Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben ein schwieriges Thema auf der Tagesordnung. Finanzausgleich ist ja keine leichte Sache. Wenn dazukommt, dass die Decke insgesamt ziemlich kurz ist und deshalb durch Hin- und Herschieben mal ein Arm, mal ein Bein herausguckt, wird es insgesamt nicht leichter.
Dennoch müssen wir feststellen: Wir haben 2 Milliarden Euro im kommunalen Finanzausgleich, durch die die Ausstattung der Kommunen im Land Brandenburg mit finanziellen Mitteln und deren ständige Aufgabenerledigung gesichert werden.
Steuern heißt natürlich auch umsteuern. Dabei gibt es Gewinner und Verlierer. Über die Verlierer hat Herr Theel hier viel gesagt. Über die Gewinner will ich zumindest hinzufügen, dass sie die Mehrheit bilden. Drei Viertel der Gemeinden im Land profitieren vom neuen Finanzausgleichsgesetz.
Wir haben uns intensiv mit dem wissenschaftlichen Gutachten auseinandergesetzt, in dem ein unabhängiger Gutachter die Finanzsituation in unserem Land, den horizontalen und vertikalen Finanzausgleich, bewertet hat. Bei der Anhörung, bei der der Gutachter zugegen war und auch selbst gesprochen hat, ist übrigens auch nicht alles daran kritisiert worden. Manches ist ausdrücklich befürwortet worden. Ich werde im weiteren Verlauf meiner Ausführungen noch darauf eingehen.
Das Finanzausgleichsgesetz gibt es seit dem Jahr 2005. Eigentlich regelt es die Verteilung der Kommunalfinanzen unbefristet. Aber auch das Finanzausgleichsgesetz in Brandenburg ist kein statisches System. Die originären Aufgaben von Land und Kommunen verändern sich. Damit sind wir auch als Landesgesetzgeber gehalten, darauf einzugehen und die entsprechende Steuerung vorzunehmen. In 2006 war die erste Überprüfung. Der Städte- und Gemeindebund lobt uns ja nicht immer. Wenn er schon einmal einen Staatssekretär lobt, kann man das hier wohl auch zitieren:
„Im Sinne der Sache begrüßen wir, dass Herr Staatssekretär Zeeb als Vorsitzender des Beirates nicht nur für eine kontinuierlich eigene Mitarbeit gesorgt, sondern im Beirat auch eine offene Themenbefassung gefördert hat. Wir begrüßen des Weiteren, dass sich innerhalb der bisherigen Beiratsarbeit Erfordernisse von Förmlichkeiten und Geschäftsordnungsfragen nie wirklich gestellt haben.
Auch heben wir zur Beiratsarbeit positiv hervor, dass ein bisheriger Schwerpunkt der Arbeit, den Auftragsumfang und die Gutachterauswahl für das Gutachten zur Überprüfung der Verbundquote und der Hauptansatzstaffel im kommunalen Finanzausgleich Brandenburgs zu erörtern, aus unserer Sicht sehr zufriedenstellend gelöst wurde.“
Der Städte- und Gemeindebund hat das Gutachten also insgesamt gelobt. Wesentliche Punkte daraus wurden in das neue Finanzausgleichsgesetz aufgenommen.
Frau Melior, können Sie sich daran erinnern, dass die Vertreter des Städte- und Gemeindebundes zwar die Zusammenarbeit im Beirat gelobt haben, aber sich auch bei uns, den Abgeordneten, fast schon beschwert haben, dass ihre Forderungen zur inhaltlichen Ausgestaltung des Gesetzes viel zu wenig berücksichtigt worden seien?
Ich stimme Ihnen insofern zu, als wir die nach dem Motto „Wünsch Dir was“ vorgetragenen Forderungen nicht vollständig umgesetzt haben.
Ich habe darauf hingewiesen, dass zwei Drittel der Gemeinden vom neuen Finanzausgleich profitieren. Darüber redet der Städte- und Gemeindebund nicht so gern.
Was bleibt im neuen Finanzausgleichsgesetz? Darüber besteht weitgehend Einigkeit, weshalb wir weniger darüber streiten.
