Protokoll der Sitzung vom 22.11.2006

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir müssen bei der Entwicklung der Steuereinnahmen in der Bundesrepublik die drei Ebenen Bund, Länder und Kommunen auseinanderhalten. Geschieht dies, Herr Theel, stellen wir fest, dass hinsichtlich der Dynamik der Steuerentwicklung die Kommunen an erster, die Länder an zweiter und der Bund an dritter Stelle liegen. Diese Feststellung gehört zur Redlichkeit. Das ist keine Hurra-Meldung, sondern ein Fakt, den man berücksichtigen muss.

Für die Kommunen in Brandenburg werden 2006 737 Millionen Euro eigene Steuereinnahmen prognostiziert, 47 Millionen Euro mehr, als noch bei der Frühjahrssteuerschätzung. An den Gemeinschaftssteuern partizipieren die Brandenburger Kommunen mit 355 Millionen Euro. Das sind 26 Millionen Euro mehr, als im Frühjahr prognostiziert wurden. Für 2006 ergeben sich also Mehreinnahmen von insgesamt 73 Millionen Euro.

Für 2007 wird mit 736 Millionen Euro eine Verstetigung auf diesem Niveau erwartet. Insbesondere aufgrund der Mehrwertsteuererhöhung wird aber der Anteil der Kommunen an den Gemeinschaftssteuern auf 391 Millionen Euro und damit deutlich steigen. Gegenüber der Steuerschätzung vom Frühjahr ergibt sich ein Plus von 81 Millionen Euro.

Zusätzlich partizipieren die Gemeinden über die Verbundquote an den Steuereinnahmen des Landes. Nach der Schätzung sind es im nächsten Jahr 31,7 Millionen Euro mehr. Die Koalitionsfraktionen werden dies im Rahmen der Haushaltsberatungen berücksichtigen und entsprechende Änderungsanträge stellen; so lauten zumindest die Absprachen. Über den Familienleistungsausgleich kommen noch einmal 1,4 Millionen Euro hinzu.

Das alles ist eine erfreuliche Entwicklung, die uns zwar nicht zu Hurrarufen veranlasst, die aber die Gestaltungsmöglichkeiten der Kommunen deutlich verbessert.

Wir haben mit dem Bund über dessen Beteiligung an den Kosten der Unterkunft gestritten. Über die zugesagten ca. 2,5 Milliarden Euro Entlastung der kommunalen Ebene ist viel diskutiert worden; wir haben eine Verständigung erreicht. Sie wissen, der Bund hatte im Haushaltsplan eine Größenordnung von 19 % zugrunde gelegt. Wir sind bei 31,2 % für alle Länder übereingekommen; für zwei Länder, für Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg, gibt es etwas mehr, weil sie stärker betroffen sind. Bei den Kosten der Unterkunft gibt es also eine deutliche Verbesserung gegenüber dem, was zu befürchten war.

Herr Theel, es liegt weder an einem Verschulden des Bundes noch der Landesregierung, dass die Kosten steigen, dass das Heizöl teurer wird; vielmehr sind dies Entwicklungen, mit denen Kommunen umgehen müssen und mit denen auch das Land umzugehen hat. Es muss sich darauf einstellen, dass bestimmte Entwicklungen stattfinden. Ein Blick in die Zukunft bei den SoBeZ zeigt, dass es ab 2009 in 100-Millionen-Schritten heruntergehen wird. Dies betrifft dann die Kommunen jeweils mit 40 %; das ist der feste Anteil, der den Kommunen über das FAG zusteht. Also werden sich die Kommunen auch darauf einstellen müssen, dass aus dem, was der Bund zur Verfügung stellt, jährlich ca. 40 Millionen Euro weniger an Inves

titionsmitteln durchgereicht werden. Diese Einschätzung zwingt dazu, immer wieder festzustellen, dass die Kommunen an ihrem Kurs der Konsolidierung festhalten müssen.

