Protokoll der Sitzung vom 22.06.2006

nicht ergebnisoffen stattfinde und die Schließung der konkret benannten Standorte nicht infrage gestellt werde.

Ich frage daher die Landesregierung: Welche Festlegungen sind im Rahmen einer Fachdebatte und unter Berücksichtigung wirtschaftlicher Gesichtspunkte bisher bezüglich einer möglichen Schließung von Amtsgerichten und einem Arbeitsgericht getroffen worden?

Frau Ministerin Blechinger, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Sarrach, ich möchte zunächst kurz schildern, wie der bisherige Weg bezüglich des von Ihnen genannten Prüfauftrags verlaufen ist, um Ihnen dann als Antwort auf Ihre Frage darlegen zu können, wo wir heute stehen.

Im Februar 2005 hatte mich die Landesregierung beauftragt, bis zum Ende des Jahres 2005 ein Konzept zur sachgerechten Reduzierung der Zahl der Amts- und Arbeitsgerichte vorzulegen und auf dieser Grundlage gemeinsam mit dem Minister der Finanzen die bislang vorgesehenen Baumaßnahmen zur Unterbringung der Gerichte zu überprüfen. Das geforderte Konzept ist termingerecht erstellt und vom Kabinett im Januar zur Kenntnis genommen worden.

Wie Sie wissen, werden darin sieben Amtsgerichte benannt, die von anderen Amtsgerichten gegebenenfalls aufgenommen werden könnten. Dies steht nach dem Konzept allerdings auch unter der Voraussetzung, dass die Grundbuchabteilungen der betroffenen Amtsgerichte ausgegliedert werden, da ansonsten mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand zu rechnen wäre.

Um diese Ausgliederung zu ermöglichen, wird in dem Konzept die Zentralisierung der Grundbuchämter auf den landeseigenen Liegenschaften im Landesbehördenzentrum Wünsdorf erwogen. Deshalb ist zu prüfen - ich zitiere das Konzept -,

„ob, mit welchem Aufwand und innerhalb welcher Zeit auf den landeseigenen Liegenschaften im Landesbehördenzentrum Wünsdorf ein zentrales Grundbuchamt des Landes Brandenburg geschaffen werden kann“.

Ferner ist im Rahmen der Durchführung der vorzunehmenden Detailprüfung neben weiteren Punkten zu prüfen, ob es nach Errichtung eines zentralen Grundbuchamtes gelingen kann, die genannten Amtsgerichte ohne größeren Aufwand an dem jeweils vorgesehenen Standort zusammenzulegen.

(Zuruf von der Linkspartei.PDS: Dass das nicht geht, wissen Sie genau!)

Genau in dieser vorbezeichneten Prüfung befinden wir uns derzeit. Deshalb ist es völlig zutreffend, was Sie in Ihrer Mündlichen Anfrage hinsichtlich der Tätigkeit der gemeinsamen Arbeitsgruppe des Ministeriums der Finanzen und des Ministeriums der Justiz über den Eindruck aus den Rechtsausschusssitzungen berichten.

Die Arbeitsgruppe ist dabei, die Vorschläge aus dem Konzept auf ihre Realisierbarkeit und ihre Wirtschaftlichkeit näher zu

untersuchen. Diese Prüfung ist in vollem Gange. Sie kann nicht allein vom grünen Tisch erfolgen, sondern erfordert eine Besichtigung der betroffenen Objekte einschließlich der Liegenschaften in Wünsdorf. Der Schluss, der in dem von Ihnen, Herr Abgeordneter, zitierten Zeitungsartikel hinsichtlich dieser Besichtigung vermittelt wird, ist deshalb unzutreffend.

Eine ernste und umfassende Wirtschaftlichkeitsbetrachtung wie sie derzeit vorgenommen wird - muss die konkreten Räumlichkeiten vor Ort einbeziehen und erfordert deshalb Ortsbesichtigung. Es reicht also nicht, die Nutzflächen der Gebäude zu addieren. Die Besichtigungen dokumentieren nicht, dass bereits eine Entscheidung gefallen ist, sondern sie bilden die Grundlage für eine noch zu treffende Entscheidung.