Der Hauptansatz, der früher „Größenordnung“ hieß, bleibt. Damit ist die Berücksichtigung der Einwohnerzahlen im neuen Finanzausgleichsgesetz gewährleistet. Ferner bleibt es beim Flächenansatz für die Landkreise, was gerade für die kreisliche Ebene nicht unwichtig ist. Auch der Schullastenausgleich findet sich im Gesetz wieder. Das ist für die kommunale Finanzausstattung von großer Bedeutung, weil hohe Belastungen damit verbunden sind. Schließlich bleibt es bei der Regelung der investiven Schlüsselzuweisungen - ein Punkt, der mir nicht immer gefällt -, das heißt beim Verhältnis 30 : 70. Es kommt nicht zu einer Rückführung auf die Prioritätenlisten der Landkreise.
Was verändert sich? Der Hauptansatz wird um 2 % angehoben. In den Größenklassen ab 15 000 Einwohner - so auch vom Gutachter benannt - ändern sich die Aufgaben der Städte und Gemeinden; dort erhöhen wir um 4 %. Die kreisfreien Städte befinden sich in einer besonderen Belastungssituation, weshalb der Vomhundertsatz von 140 auf 145 erhöht wird. Für die Mittelzentren gibt es einen Pauschalansatz von 800 000 Euro. Auch das halte ich ebenso wie meine Fraktion für gerechtfertigt, weil in den entsprechenden Größenklassen höhere Leistungen erbracht werden müssen.
Für 27 Kommunen - Herr Theel nannte die Zahl 26 - fällt die Veredelung auf der Grundlage ihrer Einstufung als Grundzentren weg. Damit im Zusammenhang stehende Probleme will ich nicht verhehlen. Ich denke nur an die Gemeinde Kloster Lehnin. Auf diese Gemeinden kommen ein deutlicher Strukturwandel und große Herausforderungen hinsichtlich ihrer finanziellen Ausstattung zu. Ich verspreche: Wenn mich eine Gemeinde einlädt, können wir die neue Situation gern vor Ort miteinander erörtern. Niemand sollte sich jedoch einbilden, es wäre viel mehr Gutes herausgekommen, wenn wir die Debatte zur Landesplanung vorweggenommen hätten.
Wir als Finanzpolitiker haben die Rolle des Schwarzen Peters übernommen. Aber es muss an dieser Stelle eine andere Ausstattung geben.
Ich bekomme ein Zeichen, dass meine Redezeit dem Ende zu geht. - Die wichtigsten Punkte habe ich genannt.
Das neue Finanzausgleichsgesetz wird nicht alle Träume und Wünsche erfüllen können. Wir haben das umgesetzt, was für die Kommunen im Land notwendig ist. Es handelt sich um ein Finanzausgleichsgesetz. Die kommunalen Einnahmen werden sich weiterhin positiv entwickeln. Dem Symmetriebericht, der 2010 vorliegen wird, können wir dann entnehmen, ob wir gerecht waren und ordentlich gehandelt haben. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dieser Gesetzentwurf muss weg! Das famose neue Leitbild dieser Landesregie
rung findet nämlich hier seine Verstetigung, und zwar schon vorab und ohne dass es eine neue Landesplanung gibt. Da können wir auf keinen Fall mitmachen.
Durch die Verringerung der Schlüsselzuweisungen an die kreisabhängigen Gemeinden von 70,7 auf 68,3 %, den kompletten Wegfall der bisherigen Grund- und Kleinzentren und die Verringerung der Mittel an die ohnehin äußerst finanzschwachen kleinen Kommunen mit unter 7 500 Einwohnern setzen Sie dieses Zeichen. Der Städte- und Gemeindebund erklärte dazu in der Anhörung:
„Bezogen auf die Mittelzentren halten wir den vorgesehenen Festbetrag von 800 000 Euro als Mehrbelastungsausgleich in keiner Weise für gerechtfertigt, sondern halten diese Absicht für eine ansatzweise Schädigung der horizontalen Finanzverteilung. Dabei wird sich diese Schädigung zulasten aller übrigen Städte und Gemeinden noch potenzieren, weil ein Teil der Mittelzentren gleichzeitig zu den Gemeinden gehört, die als regionale Wachstumskerne besonders gefördert werden. Wir regen deshalb an, die Förderung ausschließlich in Abhängigkeit der Einwohnerzahlen und der jeweiligen Steuerkraft auszugestalten und die insofern frei werdenden Mittel den besonders benachteiligten Grund- und Kleinzentren zukommen zu lassen.“
Der Städte- und Gemeindebund erklärte weiter, dass landesweit insgesamt 84 Städte und Gemeinden durch die Regelungen des vorliegenden Gesetzentwurfs finanziell geschädigt würden und den beabsichtigen Eingriff haushaltswirtschaftlich nicht steuern könnten. Auch hierzu möchte ich wörtlich zitieren:
„Hier sehen wir ganz erhebliche Risiken, insbesondere im berlinfernen Raum, die vermeidbare Infrastrukturprobleme auslösen und damit weitere Wanderungsbewegungen provozieren werden. Die betroffenen Gemeinden werden selbst diejenigen Aufgaben, die alle Gemeinden ohnehin zu erfüllen haben, nicht mehr finanzieren können. Daran wird auch der Umstand nichts ändern, dass für einen Teil der Aufgaben ein Sonderlastenausgleich gebildet wird. Darüber hinaus ist festzustellen, dass bereits jetzt viele Grund- und Kleinzentren ihre Konsolidierungspotenziale ausgeschöpft haben und durch die Kürzungswirkungen von bis zu 500 000 Euro in eine aussichtslose Finanzsituation verfallen werden.“
Zu den Verlierern werden laut Aussagen des Städte- und Gemeindebundes allein 58 bisherige Grundzentren und 26 bisherige Kleinzentren gehören.
