentralen Handlungskompetenz selbst mit dem Instrument der Freien Förderung nach § 10 SGB III für ihre Kunden fest. Die Arbeitsagentur Eberswalde zahlt für den Ernteeinsatz in Hessen einen Tageszuschuss von 20 Euro. Darüber hinaus werden von der Arbeitsagentur nur die Kosten für die erstmalige Anreise im Rahmen der Mobilitätshilfen nach § 53 SGB III übernommen. Die weiteren Kosten sind mit dem Tageszuschuss abgedeckt. Die Arbeitsagentur Potsdam zahlt für den Ernteeinsatz ihrer Kunden in Beelitz einen Tageszuschuss von 25 Euro.
Es wurden bislang 98 Arbeitsverträge von Kunden der Arbeitsagentur Eberswalde mit hessischen Bauern geschlossen, neun davon haben bereits die Arbeit aufgenommen. Bisher sind keinerlei Beschwerden oder Rückkehrer bekannt geworden.“
Vielen Dank. - Wir kommen zur Frage 643 (Ergebnisse des Ü-7-Verfahrens) der Abgeordneten Große. Die Frage wird wiederum von Herrn Görke gestellt.
Im noch laufenden Verfahren zum Übergang an weiterführende Schulen, dem so genannten Ü-7-Verfahren, besteht mittlerweile größere Klarheit darüber, welche Schulformen zum Schuljahr 2006/07 vermehrt angewählt wurden. Wie den Medien zu entnehmen war, unterscheidet sich das diesjährige Anwahlverhalten
der Eltern von dem zum Schuljahr 2005/06 insofern, als Gymnasien und Gesamtschulen mit gymnasialer Oberstufe von Eltern noch stärker auf Kosten der Oberschulen angewählt wurden.
Das kann man so sagen. - Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Görke, trotz der problematischen Zahlen, die ich gleich konkret nennen werde, schicke ich voraus, dass ich davon ausgehe, dass die Einführung der Oberschule zum laufenden Schuljahr gut gelaufen ist. Die Beteiligten - sie geht es vor allen Dingen an - haben die Oberschule angenommen und der Entscheidungsprozess der Schulkonferenzen darüber, wie es in den Oberschulen weitergehen wird, sind relativ reibungslos verlaufen. Das ist jedenfalls, was ich gehört habe.
Nun aber kommen wir zu den problematischen Zahlen. Wir müssen konstatieren, dass die Oberschule im so genannten Ü-7-Verfahren um etwa 3 % weniger als vor einem Jahr, als sie eingeführt worden war, angewählt wurde. Im gleichen Zusammenhang wurde das Gymnasium um etwa 4 % stärker angewählt. Diese Entwicklung bereitet mir persönlich durchaus Sorgen. Ich werde sie im Auge behalten, zumal sie Fragen nach den Ursachen aufwirft. Allerdings sprechen wir im Moment lediglich über die Anwahlquote - es geht also um die Erstwünsche -, nicht über die so genannte Gymnasialquote. Das wird sich noch etwas regulieren. Im Moment gehe ich davon aus, dass die Gymnasialquote bei etwa 40 % liegen wird. Diesen Wert halte ich noch für vertretbar; sollte es mehr werden, wäre ich, wie gesagt, besorgt. Dies hat auch etwas mit dem Bestand der Oberschule zu tun.
Die Schulträger haben im Vorfeld richtig reagiert. Sie haben die Kapazitäten von Gymnasien zum Teil heruntergefahren und die Zahl der Züge verringert, sodass wir bei sehr vielen Gymnasien wieder eine Überanwahl konstatieren müssen. Dort findet jetzt ein Auswahlverfahren statt. Der Zugang zum Gymnasium wird durch zwei Kriterien geregelt: zum einen durch die Kapazität und zum anderen durch die Eignung. Die Kapazität ist nicht weiter problematisch. Hat ein Gymnasium mehr Bewerber, als es aufnehmen kann, muss es ein Auswahlverfahren durchführen. Das war schon immer so. Es lehnt dann diejenigen Schülerinnen und Schüler ab, die aus seiner Sicht nicht so geeignet sind wie diejenigen, die aufgenommen werden. Schwieriger wird es bei der Eignung, vor allen Dingen dann, wenn Gymnasien unternachgefragt sind und der jeweilige Schulleiter seiner Pflicht, die ihm im Gesetz vorgegeben ist, verantwortungsbewusst nachkommen und verhindern muss, dass nicht geeignete Schüler auf das Gymnasium kommen. Ich hoffe sehr, dass alle Leiterinnen und Leiter von Gymnasien, die übrigens auch noch einmal in Veranstaltungen mit den Schulämtern über diese Fragen sprechen werden, ihrer Verantwortung in diesem Punkt nachkommen werden.
