Protokoll der Sitzung vom 24.11.2004

Bitte keine Zwiegespräche führen, sondern Nachfragen stellen!

Sie stimmen mir also insofern zu, dass die Verallgemeinerung, dass die Ausländer uns Deutsche verachten, nicht zutrifft? Sie beziehen das auf diesen einzelnen Imam?

Diese Verallgemeinerung habe ich nicht vorgenommen; sie wäre auch falsch. Ich habe mich auf bestimmte Wohnquartiere bezogen und Ihnen eben ein Beispiel genannt.

Es ist also ein Beispiel, okay.

Die nächste Nachfrage stellt Herr Dr. Scharfenberg.

Sie haben jetzt zum Ausdruck gebracht, dass Pauschalisierungen eine Gefahr darstellen und vermieden werden müssen. Gestern haben Sie die Ablösung des brandenburgischen Verfassungsschutzchefs bekannt gegeben. Heute ist in den Zeitungen zu lesen, die Ablösung sei auch auf Differenzen hinsichtlich der Schwerpunktsetzung der Arbeit des Verfassungsschutzes - Kampf gegen Rechtsextremismus und Ausländerextremismus - zurückzuführen. Können Sie bestätigen, dass dies der Hintergrund für die Ablösung ist?

Diese Frage bezieht sich nicht mehr auf das Thema „Abendland und Toleranz“ wenn ich das richtig verstehe. Ich beantworte die Frage trotzdem gern.

Dies steht Ihnen frei.

Die Vermutung, die Sie haben, ist falsch.

Da die Landesregierung immer Rederecht hat, darf der Ministerpräsident abschließend sprechen.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Weil Frau Enkelmann nach der Meinung der Landesregierung gefragt hat, möchte ich, damit es keine Unklarheiten gibt, deutlich sagen: Die Landesregierung steht erstens ganz klar auf dem Standpunkt - das hat Kollege Schönbohm eben sehr deutlich zum Ausdruck gebracht - , dass Menschen, die in unser Land kommen und hier leben wollen, die Pflicht haben, die deutsche Sprache zu erlernen.

Wir stehen zweitens ganz klar auf dem Standpunkt, dass die Menschen, die hierher kommen und hier leben wollen, die Pflicht haben, die Regeln unserer Gesellschaft anzuerkennen und nach ihnen zu leben.

Wir stehen drittens ganz klar auf dem Standpunkt, dass unsere Gesellschaft die Pflicht hat, nicht nur über Integration zu reden, sondern auch Integrationsleistungen anzubieten und zu erbringen. Das ist eine tagtägliche Anstrengung.

Vieles von dem, was wir heute beklagen, ist auch darauf zurückzuführen, dass wir, die deutsche Gesellschaft, es uns an vielen Stellen zu bequem gemacht und Zustände zugelassen haben, die eigentlich nicht hinnehmbar sind. Die Medaille hat immer zwei Seiten; das gehört zur Wahrheit und das muss man auch klar sagen.

Die Landesregierung - auch dies hat Kollege Schönbohm eben sehr deutlich gesagt - vertritt den Standpunkt, dass eine Gesellschaft, die nicht tolerant und nicht weltoffen ist, ihre eigene Entwicklung verspielt, keine Entwicklungschance hat.

Frau Enkelmann, wir sollten mit dem Begriff „Toleranz“ sehr vorsichtig umgehen. Sie haben gesagt, das Christentum gebe es nur, weil es hier Toleranz gegeben habe. Ich erinnere Sie: Die Zeit liegt noch gar nicht so weit zurück, als Intoleranz in unseren Breiten dazu geführt hat, dass es beinahe kein Christentum mehr gegeben hätte. Auch das gehört zur historischen Wahrheit. - Danke schön.

(Beifall bei SPD und CDU)

Danke, Herr Ministerpräsident. - Bevor wir die Sitzung fortsetzen, begrüße ich unsere Dauergäste und die Besuchergruppen, die uns heute ihre Aufmerksamkeit widmen. Ich begrüße auch die Kollegen in Uniform, die der LESE Cottbus angehören und heute nicht dienstlich, sondern aus reinem Interesse an der Debatte hier sind. Herzlich willkommen!