Sie fragen nun nach getroffenen Festlegungen bezüglich der Schließung von Amts- und Arbeitsgerichten. Dazu kann ich noch einmal sagen: Bisher gibt es keine. Es gibt das von mir bereits zitierte Konzept für eine sachgerechte Reduzierung der Amts- und Arbeitsgerichte und die laufende Prüfung durch die eingesetzte Arbeitsgruppe, deren Ergebnisse die Grundlage für eine Entscheidung bilden werden.

Dazu hat das Kabinett einen Beschluss gefasst. Es bittet den Minister der Finanzen und mich, bis zum 30. November 2006 Bericht über den Stand der Prüfung dieser Arbeitsgruppe zur Zusammenlegung von Amts- und Arbeitsgerichten zu erstatten sowie eine Konzeption zur Errichtung eines zentralen Grundbuchamtes in Wünsdorf vorzulegen. Ich gehe davon aus, dass bis dahin konkrete Ergebnisse vorliegen. - Vielen Dank.

Vielen Dank. - Der Präsident hat das Recht, die Nachfragen abzubrechen, wenn er einen Beratungsgegenstand für erschöpft hält. Ich hoffe, dass Sie sich nicht melden, weil Sie ein Amtsgericht in Ihrem Wahlkreis haben, sondern um sachdienliche Fragen zu stellen.

(Frau Kaiser [Die Linkspartei.PDS]: Nur diejenigen, die dann kein Amtsgericht mehr haben!)

Der Fragesteller hat als Erster das Recht, seine Nachfrage zu stellen. Herr Sarrach, bitte.

Jüngst ist erneut in diesem Zusammenhang vom Sanierungsbedarf der Amtsgerichte Zossen und Eisenhüttenstadt gesprochen worden. Deshalb frage ich erstens: Frau Ministerin, werden im Konzept des Ministeriums endlich die offensichtlichen fehlerhaften und falschen Angaben zu einzelnen Gerichtsstandorten berichtigt und wird das Konzept in diesem Sinne fortentwickelt?

Zweitens: Weshalb wird - zumindest ist es nicht erkennbar nicht die Alternative geprüft, ob die Zahl der Gerichtseingesessenen je Amtsgericht auch durch einen Neuzuschnitt der Gerichtsbezirke - beispielsweise werden Beeskow und Umgebung statt dem Amtsgericht Fürstenwalde dem Amtsgericht Eisenhüttenstadt zugeordnet - ausgewogener gestaltet werden kann?

Drittens: Es war zu entnehmen, dass es bereits im September einen Gesetzentwurf zum zentralen Grundbuchamt geben soll.

Mit welcher Begründung kann man sich über die fachlichen Argumente der Landgerichtspräsidenten hinwegsetzen, die von einem regional-zentralen Grundbuch je Landgerichtsbezirk sprachen, obwohl im Falle eines Grundbuchamtes je Landgerichtsbezirk auch von der Schließung bedrohte Amtsgerichtsstandorte erhalten bleiben könnten?

Zum ersten Punkt: Das Konzept habe ich vorgelegt. Wenn Sie es gelesen haben, wissen Sie, dass die Basis für die Entscheidung, welche Gerichte in die Prüfung einbezogen werden, nicht der Bauzustand der Gebäude, das heißt der Sanierungsbedarf von Gebäuden, war, sondern die Einwohnerzahl des Gerichtsbezirkes. Insofern wird das Konzept nicht überarbeitet. Selbstverständlich werden aber der Bauzustand und der Sanierungsbedarf von Gerichten in die Wirtschaftlichkeitsprüfung Eingang finden.

Zum zweiten Punkt: Ich hatte nicht den Auftrag, die Amtsgerichtsbezirke so zuzuschneiden, dass alle gleich groß sind und damit eine gleichmäßige Verteilung gegeben ist, sondern ich hatte den Auftrag, zu prüfen, welche Amtsgerichte geschlossen werden können und ob es beispielsweise ausreicht, von den 25 Amtsgerichten 18 Amtsgerichte zu erhalten, indem jeder Kreis ein Amtsgericht bekommt. Vor diesem Hintergrund könnte der Landtag - es ist eine Aufgabe des Gesetzgebers - die Amtsgerichtsbezirke neu zuschneiden. Das würde jedoch die Debatte um die Schließung von Gerichten nicht beenden. Man müsste dann überlegen, welche anderen Kriterien zugrunde gelegt werden müssten, um auf eine reduzierte Zahl von Gerichten zu kommen. Durch einen Neuzuschnitt von Gerichtsbezirken werden wir nicht mehr Richterstellen bekommen.

