Protokoll der Sitzung vom 13.09.2006

Im Übrigen gehe ich davon aus, dass die Täter der misslungenen Terroranschläge von Koblenz und Düsseldorf nur mithilfe der Videoaufzeichnungen identifiziert wurden, weil da wohl im Prinzip keine Profis mit fundierter Terrorausbildung am Werke gewesen sind, sondern Trittbrettfahrer der Anschläge in Spanien. Es ist wohl davon auszugehen, dass geschulte Terrorprofis die Öffentlichkeit für ihre Anschläge so auskundschaften, dass sie nicht von Videokameras erfasst werden. Allenfalls müsste man das ganze Land damit ausstatten.

Noch deutlicher wird es bei der geplanten Antiterrordatei. Wer soll eigentlich in sie aufgenommen werden, meine Damen und Herren? Jeder, der einen Pilotenschein hat? Jeder, der Moslem ist? Womöglich jeder Waffenbesitzer? Oder womöglich gar jeder, der eine Waffe oder etwas Ähnliches bedienen kann? Dann wären weite Teile unserer deutschen Bevölkerung terrorverdächtig, so sieht es aus! Aber die hat eigentlich nichts damit zu tun. Oder nur jeder, der eines dieser Merkmale aufweist, der einschlägigen islamischen Vereinigungen zugeordnet ist, der nicht so ganz auf dem Boden des deutschen Grundgesetzes steht?

(Zurufe von der SPD)

Bei denen wäre das Instrumentarium Verschärfung des Aufenthalts- und Einbürgerungsrechts zielführend. Die haben in unserem Land nichts zu suchen. Dafür bedarf es aber keiner Antiterrordatei, meine Damen und Herren. Damit sind wir sozusagen beim Schlüssel des Problems. Wirklich helfen kann uns bei von außen kommendem Terror nur Folgendes: Wir werden uns als Deutsche, einmal ganz unabhängig von der grundsätzlichen Frage, was deutsche Soldaten in anderen Ländern zu suchen haben, fragen müssen, mit welchen Zielen und mit welchen Interessen wir anderen Ländern und Völkern gegenübertreten. Konkret kann man sagen: Insoweit werden Einmischungen in fremde Kulturen oder Gesellschaftsordnungen, wie wir sie umgekehrt auch nicht wünschen, zu unterbleiben haben.

Von Elementen ausländischer Herkunft, die sich nicht auf dem Boden unserer Verfassung und Gesellschaftsordnung bewegen oder die von vornherein nicht integrationswillig sind, werden

wir uns trennen müssen. Zu beidem bedarf es aber sicherlich weder der Verschärfung des Polizeigesetzes noch der Ausweitung der Videoüberwachung noch einer Antiterrordatei. Das sind nicht die dazu geeigneten Mittel, meine Damen und Herren. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der DVU)

Wir sind damit am Ende der Debatte zur Aktuellen Stunde angelangt, und ich schließe den Tagesordnungspunkt 1.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 2 auf:

Fragestunde

Drucksache 4/3375

Wir beginnen mit der Frage 788 (Auswirkungen der Eckpunk- teregelung auf die Beschäftigung von deutschen Saisonarbeits- kräften) des Abgeordneten Folgart.

Seit Anfang 2006 findet die Eckpunkteregelung zur Zulassung von Saisonarbeitskräften aus Mittel- und Osteuropa in der Praxis Anwendung, laut der der Einsatz von ausländischen Saisonarbeitskräften in der Landwirtschaft auf 80 bzw. in Härtefällen auf 90 % der im Jahr 2005 beschäftigten ausländischen Saisonarbeitskräfte begrenzt ist. Durch diese Maßnahme sollen deutsche Arbeitslose wieder in Beschäftigungsverhältnisse integriert und der Arbeitsmarkt dabei entlastet werden.

Ich frage deshalb die Landesregierung: Konnte der von den Betrieben in Brandenburg angemeldete Bedarf an deutschen Saisonarbeitskräften durch die Arbeitsagenturen dauerhaft gedeckt werden?