Wir stellen nach wie vor fest, dass die Kommunen in Brandenburg sowohl im bundesweiten als auch im ostdeutschen Vergleich höhere Personalaufwendungen und höhere Sachkosten aufweisen. Vor diesem Hintergrund ist es notwendig, an dieser Stelle zu sagen: Diese Entwicklung hilft auch, den Gestaltungsspielraum der Kommunen im investiven Bereich zu verbessern, aber sie entlastet überhaupt nicht von der Aufgabe, die Haushalte auch weiterhin in Ordnung zu bringen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU)

Die Linkspartei.PDS-Fraktion erhält noch einmal das Wort; es spricht der Abgeordnete Theel.

(Zuruf von der SPD: Hat das vorhin nicht gereicht?)

Alles bleibt, wie es ist. - Das ist die heutige Botschaft nach außen. Die Kommunen dürfen damit rechnen, dass wir ihnen sagen: Ihr habt nicht so viele Schulden wie Kommunen in anderen Ländern; deshalb machen wir etwas, was nicht gemacht werden darf! - Denn Landespolitik hat die Aufgabe, den Kommunen für die Arbeit, die von ihnen geleistet wird, das nötige Geld zur Verfügung zu stellen. Die Kommunen müssten aus politischer Sicht auf null kommen, weil die Zuweisung von Aufgaben in den letzten Jahren nie dazu geführt hat, dass ihnen ein höheres Finanzvolumen zur Verfügung gestellt worden ist. Die Kommunen sind nach wie vor benachteiligt.

(Zuruf der Abgeordneten Funck [CDU])

- Sparen ist völlig richtig. Ich kenne mich da aus; ich weiß, wie man es macht, wie man richtig spart. Das Weglegen von Geld ist kein Sparen; das bringt nichts. Geld muss angelegt werden: für Wertschöpfung, für Arbeit, für Investitionen, für Bildung. Dann hat es sich gelohnt, Geld umzulenken. Es wegzulegen, es dort wegzunehmen, wo es fehlt, bringt gar nichts. Das Land spart seit Jahren bei den Kommunen.

Eine letzte Bemerkung zu der gelobten Aktion der Landesregierung. Sie gibt 2 Millionen Euro zum Ausgleich für die ausgefallenen Regionalisierungsmittel, 2 Millionen Euro für die Bestellung eines Busses. Sie wissen, dass das nur ein Bruchteil dessen ist, was gebraucht werden würde, um diesen Ausfall auszugleichen. Wir setzen also Mobilität in den ferneren Regionen aufs Spiel. Mit 2 Millionen Euro ist hier nichts getan. Ich bedanke mich.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Das Wort erhält noch einmal die CDU-Fraktion. Es spricht der Abgeordnete Petke.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Die Bundesregierung unter Kanzlerin Angela Merkel ist heute ein Jahr im Amt.

(Beifall des Abgeordneten Krause [Die Linkspartei.PDS])

Wenn man die Ergebnisse ihrer Arbeit zusammenfasst, so zeigt sich: Unser Land hat mehr Arbeitsplätze, mehr Wachstum, mehr Steuereinnahmen, weniger Arbeitslose und weniger neue Schulden.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU sowie bei der Linkspar- tei.PDS)

- Ich habe damit gerechnet, dass die Linkspartei diese guten Nachrichten für Deutschland und für Brandenburg nicht als solche ansieht, aber das sind einfach die Daten, die uns das Statistische Bundesamt und andere übermitteln. So ist die Lage. Es liegt nun einmal in der Natur der Opposition, dass Sie ein Interesse daran haben und einen wesentlichen Beitrag dazu leisten zu negieren, dass die Lage besser ist als die Stimmung. Ich würde Sie auffordern, nicht so weiterzumachen, aber ich glaube, diese Aufforderung würde ungehört verhallen.

(Frau Osten [Die Linkspartei.PDS]: Machen Sie nicht weiter so!)

Diese Bundesregierung arbeitet gut; sie ist gut für das Land und vor allen Dingen für unsere Städte, Gemeinden und Landkreise in Brandenburg. Insgesamt ist Deutschland auf einem guten Weg, aber wir sollten nicht den Fehler machen, wie es im Jahr 2000 einmal passiert ist, als damals ebenfalls stark steigende Steuereinnahmen dazu führten, dass die Regierenden davon ausgingen, dies werde dauerhaft so bleiben. Sie hatten nicht damit gerechnet, dass diese Entwicklung sehr schnell zu Ende gehen würde.

