Protokoll der Sitzung vom 23.11.2006

beiten. Das ist ein Prozess, in den sich jeder einbringen muss, um dies letztlich zu befördern.

Sie haben den Gedanken der Hilfesysteme angesprochen - diese halte ich allerdings auch für sehr notwendig -, die der Schule zur Verfügung stehen, um ihre Aufgabe, nämlich ein gutes Klima zu schaffen, Formen des Dialogs zu finden und auf vielfältige Weise das Thema Gewalt zu behandeln, zu lösen. Sie brauchen diese Hilfesysteme. Aber in den Schulen muss auch der Wille wachsen, diese Hilfesysteme in Anspruch zu nehmen. Das wiederum setzt voraus, dass das Problem erkannt und die Problemlösung wirklich gewollt wird. Aber das ist nicht an allen Stellen so. Ich zähle einmal auf, was es alles an Möglichkeiten im Land Brandenburg gibt, Hilfesysteme in Anspruch zu nehmen. Es gibt Qualifizierungsangebote für Personal an Schulen, was direkt am Ort stattfindet. Wir haben das Beratungssystem Schule bei allen Schulämtern unter Einbeziehung von Schulpsychologen. Es gibt Landesförderung der präventiven Arbeit an Schulen. Es sind sieben Projekte benannt, die bei freien Trägern angesiedelt, die evaluiert worden sind und denen ein hohes Niveau bescheinigt wurde.

Es gibt Informationsmaterial für Lehrer und, und, und. Das steht eigentlich auch in der Antwort der Landesregierung vom 04.08.2005. Herr Krause hat am 26.04.2006 eine Antwort bekommen, in der all das aufgeführt ist.

Ich meine auch heute: Ein Konzept wird uns da nicht weiterhelfen. Wenn Ihnen das Thema so wichtig ist, dann ist die SPDFraktion, glaube ich, die Letzte, die sagen würde, dass wir es nicht im Ausschuss behandeln. Wenn Sie das Thema denn einmal auf die Tagesordnung gesetzt hätten! Das haben Sie nicht getan. Nicht ein Mal kam von der PDS-Fraktion der Antrag, sich mit dieser Problematik im Ausschuss zu befassen. Ich biete Ihnen ausdrücklich an, dieses Thema ausführlich im Ausschuss zu behandeln. Dort können wir alle Fragen ganz in Ruhe bereden. Ich rufe Sie auf, den Antrag dazu zu stellen, sonst tun wir es.

(Beifall bei der SPD)

Die Abgeordnete Fechner setzt für die DVU-Fraktion fort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor gar nicht allzu langer Zeit beglückte uns die Linkspartei.PDS mit einem ähnlichen Antrag. Damals forderten die linken Genossen ein Konzept für gewaltfreie Schulen im Land Brandenburg. Heute fordern sie ein Maßnahmenpaket für gewaltfreie Schulen im Land. Das Ziel der Genossen ist edel. Man möchte die Gewalt an Schulen eindämmen. Dass sich die PDS wieder einmal verbal zur Gewaltfreiheit bekennt, ist auch nichts Neues. Dass Worte und Taten bei den linken Genossen nicht immer übereinstimmen, hatte ich während meines letzten Redebeitrags zu Ihrem ähnlich gelagerten Antrag bereits ausführlich ausgeführt. Das zu wiederholen erspare ich mir.

Meine Damen und Herren, es wird Sie nicht sonderlich verwundern, dass die DVU-Fraktion diesen Antrag ablehnen wird. Nicht etwa mit der Begründung, dass wir den Genossen Unehr

lichkeit unterstellen, was die Einstellung zur Gewalt anbelangt; wir lehnen den Antrag auch nicht ab, weil wir der Meinung sind, dass es sich hier um parteipolitische Propaganda handelt; nein, das sind nicht die Gründe, weshalb die DVU-Fraktion diesen Antrag ablehnen wird. Wir sind ganz einfach der Meinung, der Antrag geht nicht weit genug. Was ist zum Beispiel mit der zunehmenden Gewaltbereitschaft im Sport, speziell bei Fußballspielen? Was ist mit der häuslichen Gewalt? - In der vergangenen Nacht wurden die Geschäftsräume der DVUFraktion und das Bürgerbüro meiner Kollegin Liane Hesselbarth verwüstet. Auch das ist ein Fall von Gewalt, meine Damen und Herren.

Für all diese Bereiche bräuchten wir Maßnahmenkataloge. Doch selbst, wenn die Landesregierung einen solchen von der PDS geforderten Maßnahmenkatalog erstellen sollte, was wäre der Inhalt? - Noch mehr Schulpsychologen und Sozialarbeiter,

(Krause [Die Linkspartei.PDS]: Von denen haben wir ja schon so viele, nicht wahr, Frau Fechner?)

noch mehr Weiterbildungsangebote für Lehrer, noch mehr Geld für Antiaggressionsübungen? - Der Staat ist finanziell schon längst an seine Grenzen gestoßen, was die Kosten für Reparaturarbeiten anbelangt; so sagt es Herr Platzeck, und wir teilen seine Meinung. Hier hilft nur radikales Umdenken. Statt mit immer mehr Maßnahmen die Ergebnisse des gesellschaftlichen Werteverfalls eindämmen zu wollen, sollten wir lieber die Ursachen bekämpfen. Ursachen gibt es leider sehr viele, doch eine der Hauptursachen ist die hohe Arbeitslosigkeit. Hierauf, meine Damen und Herren von CDU, SPD und PDS, sollten Sie ihr Augenmerk zuallererst richten.