Frau Ministerin Ziegler, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Abgeordnete! Zunächst möchte ich darauf hinweisen, dass die Regionaldirektion Berlin-Brandenburg zum jetzigen Zeitpunkt jedenfalls davon ausgeht, dass die Eckpunkteregelung in Brandenburg eingehalten wird. Im Zeitraum Januar bis August dieses Jahres wurden den Brandenburger Arbeitsagenturen 4 838 Saisonstellen zur Besetzung mit inländischen Arbeitnehmern gemeldet. 4 613 wurden bis Ende August besetzt, das sind 95 %. Dabei ist aber auch zu beachten, dass die Bundesagentur über kein Vermittlungsmonopol verfügt. Das heißt, es gibt keine Kenntnisse, ob es nicht auch auf anderem Wege, zum Beispiel über die unmittelbare Einstellung von inländischen Arbeitnehmern, weitere Arbeitsplätze für inländische Arbeitskräfte gegeben hat.

Natürlich können wir heute noch keine abschließende Bewertung abgeben. Aber es kann eingeschätzt werden, dass sich sowohl die Arbeitsagenturen als auch die ARGEn und die zuge

lassenen kommunalen Träger sehr viel Mühe gegeben haben, sehr viele Aktivitäten entwickelt haben, um einen bedarfsgerechten und dauerhaften Einsatz von Saisonarbeitskräften zu gewährleisten. Ein Punkt ist die frühzeitige Kontaktaufnahme und die intensive Fortführung der Kontakte zwischen den Arbeitgebern der Region während der gesamten Saison. Es wurden Bewerberpools gebildet, und die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer - vielleicht haben Sie sich im Fernsehen davon überzeugen können - wurden sehr wohl auch auf diese Tätigkeiten vorbereitet; denn es ist oftmals eine körperlich sehr schwere Arbeit. Obgleich die Zuständigkeit für die Vermittlung von Arbeitslosen bei der BA liegt, haben wir gemeinsam mit dem MLUV sehr frühzeitig Kontakt aufgenommen, um den Einsatz der Arbeitslosen als Erntehelfer zu begleiten. Wir haben gemeinsam mit dem MLUV die Probleme, die vor Ort entstanden sind, begleitet und zur Klärung beigetragen. Ich glaube schon, dass es da eine gute Zusammenarbeit gibt. Es war quasi das erste Mal, dass dies geprobt worden ist. In den kommenden Jahren wird sich das sicher festigen und etablieren.

Vielen Dank, Frau Ministerin.

Wir setzen mit der Frage 789 (Bestellgarantie für Schienenan- bindung des BBI) fort, die von der Abgeordneten Tack gestellt wird.

Am 29. August 2006 hat der Ausschuss für Haushalt und Finanzen in einer kurzfristig einberufenen Sondersitzung eine Bestellgarantie für die Schienenanbindung des Flughafens BBI befürwortet. Die Bestellgarantie gehört zum Paket der im vergangenen Jahr abgeschlossenen Rahmenvereinbarung zur Verkehrsanbindung für den BBI. In der Landtagssitzung am 28. September des vergangenen Jahres hatte ich nach den Auswirkungen dieser Vereinbarung auf das Land Brandenburg gefragt. Die Antwort weist Kosten bzw. Verpflichtungsermächtigungen bis zum Jahr 2010 auf. Verpflichtungsermächtigungen nach dem Jahr 2010 wurden nicht aufgeführt. Die kürzlich beschlossene Bestellgarantie beinhaltet jedoch Verpflichtungsermächtigungen für das Jahr 2011 und bis 2030 mit einem Gesamtvolumen von rund 115 Millionen Euro.

Ich frage in diesem Zusammenhang die Landesregierung: Wie erklärt sie, dass die Bestellgarantie über 115 Millionen Euro in der im vergangenen Jahr gegebenen Antwort nicht genannt wurde?

Wir sind auf die Antwort der Landesregierung gespannt, gegeben vom Chef der Staatskanzlei, Staatssekretär Appel.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Abgeordnete Tack! Die von Ihnen soeben zitierte Rahmenvereinbarung zum Ausbau des Flughafens BerlinSchönefeld zum geplanten Single-Airport BBI einschließlich dessen Schienenanbindung vom 31. August 2005 stellt eine interne Vereinbarung zwischen den drei beteiligten Gebietskörperschaften, das heißt Bund, Land Berlin und Land Bran

denburg, dar. Konkrete Verpflichtungen gegenüber Dritten für Bestellungen von schienengebundenen Verkehren ab 2011, für die eine haushaltsrechtliche Ermächtigung erforderlich gewesen wäre, ergeben sich aus dieser Rahmenvereinbarung gerade nicht. Daher konnten die Verpflichtungsermächtigungen, auf die Sie in Ihrer Frage hingewiesen haben, damals noch gar nicht genannt werden.