Sie wissen, dass wir bis zum Jahre 2009 463 Stellen abbauen müssen. Insofern sind mein Ministerium und ich als Ministerin gefordert zu überlegen, wie wir mit weniger Personal dem Anspruch der Bürger auf eine zeitgemäße und zeitnahe Rechtsprechung gerecht werden können. Insofern hat sich diese Frage erübrigt.

Die dritte Frage betraf die Haltung der Landgerichtspräsidenten zum zentralen Grundbuch. Das wird in die Entscheidung ebenso einfließen wie beispielsweise die Aussagen der Notarverbände oder anderer Betroffener. Jedoch ist klar: Frage ich beispielsweise einen Amtsgerichtsdirektor, ob er dafür sei, dass sein Gericht geschlossen wird, weiß ich schon vorher, wie die Antwort lauten wird. Also: Die fachlichen Bedenken werden wir auf jeden Fall in die Prüfung einbeziehen.

Danke. - Wir kommen zu den Nachfragen. Wenn ich die Reihenfolge richtig interpretiere, spricht der Abgeordnete Krause als Erster. Bitte fassen Sie sich kurz, sonst muss ich irgendwann abbrechen.

Ich fasse mich ganz kurz und frage bezüglich des Amtsgerichtsstandortes Zehdenick: Ist die Landesregierung bereit, in Kauf zu nehmen, dass durch die fachlich nicht gebotene Schließung des Amtsgerichts Zehdenick das Land für die Laufzeit von derzeit noch 51 Jahren nach dem Erbbaupachtvertrag

einen zusätzlichen Strafzins von 50 % schuldet, weil die Nutzung als Amtsgerichtsgebäude aufgegeben wird?

Der von Ihnen genannte Umstand wird in die Wirtschaftlichkeitsprüfung einfließen.

Frau Abgeordnete Böhnisch, bitte.

Frau Ministerin, ich habe zwei Fragen zum Amtsgericht Eisenhüttenstadt. Erstens: Ist der Landesregierung bekannt, dass es sich beim Amtsgericht Eisenhüttenstadt um ein vollständig saniertes Gebäude handelt, obwohl Sie permanent behaupten, dass es dringend sanierungsbedürftig sei, und dass dieses Amtsgericht gerade durch die räumliche Nähe sehr effektiv mit der Polizeiwache zusammenarbeitet, was uns auch von den Mitarbeitern bestätigt wurde?

Zweitens: Ist der Landesregierung bekannt, dass das Amtsgericht von Eisenhüttenstadt durch die zentrale Anlaufstelle für Asylbewerber und die Abschiebeeinrichtung zusätzlich besonders beansprucht wird und deshalb auch effektiv genutzt werden kann?

Die Feststellung des Sanierungsbedarfs ist Gegenstand der Wirtschaftlichkeitsprüfung. Das ist unter anderem Aufgabe der gemeinsamen Arbeitsgruppe. Die anderen Bedenken werden mit einbezogen. Ich habe insbesondere deutlich gemacht, dass die Grundlage dafür, welches Gericht einbezogen wird, die Einwohnerzahl der Gerichtsbezirke war und nicht die Frage, ob ein Gericht funktioniert oder nicht funktioniert. Die Aussage, dass ein Gericht nicht funktioniert, würde ich nicht treffen wollen.

Danke sehr. Abgeordneter Otto, bitte.

Zu Ihrer Feststellung hinsichtlich der Strukturierung der Amtsgerichte frage ich bezüglich des Amtsgerichts Guben: Vertreten Sie auch die Auffassung, dass gerade in den äußeren Entwicklungsbereichen eine ausgewogene Gerichtsdichte erforderlich ist?

Zweitens: Welche Chancen haben dabei die Amtsgerichte Eisenhüttenstadt und Guben, zwischen Frankfurt (Oder) und Cottbus als Amtsgerichte erhalten zu bleiben?