An den Schulen, die in besonders starkem Maße von Schülern mit FOR-Bildungsgangempfehlung, also ohne eine Empfehlung auf allgemeine Hochschulreife, angewählt wurden - zum
Teil gibt es über 20 % - haben wir die Schulaufsicht aufgefordert, sich dieser Fälle anzunehmen, um sicherzugehen, dass dem Gesetz Rechnung getragen wird. Unser Ziel ist es, dass möglichst nur geeignete Schüler vom Gymnasium aufgenommen werden. Dies lässt sich niemals zu 100 % durch ein Aufnahmeverfahren regeln; aber es ist auch für den Schüler selbst durchaus eine Strafe, wenn er in die falsche Schulform gerät, dann von Misserfolg zu Misserfolg stolpert und schließlich völlig frustriert von dieser Schule in eine andere querversetzt wird. Dies sollten wir möglichst ausschließen. Wir können im Moment also noch keine endgültigen Schlussfolgerungen hinsichtlich der Einrichtung von 7. Klassen ziehen; erst danach könnte man von einer Gymnasialquote reden.
Selbstkritisch merke ich an, dass es uns nicht gelungen ist - das ist sicherlich eine Ursache für dieses Anwahlverhalten -, die Stärken der Oberschule, zum Beispiel ihre Durchlässigkeit in Richtung Abitur, überzeugend rüberzubringen. Auch ist es uns nicht gelungen, den Eltern aufzuzeigen, dass die Verkürzung der Schulzeit an Gymnasien für ihre Kinder, die sie beim Gymnasium anmelden, deutlich höhere Belastungen als der bisherige 13-jährige Gang zum Abitur nach sich zieht. Wir lassen ja keinen Unterricht wegfallen, sondern komprimieren ihn dergestalt, dass er auf ein Jahr weniger verteilt wird, was hohe Belastungen für die Schülerinnen und Schüler mit sich bringt. Dies ist nicht jedem bewusst gewesen; vielleicht hätten sich dann manche anders entschieden.
Wir denken intensiv darüber nach, wie man den Zugang zum Gymnasium anders als bisher regeln könnte. Vielleicht kann man ein zusätzliches obligatorisches Kriterium etwa in Form eines Aufnahmetests oder eines Probeunterrichts einführen, sodass im Ergebnis die bisherigen drei Kriterien durch ein viertes ergänzt werden. Dabei würden wir immer das Ziel verfolgen, denjenigen Kindern den Zugang zum Gymnasium zu ermöglichen, die dazu befähigt sind, und diejenigen Kinder, die nicht geeignet sind, davon zu überzeugen, dass die andere Schulform, die Oberschule, ihnen alle Chancen offen lässt. Sie können das Abitur auf verschiedenen Wegen erreichen. Dies rüberzubringen ist uns aber, wie gesagt, offensichtlich nicht gelungen; das muss ich selbstkritisch eingestehen.
Vielen Dank für diese Antwort. - Wir sind damit am Ende der Fragestunde. Ich schließe Tagesordnungspunkt 2 und rufe Tagesordnungspunkt 3 auf:
Gesetz zum Staatsvertrag zwischen dem Land Berlin und dem Land Brandenburg über die Errichtung eines Amtes für Statistik Berlin-Brandenburg und zur Änderung landesrechtlicher Vorschriften
Da vereinbart worden ist, hierzu keine Debatte zu führen, lasse ich über die Beschlussempfehlung abstimmen. Wer ihr zustimmt, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? - Bei einer Reihe von Stimmenthaltungen ist die Beschlussempfehlung angenommen.
Ich schließe den Tagesordnungspunkt 3 und erinnere Sie daran, dass wir um 12.30 Uhr Gelegenheit haben werden, im Flur der SPD-Fraktion etwas über fair gehandelten Kaffee zu erfahren und ihn zu verkosten. Ich hoffe, es wird Ihnen ein bleibendes Erlebnis sein.
Damit Sie noch genügend Zeit zum Mittagessen haben, entlasse ich Sie jetzt bis 13.15 Uhr in die Mittagspause.
Ich begrüße eine Gruppe von Jugendweiheteilnehmern des Gottfried-Arnold-Gymnasiums in Perleberg. Herzlich willkommen!