(Beifall bei der DVU)

Die Abgeordnete Hartfelder spricht für die CDU-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte an meine Kollegin Siebke anschließen. Das Klima an Schulen ist wichtig; das ist jedoch nicht alles. In einer Kleinen Anfrage an die Landesregierung von Herrn Senftleben wird auf die Ursachen abgestellt. Herr Krause, Sie sagten, es gebe viel mehr als die landläufig genannten Ursachen, und Killerspiele würden nicht dazugehören. - Ich meine schon, dass Killerspiele und auch Plastination ein Stück weit zur Gewaltbereitschaft von Kindern und Jugendlichen beitragen.

(Vereinzelt Beifall bei CDU und SPD)

Ich finde es richtig, dass der Minister die Schulen angewiesen hat, mit dem Thema Plastination in Guben sehr vorsichtig umzugehen. Ich bin nicht immer der Meinung unseres Ministers, aber in dieser Sache voll und ganz. Ich bin auch der Meinung, dass die Kontrolle über Videospiele viel zu wenig erfolgt. Es wird viel zu wenig beobachtet, was sich Kinder ansehen und womit sie spielen.

(Beifall bei der CDU)

Zu den Ursachen ein Zitat:

„Die Ursachen jugendlicher Gewalt lassen sich in einem Bündel kriminalitätsfördernder Faktoren ausmachen. Die Wesentlichen sind hierbei vor allem Folgende: Die im Kindesalter erlebte und miterlebte Gewalt, insbesondere im häuslichen Bereich, steht häufig mit einer späteren Jugend- und Erwachsenenkriminalität im Zusammenhang.“

Die Ministerin sagte mir eben, 75 % der Straftäter im jugendlichen Alter haben in der Kindheit, im Kleinstkindalter, Gewalt erlebt oder sind Opfer von Gewalt geworden, Herr Krause.

„Gruppenzwänge, ein unstrukturiertes Freizeitverhalten, Rollenunsicherheit, Erlebnishunger, veränderte Werte, Perspektiv- und Orientierungslosigkeit, Gewalt, die über Medien unkritisch als Mittel der Konfliktbewältigung konsumiert wird, führen nach kriminologischen Forschungen dazu, dass die Hemmschwelle gegenüber Gewaltanwendungen sinkt.“

Leider ist es so, aber der Staat wird es nicht richten können. Wir haben viele Maßnahmen ergriffen, wir sind auf einem guten und richtigen Weg. Genug wird es nie sein; da wird man immer Vorwürfen ausgesetzt sein. Ich glaube nicht, dass wir in Brandenburg davor gefeit sind, ein „zweites Erfurt“ zu erleben. Das wünscht sich keiner von uns.

Wenn wir in Brandenburg die Familien nicht so stärken, dass sie ihren Kindern ein Vorbild sind und die Kinder befähigen, ein gutes, eigenständiges Leben zu führen, werden wir dieses Problem auch nicht lösen.

Am 21.11. führte die „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ eine Umfrage durch. Den Stand von 16 Uhr möchte ich hier vortragen: Die Teilnehmer gaben zu der Frage, ob man Schulen vor Gewalttaten schützen könne, Folgendes an: 14 % „Ja, durch strenge Waffenkontrolle.“, 35 % „Nein, Verbrechen wird es leider immer wieder geben.“, 14 % „Ja, jede Schule braucht einen Sicherheitsdienst.“, 36 % „Nein, wenn Schulen keine Festungen werden sollen.“

Wir können einmal nach Amerika schauen. Wollen wir, dass an Schulen wie an Flughäfen kontrolliert und so eine Art Regime eingeführt wird?

Eine staatliche Maßnahme stelle ich mir positiv vor: die Verkleinerung von Schulen, sodass es an Schulen keine Anonymität gibt.

(Vereinzelt Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Das ist eine Maßnahme, die uns nach meinem Verständnis wirklich weiterhelfen würde. - Danke.

(Beifall bei SPD und CDU)

Für die Landesregierung spricht Minister Rupprecht.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Krause, ich will einen aktuellen Einstieg wählen. Es betrifft die heutige

Presse. Sie haben wahrscheinlich nur die „Märkische Allgemeine Zeitung“ gelesen. In den „Potsdamer Neuesten Nachrichten“ bin ich vollständig zitiert worden. Da heißt es: Ein Verbot allein reicht natürlich nicht aus. - Ich denke, wir sollten alles prüfen, was gesetzlich möglich ist, um die sogenannten Killerspiele vom Markt zu bekommen. Dass ein Verbot nicht der alleinige Weg sein kann, darin sind wir uns einig. Das reicht nicht aus, um solch schreckliche Vorfälle wie den in Emsdetten zu verhindern.