Wir sollten nicht den Fehler machen, damit zu rechnen, dass diese steigenden Einnahmen dauerhaft, also auch noch in vier, fünf, sechs, oder sieben Jahren, erzielt werden. Wir müssen jetzt die richtigen Weichenstellungen vornehmen. Insofern ist die geäußerte Absicht richtig, dass wir in Brandenburg Mehreinnahmen für den Abbau der Verschuldung nutzen, um auch etwas für die Generationengerechtigkeit in Brandenburg zu erreichen.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Das Gleiche tut übrigens der Bund. Die Mehrwertsteuererhöhung ab 1. Januar 2007 um immerhin 3 % werden wir alle zu spüren bekommen. Dies wird selbstverständlich bei den Menschen auch zu Ablehnung und Kritik führen, so wie heute vor dem Landtag.

(Krause [Die Linkspartei.PDS]: Zu Recht!)

Aber man muss immer an Folgendes erinnern: Ein Prozent davon wird zur Senkung der Lohnnebenkosten verwandt werden, ein weiteres Prozent, um die Nettoneuverschuldung zu reduzieren, während das dritte Prozent unter anderem dem Land Brandenburg und seinen Städten, Gemeinden und Landkreisen zugute kommt. Insofern gibt es gute Gründe für diese Mehrwert

steuererhöhung. Auch sie wird einen Beitrag dazu leisten, dass unsere Haushalte wieder ins Lot kommen.

Kommen wir zur Situation unserer Kommunen in Brandenburg. Selbstverständlich befinden sich die Kommunen in Ostdeutschland insgesamt hinsichtlich ihrer Einnahmen und Ausgaben in einer speziellen Situation. Unsere Kommunen haben eine unterdurchschnittliche Wirtschaftskraft, zumindest verglichen mit den Kommunen der alten Bundesrepublik. Sie sind überproportional von den Schlüsselzuweisungen abhängig. Insofern ist es vollkommen berechtigt, wenn darauf hingewiesen wird, dass das Land eine enorme Verantwortung für den kommunalen Finanzausgleich hat.

Aber ist es denn richtig, Kollege Theel, zu behaupten, wir nähmen diese Verantwortung im kommunalen Finanzausgleich falsch wahr? In diesem Punkt widerspreche ich Ihnen ausdrücklich. Das Land ist sich seiner Verantwortung bewusst; die Kolleginnen und Kollegen in der Landesregierung, aber auch die Mehrheit hier im Landtag sind sich dieser Verantwortung bewusst. Ich erinnere daran, dass wir in der Vergangenheit nicht nur über die neue Struktur des damaligen Gemeindefinanzierungsgesetzes, des jetzigen Finanzausgleichsgesetzes, gesprochen haben, sondern dass wir in der Koalition auch Dinge eingebracht haben, während Sie sich immer danebengestellt und uns kritisch und ablehnend begleitet haben,

(Krause [Die Linkspartei.PDS]: Aus gutem Grund!)

aber leider keinen tatsächlichen Beitrag dazu geleistet haben - wie es sich für eine Opposition ebenfalls gehört -, wie es mit der kommunalen Entwicklung weitergehen soll.

Ich erinnere an die Gesetze zur Gemeindegebietsreform. Sie waren überfällig; das Problem musste gelöst werden, auch vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung. Man stelle sich vor, Innenminister Jörg Schönbohm und die Koalition hätten dies in der letzten Legislaturperiode nicht geschafft: Wir hätten heute in weiten Teilen des Landes eine dramatische Situation. Sie standen abseits, Sie haben das abgelehnt und leider keinen Beitrag zu dieser Diskussion geleistet.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU - Widerspruch bei der Linkspartei.PDS)

Ein Zweites betrifft andere Bereiche; dabei geht es um Bürokratieabbau und die Entlastung von Kommunen. Wir hören hier in der Diskussion immer, da müsse etwas passieren. Aber wenn etwas geschieht, wenn die Regierung ankündigt, Leistungen kürzen und Standards senken zu wollen, dann höre ich jedes Mal von der Opposition, zumindest von der Linkspartei, dies sei nicht möglich.