Die am 5. September 2006 vom Ministerpräsidenten, dem Regierenden Bürgermeister, Bundesminister Tiefensee und dem Vorsitzenden des Vorstandes der DB AG, Herrn Mehdorn, unterzeichnete Einzelvereinbarung zur Finanzierung der Schienenanbindung des Flughafens Berlin Brandenburg International regelt die Finanzierung und die sonstigen relevanten Parameter für diese Anbindung. Dazu gehört auch die Verpflichtung zur Bestellung von Verkehrsleistungen für diese Anbindung. Diese können - müssen es aber nicht - ab 2011 haushaltsrelevant werden, sodass zum Abschluss dieser Vereinbarung eine haushaltsrechtliche Ermächtigung durch Ausbringung einer außerplanmäßigen Verpflichtungsermächtigung erforderlich war. Der Ausschuss für Haushalt und Finanzen hat in einer Sondersitzung am 29.08.2006 dankenswerterweise seine Einwilligung erklärt.

Erlauben Sie mir, bevor die Nachfrage kommt, zwei Hinweise.

Erstens: Bei dem gefundenen Kompromiss handelt es sich um eine Verhandlungslösung zwischen Vertragspartnern.

Zweitens: Den Verhandlungen lag ein überproportionales finanzielles Engagement des Bundes bei der Errichtung der Schieneninfrastruktur zum Flughafen BBI zugrunde. Das sollte man berücksichtigen. - Schönen Dank.

Die Nachfrage kommt. Bitte, Frau Tack.

Wir, Die Linkspartei.PDS, haben unsere Position im Haushaltsausschuss deutlich gemacht; er tagt leider nicht öffentlich. Man muss richtigerweise hinzufügen, dass die Bestellgarantie mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen bestätigt worden ist.

(Minister Speer: Wie in Berlin auch! Mit den Stimmen der PDS!)

- Nein, im dortigen Parlament hat es gar keine Rolle gespielt. Herr Speer, Sie sind wieder einmal schlecht informiert.

Bitte keine Zwiegespräche! Frau Tack, Sie haben Gelegenheit, Ihre Nachfrage zu stellen.

Frau Abgeordnete, Sie wollten mir eine Frage stellen.

Den Versuch war es wert. Aber ich stelle jetzt wirklich meine Fragen.

Erste Frage: Welche Bestellgarantien bzw. Zusagen für Bestellungen oder Investitionen geben der Bund oder die Bahn-AG - mit Herrn Mehdorn an der Spitze - für die Anbindung des Flughafenbahnhofs an den Fernverkehr?

Zweite Frage: Welches Risiko sieht die Landesregierung für die Finanzierung bzw. für den Zugverkehr ab 2011, wenn die Verpflichtungsermächtigungen wirksam werden? Es wird mit Sicherheit eine Revision bei den Regionalisierungsmitteln geben, in deren Ergebnis Brandenburg weniger Geld zur Verfügung haben wird. Wie soll dann die Finanzierung aus dem Landeshaushalt erfolgen? Wir wissen - Herr Speer hat es kundgetan -, dass das Volumen des Landeshaushalts dann um mindestens um 2,5 Milliarden Euro geringer ausfallen wird. Welches ist angesichts dieses Risikos die Deckungsquelle?

Dritte Frage: Sie haben Ihre Begründung auf den Nachweis der Wirtschaftlichkeit gestützt. Ist die Wirtschaftlichkeit des Bahnhofs des Flughafens BBI so fragwürdig, dass aus jetziger Sicht eine Bestellgarantie für die Jahre 2011 bis 2030 gegeben werden muss? Die Bestellgarantie enthält umfangreiche Leistungen, zum Beispiel eine dichte Zugfolge von vier Zügen pro Stunde in beide Richtungen. Das Gesamtvolumen beläuft sich auf 115 Millionen Euro.