(Allgemeiner Beifall)

Zur Vermeidung von Nachfragen und Irritationen teile ich

Ihnen mit, dass der Abgeordnete Görke seine mündlichen Anfragen 60 und 69 getauscht hat. - Wir setzen die Fragestunde mit der Frage 30 („Abzock- Polizei“?) fort. Der Abgeordnete Bochow hat das Wort.

Die brandenburgische Polizei hat den Verfolgungsdruck auf Temposünder im Straßenverkehr spürbar erhöht. Presseberichten zufolge soll es unter anderem im Schutzbereich Potsdam sogar Zielvorgaben für Polizeibeamte im Hinblick auf die Bußgeldeinnahmen, zum Beispiel 175 Euro pro Tag, geben.

Ich frage: Kann die Landesregierung mit Sicherheit ausschließen, dass solche Zielvorgaben formuliert worden sind?

Danke. - Bitte, Herr Innenminister.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Bochow, es gibt trotz sinkender Unfallzahlen nach wie vor eine zu hohe Zahl von Verletzten und Toten im Straßenverkehr. Des Weiteren konstatieren wir eine schlechte Verkehrsdisziplin zahlreicher Verkehrsteilnehmer.

Darum verfolgt die Polizei mit ihrem stark repressiv ausgerichteten Verkehrsunfallbekämpfungskonzept seit Jahren das Ziel, rücksichtsloses, aggressives Fahren und gefährliches Verhalten im Straßenverkehr zu verhindern.

„Abzocke“ - wie von Ihnen befürchtet - ist weder Gegenstand noch Ziel. Laut Duden bedeutet „Abzocke“: Jemanden auf betrügerische Art um sein Geld bringen. Das ist mit Ihrer Anfrage natürlich nicht gemeint.

Ziel der Brandenburger Polizei ist es, durch eine flächendeckende und verstärkte Verkehrsüberwachung die Verkehrsteilnehmer zu einem besseren Verkehrsverhalten zu bewegen. Ohne eine verstärkte Verkehrsüberwachung im Rahmen des „Integrierten Verkehrssicherheitsprogramms 2004“ ist das erklärte Ziel der Landesregierung, die Zahl der Verkehrstoten und die Zahl der Personenschadensfälle bis zum Jahr 2010 jährlich um 5 % zu reduzieren, nicht zu erreichen.

Trotz einer insgesamt positiven Verkehrsunfallentwicklung haben wir bezogen auf 1 Million Einwohner noch immer die zweithöchste Belastung in der Bundesrepublik. Durch die Verkehrsüberwachung soll über die Erkennung und konsequente Sanktionierung von Regelverstößen eine gezielte nachhaltige Bewusstseins und Verhaltensänderung

herbeigeführt werden.

Schwerpunkte dieser Arbeit waren insbesondere das Einführen des Flächendrucks durch verstärkte flächendeckende Verkehrsüberwachung, eine erhöhte Anhaltequote durch die Polizei bei festgestellten Ordnungswidrigkeiten sowie das unmittelbare Sanktionieren von Verstößen bei Verkehrsteilnehmern im Verwarngeldbereich. Die Umsetzung des Konzeptes führt dazu, dass mehr Ordnungswidrigkeiten festgestellt werden.

Zugleich haben wir im Rahmen der Polizeireform, wie in anderen Bereichen auch, Zielvereinbarungen zwischen dem

Ministerium und den Präsidien sowie zwischen den Präsidien und den Schutzbereichen getroffen. Wir haben eine Zielvereinbarung zur Senkung der Zahl der Verkehrsunfälle mit Personenschaden getroffen, die am 31.12. dieses Jahres endet.

Im Rahmen dieser Zielvereinbarung wurden durch die Polizeipräsidien weitere Zielvereinbarungen mit den nachgeordneten Schutzbereichen getroffen. Betragsmäßige Vorgaben im Hinblick auf Bußgeldeinnahmen, die „eingespielt“ werden sollen, sind nicht gemacht worden. Es bleibt aber bei der Zielvorstellung, das Verkehrsunfallgeschehen so zu beeinflussen, dass die Zahl der Verkehrsunfälle um 5 % pro Jahr abnimmt.