(Frau Osten [Die Linkspartei.PDS]: Sie wissen doch überhaupt nicht Bescheid!)

- Kollegin Osten, Sie sind ein besonders beredtes Beispiel für diese Doppelzüngigkeit der Linkspartei. Auf der einen Seite kritisieren Sie, das Land spare nicht genug, wir müssten da mehr Druck machen;

(Frau Osten [Die Linkspartei.PDS]: Sie sparen ja über- haupt nicht!)

auf der anderen Seite bleiben Sie jeden belastbaren inhaltlichen Vorschlag schuldig, wenn es darum geht, tatsächliche Einsparleistungen zu erbringen. Ich freue mich schon darauf - vielleicht ist es nicht ganz das richtige Wort -, morgen in der Zeitung zu lesen, was Ihre Kolleginnen und Kollegen heute den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des öffentlichen Dienstes auf der Demonstration sagen, was Sie ihnen versprechen und zu welchen Punkten Sie ihnen Sand in die Augen streuen werden. Das deckt sich dann eben nicht mit dieser Diskussion.

Meine Damen und Herren, die Nachrichten sind gut. Dies sollte uns aber nicht dazu verleiten zu glauben, die Nachrichten würden dauerhaft gut bleiben. Wir müssen jetzt auf der Landes- und auf der kommunalen Ebene die Hausaufgaben machen. Das Geld, das wir mehr einnehmen, sollten wir dafür verwenden, die Verschuldung abzubauen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Für die Fraktion der SPD spricht der Abgeordnete Schippel.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Theel, ich konnte vieles von dem, was Sie hier gesagt haben, nicht nachvollziehen. Es gibt einige feste Regeln, an die wir uns zu halten haben. Wir haben einen Symmetriebericht, wo amtlich-gutachterlich festgestellt wird, was den Kommunen zusteht. Das erfüllen wir. Wir haben eine Verbundquote, nach der die Kommunen entsprechend beteiligt werden, im Übrigen an dem Steueraufkommen mit 20 %. Das erfüllen wir. Dass wir darüber hinaus als Land nicht einen Cent zu verschenken haben, muss man ehrlicherweise dann auch sagen.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Wir erfüllen unsere gesetzlichen Verpflichtungen gegenüber den Kommunen, und damit hat es sich an dieser Stelle.

(Zuruf von der Linkspartei.PDS: Das muss das Verfas- sungsgericht entscheiden!)

Ich will auf drei grundsätzliche Dinge eingehen, die die Kommunalfinanzen betreffen. Das sind erstens die unbestreitbaren Mehreinnahmen der Kommunen aus Steuern und Nachzahlungen des Landes. Im Gegensatz zu dem, was Sie gesagt haben, verführen uns diese nicht zu einem Lob oder Ähnlichem. Sie verführen uns auch nicht zu der Annahme, dass sich die Lage der Kommunen wesentlich gebessert hätte. Wir nutzen die gleiche Argumentation, die der Finanzminister zu Recht nutzt, bei der Frage des Umgangs mit steuerlichen Mehreinnahmen. Dies gilt auch für die Kommunen. Da geht es allerdings nicht um die Absenkung der Nettokreditaufnahme, es geht um nichtgenehmigte Haushalte, Kassenkredite etc. Insofern ist das Ergebnis der Steuerschätzung eine kleine Atempause, mehr nicht.

Da ist zum Zweiten die Frage, ob in Zeiten knapper Kassen von Land und Kommunen Grundsätze und Regeln im Umgang miteinander nicht hilfreich, ja sogar erforderlich sind, wenn man diese schwierige Zeit gemeinsam gestalten will. Eine gute und verlässliche Regelung ist das Konnexitätsprinzip, wie die Kollegin Funck ausgeführt hat. Liebe Kollegen, ich bedaure, dass