Zum Antrag: Als wir im Juni hier im Landtag zum letzten Mal über Gewalt an Schulen gesprochen haben, habe ich Sie gebeten, vor einer weiteren Bewertung die endgültigen Ergebnisse der brandenburgischen Jugendstudie abzuwarten.

Inzwischen liegen die Ergebnisse vor. Ein Aspekt der Studie umfasst auch das Thema Jugendgewalt. Verglichen wurden Befunde von 1999 und 2005. Dabei zeigten sich geringfügige Veränderungen. Die messbaren Veränderungen weisen aber auf eine auseinanderstrebende Entwicklung hin.

Der Anteil der Jugendlichen, die sich an Gewaltaktionen beteiligen, hat sich seit 1999 kaum verändert. Die Zahl derer, die besonders gewaltbereit sind und sich häufig an gewalttätigen Aktionen beteiligen, ist aber etwas gestiegen. Dieser Befund korrespondiert auch mit dem Anstieg der Fallzahlen - Sie haben bereits darauf hingewiesen -, den das Landeskriminalamt beobachtet hat.

Auf der anderen Seite ist laut Studie in allen Schulformen erfreulicherweise der Anteil derjenigen Jugendlichen gestiegen, die sich überhaupt nicht an Gewaltaktionen beteiligen. Die Studie zeigt, dass seit 1999 immer weniger Jugendliche Gewalt akzeptieren. Der Anteil derjenigen, die absolut gegen Gewalt eingestellt und - was ich für wichtig halte - auch bereit sind, dagegen einzuschreiten, ist von 23,4 % im Jahre 1999 auf 32,4 % im Jahre 2005 signifikant gestiegen.

Die Fakten bestätigen, dass die Gewaltbereitschaft zwar im Bewusstsein der Jugendlichen an Bedeutung verliert, dass es aber weiterhin eine Gruppe gewaltbereiter Jugendlicher gibt, die unserer dringenden Aufmerksamkeit bedarf.

So ist mein Haus derzeit unter anderem dabei - damit komme ich zu den Maßnahmen, die Sie fordern -, das Rundschreiben gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit vom 16. Januar 2001 wesentlich zu überarbeiten und fortzuschreiben. Ziel der Überarbeitung ist es, die Reaktionsmöglichkeiten der Schulen, ihre Maßnahmen und die behördenübergreifende Zusammenarbeit der Schulen bei Gewaltvorfällen noch eingehender und systematischer als bisher darzustellen.

Auch wenn ich also mit Sorge sehe, dass gewalttätiges Handeln an unseren Schulen immer noch vorkommt und an einigen Stellen sogar zunimmt, so bin ich aus den genannten Gründen doch ein Gegner von immer neuen Maßnahmenkatalogen. Sie sind angesichts eines äußerst vielfältigen Bedingungsgefüges ein meiner Meinung nach zu undifferenziertes Muster. Wichtig ist vielmehr, dass das vorhandene Wissen angewendet wird, die vorhandenen Strukturen zur Kooperation zum Beispiel mit der Polizei wirksam genutzt und die vorhandenen rechtlichen Möglichkeiten dem Bedarf entsprechend weiterentwickelt werden. Gefordert ist unverzügliches, nachdrückliches und besonnenes

Handeln. Ich meine, dazu brauchen wir keine neuen rechtlichen Vorschriften oder Handlungskataloge. - Vielen Dank.

(Beifall bei SPD und CDU)

Damit sind wir am Ende der Rednerliste und kommen zur Abstimmung.

Dazu liegt Ihnen der Antrag in der Drucksache 4/3697 vor, Maßnahmenpaket für gewaltfreie Schulen im Land Brandenburg. Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? Damit ist dieser Antrag ohne Stimmenthaltung mehrheitlich abgelehnt.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 10 und rufe Tagesordnungspunkt 11 auf:

Für ein faires Praktikum

Antrag der Fraktion der Linkspartei.PDS

Drucksache 4/3698

Der Abgeordnete Jürgens eröffnet die Debatte für die Fraktion der Linkspartei.PDS.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Ausbildung junger Menschen ist eine der wichtigsten Aufgaben, die eine Gesellschaft hat. Junge Menschen haben ein Recht auf eine qualitativ hochwertige und auch anwendbare Ausbildung. Darum waren es Schritte in die richtige Richtung, dass seit Jahren auch die Praxisnähe der Ausbildung zugenommen hat.

In der heutigen Zeit ist es von zunehmender Bedeutung, in der Vorbereitung auf einen Beruf praktische Kenntnisse und Erfahrungen zu sammeln. Ob in der Schule, vor, während oder nach dem Studium - die Bereicherung durch Praktika ist richtig und wichtig und liegt im Interesse der jungen Menschen.