Zum Ersten. Was die Bestellgarantie für den Fernverkehr angeht, so stelle ich fest: Herr Mehdorn hat sich beim ersten Spatenstich - auch Sie waren zugegen - klar dazu bekannt, dass an dem Flughafenbahnhof auch Züge des Fernverkehrs halten werden. Das war nicht Gegenstand dieser Vereinbarung und brauchte es auch nicht zu sein, weil Herr Mehdorn Vereinbarungen mit den Gebietskörperschaften geschlossen hat.

Ihre zweite Nachfrage betrifft die Revision der Regionalisierungsmittel. Dort ist in der Tat zu erwarten, dass Brandenburg schlechter als bisher wegkommt. Klar ist aber, dass dieser Zugverkehr aus den Regionalisierungsmitteln, die es dann noch geben wird - es besteht schließlich eine gesetzliche Regelung -, bezahlt wird. Im Übrigen gibt es eine Verpflichtung des Landes, diesen Verkehr zu finanzieren. Deshalb hat der Haushaltsausschuss unserer Vorlage auch zugestimmt.

Die Wirtschaftlichkeit des Bahnhofs ist Teil der Diskussion, die wir schon im Haushaltsausschuss geführt haben. Es ist davon auszugehen - ich streite mich insoweit nicht über Zahlen -, dass am BBI ein Aufkommen von 18 bis 24 Millionen Passagieren jährlich abgewickelt wird. Mindestens 50 % sollen mit dem Zug kommen. Wenn ich dieses Ziel erreichen will - so steht es auch im Planfeststellungsbeschluss -, muss ich ein vernünftiges Zugverkehrsangebot zum Flughafen bereithalten. Wir haben erreicht, dass dieser Zugverkehr nicht nur aus Berlin, sondern auch aus Brandenburg kommt. Das war für uns ein sehr wichtiger Punkt. - Schönen Dank.

Vielen Dank, Herr Staatssekretär. - Wir kommen zu Frage 790 (Lichtpflicht für Fahrzeuge am Tag) , gestellt vom Abgeordneten Schrey.

Der Landtag hat die Landesregierung im letzten Jahr aufgefordert, sich auf Bundesebene für eine Lichtpflicht für Kraftfahr

zeuge am Tag in Deutschland einzusetzen. Dies geschah auf verschiedenen Ebenen. Am 1. August veröffentlichte die EU nun zu diesem Thema ein Konsultationspapier.

Ich frage die Landesregierung: Wie wird sich Brandenburg auch zukünftig aktiv um die Einführung einer Lichtpflicht in Deutschland bemühen?

Herr Minister Szymanski.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Schrey, es ist überhaupt keine Frage, dass unsere Bemühungen weitergehen. Am 14. Dezember 2005 hat der Landtag die Landesregierung aufgefordert, sich beim Bund dafür einzusetzen, dass eine solche Regelung in die Tat umgesetzt wird. Ich habe dies in der 33. Landtagssitzung am 21. Juni dieses Jahres noch einmal erläutert.

Ich freue mich sowohl darüber, dass dieses Thema - nach der jahrelangen Diskussion, die wir dazu geführt haben - jetzt auf EU-Ebene behandelt wird, als auch darüber, dass ein „Consultation Paper“ vorliegt, in dem die Mitgliedsstaaten und die Verbände aufgefordert werden, bis zum 17. November Stellung zu nehmen. In dem Papier wird deutlich gemacht, dass das Fahren mit Licht am Tage auch für die schwächeren Verkehrsteilnehmer von Nutzen ist. Der Kraftstoffverbrauch ist geringer als bisher angenommen und kann mit moderner Lichttechnik weiter reduziert werden.

Alle fünf in diesem Papier enthaltenen Einführungsvarianten zeigen deutlich ein positives Nutzen-Kosten-Verhältnis. Darüber hinaus können wir feststellen, dass die erste Phase des Regelungsverfahrens auf EU-Ebene eingeleitet worden ist. Wir werden alle Möglichkeiten nutzen, zum Beispiel die Abteilungsleiterkonferenz des Bundes im Oktober und auch die Verkehrsministerkonferenz, um sehr deutlich zu machen, dass wir auf EU-Ebene ein schnelles Verfahren brauchen. Wir alle sind aufgefordert, mit unseren EU-Abgeordneten das Gespräch zu suchen, um ihnen zu verdeutlichen, dass wir eine solche Regelung brauchen. Sie muss ein Datum beinhalten, wann für Neufahrzeuge der Einbau entsprechender technischer Vorrichtungen zur Pflicht wird.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)