Ich habe deutlich gemacht, dass die Grundlage für die Entscheidung, welche Gerichtsstandorte einbezogen werden, die Einwohnerzahlen in den Amtsgerichtsbezirken sind. Es geschieht also allein auf dieser Basis, da das der einzige objektive Maßstab war. Weder die Funktionsfähigkeit eines Gerichts noch der Bauzustand wären eine angemessene Grundlage für

eine solche Entscheidung gewesen; denn das würde bedeuten, dass Mitarbeiter, die über Jahre hinweg in einem unsanierten Gerichtsgebäude saßen, noch bestraft würden, indem sie als erste zum Umzug verpflichtet wären.

Insofern habe ich mich nach der Prüfung mehrerer Kriterien für das Einwohnerkriterium entschieden. Das bedeutet - Sie wissen, dass die Einwohnerzahl in den berlinfernen Regionen stärker rückläufig ist als in den berlinnahen Regionen -, dass in erster Linie Gerichte aus den berlinfernen Regionen in Betracht gezogen werden. Wenn Sie das Konzept gelesen haben, werden Sie festgestellt haben, dass wir bei der Festlegung der zu erhaltenden Gerichtsstandorte berücksichtigt haben, dass die Entfernungen, die die Bürger zurückzulegen haben, um einen Gerichtsstandort aufzusuchen, zumutbar sind.

Das hat im Übrigen dazu geführt, dass wir das Amtsgericht Senftenberg, das von der Einwohnerzahl her hätte einbezogen werden können, herausgenommen haben. Sonst hätten die Bürger dieser Region weitere Wege in Kauf nehmen müssen.

Nach dem derzeitigen Konzept mit den vorgesehenen Standorten - es ist noch nicht entschieden, ob sie bzw. noch weitere erhalten werden - beträgt die Luftlinienentfernung, von wenigen Ausnahmen abgesehen, in der Regel 35 Kilometer. Schon heute gibt es im Amtsgerichtsbezirk Perleberg Bürger, die größere Entfernungen zu ihrem Amtsgericht zurücklegen müssen, als es nach der Umsetzung des Konzepts für einzelne Gerichtsbezirke notwendig wäre. Die Entfernungen haben bei unseren auf alle Fälle eine Rolle gespielt.

Die Abgeordnete Wolff-Molorciuc hat auch noch eine Nachfrage. Bitte.

Ich beziehe mich auf das Konzept, und, Herr Präsident, möchte jetzt nicht gemahnt werden, weil ich auf eine Antwort nachfrage.

Das überlassen Sie bitte mir.

Ja. Ich habe eine Bitte geäußert. Mehr steht mir nicht zu; das weiß ich.

Frau Ministerin, Sie haben von dem Erreichbarkeitskriterium 35 Kilometer Luftlinie gesprochen. Wir haben es in der Uckermark mit den Bauern, aber mit der Entwicklung des Flugwesens ist es etwas kompliziert. Für uns sind genau diese 35 Kilometer ein Problem. Wie will man das schaffen? Es ist noch dazu planerisch unüblich, von Luftlinie auszugehen. Schon von Schwedt nach Prenzlau sind es mehr als 35 Kilometer.

Dass wir natürlich nicht von jedem Standort eines Amtsgerichtsbezirkes aus die Wegstrecke und möglichst auch noch den Busverkehr prüfen konnten, ist hoffentlich auch Ihnen einsichtig, genauso wie die Tatsache, dass es ein Hilfskriterium ist, was

nicht besagt, dass jeder nur 35 Kilometer zum Gericht zurücklegen muss. Ich hatte deutlich gemacht, dass es schon nach der derzeitigen Gerichtsstruktur Bürger gibt, die über 50 Kilometer zu ihrem Amtsgerichtsstandort zurücklegen müssen. Das wird möglicherweise dann auch anderen Bürgern zugemutet werden. Verständlich ist, dass wir einen Anhaltspunkt brauchten, um eine Fläche abzudecken; Brandenburg ist schließlich ein Flächenland. Insofern war das nur ein Hilfskriterium, hat aber in einem sehr eindeutigen Fall, nämlich beim Amtsgericht Senftenberg, dazu geführt, dass, sollte es geschlossen werden, dies offensichtlich zu unzumutbar weiten Wegen und zu weiteren Wegen führen würde als in den anderen Bereichen.

Vielen Dank. Die Abgeordnete Wehlan ist die letzte Nachfragende.