Nur wer vorsätzlich oder fahrlässig darauf hinarbeitet, das Ausbluten unseres Landes, besonders in den berlinferneren Regionen, weiter zu beschleunigen, kann dem vorliegenden Gesetzentwurf zustimmen. Wir als DVU-Fraktion wollen das hingegen nicht und werden den Gesetzentwurf vollinhaltlich ablehnen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die vorliegende FAG-Änderung geht auf eine Zusage, die wir gegeben haben, zurück. Das DIW hat die Hauptansatzstaffel überprüft und seine Empfehlungen gegeben. Der vorliegende Gesetzentwurf greift diese auf. Mit der Verabschiedung stellen wir sicher, dass die Empfehlungen des Gutachters schnell umgesetzt werden. Die gemachte Zusage, den kommunalen Finanzausgleich verlässlich und angemessen zu gestalten, wird vom Land gehalten.
In der Anhörung haben wir Kritik am Gesetzentwurf gehört. Nicht kritisiert wurde, dass wir schnell handeln und noch in diesem Jahr nachsteuern. Naturgemäß gibt es immer Kritiker, die zeigen, warum es zu wenig Geld gibt. Der Finanzminister hat seine Berechnung dargelegt. Sie ist nachvollziehbar und hält sich an die Bewertung des Gutachters. Andere Berechnungen sind möglich, aber nicht zwingend.
Manches kann man anders sehen, zum Beispiel die Wirkung der kommunalen Entlastungsgesetze. Ich habe aber nur - das finde ich bedauerlich - Kritik an der Höhe des angesetzten Betrages gehört. Es wurde gesagt, dass die Wirkungen nicht in der prognostizierten Höhe eingetreten seien. Das hat Ursachen. Wir konnten mit den kommunalen Entlastungsgesetzen einen Rahmen schaffen, den die Kommunen auszufüllen hatten. Insoweit gibt es nach wie vor Unterschiede bei der Nutzung der Potenziale. Wer Möglichkeiten, die der Landesgesetzgeber geschaffen hat, nicht nutzt, sollte dies nicht dem Land anlasten.
Kommunalpolitiker verstehen gelegentlich Selbstverwaltung als Einbahnstraße: Der Segen kommt von den Politikern vor Ort, und die Lasten und Leiden werden in Potsdam verursacht. - So ist das aber nicht.
„Die brandenburgischen Gemeinden gaben mit 588 Euro pro Kopf überdurchschnittlich viel für Personal aus.“
Ursache sind vergleichsweise höhere Einstufungen. Mit diesen Mehrausgaben wird also nicht einmal der Arbeitsmarkt entlastet.
„Tatsächlich werden in Brandenburg überdurchschnittlich viele Einrichtungen in öffentlicher Trägerschaft geführt.“
Die brandenburgischen Gemeinden leisten sich im Bereich der Kindertagesstätten erhebliche Mehrausgaben im Vergleich zu den anderen ostdeutschen und erst recht zu den westdeutschen Ländern.
„Alles in allem zeigt sich, dass das Niveau der sozialen Leistungen, die den Gemeinden in Brandenburg zur Verfügung gestellt werden, höher als anderswo ist.“
Ich empfehle nicht die Abschaffung der Leistungen, aber positive Erfahrungen lehren, dass beispielsweise die Veränderung der Kita-Trägerschaft Einsparungen ohne Leistungseinschränkungen ermöglicht. Solche Veränderungen sorgen für Spannungen in den Kommunen, und denen geht man allzu gern aus dem Weg.