Herr Abgeordneter Bochow hat eine Nachfrage. Bitte.

Herr Minister, meine Nachfrage bezieht sich auf die Zielvorgabe von 175 Euro pro Tag. Handelt es sich um eine Falschmeldung, dass dieser oder ein anderer Betrag von jedem Beamten in den Schutzbereichen einzubringen ist?

Mir ist berichtet worden, dass dies in einem Schutzbereich missverständlich aufgenommen wurde. Das Missverständnis ist ausgeräumt worden. Die von Ihnen genannte Zielvorgabe ist also nicht Gegenstand der Aufgabenstellung.

(Bochow [SPD]: Ja oder nein?)

- Ich kann Ihnen nicht sagen, ob es umgesetzt ist.

Ich danke für die Beantwortung und bitte darum, keine Zwiegespräche zu führen.

Es folgt Frage 31 (Vorläufige Haushaltsführung), gestellt von der Abgeordneten Osten. Bitte sehr.

Der Finanzminister teilte dem Ausschuss für Haushalt und Finanzen auf Anfrage mit, dass die abschließende Haushaltsdebatte für das Jahr 2005 im Landtag erst für Mai 2005 geplant ist. Die damit verbundene vorläufige Haushaltsführung bringt erhebliche Unsicherheiten für die Vorbereitung und Durchführung von Investitionen, für die Arbeit aller Zuwendungsempfänger sowie für alle Projekte mit Mischfinanzierungen mit sich.

Ich frage deshalb die Landesregierung: Welche Vorkehrungen werden getroffen, um für das erste Halbjahr 2005 die planmäßige Arbeit aller landesfinanzierten Aktivitäten zu sichern?

Danke. - Der Finanzminister antwortet.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Abgeordnete Osten, eine Vorbemerkung: Mir wird

allerhand nachgesagt, aber es steht mir fern, festzulegen, wann der Landtag tagt und mit welchem Thema er sich befasst. Ich habe lediglich dargelegt, wann es nach meinem Dafürhalten zur abschließenden Lesung des Haushalts kommen kann. Die Mitglieder der Landesregierung haben vereinbart, am kommenden Montag eine Haushaltsklausur durchzuführen; das ist dem Ausschuss mitgeteilt worden. Es wird wahrscheinlich Ende Januar/Anfang Februar eine entsprechende Beschlusslage der neu formierten Landesregierung vorliegen.

In der Verfassung ist für den Fall, dass ein Haushalt nicht vorliegt, Vorsorge getroffen worden. Artikel 102 stellt sicher, dass die Erfüllung der dem Land obliegenden unabdingbaren Aufgaben trotz des fehlenden, von der Legislative durch Gesetz festgestellten Haushaltsplans möglich ist. Diese Bestimmung gewährleistet einerseits die Handlungsfähigkeit der Exekutive im erforderlichen Umfang und garantiert durch Beschränkungen andererseits, dass der Legislative noch ein Entscheidungsspielraum für das Haushaltsjahr, das schon begonnen hat, verbleibt.

Sie wissen, dass für die Fortführung des Geschäftsbetriebs von Zuwendungsempfängern Regeln gelten. Diese sind in der Vergangenheit angewandt worden; das wird auch für das kommende Jahr so praktiziert werden. Die Formulierung „planmäßige Arbeit“ ist insofern zu relativieren, als nicht planmäßig gearbeitet werden kann, wenn es keinen Plan gibt. Wir werden uns allerdings bemühen, den Haushaltsentwurf so zügig wie möglich vorzulegen sowie begleitend für eine zügige Behandlung des Haushalts in den Ausschüssen des Landtags zur Verfügung zu stehen. - Vielen Dank.

Herr Minister, Frau Osten hat eine Nachfrage.

Herr Präsident, ich habe drei Nachfragen:

Das Landesparlament kann die Landesregierung bei Haushaltsberatungen natürlich nicht überholen; das wissen wir.